Ich darf Ihnen zum Abschluss zitieren, was Bundesfinanzminister Peer Steinbrück am 23.04. vorgetragen hat: Wir sollten abwarten, welche Kraft unsere
bereits beschlossenen Maßnahmen entfalten, und nicht schon wieder zappelig werden. – Vielleicht schreiben Sie sich das hinter die Ohren.
Ich darf auch noch Franz Müntefering zitieren: Es ist Unsinn, über immer neue Konjunkturpakete zu reden.
Die gerade beschlossenen müssen erst einmal wirken. Es wird ja auch immer wieder nachgesteuert. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Minister Linssen, es ist immer gut, wenn man Peer Steinbrück und Franz Müntefering zitiert. Es ist aber auch gut, wenn man berücksichtigt, dass sie von der Bundespolitik gesprochen haben. Wir sprechen heute in der Aktuellen Stunde über die Landespolitik, und wir fordern die Landespolitik auf, tätig zu werden.
Es ist auch schön, dass Sie gute Steuersenkungsbeispiele der Bundespolitik von Peer Steinbrück zitiert haben, Herr Linssen.
Mich hätte allerdings interessiert, wie Sie, Herr Linssen, auf das Steuersenkungsprogramm reagieren, das der Kollege Brockes hier darzustellen versucht hat. Das habe ich in Ihren Ausführungen vermisst. Es wäre sicherlich für das Hohe Haus und für die Menschen draußen sehr interessant gewesen.
Herr Kollege Brockes, ich habe Sie gestern einmal gelobt. Das habe ich in all den Jahren hier im Parlament erst einmal getan. Relativiert hat sich das insofern, als Ihr Fraktionsvorsitzender Sie eingefangen hat. Aber auch heute haben Sie schon wieder einen richtigen Satz gesagt. Langsam werden Sie mir unheimlich! Sie haben gesagt: Wir tun alles, was wir können! – Damit haben Sie Recht. Mit Ihrer Rede haben Sie bewiesen, dass Sie alles getan haben, was Sie können. Das war nämlich eine Luftnummer.
Das, was Sie hier dargestellt haben, war nichts anderes als das, was die FDP auf Bundesebene eigentlich gerne hätte. Sie haben sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, den Antrag der SPD zur heutigen Aktuellen Stunde durchzulesen. Das war heute von Ihnen nichts anderes als das Vortragen von Teilen des Bundesprogramms der FDP. Herr Brockes, es war wie so oft am Thema vorbei. Es wäre sinnvoll, wenn Sie sich ab und zu einmal mit der Thematik der jeweiligen Tagesordnungspunkte auseinandersetzen würden.
(Christian Lindner [FDP]: Das müssen Sie gerade sagen! – Dr. Gerhard Papke [FDP]: Reden Sie einmal zur Sache: Was will die SPD?)
Wollen Sie mir vorwerfen, ich hätte noch nicht zur Sache geredet, wo Herr Brockes fünf Minuten an der Sache vorbeigeredet hat, Herr Kollege Papke?
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ein Hinweis noch an den Kollegen Post, den ich sehr schätze: Sie haben in Richtung Opposition gefragt, was wir wollten und von Ihnen forderten, was Sie tun sollten. Herr Kollege Post, ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass Sie seit ca. vier Jahren hier zu regieren glauben. Sie sind die Koalitionsfraktionen im Landtag Nordrhein-Westfalen. Sie stellen die Landesregierung. Sie müssen handeln. Sie haben mit diesen Fragen in Richtung Opposition bewiesen, dass die These des Kollegen Eiskirch absolut richtig ist: Reden statt Handeln. – Und letzteres fordern wir ein: Handeln seitens der Koalition und der Landesregierung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise den Arbeitsmarkt erreicht hat, haben wir alle spätestens mit den letzten aktuellen Arbeitslosenzahlen feststellen können. Sicherlich ist davon auch der Standort Nordrhein-Westfalen betroffen. Nordrhein-Westfalen ist nach wie vor das Industrieland Nr. 1, und die Industrie ist besonders vom Abschwung betroffen.
