Protocol of the Session on November 16, 2006

Herr Priggen, Ihren Antrag verstehe ich nicht. Wenn Sie hier sprechen, bin ich wirklich hellwach. Der Antrag, den Sie eingebracht haben, zielt eigentlich auch auf eine solche Katastrophenstimmung ab. German Watch hat ein Ranking vorgenommen hinsichtlich des Klimaschutzindexes. Deutschland steht auf Position 5. Das ist ganz gut. Die von Ihnen hervorgehobenen Länder USA, Kalifornien und China werden als Vorreiter suggeriert. Im Klimaranking stehen sie leider ganz hinten. An der Stelle stimmt doch irgendetwas nicht.

Meine Damen und Herren, wir müssen in Bereichen, in denen wir gemeinsam etwas hinbekommen können, Schnittmengen suchen. In diesem Zusammenhang sehe ich in Ihrer Argumentation den Begriff Effizienzsteigerung. Jawohl, da müssen wir eine Menge tun. Wir haben unterschiedliche dafür Gründe: Sie sprechen vom Klimaschutz, ich sehe Energie als endlich an, sodass man damit grundsätzlich vorsichtig und effizient umgehen sollte.

In dem Zusammenhang kommen wir natürlich auch auf die erneuerbaren Energien zu sprechen. Ihr Kollege Vahrenholt hat ganz deutlich nicht nur Ja zur Kernkraft gesagt, sondern auch zur Windkraft, und zwar offshore, an der Küste und als Industriegebiet. Ich habe ihn gefragt, was wir denn im Münsterland machen. Seine Antwort war ganz kurz und hatte sieben Buchstaben: Quatsch! – Das bringt nichts, hat er gesagt.

(Beifall von FDP und CDU)

Referenzanlagen für eine Technik, die wir fördern, Windkraft in Nordrhein-Westfalen als Referenzenergie für einen technologieorientierten Export – das ist ein Thema, bei dem wir sofort an Ihrer Seite sind. Aber ein wesentliches Heilmittel zur Energiegewinnung ist Windenergie nicht.

Meine Damen und Herren, dabei kommt so eine Art Interventionsfetischismus heraus. Wenn wir uns mit der Klimaproblematik insgesamt befassen – so haben wir als FDP schon einmal gesagt –, müssen wir den Instrumentenkasten aufräumen. Was machen wir, wenn wir die Ökosteuer haben, mit dem Emissions Trading und der Kraft-Wärme-Kopplung mit dem EEG? Passt das noch zusammen? – Nein, das passt nicht zusammen. Aber an der Stelle verweigern Sie sich.

In Nordrhein-Westfalen haben wir jahrelang Holzpelletheizungen gefördert. Die Feinstaubemissionen dieser Holzpelletheizungen, die wir in gutem Sinne gefördert haben, entsprechen ungefähr

dem, was die antriebsbedingten Emissionen von Pkw-Dieselmaschinen bewirken; sie sind so groß wie das, was aus Kleinfeuerungsanlagen im Holzbereich herausgepustet wird.

Das Gegenteil von gut ist nicht schlecht, sondern gut gemeint. Obwohl ich die Sinnfälligkeit nicht unbedingt so sehe wie Sie, trage ich die Rußpartikelfilterdiskussion mit, und zwar auch in der Frage der Nachrüstung. Aber Sie haben doch eben noch gefordert, dass die Politik klare Vorgaben macht. Ich stimme mit Ihnen abstrakt sofort überein. Im Detail trennen wir uns aber wieder, und zwar insofern, als – ich habe es eben als Beispiel genannt – mit der Öko-Steuer ganz andere Sachen abgeräumt werden, die wiederum gegeneinander laufen. Ich habe Ihnen als Beispiel die Holzpelletheizungen genannt, wo das nicht passt.

Deswegen müssen wir Mechanismen finden – es sind im Übrigen nur Marktmechanismen –, die Sinnvolles wie zum Beispiel Effizienzsteigerungen bewirken.

