Das hätte ich nie für möglich gehalten. Wir müssen auch noch einmal daran arbeiten, dass das Konnexitätsprinzip so ausgestaltet wird, dass sich die jeweils regierende Landesregierung nicht wieder
Meine Damen und Herren, wir haben alle gemeinsam eine riesige Aufgabe vor uns. Ich werde das nicht mehr machen können, weil ich dem nächsten Landtag nicht mehr angehören werde. Daher kann ich auch nicht mehr Vorsitzender des Ausschusses für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform sein. Vielleicht ist der eine oder andere froh darüber. Mich persönlich macht das eigentlich ein bisschen traurig; denn ich hätte sehr gerne daran mitgewirkt, die Kommunen endlich wieder aus dieser katastrophalen Situation herauszuführen, in die sie hineingekommen sind.
(Anhaltender lebhafter Beifall von der SPD – Die Abgeordneten der SPD-Fraktion erheben sich. – Beifall von den GRÜNEN)
Vielen Dank, Herr Kollege Moron. – Als nächster Redner steht Herr Kollege Weisbrich schon am Pult bereit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Moron, ich habe leider nur drei Minuten und kann daher nicht angemessen auf Ihre Abschiedsrede eingehen. – Wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben wir an einer Stelle sicherlich Konsens: Die Zustimmung der Bürger zum Staat beginnt in der Tat in den Kommunen. Deshalb müssen alle politisch Handelnden ein Interesse daran haben, die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommunen zu erhalten. Richtig ist auch: In der Finanzkrise wird wie im Fokus eines Brennglases deutlich, dass die Kommunen in Deutschland nicht aufgabenadäquat finanziert sind.
Nun waren es aber gerade Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und sein Stellvertreter Andreas Pinkwart, die das erkannt und über den Koalitionsvertrag dafür gesorgt haben, dass erstmalig seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände auf Augenhöhe gemeinsam über eine aufgabengerechte und nachhaltige Neuordnung der kommunalen Finanzausstattung verhandeln.
Das hat es bisher nie gegeben. Unter Beteiligung unseres Finanzministers Helmut Linssen und unseres Innenministers Ingo Wolf haben die Verhandlungen mit dem Bund am 4. März dieses Jahres begonnen.
Damit diese Verhandlungen Erfolg haben, und zwar den Erfolg, den Land und Kommunen sich gemeinsam wünschen, bedarf es Zweierlei. Erstens bedarf es einer umfassenden und zutreffenden Situationsanalyse – die Sie hier nicht ganz geliefert haben, Kollege Moron. Zweitens bedarf es der Bereitschaft aller Beteiligten, aufeinander zuzugehen. Ganz
Wer dann was zu leisten hat, kann nur das Ergebnis vertrauensvoller gemeinsamer Verhandlungsführung sein und nicht am Anfang der Verhandlungen stehen. Ich erlebe in diesem Haus immer wieder, dass Sozialdemokraten sagen: Ihr müsst dies und jenes tun. – Ich habe schon einmal erklärt: Beim Schachspielen verrate ich meinem Gegner auch nicht meine nächsten Züge. Dort muss ich meine Züge überlegen. Ich breite sie aber nicht auf dem Marktplatz offen aus.
Wer was zu leisten hat, kann also nur das Ergebnis von Verhandlungen sein. Dabei werden wir als Land ganz sicher an der Seite der Kommunen stehen.
Meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag der Oppositionsfraktionen wird beiden Kriterien – umfassende und zutreffende Situationsanalyse sowie Bereitschaft aller, aufeinander zuzugehen – nicht gerecht. Er strotzt – so leid mir das tut – vor völlig aberwitzigen Schuldzuweisungen an die Koalitionsregierungen in Berlin und Düsseldorf. Außerdem werden darin vom Land Vorleistungen verlangt wie eine verfassungsrechtlich abgesicherte Grundausstattung der Kommunen, die Rechts- und Wirtschaftsexperten aus wohlerwogenen Gründen strikt ablehnen.
Außerdem muss ich sagen: Die Antragsteller haben selbst während ihrer glorreichen Regierungszeit, die in einem finanziellen Desaster geendet hat, eine solche kommunale Grundsicherung niemals auch nur in Erwägung gezogen. Kollege Moron, Sie können sich sicherlich genauso gut wie ich vorstellen, was Ihnen Finanzminister Schleußer oder Finanzminister Steinbrück auf eine solche Schnapsidee geantwortet hätten.
Ihr Antrag hat aber noch einen dritten Mangel: Er ist nicht auf der Höhe der Zeit. Denn die Landesregierung ist längst in den Verhandlungen mit dem Bund und den kommunalen Spitzenverbänden, die Sie erst fordern. Deshalb ist Ihre Positionierung heute so etwas wie Heldentum nach Ladenschluss. Sie fordern etwas, was schon längst gemacht wird.
Zum Schluss – nur damit es nicht vergessen wird –: Es war Helmut Schmidt, der mit der Operation 1982 die soziale Grundsicherung bei den Kommunen abgeladen hat. Es war die Regierung Rau, die den Verbundsatz im Gemeindefinanzierungsgesetz von 28,5 auf 23 % abgesenkt hat. Und es war Wolfgang Clement, der die ungerechte Verteilung der Kosten der Unterbringung zu vertreten hat. Es waren immer Sozialdemokraten, die die falsche Weichenstellung in der Gemeindefinanzierung zu vertreten hatten,
Das sollten Sie nicht tun. Sie sollten das tun, Kollege Moron, was Sie gesagt haben. An dieser Stelle kennen wir keine Parteien mehr; da kennen wir nur noch die Kommunen. Lassen Sie uns zusammenarbeiten – aber nicht mit falschen Schuldzuweisungen und falschen Zahlen. – So, jetzt habe ich eine Punktlandung. Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Weisbrich. Sie haben recht, das war eine zeitliche Punktlandung. – Als nächster Redner spricht für die Grünen Herr Kollege Becker.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst einmal feststellen: Es gibt immerhin den Fortschritt, dass zumindest die CDU einräumt und der Innenminister heute eingeräumt hat, dass es Probleme bei den kommunalen Finanzen gibt.
