Protocol of the Session on May 27, 2009

Der Niedergang der Bank in nur drei Jahren, das personelle Desaster an der Spitze sind Ereignisse, die mit Ihrem Namen, mit dem Namen Dr. Rüttgers, und der CDU verbunden.

Meine Damen und Herren, wer jetzt glaubt, der Ministerpräsident nehme das Heft des Handelns in die Hand, der sieht sich getäuscht. Aus der Staatskanzlei wird ein unsägliches Schwarze-Peter-Spiel zulasten der Sparkassen in diesem Lande inszeniert, eine Schlammschlacht gegen die Sparkassen befeuert, die angelegt ist, von der eigenen Hilflosigkeit der Landesregierung abzulenken, zulasten der öffentlich-rechtlichen Sparkassen in NordrheinWestfalen, zulasten des Landes Nordrhein-Westfalen. Diesen unerträglichen Dilettantismus, diese Inkompetenz hat das Land, haben auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Westdeutschen Landesbank, aber auch der Sparkassen nicht verdient.

(Beifall von Anke Brunn [SPD])

Deshalb begrüßen wir ausdrücklich, dass die WestLB-Beschäftigten in einer spontanen Aktion in der letzten Woche auf ihre Lage hingewiesen haben. Viel differenzierter als die Landesregierung ist den Mitarbeitern nämlich klar, dass mehr auf dem Spiel steht: Die Zukunft aller Arbeitsplätze im öffentlich-rechtlichen Bankenbereich. Deshalb macht es wenig Sinn, Herr Finanzminister Linssen, ungebremst Ihre Aversion gegen die Sparkassen auszuleben,

(Beifall von der SPD)

immer wieder neue Attacken aufzubieten.

Für meine Fraktion sage ich deutlich: Wer die Sparkassen in Nordrhein-Westfalen in den Ruin treiben will, ruiniert jede einzelne dahinter stehende Kommune. Die Sparkassen sind dem Gemeinwohl verpflichtet. Nicht allein die Rendite steht im Vordergrund, sondern die Nachhaltigkeit auch in der Kundenbeziehung. Daher haben in der Finanzkrise viele Kunden in Nordrhein-Westfalen gerade die Sparkassen als sicheren Hafen entdeckt. Mit jeder Sparkassenausschüttung wird außerdem in den Städten und Gemeinden eine Vielzahl von sozialen, karitativen, aber auch sportlichen Projekten finanziert. Deshalb haben die Sparkassen in diesem Land eine ganz besondere Verantwortung.

Nachdem sie schon mehrfach ihre Institute, ihre einzelnen Zweigstellen durch Rettungsaktionen für die Westdeutsche Landesbank belastet haben, müssen sie jetzt umso sorgfältiger abwägen, ob weitere Rettungsmaßnahmen ihre Institute oder ihre Standorte gefährden. Denn, wie gestern sehr deutlich am Beispiel Düsseldorf klar geworden ist, kommen auch einzelne Sparkassen nicht ohne Schrammen durch die Krise.

Dennoch sage ich für meine Fraktion ganz klar: Natürlich müssen sich auch die Sparkassen als Miteigentümer der Westdeutschen Landesbank ihrer Verantwortung stellen.

Meine Damen und Herren, es geht um die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Bankensysteme in unse

rem Land. Deshalb, Herr Dr. Rüttgers, erwarten wir von Ihnen vier Handlungsschritte – nur vier –, die der WestLB und den Sparkassen helfen.

Herr Dr. Rüttgers, wir erwarten erstens, dass Sie klarstellen, dass nach der EU-Entscheidung kein Ausverkauf der WestLB an Private, unter Umständen sogar außerhalb von Europa, erfolgt.

Wir erwarten zweitens von Ihnen, Herr Dr. Rüttgers, dass Sie klarstellen, dass die Konsolidierung der Landesbanken für Ihre Regierung jetzt die erste Priorität hat.

