Die rot-schwarze Bundesregierung hat das Programm für Gebäudesanierung in einem Ausmaß gesteigert – wir waren ja am Montag und Dienstag in Berlin –, dass es auch unseren ehemaligen Ministern Leid tut – das haben sie nie durchsetzen können –: 1,5 Milliarden € pro Jahr. Wir hatten dazu eine Diskussion im Wirtschaftsausschuss. Der zuständige Bundesbauminister Tiefensee hat angekündigt, dass ab dem 1. Februar Anträge gestellt werden sollen. Das ist in 14 Tagen. Dazu kommt in Ihrer Rede nichts. Ich hätte erwartet, dass Sie heute sagen: Ich habe Wohnungsbaugesellschaften im Ruhrgebiet, die bereit sind, 50.000 Einheiten energetisch sanieren zu lassen. Die Mieter haben hinterher nur noch ein Drittel Ölverbrauch. Es gibt stabile Heizkosten, denn die Heizkosten haben sich über die Ölpreise praktisch zu einer zweiten Miete entwickelt. Wir haben zum Beispiel die Steag, die das in anderen Bereich gut macht und die bereit ist, Nah- und Fernwärmenetze auszubauen, weil es ein Irrsinn ist, bei zwei- bis dreimal so hohen Ölpreisen wie jetzt – damit müssen wir rechnen – alles das, was wir an Wärme in Kraftwerken erzeugen, in die Luft zu blasen. – Dazu ist kein Wort gefallen. Das Programm kann in 14 Tagen anlaufen, wird von der großen Koalition in Berlin aufgelegt – und es gibt null Resonanz, wie man mit Energieeffizienz umgeht. Da werden Hausarbeiten nicht richtig gemacht.
Wir haben in Nordrhein-Westfalen als Standort für alte Industrien oft Auseinandersetzungen gehabt – ob das Stahl oder Kohle oder andere Bereiche waren. Wir müssen erkennen, dass wir eine Debatte brauchen: Was ist mit neuen Industrien? Wir kommen nicht ohne industrielle Arbeitsplätze aus. Wir müssen erkennen, dass bestimmte Industriebereiche Jahr für Jahr ihre Arbeitsplatzzahlen reduzieren.
Das gilt etwa für die Automobilindustrie: Der Versorgungsgrad an Automobilen ist hoch. Wir haben wirklich ernsthafte Wettbewerber, die uns aus dem asiatischen Raum erwachsen. Wenn Fiat in Indien eine Kooperation mit Tata-Motors eingeht, ist das Risiko, dass aus diesen Bereichen noch wesentlich mehr Arbeitsplätze abwandern, natürlich nicht unerheblich; das haben wir schon einmal diskutiert. Das betrifft die Frage, wie wir uns in solchen Energiebereichen aufstellen: in der Au
tomobilindustrie, aber auch in der Chemieindustrie, so wie sie bisher aufgestellt ist, und bei den Potenzialen der weißen Biotechnologie, die aus unserer Sicht uneingeschränkt zu unterstützen sind, weil hier Rohstoffe, die für die Industrie dringend notwendig sind, verträglicher und nachhaltiger herzustellen sind. Das sind ganz neue technische Anwendungsbereiche. Das wird wahrscheinlich nicht in den gleichen großen Chemiekombinaten wie bisher stattfinden. Da wird sich etwas Neues, auch Kleinteiligeres entwickeln.
Grundsätzlich haben Sie über Wettbewerb – wenn ich es richtig verstanden habe; ich habe sehr aufmerksam zugehört – kein Wort gesagt. Ich will ehrlicherweise sagen: Was unter Kanzler Kohl im Bereich der Telekommunikation angestoßen wurde, der Mut, dass man in diesem Bereich zu einem Markt und zu Wettbewerb kommt, hat zu einer unglaublichen Zunahme von Telekommunikationstechnik und -anwendung in der Bundesrepublik geführt. Den Grad der Verbreitung von Internet und Kommunikationstechnik, wie wir ihn heute haben, hätten wir nicht, wenn man nicht damals dem Monopolisten Deutsche Post Beine gemacht und erkannt hätte: Du bist im Vergleich zu den USA und anderen viel zu teuer. Wenn du an der Stelle nicht anders in den Markt gebracht wirst, kommen wir mit diesen Techniken nicht weiter.
