Protocol of the Session on December 16, 2009

Auch die hier mittlerweile massenhaft sesshaft gewordenen Wildgänse stellen ein großes Problem dar. Nicht nur die Landwirte, sondern auch die Fischer, Angler und erholungsuchenden Bürger beklagen mit Recht Schäden und Belästigungen durch die starke Zunahme der Wildgänse. Es ist nicht schwer, in Nordrhein-Westfalen von Gänsen kahl gefressene Kulturen oder umgekippte Teiche zu finden. Wir haben den in der ersten Lesung von mir geforderten Vorrang jagdlicher Methoden in das Gesetz aufgenommen und damit gleichzeitig die Entnahme der Gelege von Wildgänsen ermöglicht.

Wir bekennen uns ausdrücklich zur Jagdabgabe und zu ihrer gruppennützigen Verwendung, insbesondere zur Finanzierung der Forschungsstelle und der Ertüchtigung der Schießstände. Das Gesetz stellt klar, dass Gebühren ausschließlich nach der

allgemeinen Gebührenordnung des Landes erhoben werden. Für die CDU kann ich erklären, dass unserer Meinung nach für Entscheidungen über die Aufhebung von Schonzeiten auch zukünftig keine Gebühren erhoben werden sollen.

(Beifall von Holger Ellerbrock [FDP])

Schonzeitaufhebungen erfolgen im Interesse der Allgemeinheit oder zum Schutz von Kulturen. Deshalb dürfen sie nicht mit abschreckenden Gebühren versehen werden.

Ein ausgewogener Wildbestand hat nicht nur etwas mit dem Erhalt der Artenvielfalt zu tun. Es geht auch um den Schutz landwirtschaftlicher und forstwirtschaftlicher Strukturen, um den Schutz vor Tierseuchen und um die Nutzung hochwertiger natürlicher Nahrungsmittel. Außerdem geht es bei der Jagd auch um den Erhalt eines jahrhundertealten Kulturgutes, zu dem wir uns ausdrücklich bekennen.

(Beifall von der CDU)

In zwei Wochen tritt die erste Stufe zur Abschaffung der Jagdsteuer in Kraft. Auch dies ist ein Beispiel dafür, dass diese Koalition aus CDU und FDP Wort hält. Ich möchte mich bei den beteiligten Verbänden, aber natürlich auch beim Ministerium für die konstruktive Zusammenarbeit bei der Erarbeitung dieses Gesetzes ganz herzlich bedanken. Wir werden diese offene und vertrauensvolle Zusammenarbeit auch im Jahre 2010

(Svenja Schulze [SPD]: Aber nur bis dahin!)

und – da bin ich mir sicher – in der nächsten Wahlperiode mit einer Landtagsmehrheit von CDU und FDP fortsetzen.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Deppe. – Frau Wiegand für die SPD. Bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Als wir im Plenum am 4. November dieses Jahres den von der Landesregierung eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des nordrhein-westfälischen Landesjagdgesetzes in erster Lesung beraten haben, da frohlockte Herr Deppe für die Koalitionsfraktionen über die vorgeschlagenen Änderungen. Es war die Rede von dem ausdrücklichen Begrüßen der vorgesehenen Möglichkeiten, die Jagdzeiten auszudehnen und die Wildgansgelege auszunehmen. Am Ende des Redebeitrags des jagdpolitischen Sprechers der CDU-Landtagsfraktion stand die Aussage, dass Nordrhein-Westfalen ein modernes, den Veränderungen in Klima und Umwelt gerecht werdendes Landesjagdgesetz erhalten wird.

(Beifall von der CDU)

Aber noch während am Rednerpult so viel jagdmusikalische Ausschmückung und Jägerlatein ertönten, waren in der CDU-Landtagsfraktion bereits eine Meute Jagdhunde scharf gemacht und die Büchsen gegen diesen Gesetzentwurf gespannt worden. Selbst die FDP meldete ihre Bedenken an. Die Landesregierung hat nämlich aus unerfindlichen Gründen in Torschlusspanik versucht, das Landesjagdgesetz kurzfristig bis zum Jahresende zu überarbeiten. Aber was da mit heißer Nadel an neuen Vorschriften zusammengestrickt worden ist, wird umfassend in einem Beitrag in der 48. Ausgabe des „Landwirtschaftlichen Wochenblatts“ vom 26. November 2009 mit dem Titel „Jagdrecht wird novelliert“ wiedergegeben.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Gut, dass Sie das lesen!)

Ich zitiere aus dem „Landwirtschaftlichen Wochenblatt“: Auch als Außenstehender kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass hier mit der heißen Nadel gestrickt worden ist. – Im Besonderen wird auf die Gänseeierentnahme, die Verwaltungskostenpauschale und auf die Kirrung im Feld eingegangen.

