Protocol of the Session on December 15, 2005

Das Gesetz heißt ja Gesetz zur Ausführung des Baugesetzbuches in NRW. Noch trockener kann eine solche Überschrift eigentlich überhaupt nicht sein. Aber es wurde zumindest schon einmal richtig erkannt: Es geht um die Umnutzung ehemals landwirtschaftlich genutzter Gebäude. Es geht um die sogenannte Siebenjahresfrist. Für uns geht es auch darum, vor Ort – denn das hat Rot-Grün noch vor einem Dreivierteljahr gemacht – die rotgrünen Blockaden zu beenden.

Wenn ich an die Beratungen aus dem Jahre 2003 bis Ende 2004 zurückdenke, da musste Rot-Grün ja schon zum Jagen getragen werden. Versuche vorher vonseiten der Landwirtschaftskammer, das bei der damaligen Ministerin zu erreichen, sind ja nun auch fehlgeschlagen.

Wir müssen uns auch einmal vor Augen führen, worüber wir überhaupt reden. Wenn ein Betriebsinhaber selber den Betrieb aufgibt und ein verwandter Nachbar den Schweinestall und den Kuhstall weiter nutzt, dann hat die Siebenjahresfrist bereits begonnen auszulaufen.

Durch die Probleme in der Familie – Erbauseinandersetzungen mit Abfindungen der Geschwister, neues Nutzungskonzept, Finanzierung – dauert das Ganze einfach ein bisschen länger.

Es gibt ein klares Bekenntnis unsererseits – das hat es auch immer gegeben –, Kulturlandschaft mit den Gebäuden zu erhalten und darin außenbereichsverträgliches Gewerbe und Wohnmöglichkeiten unterzubringen.

Nun hat die Änderung im Baugesetzbuch – das müssten Sie eigentlich auch wissen – die rotgrüne Bundestagsmehrheit beschlossen und somit nur bedingt beschlossen; denn nur eine Bundestagsmehrheit und eine Bundesratsmehrheit können das Baugesetzbuch ändern. So viel zur Wahrheit und so viel zur Klarheit Ende 2004.

Da hätte es ja allgemein an Ihnen gelegen, mit unserem Gesetzentwurf das bereits in 2004 zu ändern. Wir wollten eben, dass nicht eine Situation in unseren ländlichen Bereichen entsteht wie in Frankreich oder in Schottland. Wir wollten insbesondere auch, dass weniger neue Siedlungsflächen für Wohnen und Gewerbe in Anspruch genommen werden. Das heißt, Umnutzen führt zu weniger Landschaftsverbrauch und weniger Versiegelung.

Ich will auch noch einmal die Gelegenheit wahrnehmen, mich bei Rot-Grün für ihre Starrköpfigkeit in der vergangenen Wahlperiode zu bedan

ken. Das hat sicherlich zu 2 oder 3 % besserem Wahlergebnis bei uns geführt. Also noch einmal: Danke schön! Aber Sie sind ja inzwischen ein bisschen dabei, auf einen besseren Weg zu kommen.

Ich komme noch einmal zu den Ergebnissen der Anhörung. Wenn das Landesbüro der Naturschutzverbände sich äußert und von nicht privilegierten sonstigen Vorhaben und vom Landschaftsvorbehalt redet, dann redet es über etwas, um das es gar nicht geht beziehungsweise was bis dato rechtswidrig war.

Der Städtetag – das finde ich in Ordnung – stimmt grundsätzlich zu. Landkreistag und Städte- und Gemeindebund begrüßen sogar die Neuregelung und bedanken sich nochmals für den Wegfall des Zustimmungsvorbehalts der Bezirksregierung und nennen es – so heißt es dort wörtlich – einen entscheidenden Beitrag zum Bürokratieabbau. Nochmals stellen sie klar, dass die Altregelung aus der damaligen rot-grünen Landesregierung rechtswidrig war.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth)

Wir wollen den jährlich rund 4 % der 50.000 landwirtschaftlichen Betriebe, die aus der Produktion ausscheiden, helfen. Das sind dann in Summe rund 2.000 Betriebe im Jahr. Auch die alte Regelung – in 2004 vorgenommen – hat rund 1.000 landwirtschaftlichen Betrieben und ihren Familien geholfen. Rot und Grün haben damals behauptet, es wären nicht einmal 100.

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die Kiste Weißwein, die ich vom Kollegen Rommelspacher immer noch bekomme, noch einmal anmahnen würden. Plenarwetten sind eigentlich dazu da, um auch tatsächlich eingelöst zu werden.