Lasst uns aber nicht wieder in Katastrophenszenarien denken. Herr Priggen, es gibt etwas, was ich bei dem Problemkreis, den ich für wirklich wichtig erachte, befürchte: Bei der Bevölkerung bleibt der Eindruck übrig, dass wir – wenn wir schon seit vielen Jahren so viel in diesen Bereich investieren, es aber so wenig bringt – es ganz sein lassen sollten. Das finde ich auch nicht richtig. Darüber können wir uns dann im Ausschuss unterhalten. – Schönen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Ellerbrock. – Jetzt spricht für die Landesregierung Herr Minister Uhlenberg. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Klimaschutz steht sehr weit oben auf der politischen Agenda, und zwar sowohl bei der Bundesregierung als auch bei der Landesregierung NordrheinWestfalen. Ich möchte nur daran erinnern, dass ich ab 1. Januar des nächsten Jahres den Vorsitz der Umweltministerkonferenz übernehmen werde. Und das Thema Klimaschutz wird ein ganz zentrales Thema der Arbeit der Umweltminister im nächsten Jahr sein.

Ich bin sehr froh darüber, dass die Bundesregierung das Thema Klimaschutz im Rahmen ihrer Ratspräsidentschaft ab 1. Januar 2007 auf die Agenda setzen wird. Ich habe mit Unterstützung

des Bundesumweltministers als Umweltminister von Nordrhein-Westfalen die Umweltminister aller europäischen Staaten zu einem informellen Umweltministergipfel nach Nordrhein-Westfalen eingeladen. Inzwischen habe ich eine Zusage bekommen, dass diese Veranstaltung in NordrheinWestfalen stattfindet. Dabei geht es um Fragen der europäischen Umweltschutzpolitik. Wir werden eine Fachtagung durchführen. Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass das hier im Landtag möglich sein wird. Dafür brauche ich die Unterstützung der Fraktionen, habe ich mir sagen lassen, damit wir so etwas im Landtag durchführen können, und zwar unter Beteiligung internationaler Wissenschaftler.

Meine Damen und Herren, Sie sehen – das darf ich auch im Namen der Wirtschaftsministerin, meiner Kollegin Thoben, sagen –, dass wir Klimaschutzpolitik sehr hoch ansiedeln.

Ich räume ein, dass wir mit dem Klimawandel große Probleme haben. Hierbei handelt es sich um eine Bedrohung für Gesellschaft und Wirtschaft. Bei der Klimakonferenz, die in diesen Tagen in Nairobi stattfindet, ist auch das Umweltministerium von Nordrhein-Westfalen vertreten. Dort geht es auch um dieses Thema.

Unbestritten ist, dass wir auf internationaler Ebene in den kommenden zehn bis 15 Jahren beim Ausstoß von Treibhausgasemissionen eine Trendwende erreichen müssen. Die im Antrag genannten Fakten und Hintergründe sind natürlich auch der Landesregierung bekannt. Deswegen arbeiten wir auch mit voller Intensität an diesem Thema.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Nordrhein-Westfalen unterstützt die Anstrengungen der Bundesregierung zur Erfüllung ihrer Klimaschutzverpflichtungen bis zum Jahre 2012 im Rahmen der Europäischen Union. Darüber hinaus wird sich die Landesregierung aktiv an den Beratungen zum Post-Kyoto-Prozess beteiligen.