Herr Deppe, Sie haben uns gerade an die Jagdsteuer erinnert. Genau mit dieser Jagdsteuer hat die Landesregierung die Jägerschaft seinerzeit schon einmal hinter die Tanne geführt. Statt sie, wie versprochen, noch in dieser Legislaturperiode abzuschaffen, wird sie nun erst stufenweise bis 2013 abgeschafft. Stattdessen wird den Grünröcken mit einer drastisch erhöhten Jagdabgabe kräftig in die Taschen gegriffen.

Doch statt nun den erwartenden Fangschuss abzugeben, haben sich die Kolleginnen und Kollegen von Schwarz-Gelb im Landtag wieder einmal im Wesentlichen nicht gegen die Gutsherrenpolitik dieser Landesregierung durchsetzen können und daher die Flinte ins Korn geworfen. In der Ausschussberatung sind seitens CDU und FDP gegenüber der Landesregierung auch nicht, wie eigentlich zu erwarten war – die Federn geflogen. Die von Ihnen eingebrachten inhaltlichen, redaktionellen und braven Änderungsanträge haben wir als SPD-Landtagsfraktion in vielen Ziffern mittragen können, da es sich dabei in erster Linie um eine Rückkehr zum Standard des ursprünglichen SPD-Gesetzes aus dem Jahre 1994 handelt. Das betrifft zum Beispiel die Parlamentsbeteiligung.

Das bedeutet aber nicht, dass wir den Gesetzentwurf der Landesregierung mit seinen lediglich rudimentären Änderungen durch CDU und FDP als Ganzes mittragen können. Denn wir beschließen damit heute eben kein modernes, den Veränderungen in Klima und Umwelt gerecht werdendes nordrhein-westfälisches Landesjagdgesetz. Das Gegenteil ist der Fall: Wir teilen wesentliche vom NABU und anderen Organisationen zu Recht vorgebrachte inhaltliche Kritikpunkte an diesem Stillstand.

(Beifall von der SPD)

Ebenso ausdrücklich danke ich statt vielen dem Verband der Jagdgenossenschaften und Eigenjagden in Westfalen-Lippe für seine konstruktiven Beiträge.

Aus den genannten Gründen lehnen wir als SPDLandtagsfraktion den Gesetzentwurf der Landesregierung daher ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Frau Wiegand. – Herr Ellerbrock spricht nun für die FDP.

Frau Präsidentin! Liebe verbliebene Kolleginnen und Kollegen! Am Landesjagdgesetz sind Änderungen notwendig, weil wir eine Föderalismusreform hatten. Wir können jetzt in Nordrhein-Westfalen Abweichungen vom Bundesrecht durchführen.

Wir setzen das zum Beispiel bei den Jagdzeiten um, wie es Kollege Deppe eben schon dargestellt hat. Das ist nötig, weil die Bundesjagdzeitenverordnung aus dem Jahre 1977 stammt und dringend novelliert werden muss. Das machen wir jetzt in Nordrhein-Westfalen. Darüber haben wir im Frühjahr lange genug diskutiert. Es wird die Möglichkeit geschaffen, mit Genehmigung der Jagdbehörde und nach Zustimmung durch den Jagdausübungsberechtigten als Ultima Ratio – wenn andere Vergrämungsmaßnahmen scheitern – Gelege bestimmter Gänsearten zu entnehmen oder unfruchtbar zu machen.

Es ist gut und richtig so, dass wir das machen. Wer einmal Schwimmbäder gesehen hat, in denen bestimmte Gänsearten hausen, der weiß, was auf die Betroffenen zukommt. Das ist im ländlichen und im städtischen Bereich so. Dort sind Entwicklungen vonstatten gegangen, denen man Einhalt gebieten muss. Meine Damen und Herren, auch im Bereich von Flughäfen stellen solche Gänsearten ein erhebliches Problempotenzial dar. Dagegen muss man wirklich vorgehen.

Bei der Antwort auf die Frage, inwieweit es richtig ist, bei Schwarzwild mit Ablenkungsfütterungen zu agieren, muss ich mich auf meine Kolleginnen und Kollegen verlassen. Ich selbst bin kein Jäger. Diese Maßnahme wird jetzt zur Wildschadensverhütung ermöglicht. Die Fachleute sagen, dass das richtig ist. Ich selbst kann das nicht beurteilen. Das wird wohl so sein.

Ein bisschen skurril, aber anscheinend notwendig, ist die Vorschrift, dass wir nicht mehr mit der Armbrust durch den Wald stolpern können, sondern dass das verboten wird. Das war für mich eine Sache, die ich als sehr skurril erachtet hatte. Es gibt

aber wohl eine Sportart, die so etwas nach vorne treibt und als besonders waidgerecht empfindet. Dem wird jetzt Einhalt geboten.

Der Kollege Deppe ist auf die Verwendung der Jagdabgabe eingegangen. Die Jagdabgabe ist gruppennützig zu verwenden. Früher ist das mit Verwaltungskosten verbunden gewesen. Dazu sagen wir Nein. Die Verwaltungskosten werden herausgenommen. Die Jagdabgabe wird jetzt ausschließlich gruppennützig verwandt. Das Geld kommt der Jägerschaft zugute. Insgesamt bekommen wir aus der Jägerschaft positive Reaktionen.

