Protocol of the Session on December 15, 2005

(Beifall von CDU und FDP – Helmut Stahl [CDU]: Jawohl!)

Ein anderes Beispiel ist die Verdoppelung bei der Sprachförderung. Wenn das keine Stützung von Kindern und Familien ist, weiß ich wirklich nicht, wo wir anfangen sollen.

(Zuruf von Hannelore Kraft [SPD])

Wenn wir mit der Sprachförderung nicht schon ab dem vierten Lebensjahr in der Kindergartenzeit beginnen, haben diese Kinder, die Schwierigkeiten mit der Sprache haben, Schwierigkeiten für das ganze Leben. Das wollen wir ändern.

Insofern, meine Damen und Herren, haben wir das getan, was wir im Wahlkampf gesagt haben.

(Heiterkeit von der SPD)

Wir werden den Haushalt in Ordnung bringen – Schritt für Schritt, Jahr für Jahr. Jeder Fachbereich wird dazu seinen Beitrag leisten müssen. Da kann auch dieser Bereich leider nicht außen vor bleiben. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP – Sylvia Löhr- mann [GRÜNE]: Das haben Sie anders ge- sagt!)

Danke schön, Frau Kastner. – Frau Altenkamp hat nun das Wort.

(Helmut Stahl [CDU]: So einfach ist die Wahrheit! – Weitere Zurufe)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Beim Thema Kinder, Jugend und Familie gibt es beinahe kein Versprechen, das die Regierung und die Fraktionen, die sie tragen, nicht schon in wenigen Tagen gebrochen haben.

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Wider- spruch von CDU und FDP – Zuruf von der CDU: Pfui!)

Denn, Frau Kastner, wir haben uns in der Vergangenheit von Ihnen immer völlig zu Recht vorhalten lassen müssen, dass der Rasenmäher, also eine Kürzung aller Bereiche um 20 %, nicht gerecht ist,

(Zuruf von Marie-Theres Kastner [CDU] – Zurufe von der SPD: Hört, hört!)

sondern das Gegenteil. Sie drücken sich davor, politische Schwerpunkte zu setzen, wenn Sie sagen: Jeder Bereich muss seinen Beitrag leisten. Das ist eben nicht gerecht.

Sie haben den Bürgerinnen und Bürgern in Nordrhein-Westfalen versprochen, Sie würden einen Schwerpunkt bei der Förderung von Kindern und von Familien setzen.

(Zuruf von der CDU: Und bei den Schulen!)

Genau das tun Sie nicht. Sie setzen einen Schwerpunkt bei den Kürzungen in diesem Bereich. Das ist die Ungerechtigkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sie heben nicht nur die Mittel für den Landesjugendplan nicht, wie gesetzlich vorgesehen, auf 96 Millionen € an, sondern lassen sie bei 75 Millionen €. Sie kürzen auch im GTK-Bereich – Frau Kollegin Asch hat es bereits geschildert –: 104,5 Millionen €. Sie streichen den Ausgleich für das Elternbeitragsdefizit um 84,5 Millionen € und wissen ganz genau, was das auslösen wird: Kommunen mit einer schwierigen sozialen Staffelung haben keine Gestaltungsspielräume.

Das sind Kommunen mit einem geringen Anteil von Eltern, die den Höchstbeitrag leisten können. In meiner Stadt sind es weniger als 10 %, in den Nachbarstädten im Ruhrgebiet sind es zum Teil unter 5 %. Zugleich haben diese Kommunen einen hohen Anteil – beispielsweise 20 % – von El

tern, die aufgrund ihrer sozialen Situation keinen Beitrag leisten. Wenn dann noch circa 40 % knapp über dem Mindestbeitrag liegen, haben sie keine Spielräume, die Elternbeiträge tatsächlich so zu staffeln, wie sie es sich wünschen.

Diese Kommunen brauchen den Defizitausgleich des Landes, um den Rechtsanspruch erfüllen zu können. Als Folge einer Beitragserhöhung werden die Eltern ihre Kinder abmelden oder sie nicht die vollen drei Jahre in die Kita bringen. Wir alle haben uns gemeinsam lange darüber unterhalten, dass die Kita ein Teil der Bildungskette ist. Wenn Eltern ihre Kinder aus dieser Bildungskette herausnehmen, wissen Sie sehr genau, welche Folgen das haben wird.

(Zuruf von der CDU)

Durch Ihre Politik werden die Bildungszugänge von Anfang an – schon in der Kita – davon abhängen, in welcher Stadt ein Kind geboren wird und aufwächst. Das ist ein fatales Signal für die Chancengerechtigkeit der Kinder in unserem Land.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Der Jugendamtsleiter meiner Heimatstadt, ein CDU-Mitglied und Berater der CDU-Landtagsfraktion, teilt meine Einschätzung über die Folgen Ihrer Sparpolitik beim GTK für die Kommunen und für die Kinder in NRW und in den Städten von Nordrhein-Westfalen. Ich kann Ihnen sagen: Der Mann hat Recht. Hören Sie auf seinen Ratschlag!

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, nun möchte ich etwas zum Landesjugendplan sagen.

Erstens. Durch den ersten Nachtragshaushalt 2005 waren nochmals 5 Millionen € für den Landesjugendplan veranschlagt worden. Im Jahre 2005 standen also 80 Millionen € zur Verfügung. Das bedeutet: Sie kürzen den Landesjugendplan.

