Wir müssen es mit aller Deutlichkeit zurückweisen, dass man uns hier blanken Populismus vorwirft, wenn wir uns Sorgen um die Sicherheit in diesem Lande machen, nachdem in Duisburg sechs Menschen auf offener Straße erschossen wurden. Herr Engel, es ergibt für uns keinen Unterschied, ob es italienische Landsleute oder deutsche Staatsbürger sind, die davon betroffen sind. Das Problem ist mitten in unserer Gesellschaft angekommen.
Herr Minister Wolf, Ihre heutige Rede hat noch einmal gezeigt, es geht Ihnen tatsächlich um Statistik. Nicht umsonst haben Sie heute noch einmal Ihre tolle Leistungsbilanz vorgestellt und erklärt, in welchen Bereichen die Kriminalität in Nordrhein
Westfalen zurückgegangen ist. Herr Kollege Rudolph hat zu Recht auf Ihren Erlass vom 11. August 2008 hingewiesen. Ich darf daraus zitieren: Eine Verringerung der Gesamtkriminalität wird nur gelingen, wenn die Polizei ihre Bekämpfungsaktivitäten im Schwerpunkt gegen Massen- und Straßenkriminalität vornimmt und richtet. – Das heißt, Sie blenden einen ganz großen Teil aus und sagen, in der Statistik passiert gar nicht viel. Klar, die Mafiakriminalität spielt sich im Dunkelfeld ab. Das ist keine Kriminalität im Hellfeld. Deswegen kann man da – aus Ihrer Sicht – die Statistiken schön heranziehen. Dem Problem werden Sie damit allerdings nicht gerecht.
Die Mafiakriminalität hat erhebliche wirtschaftliche Dimensionen. Das sehen wir insbesondere auch beim Drogenhandel. Da gibt es riesengroße Gewinnperspektiven. Ein Kokabauer erhält in Kolumbien 450 € für 1 kg Kokain; der Zwischenhändler bekommt 1.500 €, die Großmarktpreise in Europa liegen bei 25.000 €; und an die Endverbraucher wird es für 60.000 € verkauft. Da besteht eine extrem hohe Gewinnquote.
Ich hatte gehofft, die Landesregierung geht ein bisschen intensiver und strenger vor. Dann habe ich eine Pressemitteilung der Justizministerin vom 30. Juli 2007 gefunden, in der es heißt: Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter hat den Kampf gegen die Drogenkriminalität in NordrheinWestfalen verschärft. – Da dachte ich mir: Aha, endlich tut mal einer etwas gegen die organisierte Drogenkriminalität in Nordrhein-Westfalen. – Wie heißt es dann allerdings weiter? Weiter heißt es: Ich habe angeordnet, dass die Eigenbedarfsgrenze bei Drogendelikten herabgesetzt wird sowie eine Sonderregelung bei Verstößen Jugendlicher eingeführt wird. – Diese Vorgabe im Jugendrecht ist bundesweit einmalig.
Tatsächlich ist die Politik dieser Landesregierung einmalig, was die Bekämpfung organisierter Kriminalität anbelangt. Leugnen Sie es bitte nicht immer. Nehmen Sie es ernst, damit wir in diesem Lande gemeinsam vernünftig etwas für die Sicherheit tun können. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Wenn die Große Anfrage der SPD, über die wir heute sprechen, nur das Ziel gehabt hätte, insgesamt mehr Aufmerksamkeit auf die Aktivitäten der organisierten Kriminalität zu lenken – auch bei uns in Nordrhein-Westfalen –, dann wäre grundsätzlich nichts dagegen einzuwenden gewesen. Die SPD hätte nur auf Unterstellungen und
Falschaussagen verzichten müssen. Dann wäre die Sachlichkeit, die Herr Kutschaty eben gefordert hat, wahrscheinlich viel einfacher einzuhalten gewesen. Denn mit Sachlichkeit hätten wir hier gemeinsam ein wichtiges Ziel für unser Land verfolgen und formulieren können. Dieses Ziel heißt: ein klares Nein zur Mafia und geschlossen gegen jede Form von organisierter Kriminalität.
Verehrte Kollegen, geschlossen und entschlossen gegen jede Form von OK – das ist die Position der CDU.
