Protocol of the Session on March 11, 2010

Was heißt das? Das heißt, dass wir jetzt als Landtag gefordert sind, vorzugeben, bis wann diese Regelung durchgesetzt werden soll. Wenn Herr Papke früher sagte, bis spätestens 2010, und nichts passiert ist, sollte man jetzt pragmatisch sagen, bis spätestens Sommer 2011, und nicht das tun, was Sie heute begehren, nämlich noch einmal den gleichen Beschluss wie 2007 fassen – einen Beschluss, von dem Sie sich alle einen Monat später schon distanziert haben und den Sie bis heute nicht umgesetzt haben.

Deswegen appelliere ich an Sie: Folgen Sie heute unserem Antrag, über den wir im Übrigen namentlich abstimmen lassen werden.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Danke schön, Herr Becker. – Für die CDU spricht nun Frau Brüning.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Rund um den Flughafen Köln/Bonn gibt es Tausende von Menschen, die durch den Flughafen Arbeit haben. Genauso gibt es aber Tausende von Menschen, die sich durch den Fluglärm gesundheitlich beeinträchtigt fühlen. Diesen Menschen macht insbesondere

der nächtliche Luftverkehr zu schaffen. Dabei handelt es sich um ein ernst zu nehmendes Problem, das dieses Haus schon seit vielen Jahren immer wieder beschäftigt.

Gestatten Sie mir an dieser Stelle deshalb auch eine ganz klare Ansage. Die Regierungskoalition steht in der Verantwortung, die Zukunft des Flughafens zu sichern und dabei die Anlieger und deren Interessen zu berücksichtigen.

Sie dagegen, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, hinterlassen auch mit diesem Antrag wieder den Eindruck, dass Sie die Interessen der beiden genannten Gruppen gegeneinander ausspielen. Mit keinem Wort gehen Sie in Ihrem Antrag auf die Auswirkungen eines solchen Nachtflugverbots für Passagierflugzeuge ein. Sie wägen nicht ab. Sie fordern etwas für die eine Seite, ohne die Konsequenzen für die andere Seite auch nur zu erwähnen.

Der Flughafen Köln/Bonn beschäftigt etwa 12.500 Mitarbeiter. Man schätzt, dass in der gesamten Region weitere 24.000 Arbeitsplätze vom Flughafen abhängen. Drei Institute kamen zu dem Ergebnis: Sollte 2010 ein Nachtflugverbot für Passagierflugzeuge zwischen 0 und 5 Uhr eingeführt werden, seien am Flughafen Köln/Bonn 1.700 Arbeitsplätze in Gefahr. Es käme bereits im ersten Jahr zu Einkommensverlusten von 61 Millionen € und Umsatzverlusten bei den Unternehmen von 110 Millionen €. Meine Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, wollen Sie das wirklich in der Konsequenz?

Wir müssen uns mit den Tatsachen auseinandersetzen,

(Horst Becker [GRÜNE]: Was wollen Sie denn? Warum haben Sie denn einen Ent- schließungsantrag gestellt?)

die besagen, dass der Flughafen Köln/Bonn über eine bestandskräftige Betriebsgenehmigung verfügt. Unser Entschließungsantrag aus 2007 hat daran nichts geändert. Wir haben damals wie heute deutlich gesagt: Die Betriebsgenehmigung hat für uns Gültigkeit. Dennoch ist es für uns auch selbstverständlich, dass wir uns im Herbst mit den Ergebnissen der im fünfjährigen Turnus stattfindenden Überprüfung zur Wirksamkeit der Lärmschutzmaßnahmen befassen.

Hier und heute aber lehnen wir das von Bündnis 90/Die Grünen wiederholt geforderte generelle Nachtflugverbot am Flughafen Köln/Bonn ab. Vielmehr unterstützen wir die Landesregierung dabei, in Gesprächen mit dem Flughafen Köln/Bonn und mit den verantwortlichen Gremien des Flughafens darauf hinzuwirken, dass der einstimmige Beschluss des Landtags zur Einführung einer Kernruhezeit im Passagierflugbetrieb Berücksichtigung findet.