Zweitens. Durch Ihre Haushaltssperre, die Sie hier gemeinsam so tapfer verteidigt haben, standen am Ende nur noch circa 77 Millionen € zur Verfügung.

Drittens. Ich will Ihnen von der CDU und von der FDP gar nicht mehr vorhalten, was Sie alles in der letzten Legislaturperiode gefordert oder im Wahlkampf versprochen haben. Ich nehme Ihnen aber übel – besonders Ihnen, Herr Lindner –, dass Sie noch am 28. September 2005 anlässlich der Debatte zu unserem Antrag, 96 Millionen € für den Landesjugendplan einzusetzen, Folgendes gesagt haben:

„Unser Bestreben wird es trotz der schwierigen finanziellen Lage sein, diese 96 Millionen €, die wir zugesagt haben, die wir im Landtag selbst noch einmal eingefordert haben, den Trägern zu gewähren. Wir führen heute keine Haushaltsberatungen; aber gehen Sie davon aus, dass es nicht der Sozialdemokratie vor dem Hintergrund dieser Geschichte, die Sie zu verantworten haben, bedarf, um uns an unsere Verantwortung zu erinnern.“

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Genau, Herr Lindner, Sie haben Verantwortung.

Was ich Ihnen ganz persönlich übel nehme, ist, dass Sie den Trägern zu einem Zeitpunkt Hoffnungen gemacht haben, als Sie schon wussten, dass es nicht mehr gehen wird und dass Sie sich auch nicht werden durchsetzen können.

Was sind die Folgen Ihrer Politik? – Ich will Ihnen einmal einige Beispiele vorlesen. Die können Sie auch heute einer Zeitung entnehmen. Die Beispiele kommen Ihnen sicher bekannt vor: Jugendhof Vogelheim Thomas Morus: Kürzung des Stundenumfangs, SJD – die Falken: die beiden hauptamtlich geführten Einrichtungen in Kray und Holsterhausen haben nur noch vier Tage geöffnet, Kürzung der Landesmittel für die offene Jugendarbeit 125.000 € für die Stadt allein, Jugendwerk der Arbeiterwohlfahrt, Jugendhaus Kupferdreh: Streichung einer Honorarstelle und massive Reduzierungen der Sach- und Aktivitätenkosten.

Ich will Ihnen sagen, wo ich das her habe. Das waren Zitate aus der Diskussion um das Jugendfördergesetz im letzten Jahr 2004, die der CDUKollege Mahlberg so schön recherchiert hatte für die Stadt Essen.

Das heißt, Sie wissen sehr genau, was Sie hier tun. Sie haben es zu dem Zeitpunkt schon gewusst. Der Punkt ist nur, dass all diese Schließungen nicht vollzogen worden sind, weil die Verbände Hoffnungen hatten, dass es mit dem Jugendfördergesetz 2005/2006 besser wird. Mit den 5 Millionen € konnten einige Kürzungen verhindert werden.

Was ist jetzt? – Sie reduzieren den Landesjugendplan in dem klaren Wissen darum, dass es jetzt nicht mehr eine Achterbahnfahrt gibt, sondern die Talsohle immer länger wird. Das haben Sie zu verantworten und nicht wir, weil wir Ihnen so einen fürchterlichen Haushalt hinterlassen haben. Denn Sie wissen es, und Sie wussten es schon vor anderthalb Jahren.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ich komme zum Abschluss meiner Rede mal zur Volksinitiative „Jugend braucht Zukunft“. Sie haben die Menschen, die unterschrieben haben, und die Jugendlichen angeblich immer unterstützt. Für die Unterschriftensammlung haben Sie zum Teil die Unterschriftenlisten mit verteilt.

Wissen Sie, wo Sie nach meiner Auffassung kürzen können? – Bei der politischen Jugendarbeit und der Jugendbildung. Das, was Sie mit Ihrem Vorgehen an Vertrauen in die Politik und in die Ehrlichkeit und Redlichkeit von Politikern kaputt gemacht haben, können Sie durch noch so gute politische Jugendbildungsarbeit nicht mehr auffangen.

Ihre Partizipationsprojekte übrigens können Sie nach meinem Dafürhalten auch in die Tonne treten. Denn wer wird an solchen Dingen noch teilnehmen,

(Beifall von der SPD)

wenn er sich noch nicht einmal sicher ist, dass Gesetze, die verabschiedet worden sind und für die Leute auf die Straße gegangen sind und Unterschriften gesammelt haben, auch dann umgesetzt werden, wenn es schwierig wird? Sie halten sich ja noch nicht einmal an die Gesetze, von denen die Leute die Hoffnung hatten, dass mit ihnen die Jugendarbeit in diesem Land in sicheres Wasser gerät.

Sie haben nicht die Kraft dazu, und Sie haben tatsächlich auch nicht den Mut dazu, das zu machen. Sie haben lange, lange auf Zeit gespielt. Jetzt werden Ihre Politik und Ihr Politikstil deutlich. Dafür werden Sie auch sehr bald die Quittung bekommen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Frau Altenkamp. – Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Lindner das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Montag dieser Woche sind auf Einladung meiner Fraktion 150 Vertreter von Verbänden und Trägern und Praktiker der Kinder- und Jugendarbeit in Nordrhein-Westfalen zu Gast gewesen.

(Zurufe von Sylvia Löhrmann [GRÜNE] und Ralf Jäger [SPD])