Protocol of the Session on January 18, 2006

Ich komme gleich noch darauf. Hören Sie einmal gut zu.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Das tue ich!)

Verschiedentlich ist der Vorwurf zu hören, unter der neuen Landesregierung gebe es eine Verschiebung der Politik hin zur Wirtschaft. Ja, das ist richtig. Denn im Unterschied zu den rot-grünen Etatisten nehmen wir zur Kenntnis, dass es ohne Wirtschaft kein Wachstum, keine Arbeitsplätze und auch nichts zu verteilen gibt.

(Beifall von der FDP)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Eumann?

Ich glaube, er hat gleich noch genügend Redezeit.

Also nein?

Nein. – Wenn ich das an dieser Stelle noch ausführen darf: Gerade in Samstags- und auch Sonntagsreden wird hier häufig von Neoliberalismus gesprochen. Aber genau das ist die Grundlage unserer sozialen Marktwirtschaft, und diese gilt es wieder zu vitalisieren.

(Beifall von der FDP)

In den ersten Monaten der schwarz-gelben Regierungsarbeit ist mit vielen Maßnahmen der erfolgreiche Einstieg in die Wiederbelebung der sozialen Marktwirtschaft gelungen. Das Klima für Existenzgründungen, für Investitionen und für die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen hat sich nach Einschätzung der Wirtschaft und ihrer Verbände bereits merklich verbessert.

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Vor allem die Biergartenöffnung!)

Die durchaus optimistischen Perspektiven für die wirtschaftliche Entwicklung in diesem Land sind jedoch kein Anlass, die Hände in den Schoß zu legen. Der begonnene Aufholprozess ist mitnichten ein Selbstläufer. Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund, dass uns die Politik der großen Koalition in Berlin, statt uns Rückenwind bei der Erneuerung Nordrhein-Westfalens zu geben, an einigen Stellen kräftig ins Gesicht bläst. Dies gilt vor allem für die Erhöhung der Mehrwertsteuer um 3 %, die im Jahr 2007 zu einer empfindlichen Dämpfung der konjunkturellen Entwicklung führen wird.

Absolut kontraproduktiv ist auch die sogenannte Reichensteuer, die nur der symbolischen Befriedigung von Neidkomplexen dient, Herr Remmel. Auch aus fiskalischer Sicht ist sie völlig unsinnig,

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Sie müssen mit Ihrer Koalition reden! Wir tun das nicht!)

weil sie keine Zusatzeinnahmen bringt, sodass letzten Endes noch mehr Leistungsträger aus dem Land getrieben werden.

(Zuruf von Marc Jan Eumann [SPD])

Solchen und anderen bundespolitischen Fehlentwicklungen, Herr Eumann, werden wir im Bundesrat mit dem Gewicht des größten deutschen Bundeslandes

(Zuruf: Hört, hört!)

entschieden entgegenstehen.

(Beifall von der FDP)

Deshalb habe ich die Hoffnung, dass die Ergebnisse der Wahlen am 26. März dazu beitragen, dass eine liberale Position erhalten wird, die dann

dafür Sorge tragen wird, dass diese Fehlentwicklungen nicht zu Tage treten.

Meine Damen und Herren, aus nordrheinwestfälischer Sicht ist auch zu beklagen, dass die große Koalition in Berlin bei den zentralen Herausforderungen in unserem Land, der Reform des Steuersystems, der Deregulierung des Arbeitsmarktes und bei dem Umbau der sozialen Sicherungssysteme, nicht vorankommt. Um die horrende Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, die gerade unter Rot-Grün entstanden ist, werden wir in die Reformanstrengungen in Nordrhein-Westfalen zusätzlich verstärken müssen.

Nachdem bereits ein erstes Reformpaket zur Stärkung des Mittelstandes vom Kabinett beschlossen worden ist, werden wir mit weiteren konkreten Maßnahmen dafür sorgen, dass die kleinen und mittleren Betriebe in NordrheinWestfalen mehr Freiheit und Handlungsspielraum bekommen.

Durch eine Reform der Gemeindeordnung werden wir der privaten Leistungserbringung wieder Vorrang vor der Leistungserbringung durch die öffentliche Hand geben. Wir sorgen dafür, dass das Vergaberecht bei öffentlichen Aufträgen – anders als unter Rot-Grün – strikt eingehalten wird und auch Kleinbetriebe wieder eine reelle Chance erhalten, sich an Aufträgen zu beteiligen. Wir geben den kleinen und mittelständischen Unternehmen mehr Freiheit, indem wir sie aus dem bürokratischen Irrgarten befreien.

Da sei das Tariftreuegesetz, das eben wieder von Ihnen, Herr Römer, vehement verteidigt worden ist, ausdrücklich genannt,

(Zuruf von Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD])

weil dies ein bürokratisches Monster ist, das unsere Wirtschaft nur belastet. Dieses wird in Kürze abgeschafft.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Es schützt die nordrhein-westfälische Wirtschaft!)