Auf die Ausführungen der Kollegin Wiegand, die ich sonst immer in besonderem Maße schätze, will ich hier nicht weiter eingehen. Frau Kollegin Wiegand, einmal rundhören, was es mit der Jagdsteuer auf sich hat! Wir haben es geschafft, durch eine besondere Konstruktion der stufenweisen Rückführung der Jagdsteuer der Jägerschaft in der allgemeinen Öffentlichkeit das Ansehen zu verschaffen, indem wir die Leistungen, die sie bislang kostenlos erbracht haben, zum ersten Mal monetarisiert und anerkannt haben.

Ich glaube, an der Stelle leben wir in unterschiedlichen Welten. Sie haben es von der Opposition aus betrachtet. Wir haben es vonseiten der Koalition durchgesetzt. Das wollen wir auch so beibehalten. – Schönen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Danke schön, Herr Ellerbrock. – Herr Remmel spricht nun für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss leider feststellen, dass die parlamentarische Beratung zu diesem Gesetzentwurf im Ausschuss zu keiner wesentlichen Verbesserung des Gesetzes geführt hat. Das Gesetz ist ein reines Klientelgesetz, das sozusagen auf Bestellung von den Koalitionsfraktionen und der Landesregierung eingebracht und beraten worden ist.

Insofern ist eine erste Bestrafung, dass Sie heute Abend nicht rechtzeitig zum parlamentarischen Jägerabend kommen, um in diesem Zusammenhang Ihren Erfolg präsentieren zu können. Die zweite und noch viel größere Bestrafung für eine solche Spielwiesen- und Klientelpolitik wird hoffentlich am 9. Mai folgen.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Traumtänzer!)

In den wesentlichen Punkten des Gesetzentwurfes bleibt es bei den Fragezeichen, die schon in der Einbringungsdebatte hier eine Rolle gespielt haben. Zur Frage der Eierklauerei haben wir fachliche Stellungnahmen bekommen. Zum einen ist die Frage

nicht beantwortet, inwieweit das EU-rechtskonform ist. Wir sind der Meinung, dass das nicht tragbar ist und an dieser Stelle auch nicht durchträgt.

Zum anderen gibt es darüber hinaus fachliche und durchaus ernst zu nehmende Hinweise darauf, dass die Problemlagen anders und mit anderen Mitteln als durch eine solche Maßnahme geklärt werden können, die EU-Recht widerspricht. Man muss sich an der Stelle offensichtlich doch mehr Mühe geben.

Die zentrale Frage, die sich im Moment in Bezug auf den Wald und die Jagd stellt, betrifft beispielsweise den Überbesatz an Schwarzwild. Dieser Überbesatz wird im Gesetz in keiner Weise geregelt. Auch in der Fachdebatte im Ausschuss spielte das von Ihrer Seite aus keine Rolle.

Positiv vermerken kann ich, dass Sie bei den Formalia – insbesondere den Mitspracherechten des Parlaments – den Anregungen aus der Debatte gefolgt sind. Das ist zu begrüßen. Dem haben wir zugestimmt. Insgesamt aber und unter dem Strich bleibt es bei einer deutlichen Ablehnung dieses Gesetzes.

(Beifall von den GRÜNEN – Holger Ellerbrock [FDP]: Och, Johannes!)

Ich darf noch einmal an die wenigen verbliebenen Abgeordneten von CDU und FDP appellieren, darüber nachzudenken, ob dieser Sache hier nicht doch im Sinne der Klientelpolitik ein Riegel vorzuschieben ist und Sie heute über Ihren Schatten springen und Ihr eigenes Gesetz ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Remmel. – Für die Landesregierung spricht jetzt Minister Uhlenberg.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Ausübung der Jagd ist kein Selbstzweck, sondern, wie wir wissen, eine gesellschaftliche Notwendigkeit. Wenn sich aber die gesellschaftlichen Notwendigkeiten ändern, müssen auch die jagdrechtlichen Regelungen geändert und den Erfordernissen angepasst werden.

Aufgrund des Ergebnisses der Föderalismusreform haben wir nun die Möglichkeit, hierbei in eigener Zuständigkeit zu handeln. So ist es ein vordringliches Ziel der Novelle, wichtige Voraussetzungen zur Reduzierung der Seuchengefahr bei Wild- und Haustieren sowie von Schäden in der Landwirtschaft zu schaffen; wildbiologische und veterinärfachliche Belange werden so künftig volle Berücksichtigung finden.

Diese Änderungen sind notwendig zur weiteren Entspannung der Schweinepestsituation in Nordrhein-Westfalen und sollen nicht auf die lange Bank geschoben werden. Die Anwendung der aufgrund dieser Gesetzesnovelle zur Verfügung stehenden Instrumente wird mit Augenmaß angewandt. Hierzu stehen wir bereits im Dialog mit den Jagd- und Umweltverbänden.