Protocol of the Session on October 25, 2006

Wenn wir jetzt aber in die einzelnen Listen schauen, werden wir feststellen, dass für viele Stoffe Grenzwerte angegeben sind. Diese Grenzwerte basieren oft auf der Nachweisgrenze. Wir sagen, darin soll so wenig wie möglich sein, und die jetzige Nachweisgrenze wird angegeben. Das heißt, wir reden heute über Höchstmengen und Stoffe, die wir vor fünf Jahren noch gar nicht messen konnten.

Ich finde das gut, damit das ganz klar ist. Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist, dass wir dumm sterben. Nur, daraus Apokalypsen und konkrete Gefährdungssituationen abzuleiten, ist nicht richtig.

(Beifall von der FDP)

Mit Ihrem Antrag, Herr Remmel, heben Sie auf das Supermarkt-Ranking von Greenpeace ab. Gerade dieses Supermarkt-Ranking von Greenpeace war Grund für das Bundesinstitut für Risi

kobewertung zu sagen, dass viele Äußerungen überhaupt nicht haltbar sind.

(Beifall von der FDP)

Sie wollen Panik machen und zitieren wieder etwas, was sachlich überhaupt nicht haltbar ist, bestätigt von einem Institut, das auch Ihre Wertschätzung genießt.

Meine Damen und Herren, die FrüherdbeerenPestizidüberschreitungen machen deutlich: Wir müssen hier zu europaweiten Regelungen kommen. Es kann nicht sein, dass wir uns jedes Jahr über Pestizidrückstände in Erdbeeren unterhalten; da gebe ich Ihnen ausdrücklich Recht, Herr Kollege Wirtz. Das zeigt – Herr Stinka hat es gesagt –, dass viele Teile des Antrags in der Zielrichtung fehlgehen. Es müsste nach Europa oder auf den Bund gezielt werden; da stimme ich Ihnen ausdrücklich zu.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Wir müssen auch sehen, dass momentan eine Verordnung auf EU-Ebene in der Diskussion ist. Ich glaube nicht, dass die diskutierten Höchstwerte darin zu hoch sind. Die mögen in Ihrem ideologisch gefestigten Gebäude, Herr Kollege Remmel, zu hoch sein. Nur, die Welt ist anders. Wir haben gerade vor einer Stunde einen Antrag zur Gentechnik diskutiert. Die Lebensmittelsituation der Erde, die Lebensmittelversorgungsproblematik für unsere Bevölkerung ist ohne Pflanzenschutzmittel und ohne grüne Gentechnik nicht lösbar.

(Svenja Schulze [SPD]: Ach, Quatsch!)

Sie verweigern sich sowohl der grünen Gentechnik als auch dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. In Ihrem Gebäude mag das noch möglich sein, aber die Realität ist ganz anders. Deswegen geht dieser Antrag fehl. Wir können noch eine Menge dazu sagen und werden das sicherlich im Ausschuss machen.

Den mahnenden Worten des Präsidenten, auch wenn er jetzt Keymis heißt, will ich vorgreifen und etwas eher Schluss machen. Ich will nicht sagen, dass ich mich auf die Diskussion im Ausschuss freue. Wir werden sie aber durchführen. – Danke schön.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Sie haben genau 23 Sekunden zu spät eher Schluss gemacht. Vielen Dank dafür.

(Allgemeine Heiterkeit)

Ich erteile mit Freuden Minister Uhlenberg das Wort. Bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! In Nordrhein-Westfalen werden jedes Jahr mehr als 3.500 Lebensmittelproben auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln untersucht. Die Bestandsquoten sind unterschiedlich. Sie liegen zwischen 0 % und 20 %, je nachdem, welche der verschiedenen Lebensmittelgruppen wir gerade betrachten.

Auffällig sind dabei Früherdbeeren, Paprika und Tafeltrauben. Bei Kartoffeln aus NordrheinWestfalen gibt es normalerweise keinen Grund zur Beanstandung. Das haben mir auch die Lebensmittelchemiker immer gesagt, meine Damen und Herren: Wenn die Produkte bei uns in Nordrhein-Westfalen angebaut werden, sind sie meistens in Ordnung. Wir müssen uns immer mehr um die Produkte kümmern, die aus der gesamten Welt zu uns nach Nordrhein-Westfalen kommen.

