Protocol of the Session on February 1, 2006

(Zuruf von Karl Schultheis [SPD])

Die durch den Wettbewerb angeregte Konzentration auf individuelle Stärken von Individuen und Institutionen mobilisiert Reserven. Am Ende des Tages hilft dies auch dem schwächsten Glied der Kette. Das ist unsere Überzeugung. Sie wird im Übrigen auch von sozialdemokratischen Theoretikern – John Rawls und anderen – geteilt.

Die sozialdemokratische Ordnungsvorstellung ist dagegen die Gleichheit, die Sie durch Regulierung, Umverteilung, Intransparenz und staatliche Eingriffe erzwingen wollen. Das Streben nach Gleichheit gleitet jedoch immer und notwendig schleichend in Gleichmacherei ab. Damit zerstören Sie die Anpassung und Leistungsfähigkeit des Wissenschaftssystems, wenn nicht gar unserer ganzen Gesellschaftsordnung.

So wenig es gerecht ist, dem Fähigen, der Außergewöhnliches leistet, besondere Förderung und Anerkennung zu versagen, so wenig ist es gerecht, auf der Illusion der Gleichheit der Institutionen zu beharren. Die ernüchternden Ergebnisse, die nordrhein-westfälische Hochschulen beim Exzellenzwettbewerb erreicht haben, belegen dies. Es war eine sozialdemokratische Lebenslüge, dass man die Schwachen stärkt, indem man die Starken fesselt. Diese Lebenslüge haben wir jetzt überwunden.

(Sören Link [SPD]: Und jetzt ist es aber ge- nug!)

Also, Herr Link, entschuldigen Sie! Die Verteilungspolitik schafft Probleme, die durch noch mehr Verteilung gelöst werden sollen. Wegen dieser verfehlten Gießkannenpolitik haben sich in unserem Land viel zu wenige regionale Schwerpunkte ausbilden können. Sie sprachen – Herr Eumann, Sie heute wieder – zwar immer von Clustern; in Wahrheit waren diese Wertschöpfungsnetzwerke vielfach aber lose geknüpft und hatten nur wenige Knoten.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Sie reden das Land schlecht!)

Über 39 Jahre haben sich sozialdemokratische Ministerpräsidenten darauf spezialisiert, in Berlin um die Verlängerung von Steinkohlesubventionen zu buhlen. Den politischen Preis haben Sie bei der Ansiedlung von Forschungseinrichtungen gezahlt. Sie haben es deshalb auch versäumt, regionale Forschungsschwerpunkte zu finden und zu fördern.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Sie verdrängen immer, dass Sie zum Großteil dabei waren!)

Deshalb müssen wir den Turn-around schaffen – ohne Zeit und ohne Geld. Wir haben nur noch einen

Ausweg. Diese einzige Option ist die freiheitlichste Hochschulgesetzgebung und das forschungsfreundlichste Klima in Deutschland. Diesen Weg werden wir entschlossen gehen. Dazu sind auch Sie eingeladen.

Frau Seidl, Sie haben mit dem Appell geendet, ideologische Scheuklappen in der Forschungspolitik abzunehmen. Herzlich willkommen! Das wollen wir gerne tun. Das betrifft dann aber nicht nur die Bereiche, die Sie präferieren, nicht nur die Bereiche, wo Sie uns mahnen, wir müssten angeblich Scheuklappen ablegen. Viel eher sind Sie angesprochen, in der Kernsicherheitsforschung und zum Beispiel bei der Nutzung der Chancen der Biotechnologie Ihre Scheuklappen abzulegen. Das sind nämlich die Wachstumskräfte, die wir brauchen – nicht nur das, was Sie angesprochen haben.

(Beifall von FDP und CDU)

Meine Damen und Herren, im Übrigen gibt es keine konzeptionelle Alternative, die der Lage des Landes angemessen wäre. Im Gegenteil: Die Wissenschaftspolitik der Opposition ist ein Vakuum; denn sie besteht aus einer drangvollen Enge von Leerformeln. Einige davon will ich Ihnen hier noch einmal in Erinnerung rufen.

Im September des vergangenen Jahres weist Herr Schmeltzer darauf hin, dass es die SPD gewesen sei, die im Ruhrgebiet die Universitäten Bochum, Dortmund und Duisburg für die Arbeiterkinder gebaut habe. Eine anrührende Geschichte – aber leider erfunden; denn die Gründung von Dortmund und Bochum geht auf Paul Mikat zurück. Die Strategie ist aber klar: tarnen, tricksen, täuschen.

Im Dezember schlägt Herr Eumann Alarm und will dem staunenden Publikum die immensen Zinsbelastungen aus dem Studienbeitragsdarlehen präsentieren.

(Zuruf von Marc Jan Eumann [SPD])

Herr Eumann, war es mangelnde Sorgfalt oder Absicht, dass Sie als Zinsakrobat eine fehlerhafte Formel verwendet haben und die Belastungen auf diese Weise künstlich in die Höhe trieben? – Tarnen, tricksen, täuschen!

(Beifall von der CDU)

Ebenfalls im Dezember begrüßt die SPD, dass die ZVS nach den Beschlüssen der KMK erhalten bleibe und damit angeblich den Plänen dieser Koalition eine Absage erteilt worden sei.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Eumann?

