Protocol of the Session on February 4, 2010

Wir sind in Nordrhein-Westfalen auf einem guten Weg. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Ich will vielleicht noch darauf hinweisen, dass es sicherlich eine Erleichterung wäre, wenn einfach ein Signal gegeben würde, ob eine Zwischenfrage zugelassen wird oder nicht.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Ich habe keine Zwischenfrage gesehen!)

Weil mir weitere Wortmeldungen nicht vorliegen – das bleibt auch beim Blick in die Runde so –, sind wir jetzt am Ende der Beratung von Tagesordnungspunkt 3.

Dann lasse ich über den Inhalt des Antrags Drucksache 14/10591 direkt abstimmen, da die antragstellenden Fraktionen von CDU und FDP direkte Abstimmung beantragt haben. Wer dem Inhalt dieses Antrags seine Zustimmung geben möchte, den darf ich um das Handzeichen bitten. – Das sind die Abgeordneten der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP. Gegenstimmen? – Das sind die Abgeordneten der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie der fraktionslose Abgeordnete Sagel. Enthaltungen? – Keine Enthaltungen. Damit ist der Antrag angenommen.

Ich rufe auf:

4 Unsolidarische Gesundheitsreform der schwarz- gelben Bundesregierung stoppen!

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 14/10589

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Frau Abgeordneten Steffens das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser Antrag ist notwendig geworden, weil wir gerade mit dem Einstieg in die Zusatzbeiträge, deren Erhebung die Krankenkassen jetzt angekündigt haben, eine breite Debatte bekommen haben und der Gesundheitsminister auf

Bundesebene diese Zusatzbeiträge als den Einstieg in den Gesundheitssystemwechsel – weg von einem Solidarsystem hin zu einem Zusatzbeitrags-, Kopfpauschalen- oder ähnlichen System – bezeichnet hat.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Das ist die Merkel-Pauschale!)

Nachdem klar war, dass die Zusatzbeiträge erhoben werden, fing schon der erste Koalitionshickhack an, ob das nun sozial oder unsozial ist. Auch Herr Rösler hat sich dann ziemlich schnell öffentlich bekannt und erklärt, die Zusatzbeiträge seien in dieser Form unsozial; man müsse darüber nachdenken, wie man das wieder ausgeglichen bekomme.

Wenn man weiß, wer seine Unterstützer sind – sie sagen klar, es ist höchste Zeit, dass wir den Solidaritätsgedanken endlich aufgeben –, fragt man sich doch, was Rösler und die Koalition im Bund unter sozial verstehen, wenn sie von Kopfpauschalen und Umstellung des Gesundheitssystems reden – insbesondere die FDP, die gleichzeitig Sonderkonditionen bei einem privaten Krankenversicherungsanbieter hat.

Man muss sich das einmal vorstellen: Jeder Mensch, der in eine private Krankenversicherung aufgenommen werden möchte, muss zuerst nachweisen, ob er Vorerkrankungen hat. Wenn er Vorerkrankungen hat, werden die Versicherungsbeiträge verdammt teuer, und es lohnt sich nicht. Bei FDPMitgliedern wird das nicht geprüft. Sie können ungeachtet ihrer Vorerkrankungen in die Privatversicherung wechseln. Das ist kein Blödsinn; das haben wir schriftlich. Sie können auch direkt am Tag nach der Aufnahme die Leistungen in Anspruch nehmen; für sie gibt es keine Wartezeiten. Ihre Familienangehörigen werden auch mitversichert. Das ist Sozialpolitik im Gesundheitssystem Marke FDP bei der DKV.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Auch wenn ich der FDP kein einziges Mitglied gönne, kann jedem Menschen in diesem Land mit Behinderungen oder mit Vorerkrankungen, der Schwierigkeiten hat, in die Privatversicherung zu kommen, nur raten: Treten Sie in die FDP ein, wenigstens für einen Monat. Schließen Sie den Vertrag mit der DKV ab. Dann sind Sie drin, fliegen nicht wieder raus und bekommen einen fairen Preis, den nur FDP-Mitglieder bekommen.

Das ist Gesundheitspolitik Marke FDP. Mit diesen Gedanken im Hinterkopf muss man sich angucken, was dort auf Bundesebene diskutiert wird; denn dahinter steht dieser Sozialgedanke.

Was heißt es denn, wenn Rösler sagt, es solle einen sozialen Ausgleich für diejenigen geben, die es sich nicht leisten können? Wer sind die, die es sich nicht leisten können? Jetzt bezeichnet er 8 € als unsozial. Wenn eine Kopfpauschale kommt, wird er

sich daran messen lassen müssen. Er wird sagen müssen, was das denn heißt. Wenn er sagt, das sei unsozial, muss er auch sagen, woher das Geld für den sozialen Ausgleich denn kommen soll.

In diesem Zusammenhang muss man sich auch einmal diejenigen anhören, die sich innerhalb der Koalition mit diesem Thema beschäftigen. Beispielsweise sagt Markus Söder, CSU-Gesundheitsminister – der im Übrigen nicht meine Positionen vertritt –: Das ist nicht finanzierbar. Es kostet mindestens 15 bis 40 Milliarden €.

In Anbetracht dieser Summe soll mir einmal jemand sagen, wie man in Ihrer Koalition im Bund einen sozialen Ausgleich beschließen will, obwohl das Geld nirgendwo vorhanden ist. Das wird keine soziale Gesundheitsreform, sondern der Einstieg in die Umverteilung von unten nach oben.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Die Menschen unten zahlen für die Menschen oben die Versicherungsbeiträge – so wie schon jetzt Privatversicherte die Beiträge für die FDP-Mitglieder zahlen.