Die Entbürokratisierungsmaßnahmen aus der Modellregion Ostwestfalen-Lippe werden wir zügig auf das ganze Land übertragen. Das wird nicht nur mit Erprobungsphasen geschehen. Bei diesem Thema ist auch wichtig, dass Berlin endlich von der Bremsfunktion herunterkommt. Herr Clement hat dieses Thema leider viele Jahre liegen lassen. Es geht darum, dass wir auch die Maßnahmen angehen können, bei denen der Bund mit eingebunden ist.

Wir werden in dem Zusammenhang uns auch noch einmal den gesamten Katalog der Maßnah

men aus Ostwestfalen-Lippe anschauen und nicht nur diejenigen, die Rot-Grün geduldet hat.

Wir werden die Unternehmen so weit wie möglich von staatlichen Berichtspflichten befreien. Auch beim Thema Ladenschluss werden wir der Wirtschaft mehr Freiräume geben. Jeder Einzelhändler soll künftig selbst entscheiden, wann und wie lange er seinen Laden öffnet. Schließlich kennt er die Bedürfnisse seiner Kunden am besten. Unser Ziel ist deshalb die vollständige Freigabe der Ladenöffnungszeiten an Werktagen. Sechs mal vierundzwanzig lautet daher unsere Formel.

Auch wenn wir dazu heute noch einen eigenständigen Tagesordnungspunkt haben, möchte ich hier nicht versäumen, darauf hinzuweisen, dass Nordrhein-Westfalen demnächst die bundesweit liberalsten Öffnungszeiten in der Außengastronomie bekommt.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Schon wieder! So ein Schwachsinn!)

Ich erwähne das nicht nur, weil die verlängerten Öffnungszeiten von Biergärten und Straßencafés den Bedürfnissen der Bürger Rechnung tragen.

(Zuruf von Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD])

Herr Prof. Bollermann, scheinbar haben Sie zu den Bedürfnissen der Bürger keinen Bezug mehr.

(Lachen von Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD])

Ich erwähne dieses Thema vielmehr auch deshalb, weil es gerade in der letzten Legislaturperiode der Inbegriff des Reformstaues in diesem Lande gewesen ist. Dieser Reformstau wird jetzt aufgelöst.

(Beifall von der FDP)

Ich komme zum Schluss: Dies sind nur einige wenige Reformprojekte, die die CDU/FDP-Koalition auf den Weg bringen wird, um den wirtschaftlichen Aufholprozess unseres Landes zu beschleunigen. Seien Sie sicher, meine Damen und Herren, dass noch viele Maßnahmen hinzukommen werden. Die marktwirtschaftliche Erneuerung Nordrhein-Westfalens hat gerade erst begonnen. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank. – Das Wort hat nun für die Landesregierung Frau Ministerin Thoben.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur wenige Anmerkungen.

Herr Priggen hat natürlich Recht, dass der Bericht zur Vorlage eines Jahreswirtschaftsberichts keine Regierungserklärung im umfassenden Sinn ersetzen kann. Das war auch nicht die Absicht. Wir werden ausreichend Gelegenheit haben, über viele Fragen, die Sie angesprochen haben, zu sprechen. Dies deshalb, weil Sie diese Fragen ansprechen werden und weil wir sie im Einzelnen aufgreifen werden. Wir werden uns dann dazu in der Landespolitik verabreden müssen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass uns dies wenigstens bei einigen Fragen auch in sehr sachlicher Atmosphäre gelingt.

Was Sie zu Rohstoff- und Energieeffizienz gesagt haben, habe ich nicht ganz verstanden. Signalisieren Sie damit auch die Bereitschaft, dass wir – das werden wir nämlich in naher Zukunft machen – ein Rohstoffkonzept mit Ihnen verabreden können, was Baustoffe angeht?

(Beifall von Dietmar Brockes [FDP])

Wir werden dieses Rohstoffkonzept brauchen. Wir haben den Dialog dazu aufgenommen. Wir haben dazu vom geologischen Dienst einen ersten Aufgalopp. Das können Sie sich gerne im Internet ansehen. Ich bin sehr gespannt auf die Debatte zur Sicherung der Planung, die wir dann mit Ihnen verabreden müssten und die wir wollen.

Nun zu einer anderen Anmerkung: Wenn Ihnen die Reaktortechnologie gleichgültig ist – möglicherweise ist sie inzwischen auch der SPD gleichgültig; insoweit bin ich mir aber nicht ganz so sicher –, muss ich Sie daran erinnern, dass in Nordrhein-Westfalen immer noch mehrere Tausend Arbeitsplätze daran hängen.

(Beifall von Holger Ellerbrock [FDP])