Ja, wenn er etwas lernen will.

(Heiterkeit von der CDU)

Das ist schön. – Bitte schön, Herr Eumann.

(Helmut Stahl [CDU]: Jugend forscht!)

Herr Kollege Lindner, die Formel, die ich seinerzeit benutzt habe, ist eine gängige Formel. Erst nachdem ich diese Formel genannt hatte, hat die Landesregierung eine Berechnung vorgelegt, die ich in meiner Rede damals ja nachvollzogen habe. Können Sie das jetzt zur Kenntnis nehmen? Es gibt unterschiedliche Berechnungsformeln. Nach meiner Intervention hat die Landesregierung zum ersten Mal eine verbindliche Aussage dazu getroffen – danach, nicht davor.

Herr Eumann, ich nehme zur Kenntnis, was Sie gesagt haben. Aber eins bleibt richtig: Ein Semester dauert ein halbes Jahr. Wenn Sie für ein 14-semestriges Studium den Zinssatz errechnen, können Sie deshalb nicht die 14 in den Exponenten setzen. Sie müssen eine Sieben hineinsetzen; denn das Semester dauert nur ein halbes Jahr.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Das ist falsch!)

Was Sie da vorgelegt haben, war falsch.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Sie haben mich nicht verstanden!)

Sie haben zwar starke Oberarme, aber Sie können auch im Nachhinein nicht dauerhaft zurückrudern. Das wird nicht gelingen. Geben Sie es einfach zu; es war falsch.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Sie haben mich wirklich nicht verstanden!)

Ich würde aber gerne weitermachen. Sie kommen ja noch zu Wort, Herr Eumann. Freuen Sie sich!

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth)

Im Dezember begrüßen Sie von der SPD also – das hatte ich schon erwähnt –, dass angeblich den Plänen der Koalition in Bezug auf die Neuordnung der ZVS eine Absage erteilt worden sei. Da kämpfen Sie wie ein Don Quijote; denn in Wahrheit wird die heutige Behörde ZVS in eine

private Rechtsform überführt und nur noch im Auftrag der Hochschulen als Dienstleister tätig. Auch dort: tarnen, tricksen, täuschen.

Und da sind Sie wieder, Herr Eumann: Im Januar und auch heute melden Sie sich zurück und beklagen, dass der Forschungsetat um 30 Millionen € gekürzt werde. Aber falsch! Der Forschungsetat des Landes wird für die Beteiligung an der Exzellenzinitiative und zur Ansiedlung von neuen Forschungseinrichtungen zwar neu strukturiert, aber im Ergebnis nicht gekürzt. Er würde sogar wachsen, wenn wir bei der Exzellenzinitiative entsprechend erfolgreich abschnitten und die Landesmittel, die hier eingestellt worden sind, auch fällig würden. Auch hier: tarnen, tricksen, täuschen.

Jetzt kommt, wie ich finde, der traurige Tiefpunkt, ebenfalls im Januar: Da stellt sich die SPD mit breiten Schultern vor die Studentenwerke und kritisiert die von der Koalition in Aussicht gestellten Kürzungen; denn der Sozialbeitrag könnte je nach Hochschule auf 40 bis 60 € im Semester steigen. Tunlichst verschwiegen wird, dass Mitglieder der rot-grünen Landesregierung in der Vergangenheit öffentlich noch für einen Sozialbeitrag von 80 bis 100 € plädiert haben. Tarnen, tricksen, täuschen!

Zum Schluss diffamiert vor wenigen Tagen Herr Schultheis den Rektor der RWTH Aachen und amtierenden Präsidenten der Hochschulrektorenkonferenz mit einer Pressemitteilung.

(Widerspruch von Karl Schultheis [SPD])

Er dreht einem Gast, den das Parlament zu einer Sachverständigenanhörung eingeladen hat, die Worte im Mund herum und unterstellt ihm, dass er Studiengebühren von 3.500 € gefordert habe.

(Karl Schultheis [SPD]: Ich werde das gleich klarstellen!)

So geht man nicht mit Gästen des Parlaments um. Aber auch hier sind die Motive klar: tarnen, tricksen, täuschen. Auch Ihre schrillen Auftritte können nicht verbergen: Die Oppositionsstrategie von Rot und Grün ist keine Vorwärts-, sondern eine Rückwärtsstrategie.

(Beifall von der CDU)

Die Koalition hat dagegen eine klare Perspektive beschrieben. Jeder Studierende, jeder Hochschullehrer, jeder Forscher und jede Institution kann sich darauf einstellen. Niemand wird mehr durch ideologische Scheuklappen oder bürokratische Bevormundung gehindert. Alle werden aber auch mehr als bisher gefordert.

Auch wenn die Opposition noch in ihrer eigenen Vergangenheit gefangen ist – die Koalition der Erneuerung setzt diesen Kurs für das neue Nordrhein-Westfalen fort. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Kollege Schultheis das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst will ich die Gelegenheit nutzen, auf die Anmerkung einzugehen, die Herr Kollege Lindner hier zu einer Aussage von Herrn Prof. Rauhut gemacht hat.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Nein. Wenn man sich selbst diffamiert, ist das nicht mein Problem.