Wir erwarten drittens, Herr Dr. Rüttgers, dass Sie aktiv die Neuordnung des Landesbankensektors in die Hand nehmen. Holen Sie Ihre CDU-Kollegen Koch, Althaus, Seehofer, Oettinger, Wulff, von Beust und auch Carstensen an den Tisch und legen Sie endlich ein gemeinsames Konzept vor. Schluss mit parteipolitischem Gezänk unter CDU-Kollegen!

(Zurufe von der CDU)

Schluss mit Eifersüchteleien im Männerclub, meine Damen und Herren!

(Beifall von SPD und GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Schauen Sie nach vorne!

Herr Dr. Rüttgers, stellen Sie viertens klar, dass Ihr Finanzminister, meinetwegen durch einen Maulkorb, aufhört, immer wieder die Rolle desjenigen zu übernehmen, der die Sparkassen durch das Land hetzt. Übernehmen Sie als Kabinettchef aktiv und konstruktiv die Rolle des Moderators unter den Eigentümern. Denn das ist Ihre Aufgabe als Ministerpräsident dieses Landes. Beenden Sie die Schlammschlacht.

Im Gegenzug, meine Damen und Herren, Herr Dr. Rüttgers, werden wir Sozialdemokraten mit unseren Kollegen in Berlin, natürlich auch mit dem Finanzminister, alles nur Mögliche tun, damit es einen bundesgesetzlichen Rahmen gibt, der der WestLB- und der Landesbankenkonsolidierung einen Weg bereitet.

Wir werden und wollen uns für ein Landesbankengesetz engagieren, das allen Eigentümern der WestLB Nordrhein-Westfalen ihre Verantwortung für die Bank möglich macht und – das ist uns wichtig – den Fortbestand der öffentlich-rechtlichen Bankensäule in der Bundesrepublik garantiert.

Meine Damen und Herren, das ist unser Angebot, das ist unser Beitrag dazu, nach der EUEntscheidung, nach der fehlenden Führung in der Bank an einer Landesbankenkonsolidierung, einer Rettung der WestLB teilzuhaben. Ich fordere Sie auf: Nehmen Sie unser Angebot an. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Walsken. – Für die CDU-Fraktion erhält der Abgeordnete Weisbrich das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Walsken, zum 164. Mal in dieser Legislaturperiode steht die WestLB auf der Agenda eines parlamentarischen Gremiums. 163 Mal davon haben Sie versucht, die Landesbank schlechtzureden.

(Beifall von der CDU)

Kein einziger Ihrer bisherigen Anträge war konstruktiv. Mit keinem einzigen Antrag haben Sie versucht, die Arbeitsplätze der Mitarbeiter zu sichern. Mit keinem einzigen Antrag haben Sie versucht, das Vermögen des Landes zu schützen, und kein einziger Ihrer bisherigen Vorwürfe hatte Substanz. Je deutlicher das wurde, desto aggressiver haben Sie agiert.

(Zurufe von der SPD)

Am 12. Mai bestätigt die EU-Kommission den Umstrukturierungsplan der WestLB. Und Sie titeln in einer Pressemeldung: „Landesregierung ist Totengräber der WestLB“. Ich kann nur fragen: Was soll der Blödsinn? Das hätten Sie sich wirklich sparen können.

(Beifall von der CDU)

Wenn Ihnen die Bank am Herzen läge, dann hätten Sie sich gemeinsam mit den Mitarbeitern und mit uns, der Regierungskoalition, gefreut über die zurückgewonnene Planungs- und Rechtssicherheit. Dann hätten Sie sich darüber gefreut, dass in Brüssel endlich jenes Misstrauen abgebaut werden konnte, das die WestLB den arroganten Auftritten sozialdemokratischer Finanzminister und Ihres damaligen roten Paten zu verdanken hatte, und Sie hätten alles getan, um den Vorstand bei der Umsetzung seines aus unserer Sicht europafesten Geschäftsmodells zu unterstützen.

Aber, Frau Kollegin Walsken, bisher habe ich gedacht, die Bank liegt Ihnen nicht am Herzen. Sie würden Sie sogar opfern, wenn Sie damit nur der Landesregierung schaden könnten.

