Protocol of the Session on February 4, 2010

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Danke schön, Herr Körfges. – Für die FDP spricht nun der Kollege Engel.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Körfges, ich hatte gestern bei der zweiten Lesung zu dem Punkt „Streit der Wissenschaft, Färber/Lenk“ ausgeführt, dass es, wissenschaftlich gesehen, weder einen richtigen noch einen falschen Weg gibt. Das muss man anerkennen, ebenso, dass es die Landesregierung nach der Anhörung geschafft hat, eine Annäherung zwischen Färber und Lenk herzustellen, also, wenn Sie so wollen, da die Mitte zu finden. Von daher sind nicht nur die Sorgen und Nöte der Kommunen berücksichtigt, sondern auch die Sorgen und Nöte, die das Land hat.

Ich möchte aber ergänzen: Sie sprechen den Solidarpakt an einer Stelle an, haben hier aber nicht dargelegt, dass er 2019 ausläuft. Auch das hat etwas damit zu tun, dass wir diesen Vertrag einhalten. Davon kommen wir vorher nicht herunter. Das ist auch Klarheit und Wahrheit. 2019 läuft er aus; das muss man so sehen.

Wir haben uns im kommunalpolitischen Ausschuss wiederholt darüber unterhalten: Wenn Sie dezidiert die hohe Verschuldung der Kommunen ansprechen, dann bin ich total bei Ihnen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Ach ja?)

Aber was uns dabei in der Sache trennt, ist Folgendes: Wir müssen – das ist alternativlos – in den Kommunen weg von der Verschuldungspolitik. Das ist kein Vorwurf; das waren die letzten 50 Jahre. Wir brauchen da den Mentalitätswechsel. Das Schlüsselwort – auch für Sie, Herr Becker; Sie sind auch ein Kommunaler – für die Kommunalen, was uns in diese Verschuldung getrieben hat, war immer: Die Mittel werden bereitgestellt. Das wissen wir alle. Wenn wir die Mittel nicht hatten, wurden sie von den Banken geholt. Das Ergebnis dieser Verfahrensweise kennen wir heute. Also sage ich an dieser Stelle zu diesem Punkt: Es ist alternativlos, diesen Mentalitätswechsel einzuleiten.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Ich sage Ihnen auch: Dabei haben wir einen Verbündeten, und zwar die richtig gute fachliche Seite in den Kommunen. Das ist immer die Stadtverwaltung. Sie ist bereit, einen solchen Weg zu gehen, schonungslos die Situation darzustellen und auch schonungslos zu sagen, wie und mit welchen Maßnahmen wir denn in der Kommune XY – da, wo Land unter ist – den Konsolidierungspfad erreichen könnten.

Aber dabei müssen wir immer ehrlich sein und an unsere eigene Brust klopfen, ich auch. An dieser

Stelle war immer die Politik der schwächere Teil, weil sie gesagt hat: Das geht überhaupt nicht; wir wollen wiedergewählt werden. – Diese Zeiten sind vorbei. Weder der Bund noch das Land sind – auch vor dem Hintergrund des Finanztsunamis – in der Lage, on top so zu helfen, wie Sie sich das vorstellen.

Noch einmal zurück zum Einheitslastenabrechnungsgesetz: Es ist die Annäherung zwischen den Vorschlägen Lenk und Färber. Das ist die Mitte; mehr geht nicht. Deshalb lade ich Sie heute noch einmal ein: Stimmen Sie diesem Gesetzentwurf zu! – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP)

Danke schön, Herr Engel. – Für die Grünen spricht nun der Herr Kollege Becker.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal debattieren wir im Moment vor dem Hintergrund des Einheitslastenabrechnungsgesetzes der Landesregierung die Finanzsituation der Kommunen insgesamt, und das ist auch richtig so. Eingangs weise ich darauf hin, dass das, was hier im Lande geschehen ist, faktisch einer Verbundsatzsenkung von 1,17 % gleichkommt.

(Beifall von Hans-Willi Körfges [SPD])

Insofern möchte ich an die Beiträge des Kollegen Körfges und des Kollegen Engel anschließen. – Herr Kollege Engel, immer wenn Sie von Mentalitätswechsel und davon reden, dass kein Weg am Sparen vorbeigehe, zeigen Sie natürlich mit dem Finger auf andere: Sie zeigen nämlich mit dem Finger auf die Kommunen. Ich will dies, bevor ich auf die eigentliche Frage zurückkomme, noch einmal an wenigen Fakten darlegen.

Bezeichnend, meine Damen und Herren, sind in diesem Zusammenhang die Zahlen und der Vergleich zwischen den Jahren 2000 und 2004 einerseits und 2005 bis 2009 andererseits. Ich will Ihnen eine Rechnung aufmachen, die, wenn Sie sie nachvollziehen, sehr eindrucksvoll und sehr spannend ist.