Der Arbeitgeberbeitrag soll eingefroren werden. Was heißt das denn? Das bedeutet den Einstieg in den Ausstieg aus einem solidarischen Versicherungssystem. Bisher war klar: Die Arbeitgeber zahlen – wenn auch schon nicht mehr ganz hälftig, aber zumindest fast – den Beitrag mit, weil sie auch für den Gesundheitsschutz ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zuständig sind. – Da wollen Sie heraus. Das ist der Anfang.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Das ist der Sündenfall der CDU!)

Es ist auch klar – das ist schon jetzt deutlich sichtbar; das sagen auch viele Ihrer eigenen Leute –, dass es für eine solche Kopfpauschale keine Akzeptanz in der Bevölkerung gibt.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Statt inhaltliche Antworten zu liefern, hat Rösler, der bisher doch eher noch ein Fliegengewicht ist, seine eigene Person mit in die Waagschale geworfen. Er meint, dass er damit ein solches – vollkommen falsches – Gesundheitssystem auf die Beine gestellt bekommt.

Wir haben in den letzten Tagen viel von unterschiedlichen Ministern, von unterschiedlichen Ministerpräsidenten in diesem Land gehört, welche Reformen auf Bundesebene gestoppt werden sollen. Koch allen voran möchte die SGB-II-Reform stoppen, was wir sehr begrüßen. Wir fänden es gut, wenn ihm dieses Land an die Seite springen würde. An diesem Punkt wäre NordrheinWestfalen gefragt. Das wäre ein hervorragendes Beispiel, an dem die CDU – die in der Vergangenheit unter anderem mit Herrn Henke als Vorsitzendem des Marburger Bundes in vielen Diskussionen

hier im Parlament klar gesagt hat, ein solches System sei so nicht solidarisch gestaltbar – zeigen könnte, dass sie in Nordrhein-Westfalen anpackt, indem sie sagt: Wir stoppen diese Reform im Bund.

Deswegen möchten wir hier heute diese Diskussion mit Ihnen führen. Wir möchten, dass Sie Farbe bekennen für ein solidarisches Gesundheitssystem. Wir möchten, dass Sie klar und deutlich sagen, dass ein System, wie Herr Rösler es will, mit Ihnen nicht zu machen ist. Und wir hoffen darauf, dass Nordrhein-Westfalen entweder jetzt mit Ihnen oder ab Mai mit uns eine solche Umstellung auf ein unsolidarisches System gestoppt bekommt.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Steffens. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Post das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei einem anderen Tagesordnungspunkt, bei dem es um Anlegerrechte ging, kam eben von Herrn Remmel der Zwischenruf: Blaupausen vom Bund! – Meine sehr verehrten Damen und Herren, den Antrag, den die Grünen jetzt hier gestellt haben, gab es vorige Woche inhaltsgleich im Bundestag.

(Dietmar Brockes [FDP]: Ja! Nur abgeschrie- ben!)

Wir könnten hier also eigentlich die Niederschrift des Deutschen Bundestages nehmen, aufschlagen und übertragen. Es ist frappierend, meine Damen und Herren, was Sie hier um eine Woche zeitversetzt in den Antrag schreiben.

Herr Kollege Post, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Steffens?

Wenn ich gesagt habe, was ich Frau Kollegin Steffens vorschlagen will, dann ja.

(Zuruf von den GRÜNEN: Sie haben gerade Behauptungen in den Raum gestellt!)

Also jetzt nicht.

Jetzt nicht.

Zugegebenermaßen ist das Thema, Frau Steffens – das sei Ihnen wirklich zugestanden –, sehr wichtig. Es entscheidet über viel mehr als über 8 € hier oder 8 € da. Es entscheidet über die Zukunft der Krankenversicherung in den nächsten Jahrzehnten.

Wollen Sie hier eigentlich nur mit den Sorgen der Bürger spielen? Wollen Sie mit Bundesthemen Stimmung machen, weil Ihnen die Landesthemen offensichtlich ausgegangen sind?

(Lachen von den GRÜNEN)

Wollen Sie die Stimmung für den Vorwahlkampf in Nordrhein-Westfalen anheizen? – Meine Damen und Herren, auch das – da bin ich ganz ohne Sorge – wird vom Wähler leicht erkannt werden. Wenn Ihnen nicht mehr einfällt! Die Motivation bei diesem Thema ist sehr dürftig.

Zu Ihrem Antrag! Die Überschrift ist entlarvend: „Unsolidarische Gesundheitsreform der schwarzgelben Bundesregierung stoppen!“ Es gibt noch nicht einmal einen Vorentwurf einer Gesundheitsreform, aber Sie bewerten ihn schon.

Die Zusatzbeiträge, die im Moment von einigen Kassen erhoben werden, entstammen einer zugegebenermaßen von mir nicht geliebten Fondsmodelllösung, die Frau Ulla Schmidt eingebracht hat, also noch von der Großen Koalition.

(Britta Altenkamp [SPD]: Ach so? Wie ist denn der Fonds entstanden?)

Es wird erst noch ein Arbeitskreis vom Bundesgesundheitsminister eingerichtet, um das Programm für ein neues Gesetz zu erarbeiten. Aber Sie wissen schon alles. Sie wissen schon alles und werten schon alles.