(Gisela Walsken [SPD]: Das machen Sie doch selber! – Zuruf von Martin Börschel [SPD])

So wie Sie sich bisher hier eingelassen haben, nicht heute – darauf komme ich noch –, kann ich nur sagen: So etwas von Illoyalität habe ich noch nicht erlebt. Ich habe es auch nicht für möglich gehalten.

Zu Ihrer Regierungszeit haben Sie immer großen Wert auf politisches Einvernehmen in allen Landesbank- und Sparkassenfragen gelegt. Wir haben uns im Interesse der Sache niemals verweigert, kein einziges Mal. Ich entsinne mich noch, verehrte Frau

Kollegin, wie höflich Ihr Mann als damaliger finanzpolitischer Sprecher sich bei uns für diese patriotische Haltung bedankt hat.

(Gisela Walsken [SPD]: So ändern sich die Zeiten, Herr Kollege!)

Bisher habe ich gedacht, solche Höflichkeiten lägen Ihnen völlig fern. Ich habe Sie noch nicht erlebt, heute das erste Mal. Bisher habe ich gedacht, Ihr Stil sei die Methode der verbrannten Erde. Die Art und Weise, wie Sie in der Vergangenheit Tatsachen verdreht haben, hat mich in meiner Meinung bestärkt. Sie wissen es doch tatsächlich besser, und Sie behaupten ungeniert – auch jetzt noch in dem Antrag –, die Landesregierung trage die Schuld oder eine große Mitschuld am Rücktritt von Herrn Hilgert am 18. Mai.

(Gisela Walsken [SPD]: So ist es!)

Was geht eigentlich in Ihrem Kopf vor? Für wie blöde halten Sie die Menschen im Land und die Fachpresse? Der Vorstandsvorsitzende der WestLB ist nach Presseberichten nicht wegen der Landesregierung zurückgetreten, sondern weil er das Gefühl hatte, die Mehrheitseigner, die Sparkassenverbände, folgen ihm nicht bei der Umsetzung seines Geschäftsmodells.

(Beifall von CDU und FDP)

Presseberichten zufolge war Herr Hilgert überzeugt, dass nicht die Landesregierung, sondern der sparkasseninterne Machtkampf der Funktionäre seinen Sanierungsweg torpediert.

(Gisela Walsken [SPD]: Aha!)

Jetzt muss ich hinzufügen: Vielleicht war sein Rücktritt einfach die Reaktion auf die ständige Bevormundung, die ihm seitens der Mehrheitsgesellschafter widerfahren ist. Ich möchte nicht abschließend urteilen, ob der Rücktritt angesichts des mittlerweile erreichten Verhandlungsstandes um die Einrichtung einer Abwicklungsbank angemessen war. Das hätte man vielleicht auch anders machen können.

Herr Hilgert hat sich große Verdienste um die Leitung der Bank erworben. Er ist abgetreten mit dem besten Jahresauftakt im Bilanzergebnis seit dem Jahr 2002, sein Geschäftsmodell funktioniert erkennbar. Dennoch ist er zurückgetreten. Das hat seine Gründe, die wir jetzt nicht aufklären können. Aber eines ist sicher: Es hat nichts damit zu tun, dass er die Unterstützung der Landesregierung vermisst hätte.

Frau Walsken, Ihre Rede heute hat mich völlig überrascht.

(Gisela Walsken [SPD]: Sehen Sie!)

163 Mal haben Sie etwas anderes gesagt, heute kommen Sie, umarmen uns und machen ein Angebot zur Gemeinsamkeit.

(Martin Börschel [SPD]: Da haben Sie nicht zugehört, Herr Weisbrich! – Weitere Zurufe von der SPD)

Darüber muss man wirklich einmal nachdenken. Aber vom Grundsatz her wäre es natürlich schön, wenn wir zur Gemeinsamkeit zurückkehren könnten und wenn wir gemeinsam alles daransetzen würden, unser Eigentum, die Landesbank, zu schützen und einer guten Zukunft zuzuführen, nicht nur im Interesse der Versorgung der Menschen in Nordrhein-Westfalen mit Bankdienstleistungen und Krediten, sondern auch und vor allem im Interesse der Mitarbeiter der Landesbank.

(Beifall von der CDU)