Wir werden alle Anstrengungen unternehmen, Gefahren für unser funktionierendes Gemeinwesen auch gemeinsam mit den anderen Parteien abzuwehren; denn diese Aufgabe ist zu wichtig und zu schwierig, als dass wir daraus Parteiengeklüngel machen sollten.
Die SPD hat aber offensichtlich kein Interesse an gemeinsamen sachlichen Lösungen. Im Gegenteil: Ohne Grund und ohne belastbare Fakten werden dreist falsche Behauptungen aufgestellt. Unsere Spezialisten bei der Polizei und bei der Justiz werden quasi als Deppen der Nation dargestellt. Das Land wird von der SPD wahrheitswidrig als mafiaverseucht beschrieben. Lieber Kollege Rudolph, liebe Kollegen von der SPD: Das geht so nicht. Das können wir nicht so stehen lassen. Sie wissen wie ich, dass diese Behauptungen überwiegend falsch sind.
Zurück zur Sachlichkeit! Wir müssen uns, verehrte Kolleginnen und Kollegen, nicht darüber streiten, dass es OK gibt und dass es auch italienische OK oder Mafia, wie Sie es nennen, bei uns in Nordrhein-Westfalen gibt. Für Deutschland, für Nordrhein-Westfalen und insbesondere für alle Ballungszentren heißt das eindeutig: Ja, es gibt OK – aber eben nicht nur italienische OK oder Mafia.
Und weil das nicht erst seit wenigen Tagen oder Jahren bekannt ist, stehen bei uns in NordrheinWestfalen über 800 Spezialisten bei den 16 Kriminalhauptstellen, beim PP Oberhausen und beim LKA für die OK-Bekämpfung zur Verfügung. Unsere Sicherheitskräfte ermitteln dort mit Hochdruck, sammeln Informationen, nehmen Täter fest und beschlagnahmen OK-Vermögen. Einige Daten sind schon genannt worden: 2,54 Millionen € wurden in Nordrhein-Westfalen in fünf Jahren beschlagnahmt; sieben von zwölf Festnahmen italienischer Tatverdächtiger wurden in NordrheinWestfalen getätigt.
Darüber hinaus ist es so, dass sich die Erfolge durchaus sehen lassen können, weil OK-Bekämpfung nämlich bisher ein parteiübergreifender Schwerpunkt der NRW-Sicherheitspolitik war. Sie mögen sich davon verabschieden wollen, liebe Kol
leginnen und Kollegen von der SPD – wir von der CDU verlassen uns auf die Leistungsfähigkeit unserer OK-Spezialisten, die dafür auch ein Dankeschön verdient haben.
Jährlich wird ein umfangreicher Bericht zum Lagebild OK erstellt. Es wäre für die Kolleginnen und Kollegen von der SPD vielleicht angebracht gewesen, wenn sie da einmal mit Sachverstand einen Blick hineingeworfen hätten. Bei Einschalten des Verstandes wären Sie dann normalerweise zu dem Ergebnis gekommen, dass Ihre Große Anfrage und vor allen Dingen die Presseverlautbarungen, die Sie in den letzten Tagen von sich gegeben haben, völlig überflüssig waren.
Dieser OK-Bericht beschreibt zutreffend und keinesfalls beschönigend, dass wir OK haben: italienische OK, Rocker-OK, Russen-OK, auch OK in Form von Wirtschaftskriminalität.
Vielleicht hätte man mal die Zahlen beachten sollen: 2007 und 2008 wurden insgesamt 56 neue OKErmittlungsverfahren eingeleitet. Jedes einzelne Verfahren dauert ca. 20 Monate und wird insbesondere bei italienischer OK mit einem Personaleinsatz von neun bis zehn Spezialermittlern durchgeführt. Das zeigt die Komplexität der Verfahren, das zeigt das OK-Potenzial der Täter. Das zeigt aber auch, dass Nordrhein-Westfalen genau da einen Bearbeitungsschwerpunkt setzt, der von Ihnen wahrheitswidrig bestritten wird.Darüber hinaus ist vielleicht noch bemerkenswert, dass der Anteil deutscher Tatverdächtiger an organisierter Kriminalität 21,5 % beträgt. Im Umkehrschluss heißt das: Der ganze Rest, also fast 78,5 %, sind Ausländer. Darunter sind die Türken mit 20,9 %, die Libanesen mit 15 %, die Polen mit 4,7 %, die Rumänen mit 4,3 %, und die insgesamt 31 italienischen Tatverdächtigen machen gerade einmal 4,2 % aus. Isoliert kann man das also gar nicht betrachten.