(Beifall von der CDU)

Kurzum: Die SPD – das habe ich positiv zur Kenntnis genommen – kommt zwar spät, aber nicht zu spät zu einem sehr ordentlichen Ergebnis. Wir haben uns vorgenommen – wenn Sie uns dabei helfen, ist es uns umso lieber –, in jeder Plenarwoche mindestens eine der überholten rotgrünen Vorschriften abzuschaffen und so Nordrhein-Westfalen voranzubringen. Das wollen wir tun. Noch einmal schönen Dank für Ihre Hilfe.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Schemmer. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Becker das Wort.

Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! Herr Kollege, ich kann Ihren Wunsch an dieser Stelle – das wird Sie nicht überraschen – nicht erfüllen.

Meine Damen und Herren, ich habe es schon gesagt, als das Gesetz eingebracht worden ist, und möchte es hier noch einmal wiederholen: Die Anhörungen aus der letzten Legislaturperiode sind natürlich eigentlich sehr interessant gewesen. Ich zitiere mit Genehmigung der Präsidentin:

„Abschließend ist aus der Sicht der Landwirtschaftsverwaltung zu sagen, dass sich die Verwaltungspraxis der Umnutzungsgenehmigung in Zusammenarbeit mit den Baubehörden … grundsätzlich sehr positiv darstellt. Ich denke, dass wir auf dieser Ebene weiter machen können. Dass es im Einzelfall klemmt, dass es im Einzelfall immer wieder Schwierigkeiten gibt, ist, glaube ich, unvermeidlich, aber vom Grundsatz her meinen wir, dass die Regelung in Ordnung ist und die Verwaltungspraxis sicherlich auch funktioniert.“

Dieses Zitat stammt von Herrn Volkmar Nies von der Landwirtschaftskammer. Das hat er am 8. Januar 2003 in einer Anhörung des Ausschusses hier im Landtag gesagt.

Die berufsständigen Vertreter der Landwirtschaft haben klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass, wenn sich die landwirtschaftlichen Betriebe bei ihren Kammern umfassend informieren und beraten lassen, eine Umnutzung der aufgegebenen landwirtschaftlichen Betriebsgebäude in nahezu allen Fällen problemlos im Einvernehmen mit der zuständigen Bauaufsichtsbehörde gelöst werden kann.

Nun kann man sich die Frage stellen: Wenn die Landwirtschaftskammern in der jetzigen Regelung kein Problem sehen, warum liegt uns dieser Gesetzentwurf dann vor? Warum liegt uns heute das Gesetz zur Schlussberatung vor? – Auf den Punkt gebracht – ich habe es damals schon gesagt – ist das eine „Lex Schemmer“, die sogar so weit geht, dass die Bauvoranfragen und die erteilten Vorbescheide eine nahezu unbegrenzte Geltungsdauer erhalten.

Meine Damen und Herren, ich glaube, wir brauchen an dieser Stelle jetzt nicht die ganz große Debatte zu führen. Sie haben das gewollt. Wir halten es für falsch. Ich bin auch nach wie vor der Auffassung, dass das in Anbetracht der bisherigen durchaus großzügigen Regelung nicht nötig gewesen wäre. Sie können jetzt nach Hause fahren und können den Erfolg verkaufen; Sie können jetzt wohl die große Krönung Ihrer parlamentari

schen Laufbahn feiern. Ich denke, Sie sollten es dann auch dabei belassen und vielleicht in Zukunft bei anderen Punkten wie heute Morgen das Feld Ihrem Fraktionsvorsitzenden überlassen.

Meine Damen und Herren, wir werden diesem Gesetzentwurf so nicht zustimmen. Ich hatte das eben ausgeführt. Auch die Landwirtschaftskammer hat Ihnen damals ins Stammbuch geschrieben, dass Sie ein Stück weit eine Debatte führen, die völlig überhöht ist. Deswegen werden wir für die Beibehaltung der alten Regelung stimmen. – Schönen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP der Kollege Ellerbrock das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist für mich eine Premiere, dem Kollegen Becker hier zustimmen zu müssen. Der Kollege Becker hat gesagt, wir wollten das Gesetz, der Kollege Becker hat gesagt, wir machen das, und dem ist nichts hinzuzufügen. Er hat Recht, der Mann!