Häufig werden bei diesen Untersuchungen die Rückstände gleich mehrerer Wirkstoffe gefunden; das sind sogenannte Mehrfachrückstände. Das kann, meine Damen und Herren, unterschiedliche Ursachen haben:

Beispielsweise werden verschiedene Pflanzenschutzmittel in zeitlicher Folge gezielt gegen unterschiedliche Schädlinge eingesetzt. Des Weiteren sollen Resistenzbildungen vermieden werden. Zum Teil werden auch spezifisch wirkende Kombinationspräparate verwendet. Aber auch die Vermischung landwirtschaftlicher Erzeugnisse unterschiedlicher Herkunft kann zu Mehrfachrückständen führen.

Welche Wirkungen eine solche Mischung aus verschiedenen Wirkstoffen auf den Menschen hat, ist in der Wissenschaft nicht im Einzelnen bekannt. Deshalb sieht unsere nationale Verordnung für Pflanzenschutzmittelrückstände auch für den einzelnen Wirkstoff eine Höchstmenge vor.

Ein Summengrenzwert fehlt. Ich halte ihn für durchaus wünschenswert. Darüber hat es bereits mehrfach Anregungen aus Nordrhein-Westfalen an das Bundesministerium gegeben. Ein solches Verfahren ist jedoch nur über eine Änderung der EU-Pestizidverordnung möglich; denn die bisher noch in der nationalen Rückstandshöchstmengenverordnung festgelegten Höchstmengen für einzelne Pflanzenschutzmittel werden durch die

harmonisierten Höchstmengen in der EUPestizidverordnung abgelöst.

Das bedeutet, dass auf europäischer Ebene ein einheitlich abgestimmtes Bewertungskonzept für Mehrfachrückstände entwickelt werden muss und dass sich dann in der EU-Verordnung ein Summengrenzwert für Pflanzenschutzmittel findet. Diesen Auftrag muss die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit erhalten.

Wenn der Handel seinen Zulieferern gegenüber besonders strenge Bedingungen stellt, die weit über die rechtlichen Vorgaben hinausgehen, so kann ich dieses aus Verbraucherschutzsicht nur begrüßen. Herr Abgeordneter Ellerbrock, Sie haben nach der Rolle des Handels gefragt. Ich habe vor 14 Tagen die gesamte Ernährungswirtschaft aus Nordrhein-Westfalen eingeladen, um mit ihr gerade über dieses Thema zu reden. Wir werden hier zu einer gemeinsamen Position kommen.

Das, was Sie immer fordern, nämlich dass wir die Wirtschaft in der Frage der Lebensmittelsicherheit in eine stärkere Verantwortung nehmen, ist völlig richtig. Es gibt ja die folgenden drei Säulen: erstens die Wirtschaft, zweitens der Staat und drittens der Verbraucher, der gefordert ist. Auf diesem Weg sind wir, und wir setzen das in Nordrhein-Westfalen konsequent um.

Meine Damen und Herren, selbstverständlich sind freiwillige Maßnahmen der Wirtschaft. Für die amtliche Lebensmittelüberwachung gilt heute jedes Lebensmittel als sicher, das die rechtlich festgelegten Höchstmengen einhält. Da kann zurzeit nicht weiter differenziert werden. Wie Sie wissen, stellt mein Haus die Ergebnisse von Schwerpunktuntersuchungen im Pestizidbereich in unser Internetangebot ein. Dieses Jahr waren Früherdbeeren aus Marokko hoch belastet. Daher habe ich zu Jahresbeginn davor gewarnt. Die Ergebnisse von deutschen Erdbeeren waren in Ordnung; dort hatten wir keine Beanstandungen. Das stützt meine These, die ich zu Beginn gesagt habe.

Name und Adresse des Händlers oder des Erzeugers wurden bei belasteten Produkten aufgrund fehlender Rechtsgrundlage bisher nicht genannt. Das Anliegen des Verbraucherschutzes, solche Angaben zu ergänzen, lässt sich zukünftig aber gegebenenfalls umsetzen, und zwar aufgrund des neuen Verbraucherinformationsgesetzes. Denn mit dem Inkrafttreten der entsprechenden Bestimmungen dieses Verbraucherinformationsgesetzes, das ja die Grünen bekämpft haben, werden in etwa einem halben Jahr auch solche Angaben möglich sein. Mir liegt an einer guten

Verbraucherinformation bei unseren Lebensmitteln.