Das ist erfreulich, hat aber immerhin viereinhalb Jahre gedauert. Wer die Protokolle der letzten Jahre nachliest, wird insbesondere bei dem Kollegen Lux, dem Kollegen Wolf – zu Herrn Engel komme ich gleich noch, und ich habe Herrn Löttgen vergessen; der war in diesem Konzert auch dabei – feststellen können, dass Sie diese Probleme bis vor einem Jahr geleugnet haben und immer nur betont haben, wie gut es den Kommunen unter dieser Landesregierung geht.
Zweitens möchte ich feststellen: Herr Engel ist faktisch in diesem Stand verharrt. Wer Herrn Engel heute zugehört hat, konnte feststellen, dass Herr Engel der Meinung ist – er sagt das ja allerorten –, dass die Kommunen nur mehr sparen müssten, dass sie selber schuld sind und – das ist die besonders perfide Behauptung – aus eigener Kraft wieder aus dieser Situation herauskommen können.
Schauen wir uns mal die Wahrheit an! Schauen wir uns an, was in den letzten Jahren passiert ist! Richtig ist: Die Kosten der Grundsicherung, die Kosten der Unterkunft und nicht zu vergessen die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, die die Kommunen über die Landschaftsverbände tragen, sind in den letzten Jahren explodiert.
Ich habe mir gerade in den letzten Tagen Zahlen für meine Heimatkommune herausgesucht, weil ich sie heruntergebrochen habe. Es ist spannend. Im Landschaftsverband Rheinland sind die Zahlen
jedes Jahr 60 Millionen € immer obendrauf. Wer das durchrechnet, kommt auf 900 Millionen €. Das bezahlen zum größten Teil die Kommunen, genau wie die Zusatzkosten bei der Grundsicherung im Alter, genau wie bei den Kosten der Unterkunft. Wer vor dem Hintergrund, dass das seit Jahren so ist, kaum dass fünf Jahre vorbei sind, dieses Thema entdeckt, und dann erzählt, dass er das jetzt lösen möchte, der muss sich vorhalten lassen, dass er fünf Jahre verschlafen hat.
Lassen Sie mich ein Weiteres sagen: Selbst wenn in diesem Zusammenhang der größere Teil der Finanzmisere bei den Kommunen liegt – und da liegt der größere Teil –, haben Sie hier in Nordrhein-Westfalen ein gerüttelt Maß an zusätzlichen Problemen für die kommunale Familie beigetragen.
Herr Becker, Sie kommen aus dem Rhein-Sieg-Kreis. Ist Ihnen bekannt, dass Sie Ende 2008 weit über 200 Millionen € Schulden hatten und der etwas kleinere Rhein-Erft-Kreis – er hat knapp 100.000 Einwohner weniger – schuldenfrei ist?
Darauf antworte ich gerne. Herr Moron, ich kenne den Fall. Im Rhein-Erft-Kreis regiert die CDU mit der FDP. Dort haben die alle Aktien von RWE verkauft. Das heißt, die haben keinen steuerlichen Querverbund.
Das ist spannend, dass Ihnen das egal ist. Ich erkläre Ihnen jetzt einmal die Zusammenhänge, und Sie sollten darüber nachdenken. – Da sind kaum Aktien mehr da. Den steuerlichen Querverbund, mit dem wir zum Beispiel im Rhein-Sieg-Kreis den öffentlichen Personennahverkehr finanzieren, den Sie
übrigens mit diesem Innenminister in der Innenministerkonferenz – als einziger Innenminister bundesweit – bekämpfen, den haben wir heute noch. Wenn wir Vermögen aufrechnen und wenn wir Schulden aufrechnen, stehen wir bedeutend besser da als der Rhein-Erft-Kreis. Vor allen Dingen haben wir für die Kommunen eine deutlich niedrigere Umlage. Wir lagen 2009 über 8 Prozentpunkte unter der Umlage des Rhein-Erft-Kreises. Das heißt, Sie ziehen den Kommunen im Rhein-Erft-Kreis das Geld aus der Tasche, und das tut der Rhein-SiegKreis nicht.
Hervorragend. Vielen Dank, Herr Becker. – Sie haben eben wieder Zahlen vorgetragen. Daraus kann man schließen, dass Sie vermutlich die Zusammenhänge überhaupt nicht kennen. Ist Ihnen bekannt Folgendes bekannt? Sie haben eben behauptet – und Edgar Moron hat das mit einem Zwischenruf bestätigt –, dass sich der Rhein-Erft-Kreis von seinem Vermögen in RWEAktien getrennt hat. – In Teilen. Gerade in diesen Tagen hat der Rhein-Erft-Kreis Aktien auf den Markt gebracht – RWE-Aktien zum Verkauf –, die die Stadt Mülheim an der Ruhr gekauft hat, und zwar Aktien, über die der Rat nicht beschließen kann, dass die Stadt sie verkaufen muss. Warum? Weil man sich in Mülheim Posten und Pöstchen bei der RWE erhalten wollte. Ist Ihnen das bekannt? Wir haben noch RWE-Aktien ohne Ende.