und Feiertagen. Der Antrag von CDU und FDP spricht ausschließlich von der Öffnung an Werktagen. Ich möchte in diesem Zusammenhang auf den Dissens im Koalitionsvertrag hinweisen.
Im Koalitionsvertrag steht deutlich - ich zitiere -: „Zu weitergehenden Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen bekräftigen die Koalitionspartner ihre unterschiedlichen Auffassungen.“ Mit Freude habe ich heute zur Kenntnis genommen, dass in der Regierungserklärung deutlich gesagt wurde: Die Öffnungszeiten gelten nicht an Sonn- und Feiertagen.
Man muss hier im Plenum auf die Reaktionen geachtet haben: aufseiten der CDU Applaus. In der FDP sah das etwas anders aus: ab Reihe 3 Applaus, in den vorderen beiden Reihen heftiges Gezeter. Es gibt also offensichtlich doch unterschiedliche Auffassungen. Was stimmt denn nun? Stimmt der Koalitionsvertrag der beiden Koalitionsparteien, oder stimmt eventuell der Applaus ab der dritten Reihe in der FDP-Fraktion? Wie auch immer: Der Dissens ist unübersehbar gewesen.
Art. 25 der Landesverfassung sagt aus, dass Sonntage und staatlich anerkannte Feiertage Tage der Gottesverehrung, der seelischen und körperlichen Erholung und der Arbeitsruhe sind.
Ich darf an dieser Stelle insbesondere auf die Stellungnahmen der Kirchen aus der Vergangenheit verweisen, die nichtsdestotrotz genauso aktuell sind, wo es heißt: Der siebte Tag ist der Ruhetag; an ihm darfst du keine Arbeit tun.
Ich darf auch darauf hinweisen, dass der Sonntag klassischerweise der Familientag zum Relaxen, zum Miteinander in der Familie ist. Damit ist nicht gemeint, gemeinsam mit der Familie die Wirtschaft in der Innenstadt zu stützen, indem man Shopping betreibt. Der freie Sonntag ist als eines der Symbole der Freiheit der Menschenwürde zu verstehen. Hierzu hat das Katholische Büro Nordrhein-Westfalen am 7. Februar 2002 Folgendes mitgeteilt - ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin -:
„Der Verlust an Lebensqualität für die am Sonntag arbeitenden Menschen und ihre Angehörigen ist unvergleichlich höher zu bewerten als eine sofort erreichbare Bedarfsbefriedigung in geöffneten Geschäftslokalen.“
Ich denke, dem ist an dieser Stelle nichts hinzuzufügen, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass die beschäftigten Menschen - wir sprechen von 410.000 Beschäftigten allein im Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen; das sind rund 9 % aller Beschäftigten bei uns - auch einer besonderen Menschenwürde unterliegen. Ihnen darf der freie Sonntag nicht genommen werden.
Was ist mit der Menschenwürde der arbeitenden Menschen an Sonn- und Feiertagen? Wie soll der klassische Einzelhandel - denn auch die Unternehmen dürfen wir an der Stelle nicht vergessen - den großen Konkurrenzdruck der Filialisten aushalten? Oder - das ist bei der Betrachtung der Sonn- und Feiertagsöffnungen auch interessant -: Wie sähe der Nettolohn der Beschäftigten aus, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass man vorhat, gegebenenfalls bei einer Regierungsübernahme im Bund die Steuerbefreiung von Sonn- und Feiertagszuschlägen letztendlich auszuhöhlen beziehungsweise ganz zu streichen?
Die Meinung der CDU zu Ladenöffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen haben wir heute Morgen noch einmal deutlich in der Regierungserklärung zur Kenntnis genommen. Nichts anderes als das, was heute Morgen gesagt wurde, sagt im Übrigen der SPD-Antrag aus. Ich habe noch deutlich die Worte der FDP im Ohr, als das Thema der Sonntagsöffnungszeiten schon einmal in der letzten Legislaturperiode debattiert wurde. Damals gab es unter anderem die Begründung, das Freizeitverhalten der Bürger habe sich erheblich verändert. Seinerzeit ging es darum, statt ins Kino zu gehen, mit der Familie einmal durch die Waschstraße zu fahren.