Das Gleiche müsste doch jetzt auch in anderen Bereichen laufen. Ich habe kein Wort von Ihnen dazu gehört. Es gibt ja landauf, landab die Debatten, was im Energiebereich mit den Strom- und Gaskonzernen los ist, überall. Aber die NRW-Wirtschaftsministerin, die Ministerin des größten Industrielandes in der Bundesrepublik, sagt kein Wort dazu.
Ich sage noch einen weiteren Punkt dazu. Wir haben immer Differenzen mit der Gewerkschaft Transnet gehabt, weil wir gesagt haben: Es muss eigentlich eine Trennung von Schiene und Betrieb auf den Bahnstrecken geben, weil nur so Spediteure die Strecke auch tatsächlich nutzen können. Auch das ist eine Wettbewerbsfrage, wenn die großen Speditionsunternehmen zu festgelegten Tarifen auf der Schiene fahren können. Sie sind jetzt an der Regierung, und an der Stelle haben wir beide unter Umständen sogar noch eine größere Schnittmenge als wir mit den Kollegen von der SPD, die über Herrn Hansen gebunden sind.
ben unter Umständen bei der grundsätzlichen Positionierung eine größere Schnittmenge. Aber die Landesregierung ist an der Stelle am Zuge. Wir sind der größte Besteller von Bahnleistungen, und die Bahn, gerade Herrn Mehdorn, ist mit uns in den letzten Jahren Schlitten gefahren; dass können wir ja ruhig auf Deutsch so sagen. Von hier müsste einmal ein Impuls kommen, an der Stelle mehr Wettbewerb auf die Strecke zu bringen. Das ist alles nicht erfolgt.
Ich komme jetzt zur FDP. An einer Stelle ist der Bereich Bildung, Innovation, Forschung angesprochen worden. Es ist nach aller Erkenntnis absolut richtig, dass wir da sehr viel mehr machen müssen. Wir haben darüber diskutiert, dass RWE nur 0,18 % seines Umsatzes Mittel tatsächlich für Forschung und Entwicklung aufwendet. Bei Eon sind es 0,15 %. Die Diskussion – wie heißt die Stadt in Spanien, der europäische Prozess? –
nach dem Lissabon-Prozess besagte: 3 % für Forschung und Entwicklung, davon 1 % öffentlich und 2 % von der Wirtschaft. Das wird von den großen Energieversorgern, wo es ja weiß Gott Forschungsbedarf genug gibt, überhaupt nicht ausgefüllt. Es hängt alles an der öffentlichen Hand. Die großen Energieversorger drücken sich vor der Verantwortung. RWE hat in 2003 bei 48 Milliarden € Umsatz ganze 74 Millionen € in Forschung und Entwicklung gesteckt. In den ersten drei Quartalen des Jahres 2005 waren es 25 Millionen € für Forschung und Entwicklung. Ich habe bisher von Herrn Pinkwart nicht gehört, dass diese Landesregierung darangeht und sagt: Das kann nicht sein. Wir schaffen es seitens der öffentlichen Hand nicht; auch die Konzerne müssen da wesentlich mehr tun.
Lassen Sie mich das noch sagen: Wir werden über die Handwerksordnung noch reden. Die CDU, die so stark auf Wirtschaft setzt – Kollege Droste hat gesagt: „Segel aufspannen“ –, hindert im Handwerksbereich Leute daran, tätig zu werden und ihr Geld selber zu verdienen. Wir kennen die Situation, dass in den Kommunen mit Unterstützung der Behörden gefahndet wird und dass jetzt auch noch die Zulassung von Altgesellen von einer staatlichen Stelle weggeht zu den Kammern, die dann im Interesse ihrer eigenen Mitglieder eher marktreglementierend handeln. Das ist aus meiner Sicht ein Irrsinn.
jetzt einmal zugespitzt: Ich habe immer meinen Stress mit der IG Bergbau gehabt. Ich habe gedacht: Jetzt sind Sie dran, und jetzt gucken wir einmal; jetzt bestimmt nicht mehr die IG Bergbau die maßgeblichen Dinge. Bei Ihnen sind es jetzt aber die Kammern und Verbände. Wo Sie zu Recht Bürokratieabbau fordern, übertragen Sie die eigene Bürokratie an die Verbände. Wieso legen Sie nicht die Handwerkskammern und die Industrie- und Handelskammern zusammen? Frau Höhn hat es immerhin geschafft, zwei Landwirtschaftskammern zusammenzulegen.