Ich bin der Meinung, dass es hierzu erforderlich ist, eine noch stärkere Verbindung von Klimaschutz und notwendiger wirtschaftlicher Entwicklung herzustellen. Denn eines ist doch auch klar: Klimaschutz kann und wird nur dann weltweit erfolgreich sein, wenn er nicht auf Kosten von Beschäftigung und Wirtschaftsentwicklung geht. Da sieht auch der Umweltminister in NordrheinWestfalen einen sinnvollen Ansatz.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, all die Länder sind beim Umweltschutz führend, bei denen die wirtschaftliche Basis stimmt. Wenn wir keine gute wirtschaftliche Basis haben, können

wir auch keine gute Umweltschutzpolitik betreiben. Schauen Sie nach Bayern, schauen Sie in andere Länder, wo dieser Zusammenhang immer schon hergestellt worden ist. Da lässt sich das sehr deutlich machen.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Unsere Klimaschutzpolitik muss stärker an den Kriterien „Effizienz“ und „internationale Wettbewerbsfähigkeit“ ausgerichtet sein. In diese Richtung ist auch das Instrument des Emissionshandels weiterzuentwickeln. Gerade in NordrheinWestfalen mit seinen exportorientierten Technologiebranchen sehen wir auch die industriepolitischen Chancen des Klimaschutzes. Die Effizienzsteigerung bei konventionellen Kraftwerkstechnologien – da hat es gerade im Laufe des letzten Jahres große Fortschritte gegeben –, die Entwicklung zukunftsfähiger Netze und leistungsfähiger Energiespeichertechnologien, verbrauchsärmere Produktions- und Antriebsprozesse in Industrie und Verkehr, die Senkung des Energieverbrauchs im Gebäudebereich sowie bei den Haushaltsgeräten und natürlich auch das, was der Abgeordnete Priggen in seiner Rede angesprochen hat, nämlich der verstärkte Einsatz im Bereich von Biomasse gerade auch in den ländlichen Regionen in Nordrhein-Westfalen, werden von der Landesregierung unterstützt. Ich werde gleich noch einmal darauf zu sprechen kommen.

Die internationalen Verhandlungen sind zwar schwierig, was bei einem weltweiten Prozess nicht ungewöhnlich ist, aber es gibt keine Fakten, die, wie die Grünen dies einschätzen, für ein drohendes Scheitern sprechen. Auch das muss deutlich gesagt werden. Die Fakten zeigen vielmehr, dass es schrittweise nach vorne geht. Dafür spricht auch das Inkrafttreten des KyotoProtokolls im Jahre 2005, das aufgrund der Ratifizierung in Russland möglich wurde. Auch das ist ein Fortschritt.

Im Interesse des Klimaschutzes bitte ich Sie, sich nun auch an die Fakten zu halten und die Fortschritte, die es im Laufe der Jahre gegeben hat, nicht kaputtzureden. Wenn wir den Erfolg des Kyoto-Prozesses wollen, dann müssen wir uns konstruktiv in den Prozess einbringen, wie der Abgeordnete Ellerbrock es eben gesagt hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung wurde von der Bundesregierung gebeten, sie bei den derzeit stattfindenden Beratungen in Nairobi fachlich zu unterstützen. Dies tun wir gerne. Wir sind auch bereit, weiterhin im Rahmen unserer Möglichkeiten an den Verhand

lungen für ein langfristiges internationales Klimaschutzabkommen mitzuwirken.

Aus Sicht des Landes ist es für einen erfolgreichen weltweiten Klimaschutz notwendig, alle wichtigen Emittenten – sprich: Amerika, Australien sowie China und Indien – in ein zukünftiges Abkommen miteinzubeziehen. Genau diese Entwicklung verspreche ich mir vom Kyoto-Prozess.

Aber auch die Erneuerung von Kraftwerken wird einen riesigen Berg an Kohlendioxidtonnen abbauen. Die Stromversorgung für Millionen von Menschen über elektrische Netze ist auf Großkraftwerke angewiesen. Die Versorgung der Allgemeinheit auch im europäischen Verbund erfordert hohe elektrische Leistungen, die natürlich nicht allein in kleinen Anlagen erzeugt werden können. Daher ist es richtig, die Effizienz der Kraftwerke zu steigern und auf einen Energiemix zu setzen. Das bedeutet nicht, auf den Einsatz dezentraler Erzeugungseinheiten zu verzichten; aber wir müssen auch die Anforderungen des elektrischen Netzes berücksichtigen.