Es wird zum Leidwesen der Sicherheitsorgane im Bereich OK immer mehr grenzübergreifend, auch nationalitätenübergreifend gearbeitet. Trotzdem ist es gelungen – das möchte ich abschließend sagen –, dass die OK-Verfahrenszahlen seit der Regierungsübernahme von CDU und FDP im Jahr 2005 durchweg – man höre und staune – höher liegen als zu Zeiten von SPD und Grünen in den Jahren 2002, 2003 und 2004. Das ist im Gegensatz zu Ihren Ausführungen Realität und keine Behauptung.
Das Dunkelfeld und das Hellfeld wurden angesprochen. Wir können – das muss man ehrlicherweise sagen – nur das Hellfeld beurteilen, weil sich das Dunkelfeld einer Betrachtung entzieht. Nur auf Vermutungen und Hypothesen können wir keine weiteren Maßnahmen stützen, weil das Dunkelfeld
Ich hätte der SPD empfohlen, sich zum Thema OK vielleicht ein bisschen mehr zurückzuhalten. Hätten Sie zu einigen Bereichen geschwiegen, wäre es für uns alle gut gewesen. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin Herrn Kutschaty dankbar, dass er etwas zur Versachlichung der Debatte beigetragen hat. Ich will nur noch im Hinblick auf den Erlass, der mehrfach angesprochen wurde, sagen: Solche Erlasse sind kein Geheimnis. Das wurde von Herrn Rudolph hier so triumphierend hervorgehoben.
Es ist doch völlig klar, dass jede Regierung – das galt auch zu Ihrer Zeit –daran interessiert ist, dass sich die Fallzahlen verbessern. Das zeigt, dass Aufklärung funktioniert, dass auch Abschreckung funktioniert und dass man letztendlich die Kriminalitätslage besser gestaltet. Das steht völlig außer Zweifel. Aber Sie glauben doch nicht ernsthaft, Herr Kutschaty, dass jemand, der den Wunsch hört, er möge dafür sorgen, dass die Fallzahlen sich verbessern, dann bei der OK nicht weiter ermittelt. Die Leute, die sich professionell damit beschäftigen – das sind die, die auch zu Ihrer Zeit schon in Diensten waren –, werden natürlich an ihrer Arbeit dranbleiben.
Ein Punkt ist noch gar nicht genannt worden: Wie funktioniert polizeiliche Arbeit denn? Polizeiliche Arbeit ist heute doch in ganz weiten Bereichen ein Gesamtkunstwerk. Es gibt nicht nur die kriminalistische Arbeit und nur die schutzpolizeiliche Arbeit, um den alten Begriff noch einmal zu benutzen. Da kommt doch eines zum anderen. Derjenige, der als kleiner Drogenkonsument möglicherweise auffällig ist, kann doch Teil eines großen Ganzen sein. Das muss zusammengeführt werden. Lassen Sie uns das doch nicht auseinanderdividieren in die eine und die andere Kriminalität. Das haben Sie Gott sei Dank nicht getan. Nur, Herr Rudolph, wir wissen doch, wie Sie Zeitungskommentare produzieren wollen. Es ist einfach lächerlich, das gegeneinander auszuspielen. Und es ist perfide, Menschen, die Angst vor Einbrüchen, vor Überfällen haben, zu sagen: Das ist Alltagskriminalität, das sind kleine Verbrechen. – Das gehört sich einfach nicht.
Dieses ist ein Thema – da hat Herr Lohn recht –, über das man sich mit Fachleuten ruhig unterhalten kann.
Hier müssen in der Tat auch die internationalen Kontakte beachtet werden. Wir haben gerade in Duisburg diese Kontakte idealiter gespielt. Von Anfang an sind die italienischen Experten dabei gewesen. Die haben die Ermittlungen begleitet. Schöner kann es doch nicht gehen.