Die Meinung der FDP, zumindest der ersten zwei Reihen im Plenum, vom heutigen Vormittag ist klar. - Herr Rasche, Sie sind damit nicht gemeint, Sie saßen in der dritten Reihe und haben freundlich applaudiert, als es darum ging, die Sonntage freizuhalten. Die Meinung der CDU ist auch klar, die der SPD auch. Somit denke ich, dass wir eine breite Zustimmung zu diesem Antrag bekommen. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich selber rede seit fünf Jahren zum Thema Ladenschluss. In Deutschland dauert die Debatte inzwischen schon 110 Jahre - für ein Thema, das eigentlich längst klar sein
könnte. Dabei hat Konfuzius schon vor 2.500 Jahren die Antwort auf diese Fragen gefunden. Er hat gesagt:
„Wer das Ziel kennt, kann entscheiden. Wer entscheidet, findet Ruhe. Wer Ruhe findet, ist sicher. Wer sicher ist, kann überlegen. Wer überlegt, kann verbessern.“
Also: Ziel definieren, entscheiden, verbessern, überlegen, Ruhe und Sicherheit geben. Das ist ganz einfach, wenn man wie die CDU eine klare Position hat:
Erstens. Für das Thema Ladenschluss würde es eine enorme Verbesserung bedeuten, wenn der Bund tatsächlich die Zuständigkeit auf die Länder übertragen würde.
Zweitens. Die Überlegungen der CDU- und der FDP-Koalition hier in Nordrhein-Westfalen sind im Vorgriff darauf, dass wir die Landeszuständigkeit bekommen, bereits angestellt worden: Sobald wir zuständig sind, wollen wir die Ladenöffnungszeiten an Werktagen vollständig freigeben.
Drittens. Das würde zur Sicherheit für Unternehmen, Arbeitnehmer und Verbraucher führen. Die einen könnten verkaufen, wann immer sie das für sinnvoll halten, die anderen könnten arbeiten, wann immer das ihre familiäre Situation zulässt,
und die anderen könnten ihr Geld ausgeben, wann immer sie das Geld haben, die Lust und die Zeit dazu finden.
Viertens. Wir würden dadurch tatsächlich Ruhe in der Sache erreichen und bräuchten uns hier nicht mehr darüber zu unterhalten.
Fünftens. Die Entscheidung müsste uns gar nicht schwer fallen, denn die Regelung hätte viele Vorteile: Die Wettbewerbsvorteile von Bahnhofs- und Flughafenläden wie auch von Tankstellen wären endlich weg, der Arbeitsschutz würde sowieso durch tarifliche Regelungen und Arbeitszeitgesetze geregelt, und die Konsumenten könnten wählen, ob sie im Fernsehen, im Internet oder mit den Füßen einkaufen gehen.
Das würde zum guten Schluss - letzter Punkt von Konfuzius - das Ziel erfüllen, das wir doch eigentlich alle hier haben: Weg mit der Bürokratie hin zu Freiheit, zu mehr Liberalisierung und mehr Chancen. - Danke.
(Beifall von CDU und FDP - Rainer Schmelt- zer [SPD]: Und wann sprechen Sie zu Sonn- und Feiertagen?)
Vielen Dank, Frau Kollegin Milz. - Als nächste Rednerin hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Barbara Steffens das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Milz, mir ist nicht verständlich, warum Sie Ihre Argumentation mit Konfizius dann nicht auch auf die Sonn- und Feiertage ausweiten; denn es gibt überhaupt keine Begründung, warum es da nicht genauso sein sollte.
Das mit dem Ziel finde ich ja wirklich gut. Allerdings gibt es ein Problem, wenn man viele Ziele definiert. Ich habe Ihnen heute Morgen zugehört, Herr Rüttgers. Eben habe ich mir noch einmal Ihre Rede angeschaut. Darin ist ein ganz wichtiges Ziel definiert, das wohl auch einen Konsens in diesem Landtag hat. In Ihrer Rede steht nämlich:
„Aber von den Familien wird in steigendem Maße Flexibilität und Mobilität in der Gestaltung des Alltags erwartet. Sie werden häufig überfordert. Die Folge ist: Immer mehr Menschen verzichten auf Kinder.
Wir müssen die Rahmenbedingungen für Familien so verbessern, dass die Menschen wieder mehr Mut haben, ihre Kinderwünsche zu verwirklichen.“
Herr Rüttgers, das haben Sie heute Morgen gesagt. Ich frage mich, ob das das Ziel ist, das Sie umsetzen wollen, oder ob Ihr Ziel die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten ist, um Familien noch mehr Flexibilität und Mobilität abzuverlangen und noch weniger Mut zu machen, Kinder zu bekommen.
und Feiertage der Raum dafür sind. Ich finde es aber auch wichtig, dass man darauf verzichtet, unter der Woche Flexibilität im hohen Maße zu propagieren und alles zu öffnen; denn damit lässt man Familien nicht den Raum, den sie auch dort brauchen.
Ich muss sagen: Für meine Kinder soll nicht Konsum die Anregung und Anleitung in dieser Gesellschaft sein, sondern Familie. Wenn Sie es ernst meinen mit Ihrem Familienbegriff, dann können Sie an dieser Stelle keine Liberalisierung und keine 24 Stunden wollen, auch nicht wochentags; denn das ist familiären, sozialen und menschlichen Kontakten gegenüber feindlich.