Deutlich machen will ich aber auch, dass Politik – speziell Landespolitik und Regierungspolitik – jetzt gefordert ist. Es reicht nicht, wenn in den vom Kollegen Eiskirch bereits erwähnten Sonntagsreden des Ministerpräsidenten Manager kritisiert werden. Das kommt zwar in der Öffentlichkeit gut an; aber die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – sowohl in Münster beim Arbeitnehmerempfang als auch in Remscheid – hätten sich vom Ministerpräsidenten Lösungen und nicht nur Phrasen erwünscht. Diese Chance hat er vertan.
Die Menschen stehen im Mittelpunkt der Krise. Deshalb stehen sie auch im Mittelpunkt unseres Handelns. Für Sozialdemokraten stehen die Men
Die SPD hat gehandelt. Das hat der Kollege Eiskirch bereits in Teilen ausgeführt. Das Kurzarbeitergeld, das Bundesarbeitsminister Scholz verlängert hat, hat bisher Schlimmeres verhindert. Die Übernahme von Sozialversicherungsbeiträgen sowie die Förderung der Weiterbildung und Qualifizierung zeigen, dass schnell und mit Weitblick gehandelt werden kann, wenn man denn nur will. Sicher ist: Es ist besser, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren.
Wenn die Unternehmen und die Beschäftigten die Möglichkeiten ausschöpfen, ist der Standort Nordrhein-Westfalen mit seinen qualifizierten Beschäftigten für bessere Zeiten gerüstet. Dann werden wir gestärkt aus der Krise herauskommen. Das gilt auch für die Ausbildungssituation, die wir heute Nachmittag noch diskutieren werden. Wer heute ausbildet, hilft nicht nur den unversorgten Jugendlichen, sondern der bildet seine Fachkräfte der Zukunft aus und stellt sich den Anforderungen mit gutem Personal in der Zukunft.
Aber auch Auszubildende sind schon jetzt – insbesondere bei Insolvenzen – negativ von der Krise betroffen. Damit wir diese Auszubildenden nicht verlieren und sie nicht in die Perspektivlosigkeit fallen, müssen wir sie unter einen Insolvenzschutz stellen, und zwar nicht nur für drei Monate, sondern für den gesamten Rest ihrer Ausbildung. An der Stelle sind die Kammern, deutlich aber auch die Landesregierung, aufgefordert, so etwas zu initiieren. Dafür muss die Landesregierung jetzt handeln, statt zu reden. Das habe ich bereits erwähnt.
Aber nicht so, dass er die Auszubildenden tatsächlich schützt. Herr Kollege Laumann, lassen Sie uns darüber heute Nachmittag debattieren.
Dass es auch mit den klassischen Gegnern in der Arbeitswelt zu pragmatischen Lösungen kommen kann, haben uns die IG Metall und der Verband der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen gezeigt. Ein zusätzlicher Schutz für Arbeitnehmer bei Entlassung soll durch einen Struktursozialplan geregelt werden. Perspektiven und Sicherheiten erhalten diejenigen, die in Transfergesellschaften wechseln und qualifiziert werden, wenn sie eine Rückkehrmöglichkeit in den bisherigen Betrieb erhalten.
Da eine solche Rückkehroption nach dem SGB III bisher ausdrücklich ausgeschlossen ist, hätte es der Landesregierung gut zu Gesicht gestanden, auf diesem politischen Feld auf Bundesebene tätig zu werden. Stattdessen führt sie in Ihrer Koalition ständig ordnungspolitische Grundsatzdebatten. Sie sehen der negativen Entwicklung offen Auges am Arbeitsmarkt entgegen, lassen es zu, dass bei stei
genden Arbeitslosenzahlen und gerade auch im SGB-II-Bereich Ihre Kollegen im Bundestag die Zukunft der Jobcenter blockieren, eine Zukunft, die Ministerpräsident Rüttgers unter anderem mit ausgehandelt hat, eine Zukunft, die auch von den Unionsabgeordneten aus NRW torpediert wurde und damit ein klares Signal gegen Ihren stellvertretenden Unionsvorsitzenden ausgestoßen haben.
