Protocol of the Session on February 4, 2010

Ich komme zur Frage steigender Steuereinnahmen. An diesem Pult habe ich nie geleugnet, dass es in den Jahren 2006, 2007 und 2008 eine erstarkte Konjunktur gab, die dazu beigetragen hat, die Nettokreditaufnahme deutlich auf das gerade genannte, historisch niedrige Niveau abzusenken.

(Zuruf: Den Rest haben Sie verpulvert!)

Meine Damen und Herren, ich will darauf aufmerksam machen, dass wir uns nicht nur damit beschäftigt haben, wie wir den augenblicklich Status quo managen, sondern dass wir uns darüber hinaus Gedanken gemacht haben, wie wir NordrheinWestfalen perspektivisch wieder nach vorn bringen und die Grundlagen für Wachstum, Beschäftigung und damit für wirtschaftliche Prosperität im Land Nordrhein-Westfalen schaffen können.

Wir haben in einem Umfang in Bildung investiert, den es zuvor jahrelang nicht gegeben hat. Wir haben versucht, Ihre Versäumnisse abzuarbeiten.

(Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, es wäre intellektuell lauter, wen Sie diese Beiträge anerkennen würden.

Beim Thema Schuldenbremse grenzt es an Absurdität, dass Sie sich beharrlich der Diskussion, die wir in Nordrhein-Westfalen über die Einführung und Verankerung der Schuldenbremse in unserer Landesverfassung führen, verweigern. – Von wegen Polemik!

(Beifall von Christian Möbius [CDU] – Rüdiger Sagel [fraktionslos]: Das stimmt überhaupt nicht; wir lehnen sie ab!)

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich möchte fortfahren.

(Zuruf von Ewald Groth [GRÜNE])

Im Antrag der Kollegen von der SPD-Fraktion wird der Eindruck erweckt, man müsse eine Sparliste veröffentlichen.

(Zustimmung von Anke Brunn [SPD])

Meine Damen und Herren, wir müssen die Strukturen im Land Nordrhein-Westfalen verändern.

(Anke Brunn [SPD]: Sie müssen sagen, wie!)

Wir müssen den Staat wieder auf seine Kernaufgaben reduzieren. Völlig klar ist, dass wir auch bei den Personalkosten ansetzen müssen. Denn das ist der größte Kostenblock.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Ja, bei der Steuer- fahndung könnten wir noch ein bisschen spa- ren!)

Das geht nur, wenn wir das Land NordrheinWestfalen von Aufgaben befreien, wenn wir die Strukturen verändern und wenn wir Privatisierungserlöse dafür nutzen, die Zinsbelastungen zurückzufahren. Wenn wir die bisher sehr verfestigten Strukturen aufknacken und die Effizienzen heben können, haben wir eine realistische Chance, diese veränderten Strukturen dafür zu nutzen, dass wir nicht nur neue Schulden vermeiden können,

(Zuruf von Rüdiger Sagel [fraktionslos])

sondern dass wir tatsächlich Schulden abbauen, nachfolgenden Generationen Spielräume eröffnen und gleichzeitig die Grundlage für wirtschaftliche Prosperität in unserem Land halten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Freimuth. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht der Kollege Groth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Freimuth, wie Sie sich den Staat vorstellen, stellen sich die Grünen den Staat nicht vor. Sie würden wahrscheinlich am liebsten noch mehr Steuerfahnder und Betriebsprüfer aus dem Dienst entfernen und dann sagen, der Staat sei schlanker geworden.

(Rüdiger Sagel [fraktionslos]: Richtig! Das wollen die!)

Sie würden am liebsten auch nicht die Summe von 2,5 Millionen € für die CD bezahlen. So stellen Sie sich den Staat vor. So aber wollen wir den Staat nicht! Wir wollen ihn handlungsfähig. Er soll im Interesse der Bürgerinnen und Bürger funktionieren.

(Beifall von der SPD)

Dafür braucht man Steuereinnahmen. Sie sind schuldig geblieben zu sagen, wie Sie diese 5 Milliarden € einsparen wollen. Sonst glauben wir Ihnen Ihre Ausführungen zur Schuldenbremse nicht.

(Zuruf von der SPD: Genau!)

Wir verweigern uns der Diskussion nicht. Wir wissen sehr genau, dass es so nicht weitergehen kann, wie Sie hier in den letzten fünf Jahren gewirtschaftet haben.

