Protocol of the Session on February 4, 2010

dass sie nicht blufft, sondern sagt, was Sie wirklich will.

Wir fordern: Wahrheit und Klarheit gerade bei diesen Zahlen. Wir fordern: keine Polemik. Wir fordern: kein Bluff. Wir fordern: keine Wählertäuschung. Wir fordern, dass Sie jetzt sagen, was Sie wollen, und nicht erst nach der Wahl entweder verkünden, dass es nicht geht, oder wie Sie es machen wollen. Die Bürger sind mit Recht besorgt. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Brunn. – Für die CDU-Fraktion spricht Kollege Möbius.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich den Antrag der SPD-Fraktion mit dem Titel „Landesregierung muss Sparliste vor der Landtagswahl veröffentlichen“ das erste Mal gelesen habe, fiel mir spontan die Zeile eines Liedes der Kölner Karnevalsgruppe „Bläck Fööss“ ein; das passt ganz gut in die Karnevalszeit. Diese Zeile lautet: „mer bruche keiner, dä de Schnüss up määt, dä se besser halde dät.“ Auf Hochdeutsch übersetzt heißt das: Wir brauchen keinen, der die Klappe aufmacht, der sie besser halten sollte.

Ich will das auch gerne begründen, meine Damen und Herren: Wer wie die SPD ein Wahlprogramm für die Landtagswahl vorlegt, das Presseangaben zufolge Ausgaben in der Größenordnung von bis zu 30 Milliarden € vorsieht,

(Beifall von CDU und FDP)

ohne auch nur ansatzweise Vorschläge zur Gegenfinanzierung zu machen, hat jeglichen Anspruch verloren, seriöse Haushalts- und Finanzpolitik zu betreiben.

(Beifall von CDU und FDP)

Das ist Populismus pur. Sie wollen die Menschen in Nordrhein-Westfalen offenbar für dumm verkaufen. Da werden – nach Presseangaben – im Wahlprogramm der SPD Ausgaben für die Bereiche Klimaschutz und Energiepolitik von rund 20 Milliarden € verlangt, davon alleine 4,5 Milliarden € für die Fortführung des staatlich subventionierten Steinkohlebergbaus. Weiter soll das Land Zins- und Tilgungslasten für die Kommunen übernehmen. Das belastet den Landesetat zusätzlich mit rund 4 Milliarden €.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Groth?

Nein, das möchte ich nicht.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Herr Kollege, möch- ten Sie denn auch zur Sache sprechen?)

Herr Kollege Groth, hören Sie einfach zu. Davon können Sie nur etwas lernen.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Auch in Köln gibt es Schnösel!)

Weiter zu nennen ist die kostenlose Bildung von der Kita bis zur Hochschule, die mit 730 Millionen € zu Buche schlägt. Das alles sind Versprechen ohne jedwede Einsparvorschläge.

Ich frage die SPD: Wo waren denn Ihre Finanzpolitiker, als das Programm verabschiedet wurde? Die müssen regelrecht abgetaucht sein. Was da beschlossen wurde, liebe Kolleginnen und Kollegen,

(Svenja Schulze [SPD]: Das ist doch noch gar nicht verabschiedet!)

ist nichts anders als ein buntes Wunschkonzert

(Britta Altenkamp [SPD]: Herr Möbius, haben Sie eigentlich kein anderes Problem? Wer kandidiert denn in Ihrem Wahlkreis, wenn Sie so viel Schiss haben?)

ohne irgendeinen Ansatz für eine Gegenfinanzierung. Es ist bezeichnend, dass im Wahlprogramm der SPD weder das Wort Landeshaushalt noch das Wort Konsolidierung vorkommt. Das allein ist schon entlarvend.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Quatsch!)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Eumann?

Ich möchte keine Zwischenfragen beantworten.

Gut. Das haben die Kollegen dann auch verstanden. Danke.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist auch nicht verwunderlich, dass die SPD die im Grundgesetz festgeschriebene Schuldenbremse – maßgeblich vom früheren Bundesfinanzminister Steinbrück gestaltet und von der SPD im Bund unterstützt – ausdrücklich ablehnt. Damit fallen Sie natürlich Ihren Parteifreunden in Berlin in den Rücken. Aber das stört Sie nicht, weil Sie genau da weitermachen wollen, wo Sie 2005 aufgehört haben, nämlich mit einer unverantwortlichen und hemmungslosen Verschuldungspolitik, die zulasten künftiger Generationen geht.

(Beifall von der CDU – Britta Altenkamp [SPD]: Verschuldung ist ein gutes Stichwort!)

Ich erinnere daran, dass Sie in den Jahren 2003 bis 2005 jeweils 6,7 Milliarden € Nettoneuverschuldung hinterlassen haben. Seitdem CDU und FDP das Land regieren, ist es gelungen, die Nettoneuverschuldung auf 1,1 Milliarden € im Jahr 2008 zu reduzieren. Gleichzeitig wurden im Jahr 2008 noch Rücklagen in Höhe von 1,3 Milliarden € gebildet, ohne die sogar ein Haushaltsüberschuss ausgewiesen worden wäre.