Kurzum: Wir erwarten, dass Sie endlich eine Bundesratsinitiative zur Absicherung der Jobcenter ergreifen. Denn es ist geradezu tragisch: Sie nehmen hier in NRW steigende Arbeitslosenzahlen zur Kenntnis und verweigern den Betroffenen Hilfe in den Arbeitslosenzentren; diesen haben Sie den Geldhahn zugedreht.
Machen Sie endlich eine Politik, die den Menschen hilft! Ein eigenes Investitionsprogramm, wie wir es aufgeführt haben, sichert und schafft Arbeitsplätze. Folgen Sie den positiven Impulsen, die seitens des Bundesarbeitsministers Scholz bereits gesetzt wurden! Zeigen Sie, dass die Menschen in NRW auch auf Hilfe aus NRW zählen können! – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Schmeltzer. – Für die CDU-Fraktion erhält Herr Abgeordneter Wittke das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Jawohl, es ist wahr: Wir befinden uns in einer der größten Wirtschafts- und Finanzkrisen der letzten 100 Jahre.
Aber erlauben Sie mir, dass ich einen kleinen Blick zurückwerfe. Es ist gerade wenige Monate her, da war die Wirtschaft noch in Ordnung und boomte, nicht nur bei uns in Nordrhein-Westfalen, sondern insgesamt in der Republik und in Europa. In dieser wirtschaftlich boomenden Zeit haben wir im Jahr 2005 eine Last von 1,1 Millionen Arbeitslosen in Nordrhein-Westfalen übernommen. Die Arbeitslosigkeit beträgt in Nordrhein-Westfalen – aktueller Stand – rund 820.000.
Wenn Sie in wirtschaftlich starken Zeiten während Ihrer Regierungsverantwortung, als die Arbeitslosigkeit bei uns in Nordrhein-Westfalen aus dem Ruder gelaufen ist, nur halb so viel Aktivität entfaltet hätten, wie Sie hier verbal einfordern, würde NordrheinWestfalen heute besser dastehen, und wir würden stärker in diese Krise hineingehen, als wir das heute tun.
Nichts haben Sie getan, ganz im Gegenteil. Sie haben bei uns in Nordrhein-Westfalen Investitionen durch eine Blockadepolitik verhindert. Sie haben das Notwendige unterlassen und das Falsche ge
tan. Darum ist es fast ehrabschneidend, dass Sie sich heute hier hinstellen und so tun, als hätten Sie mit der schwierigen Situation, die jetzt auf uns zukommt, nichts zu tun.
Wir haben heute viel über Geld gesprochen, und das ist gut und richtig. Man muss auch mit Geld in dieser Krise gegensteuern. Darum war es gut – Norbert Post hat darauf hingewiesen –, dass wir in den vergangenen vier Jahren eine solide Finanzpolitik gemacht haben. Denn wir den Ratschlägen von SPD und Grünen gefolgt wären und in wirtschaftlich guten Zeiten das Geld mit vollen Händen ausgegeben hätten, wie Sie es immer wieder gefordert haben, wären wir heute nicht in der Lage gegenzusteuern.
Aber richtig ist auch: Geld allein reicht nicht. Es müssen die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um gestärkt aus dieser Krise hervorgehen zu können. Zu den wichtigen Rahmenbedingungen gehört beispielsweise, dass der politische Entscheidungsstau für Investitionen aufgelöst wird.
Das, was Sie über Jahre hinweg vernachlässigt haben, haben wir in den letzten Jahren weggeräumt. Wir haben Planfeststellungsbeschlüsse gefasst, um die Verkehrsinfrastruktur in Ordnung zu bringen.