Bei Ihnen geschieht nichts. Sie richten nur die Forderung an die Klientel der anderen, aber die Forderung an die eigene Klientel, bei dem Wasserkopf, der finanziert werden muss, zu reduzieren und einzusparen, kommt nicht.
Wir werden noch länger darüber diskutieren, weil sich das nach Ihren Ankündigungen ja wohl weiter durchziehen wird. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Priggen, Sie haben eben gesagt, dass Sie im Vorfeld Probleme hatten und nicht genau wussten, was auf Sie zukommt. Ich glaube, das lag einzig und allein daran, dass Sie die letzten beiden Tage nicht so ganz mitbekommen haben, was sich hier in Düsseldorf abgespielt hat, weil Sie auf Ihrer Klausursitzung waren. Denn sonst wäre es leicht gewesen, sich auf die heutige Debatte entsprechend vorzubereiten. Schließlich hat Frau Ministerin Thoben hierzu einen umfangreichen Bericht vorgelegt, in dem eine Vielzahl der Punkte, die heute angeführt wurden, dargestellt sind. Gott sei Dank hat die Ministerin nicht den gesamten Bericht vorgelesen, sondern stichwortartig einige wesentliche Punkte herausgenommen.
Es hätte ausgereicht, Herr Kollege Priggen, wenn Sie sich die ersten 14 Seiten vorgenommen hätten, denn darin sind einige der Punkte aufgeführt, die Sie gerade kritisiert haben. Ich nehme nur beispielhaft das Thema „effizienterer Energieeinsatz“, was Sie in diesem Bericht auf Seite 15 finden. Nutzen Sie die Zeit, den Bericht noch einmal genau nachzulesen; dann sind Sie auch auf dem aktuellen Stand.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach den vielen Jahren, in denen es mit der NRWWirtschaft bergab ging und unser Land gegenüber anderen Bundesländern immer weiter zurückfiel, gibt es inzwischen eine Reihe von Anzeichen dafür, dass der Abwärtstrend gestoppt ist und die wirtschaftliche Entwicklung Nordrhein-Westfalens wieder nach oben zeigt. Nach der aktuellen Prognose des RWI wird die nordrhein-westfälische Wirtschaft in diesem Jahr um 1,5 % wachsen. Dies ist die höchste Wachstumsrate seit fünf Jahren. Besonders erfreulich ist dabei, dass NordrheinWestfalen seinen lange Zeit zu beklagenden Wachstumsrückstand von 0,5 Prozentpunkten gegenüber dem Bund fast vollständig aufgeholt hat.
und das nach 39 Jahren Stillstand in diesem Land! Deshalb, Herr Kollege, ist die zentrale Botschaft, die auch von dieser Sitzung heute ausgehen müsste: Nordrhein-Westfalen ist nicht mehr die Wachstumsbremse in Deutschland.
Meine Damen und Herren, eine andere Entwicklung ist ebenso positiv: Die Pleitewelle ist Gott sei Dank deutlich zurückgegangen. So ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im dritten Quartal 2005 um 12,4 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum gesunken. Wir hoffen natürlich, dass sich diese Entwicklung in den nächsten Jahren verstetigt.
Zu beobachten ist zudem eine leichte Verbesserung auf dem NRW-Arbeitsmarkt. Der für die kalte Jahreszeit sonst übliche witterungsbedingte Anstieg der Arbeitslosigkeit ist in NRW nahezu ausgeblieben. Das stimmt uns noch nicht froh, und wir wissen auch, dass für eine tatsächliche Verbesserung mehr als die 1,5 % Wachstum notwendig sind. Hierfür müssen wir klar über 2 % kommen.