(Ewald Groth [GRÜNE]: Sie malen sich die Welt ganz schön schön, Herr Kollege! Sagen Sie den Menschen mal die Wahrheit!)

Durch die größte Wirtschaftskrise der Bundesrepublik steigt die Nettoneuverschuldung aufgrund von Steuerausfällen und steigenden Ausgaben wie etwa dem Konjunkturpaket II im Jahr 2010 wieder auf 6,6 Milliarden €. Damit bleiben wir aber noch unter Ihrer Rekordnettoneuverschuldung, die Sie damals ohne Weltwirtschaftskrise ausgewiesen haben.

(Anke Brunn [SPD]: Sagen Sie doch mal et- was zu den Zahlen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen haben durch ihr verantwortliches Handeln in den letzten Jahren bewiesen, dass eine sozialverträgliche Konsolidierung des Haushalts möglich ist.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Sie haben wohl recht: Es ist Karneval! Ihre Rede passt in die Zeit!)

Diesen Pfad der Tugend weiterzugehen, verlangt der vorgelegte Nachhaltigkeitsbericht. Wirtschaftliches Wachstum zu stärken, um von den zusätzlichen Steuereinnahmen zu profitieren, ist dabei ein ganz entscheidender Aspekt.

Ein weiterer Punkt ist die Begrenzung der Ausgabensteigerung, die unterhalb der Wachstumsrate der Steuern und Einnahmen liegen muss. Daneben sind strukturelle Anpassungen vorzunehmen, die dem demografischen Wandel Rechnung tragen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir diese Grundsätze beachten, werden wir das Ziel der Schuldenbremse schaffen, im Jahr 2020 einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Die Panikmache der Opposition, wie die 4,5 bis 5,5 Milliarden € bis 2020 eingespart werden, ist erkennbar dem Wahlkampf geschuldet. Ich rufe Ihnen aber aufgrund Ihres eigenen Wahlprogramms zu: Packen Sie sich an die eigene Nase!

Wir haben in den vergangenen Jahren bewiesen, dass wir es können.

(Lachen von Bodo Wißen [SPD])

Die Opposition ist dagegen bis heute jeden Beweis verantwortlichen Handelns in der Finanzpolitik schuldig geblieben. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Möbius. – Als nächste Rednerin hat für die FDP-Fraktion Frau Kollegin Freimuth das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Brunn, keine Polemik, keine Wählertäuschung – ja, da bin ich sehr d’accord. Aber wir sollten uns gerade dann mit der Frage beschäftigen, ob die Vorwürfe, die Sie in

Ihrem Antrag erheben und lässig aufschreiben, langsam aber sicher an Realitätsverleugnung grenzen.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Es ist eine Steige- rung zum letzten Wortbeitrag, sich mit dem Antrag zu beschäftigen!)

Sie sagen, diese von CDU und FDP getragene Landesregierung hätte keine Vorsorge für wirtschaftlich schlechte Zeiten getroffen. Ihre eigenen Vorstellungen bleiben völlig im Dunkeln. Aber Kollege Möbius hat dazu schon sehr anschaulich Hinreichendes gesagt.

(Svenja Schulze [SPD]: Anschaulich?)

Meine Damen und Herren, wir bilden für die Pensionsverbindlichkeiten erhebliche Rücklagen. Gerade ist auch schon gesagt worden, dass wir für Risiken aus der Geschäftstätigkeit der WestLB und für die Verpflichtungen, die sich aus dem Landesanteil ergeben – auch für den Anteil, den wir aus Solidarität mit den Sparkassen als Haupteigentümer der WestLB übernommen haben –, eine Vorsorge in erheblicher Höhe getroffen haben.

(Zuruf von Ewald Groth [GRÜNE])

Kollege Möbius hat schon gesagt, dass wir im Jahr 2008 Nettokredite in Höhe von 1,1 Milliarden € aufnehmen mussten. 1,3 Milliarden € sind aber in diese Risikovorsorge für die ungewissen Risiken bei der WestLB und in die Beteiligung des Landes an den Verlusten des Finanzmarktstabilisierungsfonds geflossen. Es wäre ein Beitrag zur Vermeidung von Polemik und zeugte von intellektueller Lauterkeit, wenn Sie das einfach anerkennen würden. Im Jahr 2008 hätten wir ansonsten rechnerisch einen Überschuss erreicht. Das hat es zum letzten Mal 1973 oder 1974 gegeben.

(Beifall von FDP und CDU – Zuruf von der SPD: „Hätten“!)

Ich komme zur Frage steigender Steuereinnahmen. An diesem Pult habe ich nie geleugnet, dass es in den Jahren 2006, 2007 und 2008 eine erstarkte Konjunktur gab, die dazu beigetragen hat, die Nettokreditaufnahme deutlich auf das gerade genannte, historisch niedrige Niveau abzusenken.