(Beifall von FDP und CDU)

Meine Damen und Herren, dies ist der Abschluss eines langen Prozesses. Die ehemalige Landesregierung hat die Möglichkeiten, die der Bundesgesetzgeber eingeräumt hatte, nicht in vollem Umfang ausgeschöpft. Wir wollen das machen. Der Kollege Schemmer hat darauf hingewiesen, dass unser Gesetzesvorhaben auf eine breite Zustimmung trifft; der Kollege Schemmer hat darauf hingewiesen, dass der Städtetag und der Städte- und Gemeindebund dieses Vorhaben ausdrücklich begrüßt haben. Ja, sogar der Nabu hat es weitestgehend begrüßt, hatte allerdings noch eine Zusatzformulierung vorgeschlagen, dass man die Landschaftsplanung einbinden sollte. Dem wollen wir nicht zustimmen und dem können wir auch nicht zustimmen. Dem können wir nicht zustimmen, wenn wir Bürokratieabbau und Verfahrensbeschleunigung ernst meinen. Das wollen wir nicht machen; deswegen haben wir es so auch nicht aufgenommen.

Die Gegenargumente „zusätzlicher Flächenverbrauch“ usw. tragen nicht, denn gerade die Umnutzung landwirtschaftlicher Gebäude führt ja letztlich dazu, dass wir eine geringere Flächeninanspruchnahme durch Neubauten erreichen.

In der vergangenen Legislaturperiode hat mein verehrter ehemaliger Kollege Karl Peter Brendel zu diesem Problemkreis rund neunmal vortragen dürfen. Er hat einen Satz gesagt, der heute genauso richtig ist wie in der gesamten letzten Legislaturperiode. Ich darf meinen Kollegen Karl Peter Brendel mit Erlaubnis der Präsidentin dergestalt zitieren:

Wir sollten hier ökologisch vertretbare, wirtschaftlich sinnvolle Nutzungen im Interesse des Erhalts von Arbeitsplätzen auch im ländlichen Raum nicht erschweren, nicht boykottieren und deshalb der Verlängerung der Aussetzungsfrist zustimmen. Das ist die einzig sinnvolle Entscheidung.

Dem habe ich nichts hinzuzufügen und danke, dass Sie mir zugehört haben. – Danke schön.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Wittke das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir hätten uns diese Debatte heute ersparen können, wenn die rot-grüne Landesregierung und die rot-grüne Parlamentsmehrheit in der vergangenen Legislaturperiode die Kraft und den Mut besessen hätten, die Siebenjahresfrist weiter auszusetzen. Darum ist das, was Sie, Herr Jung, hier vorgetragen haben, doch zu hinterfragen, denn warum haben Sie nicht dafür gesorgt, dass die Verlängerung der Aussetzung tatsächlich auch in Nordrhein-Westfalen Gesetzeskraft bekommt? Sie hat sie nicht bekommen. Dazu bedurfte es einer schwarz-gelben Mehrheit. Die haben Sie jetzt. Darum werden wir die Frist aussetzen, und wir werden dadurch nicht nur entbürokratisieren, sondern wir schaffen damit Investitionsspielräume im ländlichen Raum, und wir unterstützen den Strukturwandel in der Landwirtschaft.

(Beifall von CDU und FDP)

Herr Becker, noch ein letzter Satz zu Ihnen, damit Sie die Vorfreude auf Weihnachten nicht verlieren: Dies wird nicht die letzte Unterstützungsmaßnahme in Sachen Entbürokratisierung und Stimulierung von Investitionsbereitschaft in NordrheinWestfalen sein. Da haben wir noch viel in der Pipeline und viel auf der Pfanne. Wir freuen uns auf die weiteren Debatten. Jede Plenarwoche eine weitere Debatte dieser Art und Weise, und wir werden deutlich machen, wo der Unterschied zwischen rot-grüner Politik in Nordrhein-Westfalen in

der Vergangenheit und neuer Politik schwarzgelber Machart in Nordrhein-Westfalen liegt. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Wittke. – Wir sind damit am Schluss der Beratung des Tagesordnungspunktes 9, weil mir weitere Wortmeldungen nicht vorliegen.

Wir kommen damit zur Abstimmung. Der Ausschuss für Bauen und Verkehr empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung Drucksache 14/874, den Gesetzentwurf Drucksache 14/283 unverändert anzunehmen. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich, die Hand zu zeigen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Bei Gegenstimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Zustimmung der Fraktionen von CDU und FDP – ohne Beteiligung der Fraktion der SPD …

(Heiterkeit – Zurufe von der CDU: Es ist kei- ner mehr da!)

Nun, ich frage deswegen extra noch einmal nach, denn ich habe niemanden gesehen: Wer möchte dieser Beschlussempfehlung zustimmen?

(Zurufe: Oi!)

Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist die Beschlussempfehlung mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenommen und der Gesetzentwurf Drucksache 14/283 unverändert verabschiedet.

Wir kommen damit zum Tagesordnungspunkt

10 Fußball erleben – Umwelt schützen: Fußballweltmeisterschaft 2006 zur Werbung für einen nachhaltigen Umweltschutz nutzen