In diesem Zusammenhang möchte ich die Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen dringend auffordern, die Einseitigkeit ihrer Betrachtung aufzugeben.

(Lachen von Horst Becker [GRÜNE])

Sie sollten den Menschen nicht etwas versprechen, nämlich die Einführung eines generellen nächtlichen Passagierflugverbots am Flughafen Köln/Bonn, wenn Sie ganz genau wissen, dass rechtliche Gründe dagegen sprechen. Hören Sie auf, den Menschen Sand in die Augen zu streuen!

(Horst Becker [GRÜNE]: Was wollen Sie jetzt eigentlich?)

Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wir lehnen Ihren Antrag ab, weil wir davon überzeugt sind, dass wir mit unserem Entschließungsantrag die besseren Chancen haben, um zu einer Kernruhezeit zu kommen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Frau Brüning. – Für die SPD spricht Kollege Tüttenberg.

Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Nach zweieinhalb Jahren und zumal zum Ablauf Ihrer Wahlzeit hat die Öffentlichkeit einen Anspruch zu erfahren, was die Regierung auf dem Gebiet des nächtlichen Lärmschutzes tatsächlich erreicht hat. Heute Morgen ging Ihr gemeinsamer Entschließungsantrag, der von CDU und FDP, ein. Darin zitieren Sie den bereits vor 30 Monaten gefassten Beschluss, in dem der Landtag von Ihnen, von der Landesregierung, die Einführung einer Kernruhezeit im Passagierflug erwartet. Erreicht haben Sie schlicht und ergreifend nichts.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Heute, nach 30 Monaten Erfolglosigkeit, beantragen Sie, dass wir Sie dabei unterstützen, Gespräche mit dem Flughafen zu führen. Finden Sie das nicht etwas arg wenig? Das ist so, als wenn der Bauer auf seinem vertrockneten Feld steht und, statt Wasser heranzuschaffen, einen anderen Bauern bittet, ihn dabei zu unterstützen, den Wassergott anzuflehen.

(Vorsitz: Vizepräsidentin Angela Freimuth)

Diese Hilflosigkeit ist schon schlimm genug, aber Sie setzen jetzt noch eins drauf, und das ist wirklich schlimm. Während Sie beim nächtlichen Passagierflug nichts erreicht haben, lehnen Sie das absolute Nachtflugverbot ab.

Wissen Sie, Frau Brüning, wo das trotzdem gefordert wird? Wissen Sie, wo den Menschen, um in Ihren Worten zu bleiben, Sand in die Augen gestreut wird? – Im CDU-Kreisverband Ihres obersten

Wahlkampfmanagers Andreas Krautscheid, dort, wo er Vorsitzender ist, wird das absolute Nachtflugverbot gefordert.

Wissen Sie auch, wer das alles fordert, beantragt, überall in der Kreisstadt plakatieren lässt – noch im letzten Sommer, 2009? – Ihr verehrtes Fraktionsmitglied Michael Solf.

Wissen Sie, wer in einem Landtagswahlkampf öffentlich zum Boykott gegen ein von Herrn Rüttgers immer wieder lobgepriesenes Frachtunternehmen aufgerufen hat? – Ihr Fraktionsmitglied Andrea Milz – übrigens auch aus dem Krautscheidland.

(Zuruf)

Ja, gegen UPS, von denen Sie sich jetzt auf Ihrem Zukunftskongress haben sponsern lassen.

Jetzt verlangen ausgerechnet Sie hier Planungssicherheit: mit leeren Händen dort, wo Sie in der Pflicht stehen, und mit abgrundtiefer Heuchelei dort, wo Sie tatsächlich agieren.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Erst Boykott, dann Sponsoring – das ist die CDU in Nordrhein-Westfalen, wie sie lebt und noch regiert.