(Lachen von CDU und FDP – Christian Möbi- us [CDU]: Das sagt der Richtige! – Weitere Zurufe von CDU und FDP)

CDU und FDP sind Lichtjahre davon entfernt. Zu Beginn Ihrer Regierungszeit hatten Sie eine Neuverschuldung in Höhe von 6,7 Milliarden €. Sie haben diesen Wert am Ende fast wieder erreicht. Nur mit dem einen Unterschied,

(Christian Möbius [CDU]: Die Weltwirt- schaftskrise ist der Unterschied!)

dass Sie immer noch 3 Milliarden € mehr als in der Vergangenheit einnehmen. In der Zwischenzeit haben Sie enorme Mittel eingenommen, die Sie teilweise dafür eingesetzt haben, die Neuverschuldung herunterzudrücken. Das ist nicht Ihr Verdienst; das ist nicht Sparsamkeit. Sonst nennen Sie doch die Haushaltstitel, bei denen Sie eingespart haben – mit Ausnahme beispielsweise des Personals in den Finanzämtern. Das ist aber keine Ruhmestat, meine Damen und Herren.

(Edgar Moron [SPD]: Doch! Bei der Reprä- sentation haben sie eingespart, in der Staatskanzlei!)

Ja, keine Lachsschnittchen mehr, habe ich schon gehört.

Den Textbaustein zu Beginn Ihres eigentlichen Berichtes, des Nachhaltigkeitsberichtes, waren langweilig. Sie haben behauptet, man dürfte in der Krise nicht weiter ansparen. Angeblich sei dieser Haushalt 2010 die in Zahlen gegossene Konjunkturbelebungsmaschine. – Das ist dieser Haushalt nicht, meine Damen und Herren. Er unterscheidet sich nahezu nicht von den Haushalten 2009 und 2008. Sie haben fast alles überrollt, alles die gleichen Ansätze. Und was nicht durch andere Ebenen beeinflusst wird, haben Sie gar nicht verändert.

(Beifall von den GRÜNEN)

Aber weder 2009 noch 2010, meine Damen und Herren, haben Sie irgendeinen einzigen eigenen Impuls zur Konjunkturbelebung beispielsweise durch eigenfinanzierte Investitionen gegeben. Sie haben alle unsere Anträge dazu abgelehnt, meine Damen und Herren. Sie haben nichts getan an dieser Stelle.

Ich sage Ihnen, was Sie in der Haushaltspolitik gemacht haben. Sie haben 2006 und 2007 empfindliche Einsparungen bei den Sozialleistungen, der Schülerbeförderung, beim Umweltschutz vorgenommen; ja, das haben Sie getan. Dies hat im Übrigen zu schlimmen Verwerfungen geführt. Allerdings bleibt selbst diese zusammengesparte Summe um bestimmt 90 % hinter dem zurück, was vor diesem Land an Aufgaben steht, wenn die Schuldenbremse kommt.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Weisbrich?

Ja, sehr gerne. Ich liebe ja die Diskussion, Herr Präsident.

Bitte schön, Herr Kollege Weisbrich.

Herr Kollege Groth, wir sind uns doch einig, dass das Budgetrecht beim Parlament liegt. Wie soll es dann funktionieren, dass die Landesregierung jetzt schon Streichlisten für die Zukunft vorlegt, wo wir doch erst in ein paar Monaten ein neues Parlament wählen?

Ich finde, wenn man eine starke Koalition bildet, wenn man auch eine wirklich regierungsstarke Fraktion ist: An der Stelle könnten Sie Ihre Landeregierung doch auch einmal unterstützen. Warum verweigern Sie denn die Arbeit?

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie haben doch auch die Schuldenbremse beschlossen. Das beschließen Sie doch gleichzeitig. Dann müssen Sie auch sagen, wohin Sie wollen.

Sie können die Antworten nicht schuldig bleiben. Die Bürgerinnen und Bürger wollen wissen, was auf sie zukommt.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Wir haben gerade erlebt, was auf der Bundesebene passiert: Heute hin, morgen zurück, Echternacher Springprozession, keiner weiß mehr, wo es langgehen soll. Entscheiden Sie sich! Wenn Sie die Schuldenbremse so administrieren wollen, wie sie beschlossen ist, dann müssen Sie sagen, wo Sie die 5 Milliarden herholen, oder Sie gehen weiter und tiefer in die Verschuldung, meine Damen und Herren.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Sie kommen um die Antwort nicht herum. Und Sie sollten sie vor der Landtagswahl geben, damit Sie ehrlich bleiben. Das ist doch der entscheidende Punkt. Sie wollen sich auch in dieser Frage wieder nur über den 9. Mai retten, damit Sie noch die eine oder andere Wählerinnen- und Wählerstimme kassieren können. Danach kommen die Grausamkeiten.