Wir hatten vom Jahr 2005 bis zum Jahr 2009 für das Land insgesamt 18 Milliarden € mehr Steuereinnahmen. Wir haben in den Jahren 2005 bis 2009 auf den Punkt genau so viele Zuweisungen an die Kommunen gegeben wie in den Jahren 2000 bis 2004. Das heißt, das Land hatte in diesen fünf Jahren 18 Milliarden € mehr, und die Kommunen haben exakt das Gleiche bekommen, wenn auch mit einer etwas anderen Wellenlinie, wie in den fünf Jahren vorher. Darin steckt – das gebe ich zu – die Abrechnung der 600 Millionen €, die kreditiert waren. Aber die haben Sie im Jahr 2006

auf einen Schlag zurückgefordert; das wäre auch nicht nötig gewesen.

Wenn man sich das anguckt, hat man einen ersten Eindruck, an welcher Stelle, Herr Engel, eigentlich ein Mentalitätswechsel nötig wäre: Er wäre bei dieser Landesregierung nötig, weil sie die Kommunen in Nordrhein-Westfalen in die Armut treibt. Der Mentalitätswechsel muss hier stattfinden.

(Beifall von der SPD)

Meine zweite Bemerkung: Wenn Sie sich die kommunale Lage angucken, dann stellen Sie fest, dass sie sich zwar nicht alleine in den letzten Jahren so entwickelt hat; aber sie hat sich in den letzten Jahren verschärft entwickelt. Ich belege diese These noch einmal mit den berühmten Kassenkrediten: Vor dem Hintergrund der dramatisch gestiegenen Steuereinnahmen des Landes stiegen die Kassenkredite von Mitte 2005 bis Ende 2009 von 10,2 auf 17,8 Milliarden €. Zurzeit liegt die Zahl bei ungefähr 800, 850 Millionen € zusätzlich im Quartal. Wir haben eine erschreckende Dynamik, und wir werden Ende dieses Jahres bei mindestens knapp 20 Milliarden € liegen; ich befürchte, wir werden bei gut 20 Milliarden € liegen. Das heißt, in fünfeinhalb Jahren über 10 Milliarden € zusätzlich; die Kassenkredite haben sich dann quasi verdoppelt.

Vor dem Hintergrund von mehr Steuereinnahmen des Landes bedeutet die Tatsache, dass es den Kommunen des Landes dramatisch schlechter geht, dass es eine Umverteilung gegeben hat. Damit nähere ich mich wieder dem Kern des heutigen Themas: Neben den anderen Dingen, die wir hier oft erörtert haben, sind die Einheitslasten und ihre Abrechung, auch die Art ihrer Rückzahlung, ein Kernproblem.

(Beifall von Ewald Groth [GRÜNE])

Nun sage ich Ihnen Folgendes: Die Art der Rückzahlung ist zu zögerlich gewesen; sie ist auch in der Höhe nicht ausreichend. Aber das wahre Problem ist, dass Sie mit diesem Einheitslastenabrechnungsgesetz jetzt einen Modus festschreiben wollen, der, wenn man ihn denn für die zurückliegenden Jahre angewandt hätte, dazu geführt hätte, dass die Kommunen hätten zurückzahlen müssen und nicht noch etwas bekommen, wie Sie es jetzt machen, weil Sie Angst vor dem Wahlkampf haben. Das heißt, in der Zukunft – ab dem Jahr 2009, rückwirkend abgerechnet, und auch für das Jahr 2010 – werden die Kommunen nach Ihrem Einheitslastenabrechnungsgesetz, das das Gericht eigentlich kassiert hat, genauso wieder zur Kasse gebeten werden.

(Beifall von SPD und Ewald Groth [GRÜNE])

Sie greifen dabei zum Mittel der sogenannten Niveausprunghypothese. Das ist eine rein willkürliche Maßnahme, und das wissen Sie.

Deswegen hat der Kollege Körfges auch recht, wenn er darauf verweist, dass Ihnen die kommunalen Spitzenverbände und alle Experten gesagt haben, dass Sie mittels dieses absolut willkürlichen und hoch gefährlichen Vorgehens auch in eine Rechtsunsicherheit laufen. Es wird von den kommunalen Spitzenverbänden beklagt werden, und Sie werden genauso scheitern wie vor einigen Jahren mit Ihren alten Modalitäten.

Das ist Ihnen nur leider egal, weil Ihr Motto nur noch ist: Nach uns die Sintflut, Hauptsache, wir kommen über den 9. Mai, und dann schauen wir neu. Ich sage Ihnen: Alles neu macht der Mai. Sie müssen weg, damit der Mentalitätswechsel in dieser Landesregierung Einzug hält. – Schönen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Danke schön, Herr Becker. – Für die Landesregierung spricht nun Herr Innenminister Dr. Wolf.

Ist das hier Ihr Stift, Herr Becker?

(Horst Becker [GRÜNE]: Den hole ich nach- her!)

Es ist aber ein schwarzer, Herr Becker, okay.

(Heiterkeit)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Von der Opposition haben wieder einmal die Brandstifter gesprochen, die die Feuerwehr rufen. Ich möchte mich auf das Thema konzentrieren, die Verabschiedung eines Gesetzes, was in den Beiträgen der Opposition nur noch am Rande besprochen worden ist.