(Zuruf von der CDU: Tüttenberg, ach!)

Sie haben – übrigens ohne Beteiligung des Parlaments und ohne das den Menschen in der Region in einem transparenten Verfahren plausibel zu machen – den Nachtflug bis 2030 verlängert – ohne Einschränkungen bei den Passagierflügen oder andere Lärmminderungen durchzudrücken – und wundern sich dann, dass die Leute vor Ort auf die Barrikaden gehen.

Entschuldigen Sie …

Nein, ich möchte im Zusammenhang vortragen. – Sie loben hier im Parlament Ihren Entscheid als Basis für Planungssicherheit, für Arbeitsplätze und erheischen dafür auch Beifall. Der Ministerpräsident lässt sich von den Frachtunternehmen preisen.

Unmittelbar danach beschließt die CDU im Kreisverband von Herrn Rüttgers oberstem Wahlkampfmanager, gegen genau das nicht nur zu agitieren, sondern vor Gericht zu ziehen und dieses Gerichtsverfahren explizit mit der Begründung durchzuführen, dass schon durch das Klageverfahren der Planungssicherheit die Grundlage entzogen werden soll. Dafür erheischen Sie vor Ort auch wieder Beifall – diesmal für das Gegenteil und von der Gegenseite.

Wissen Sie, wie ich das nenne? – Pharisäertum vom Schlimmsten, was es hier geben kann.

(Beifall von der SPD)

Ich vermute, dass sich der Ministerpräsident selber eingeschaltet hat. Wieso? Sie stehen hier inhaltlich mit leeren Händen da. Sie stoßen vor Ort die Menschen vor den Kopf, erzählen vor Ort das Gegenteil von dem, was hier stattfindet,

(Zuruf von der CDU: Quatsch!)

und führen dann im Landtag ein Bühnenschauspiel genau nach den Inszenierungsregeln der Schauspielschule Rüttgers auf.

Unsere Position dagegen ist – so war sie, so bleibt sie auch – klar: Wir wollen ein neues Luftverkehrskonzept mit Planungssicherheit für den Flughafen, für die Unternehmen, für die Beschäftigten, aber auch mit einer klaren Lärmminderungsperspektive für die Anwohner. Dazu zählen wir unter anderem die Kernruhezeit für Passagierflüge – übrigens in einem möglichst breiten Bündnis von Ländern und Regionen, am besten EU-weit. Da muss der Flughafen Köln/Bonn gar keine Alleingänge machen. Ich habe morgen zu diesem Thema ein Gespräch mit dem Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament, Martin Schulz.

(Zurufe von der CDU: Joh!)

Uns erscheint eine europaweite Regelung wichtig und als der Schlüssel zum Erfolg.

Es wäre sehr gut, meine Damen und Herren, und überdies hilfreich, wenn Sie uns dabei unterstützen und mit dem perfiden Doppelspiel Schluss machen würden, hier den Lobgesang, Frau Brüning, auf den Frachtflug anzustimmen und an der Basis, da, wo es gilt, vielleicht mutig, vielleicht nicht immer populär, diese Position zu vermitteln, dann wiederum dafür gewählt werden zu wollen, dass Sie Sabotage an der hier von Ihnen verkündeten Politik üben. Auch diese Heuchelei wollen wir am 9. Mai mit einem politischen Neuanfang in Nordrhein-Westfalen beenden.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Tüttenberg. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP Kollege Rasche das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Position der Grünen zum Flughafen Köln/Bonn ist glasklar und seit vielen Jahren unverändert. Die Grünen wollen am Flughafen Köln/Bonn ein komplettes Nachtflugverbot. Das würde weit über 10.000 Arbeitsplätze kosten und wäre eine Katastrophe für den Wirtschaftsstandort Köln/Bonn, für die gesamte Region, für NordrheinWestfalen.