Auch weitere Wirtschaftsindikatoren wie Gewerbeanmeldungen, Auftragseingänge, Industrieproduktionen und Exporte zeigen erstmals seit Jahren wieder einen leicht positiven Trend. Dies sollte uns meines Erachtens auch über die Parteigren
zen hinweg zuversichtlich und optimistisch stimmen. Wir sollten schauen, wie wir diese positive Entwicklung auch hier im Parlament weiter unterstützen können. Aber, Herr Römer, der Weg, den Sie vorgeschlagen haben, nämlich alles so zu belassen, wie Sie es 39 Jahre lang gemacht haben, ist genau der falsche Weg.
(Marc Jan Eumann [SPD]: Das sagt doch keiner! – Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Das hat keiner gesagt! Nicht richtig zuge- hört!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, kein Mitglied der schwarz-gelben Koalition behauptet, dass der wirtschaftliche Erholungsprozess allein der neuen Regierungsarbeit zuzuschreiben ist. Klar ist aber auch, dass die regelmäßigen, öffentlich ausgetragenen Konflikte innerhalb der rotgrünen Vorgängerregierung sicherlich nicht dazu beigetragen haben, Investoren für den Standort Nordrhein-Westfalen zu begeistern. Ich glaube, das positive Klima, das wir mit der neuen Koalition der Erneuerung ausstrahlen,
Meine sehr geehrten Damen und Herren, viele Mittelständler in Nordrhein-Westfalen haben sich in der Vergangenheit zu Recht darüber beklagt, dass sie von der rot-grünen Landesregierung vernachlässigt und gegängelt wurden. In Sonntagsreden wurde zwar die überragende Bedeutung der kleinen und mittleren Betriebe für die Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen betont – auf Verbesserungen ihrer wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben die Betriebe jedoch vergeblich gewartet.
Deshalb werden wir, statt wie bisher über die Hälfte des Etats des Wirtschaftsministeriums in die Subventionierung des deutschen Steinkohlenbergbaus und in die Unterstützung seiner 38.000 Beschäftigten zu stecken, den Schwerpunkt auf den Mittelstand und seine über vier Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten legen und diese in das Zentrum unserer Wirtschaftspolitik rücken.
Wir wollen unrentable Wirtschaftszweige nicht künstlich am Leben erhalten, sondern die Schaffung rentabler Arbeitsplätze in Mittelstand und Handwerk fördern. Dazu setzen wir nur in Ausnahmefällen auf finanzielle Anreize. Das beste
Beispiel in diesem Zusammenhang ist die Meistergründungsprämie, das erfolgreichste Förderprogramm des Landes. Das wird nach Informationen der Wirtschaftsministerin im kommenden Haushalt um 2 Millionen € aufgestockt. Dafür sei Ihnen an dieser Stelle gerade von unserer Fraktion gedankt, Frau Ministerin; denn es war immer eines der Kernanliegen der FDP, stärker für die Schaffung neuer und zukunftsfähiger Arbeitsplätze zu sorgen.
Die mittelständischen Unternehmen erwarten von der Politik jedoch keine Förderprogramme. Das unterscheidet uns gerade von dem, was Herr Römer eben wieder vorgetragen hat: Der Staat muss unbedingt eingreifen. – Dies erwartet die Wirtschaft nicht. Entscheidend ist vielmehr, dass die Investitions- und Wachstumsbedingungen grundlegend verbessert werden und wir den Unternehmen damit wirtschaftliche Freiräume zur Schaffung neuer Arbeitsplätze zurückgeben. Die Betriebe brauchen keine auf Pump finanzierten staatlichen Konjunkturprogramme sozialdemokratischer Prägung, sondern Rahmenbedingungen, die es ihnen ermöglichen, möglichst frei von staatlicher Gängelei zu agieren. Deshalb hat die neue Koalition die Prinzipien „Freiheit vor Gleichheit“, „Privat vor Staat“ und „Erarbeiten vor Verteilen“ zur Grundlage ihrer Politik gemacht.