(Beifall von der FDP)

Herr Minister.

Daher unterstützt die Landesregierung Untersuchungen moderner Netzkonzepte, die den Einsatz dezentraler Erzeugungen beinhalten.

Meine Damen und Herren, bei meinem Besuch neulich im Rhein-Erft-Kreis habe ich festgestellt, dass es in diesem Bereich immer noch Probleme gibt. Die müssen gelöst werden. In dieser Frage muss sich auch die Industrie noch ein Stück bewegen.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Priggen?

Wird die Zeit angerechnet?

Nein, sie wird nicht angerechnet.

Dann ist es in Ordnung.

Bitte schön, Herr Kollege Priggen.

Herzlichen Dank, Herr Minister. Danke auch für die Unterstützung im Rhein-Erft-Kreis und – ich kann das für meine Fraktion sagen – für die jederzeitige Unterstützung der Konferenz im Haus.

Ich habe es nicht an den Ohren, habe Ihre ambitionierten Ziele gehört, habe aber auch genau verstanden, dass der Kollege Ellerbrock völlig klar gesagt hat, er halte das für Quatsch. Fühlen Sie sich da eigentlich unterstützt? Wenn eine der beiden Koalitionsfraktionen hier sagt, das sei völliger Unfug, wird die Regierung doch im Prinzip nicht von ihr unterstützt.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Nein!)

Wenn ich gleich noch eine zweite Frage anschließen darf: Wann kommt das Biomassekonzept, das für das Frühjahr 2006 angekündigt war?

Zu Ihrer ersten Frage, Herr Abgeordneter Priggen: Es gibt innerhalb der Landesregierung über die Ausrichtung der Energiepolitik überhaupt keine Differenzen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Ach!)

Es mag den einen oder anderen Schwerpunkt in den Koalitionsfraktionen geben – dafür sind es auch zwei selbstständige Parteien, die diese Landesregierung von Nordrhein-Westfalen bilden –, aber wir haben die Energie- und die Umweltpolitik im Rahmen der Koalitionsvereinbarung festgelegt. Ich habe die Rede des Abgeordneten Ellerbrock auch nicht so verstanden, dass er mit dezentraler Energienutzung und Biomasse irgendwelche Probleme hat.

(Zustimmung von Holger Ellerbrock [FDP])

Aber es ist sicherlich auch so, dass der Abgeordnete Ellerbrock eine sehr realistische Grundlage für seine Politik hat. Dies fließt natürlich in die Energiepolitik der Landesregierung ein. Ich habe keine Probleme mit der Rede, die der Abgeordnete Ellerbrock eben gehalten hat, was die Inhalte angeht.

Zu Ihrer zweiten Frage, Herr Abgeordneter Priggen: Ich werde gleich noch etwas zu unserem Konzept sagen. Wir werden es in den nächsten Wochen vorlegen. Aber ich bitte auch um Verständnis: Wir haben vor anderthalb Jahren diese Landesregierung übernommen. Wir müssen die

Fakten und die Daten zusammentragen. Wenn wir als Landesregierung in Nordrhein-Westfalen zum ersten Mal mit einem Biomassekonzept antreten – es gibt permanent veränderte Rahmenbedingungen und auch unterschiedliche Ausgangssituationen –, dann muss das eine Strategie sein, die für viele Jahre eine gute Grundlage im Bereich der regenerativen Energien darstellt. Deswegen haben wir gesagt: Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Das gebe ich gerne zu. Aber dann wird das auch ein Werk, mit dem nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch alle Fraktionen des Landtages etwas anfangen können, und das für eine weitere Auseinandersetzung oder auch Mitwirkung im Bereich der Energiepolitik sicherlich von großer Bedeutung ist.