Lassen Sie mich noch einen letzten Punkt anführen, der auch schon von Herrn Kollegen Kruse aufgegriffen wurde. Wir haben heute bei grenzenloser Mobilität auch grenzenlose Kriminalität. Es ist nicht mehr so einfach wie früher, als man nur in einem Radius von vielleicht 20 bis 30 km suchen musste. Das ist anders geworden. Dem muss sich die Polizei stellen. Das macht sie aber auch. Wir haben Spezialisten, die sich dem Thema widmen. Dies geschieht selbstverständlich auch unter Nutzung der zustehenden Eingriffsmöglichkeiten und moderner Kommunikationsmittel.
Sie betreiben hier Wahlkampfschaumschlägerei; denn bei näherem Hinsehen müssten Sie wissen, dass die Erfolge, die wir erzielen, in hohem Maße darauf zurückzuführen sind, dass wir uns mit den Bekämpfungsmöglichkeiten auf die Fähigkeiten der Gegenseite einstellen. Das ist doch selbstverständlich. Deswegen ist es immer ein Ringen auch um Vorsprung, Wissen und Vernetzungsmöglichkeiten.
Wir sind jedenfalls eindeutig aufgestellt. Es gibt für uns keine ausschließliche Priorität für das eine oder andere. Im Gegenteil: Wir haben viele Schwerpunkte und versuchen, die polizeiliche Arbeit so zu vernetzen, dass am Ende das Beste für Nordrhein-Westfalen und seine Bürger herauskommt. – Vielen Dank.
Danke schön, Herr Innenminister. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Beratung und stelle fest, dass die Große Anfrage 38 der Fraktion der SPD damit erledigt ist.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei der von der Landesregierung eingebrachten ersten Änderung des Krankenhausgestaltungsgesetzes geht es ganz einfach um Folgendes: Wie Sie sich vielleicht erinnern, hatten wir vor einem halben Jahr in ganz Deutschland, auch in Nordrhein-Westfalen, eine erhebliche Diskussion darüber, ob Krankenhäuser für Einweisungen Geld an Ärzte zahlen bzw. ob sich Ärzte von Krankenhäusern für Einweisungen bezahlen lassen.
Ich halte das Arzt-Patienten-Verhältnis für ein hohes Gut unseres Gesundheitssystems. Die Patienten erwarten von ihrem Arzt zu Recht, dass er ihnen ein Krankenhaus empfiehlt und sie in ein solches einweist, bei dem Arzt und Patient der Meinung sind, es ist für diese Behandlung ein gutes oder das beste Krankenhaus. Der Rat und die Einweisung dürfen nicht danach ausfallen, welches Krankenhaus einem Arzt wie viel zahlt.
Umgekehrt muss sich der Wettbewerb unter Krankenhäusern auch über Qualität und gute Angebote entwickeln und nicht darüber, wer Ärzten am meisten zahlt, damit diese in ein bestimmtes Krankenhaus einweisen. Ich möchte also nicht, dass der Gesundheitsbereich zu einer Kopfgeldbranche wird.
In der damaligen Debatte haben wir festgestellt, dass Ärzte, die sich für Einweisungen bezahlen lassen, aufgrund des Berufsrechts von den Kammern zum Regress herangezogen werden können. Wir haben aber auch festgestellt dass es keine Möglichkeit gibt, gegen Krankenhäuser vorzugehen, die sogenannte Fangprämien zahlen. Mit der von uns nun begehrten Veränderung des Krankenhausgestaltungsgesetzes möchten wir schlicht und ergreifend die Rechtsgrundlage dafür schaffen, dies tun zu können. Jeder, dem an einem fairen Wettbewerb um die beste Medizin und die beste medizinische Versorgung gelegen ist, sollte uns als Staat und Krankenhausaufsicht diese Handhabe geben.
Ich bedanke mich schon jetzt dafür, dass der Ausschuss und das Parlament so zeitnah darüber beraten wollen, dass wir diese Rechtsgrundlage noch vor der Wahl am 9. Mai in das Krankenhausgestaltungsgesetz aufnehmen können. – Schönen Dank.