Ich stelle fest: Keiner der Sachverständigen hat Verfassungswidrigkeit dieses Gesetzes behauptet. Das wird nur von Ihnen forsch behauptet, aber allenfalls schlapp begründet. Es gibt keine Berechnungsmöglichkeit exakter Natur; das haben alle so festgestellt. Das heißt, wir haben eine Abrechnungsmethode zu wählen, die nicht festgeschrieben ist. Auch da, Herr Becker, haben Sie wieder falsch vorgetragen. Das Gericht hat gerade keinen Modus vorgegeben. Wir bewegen uns zwischen den Gutachten Lenk und Färber. Herr Engel hat zu dem Thema Niveausprung vorgetragen.

Am Ende ist es eine Abwägung, ein gesetzgeberisches Ermessen. Wir haben es in angemessener Art und Weise ausgeübt. 900 Millionen € fließen den Kommunen zu. Ich denke, das ist eine gute Botschaft. Was daraus in der Zukunft erwächst, ist von der Entwicklung der Kosten der deutschen Einheit abhängig, die logischerweise nicht absehbar sind, sodass an dieser Stelle jedes Horrorszenario natürlich verblasst.

In der Sache selber muss man festhalten, dass die von der Opposition behauptete Ungerechtigkeit und fehlende Solidarität im Gemeindefinanzausgleich eine reine Schimäre ist. Meine Damen und Herren, allein von den 7,6 Milliarden € des GFG entfallen 84 % auf den Ausgleich von den Reichen zu den Armen; die Schlüsselzuweisungen erhalten bekanntlich nur diejenigen, die das nicht aus eigenen Einnahmen erwirtschaften können. Das ist solidarisch. 90 % des fiktiven Bedarfs wird durch das GFG ausgeglichen. Von daher ist jeglicher Aufstand, glaube ich, schon im Ansatz zusammengebrochen.

Nun zu den von Herrn Becker schon wieder falsch vorgetragenen Zahlen: Von 2001 bis 2005 betrugen die Landeszuweisungen 57,8 Milliarden €, von 2006 bis 2010 sind es 68,5 Milliarden € gewesen. Das macht, soweit Sie noch mitrechnen können, für die Kommunen ein Plus von 10 Milliarden €. Das ist ein deutlicher Zuwachs gegenüber der Zeit, in der Sie Verantwortung getragen haben. Ich wiederhole: 10 Milliarden € mehr zwischen 2006 und 2010 als zwischen 2001 und 2005, den letzten Regierungsjahren von Rot-Grün.

Dies zeigt sehr deutlich: Die Kommunen sind in den letzten Jahren besser ausgestattet worden. Die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen verkennen natürlich nicht, dass es Ausgabensteigerungen gerade bei den Soziallasten gegeben hat – wir wissen das –: Hartz IV, Grundsicherung, Eingliederungshilfe. Das hat aber nichts damit zu tun, dass das Land seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei. Vielmehr wollen wir hier – das ist ja bekannt – in Gesprächen mit dem Bund versuchen, die erkennbar vom Bund in erhöhtem Maße zu tragenden Lasten dann vernünftigerweise auch dorthin zu verlagern. Das ist richtig so; dafür steht diese Landesregierung, und damit werden wir in den im März beginnenden Gesprächen anfangen.

Entscheidend ist für uns jedenfalls, dass wir in all den Jahren mit historisch höchsten Zahlungen den Kommunen in der Abwägung, die die Verfassung vorgibt, das auch ausgekehrt haben, was ihnen in der Tat zusteht. Das ist eine Abwägungsfrage nach der Verfassung, die der Verfassungsgesetzgeber so vorgesehen hat. Ich möchte jedenfalls an dieser Stelle sehr deutlich sagen: Die Kommunen sind von uns fair behandelt worden.

Wir werden dieses Gesetz, so hoffe ich, in der dritten Lesung beschließen. Ich möchte hinzufügen, zwei Lesungen hätten es auch getan. Denn neue Argumente sind heute nicht mehr vorgetragen worden.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Innenminister. – Für die FDP-Fraktion hat nun noch einmal Herr Engel das Wort.

Frau Präsidentin! Nach dem Beitrag vom Kollegen Becker habe ich mich noch einmal gemeldet; das ist auch nötig gewesen. Er hat aber auch vermutet, dass das möglicherweise passiert.

Als Antwort auf meinen Beitrag, Herr Becker, haben Sie einen Mentalitätswechsel der Landesregierung eingefordert. Ich sage es Ihnen noch mal deutlich: Den hat es im Mai 2005 gegeben. Eindrucksvoller als mit den Zahlen, eben vom Innenminister vorgetragen, zwischen 2006 und 2010 – zehn Milliarden € mehr für die Kommunen – kann man das nicht belegen.

(Beifall von der FDP)

Aber ich habe mich auch wegen der vielen jungen und auch älteren Zuschauer und Zuhörer auf der Tribüne gemeldet. Herr Becker, schauen Sie mal auf die Homepage von www.gruene-wuppertal. Da steht unter Nr. 7 vom 03.02. auf die Empfehlung des Gemeindeprüfungsamtes, wie die Grünen sich dort verhalten. Ich zitiere:

Solange es derartige Zusagen