Wie bereits eingangs erwähnt, werden in Nordrhein-Westfalen jährlich etwa 3.500 bis 4.000 Lebensmittel – hauptsächlich Obst und Gemüse – auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln amtlich untersucht. Der risikoorientierte Ansatz gilt auch bei der Probenahme. So wird besondere Aufmerksamkeit auf die beständige Beprobung bekanntermaßen höher belasteter Erzeugnisse gelegt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Behörden nehmen die Proben nach dem sogenannten Flaschenhalsprinzip vorzugsweise im Großhandel, aber auch im Einzelhandel oder direkt beim Erzeuger. Diese Verfahrensweise hat sich bewährt, und wir setzen sie fort.

Die Untersuchung von Pflanzenschutzmittelrückständen ist ein sehr anspruchsvolles Aufgabengebiet.

Herr Minister, kommen Sie bitte zum Schluss Ihrer Rede, da die Redezeit abgelaufen ist.

Ich komme zum Schluss.

Qualitätssicherung ist ein vorrangiges Ziel des Verbraucherschutzes dieser Landesregierung. Dafür wollen wir Kompetenzen in NordrheinWestfalen bündeln. Das setzen wir zum 1. Januar durch. Das, was in diesem Land im Bereich des Verbraucherschutzes 14, 15 Jahre liegen geblieben ist, arbeitet dieser Verbraucherschutzminister auf. Daraus wird en effektives Modell im Sinne des Verbraucherschutzes in Nordrhein-Westfalen.

Von daher gilt auch in dieser Frage: Der Verbraucherschutz hat für diese Landesregierung eine so hohe Priorität, wie es noch bei keiner vorigen Landesregierung der Fall war. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Uhlenberg. – Damit sind wir am Schluss der Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/2726 an den Ausschuss für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – federführend –, an den Ausschuss für Generationen, Familie und Integration so

wie an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer ist damit einverstanden? – Ich sehe, alle sind damit einverstanden. Damit ist diese Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Ich rufe auf:

12 Gesetz zur Aufhebung des Tariftreuegesetzes Nordrhein-Westfalen

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 14/1859

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Mittelstand und Energie Drucksache 14/2643

zweite Lesung

Ich eröffne die Beratung und erteile für die Fraktion der CDU dem Abgeordneten Weisbrich das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Tariftreuegesetz vom 17. Dezember 2002 kam gegen unsere Stimmen zustande. Selbst die rot-grüne Vorgängerregierung war innerlich nicht überzeugt, doch ihr fehlte der Mut, dem gewerkschaftlichen Druck standzuhalten. Heute steht fest, was allen Beteiligten von Anfang an klar sein musste: Die Regelung ist weder praktikabel noch rechtssicher.

Die öffentlichen Auftraggeber haben vom Tarifvertragsrecht in aller Regel keine Ahnung. Sie können nicht wissen, welche Nachunternehmer und Nachunternehmerbereiche eingesetzt werden. Beim Schlüsselfertigbau mit 40 Nachunternehmern müssten alle Tarife vom Auftraggeber vorgegeben werden. Das klappt in der Praxis nie. Deshalb bleibt es bei Scheinanwendungen, wie selbst das Landesinstitut Sozialforschungsstelle Dortmund im Auftrag der rot-grünen Landesregierung festgestellt hat.

Ohne erheblichen Mehraufwand ist die öffentliche Hand nicht in der Lage, die Vielzahl der Entscheidungskriterien nachhaltig zu überprüfen. Es geht nämlich nicht nur um die Lohn- und Gehaltstarife, sondern auch um die einschlägigen Regelungen für sonstige Zahlungen wie Zuschläge, Zulagen, Prämien, Urlaubs-, Weihnachtsgeld und vieles mehr. Hinzu kommen rechtliche Grundsatzprobleme. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat

schon im Dezember 2004 die Auffassung vertreten, der Auftraggeber sei grundsätzlich nicht befugt, unter sachlich und räumlich anwendbaren Tarifverträgen eine Auswahl zu treffen. Dies sei Tarifzensur, die dem öffentlichen Auftraggeber schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht zusteht.

Meine Damen und Herren, es war rechtlich wie politisch ein Fehler, die Ergebnisse von Tarifverhandlungen durch Regelungen des öffentlichen Vergaberechts ändern zu wollen. Es war ein Fehler, die sich abzeichnende höchstrichterliche Rechtsprechung zu ignorieren. Es war töricht, ein Gesetz zu erlassen, dessen Kernaussage in dem Hinweis gipfelt: Es ist verboten, gesetzliche Mindestlöhne nicht zu beachten. Wer das eine nicht beachtet, wird das andere kaum beachten.