Es soll uns niemand erzählen, Herr Kollege Eiskirch, eine Steuerreform mit einer spürbaren Entlastung der Steuerzahler wäre nicht finanzierbarer.
Von 2005 bis 2008 hat der Staat in Deutschland fast 110 Milliarden € oder 25 % mehr Steuern eingenommen. Wer mal eben 80 Milliarden € für zwei Konjunkturpakete mobilisieren kann, meine Damen und Herren, der soll uns nicht sagen, es stünde kein Geld für die Entlastung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zur Verfügung.
Wir brauchen in Deutschland ein einfaches, niedriges und gerechtes Steuersystem. Denn nur mit einem fairen Steuersystem schafft man die Grundlage zur dauerhaften Sicherung der staatlichen Einnahmebasis und zur Gesundung der Staatsfinanzen. Mit einfachen, niedrigen und gerechten Steuern setzen wir Anreize für Konsum und Investition. Durch einen solchen Wachstumsimpuls steigt auch die Bemessungsgrundlage für die Steuererhebung.
Wenn es uns gelänge, davon allein 10 % wieder zu versteuern, würde dies mehr Geld in die Kassen des Staates spülen, als wir für die Finanzierung des Steuerreformkonzeptes der FDP benötigen.
Die weltweite Wirtschaftskrise trifft NordrheinWestfalen besonders hart. Wegen seiner stark exportorientierten Wirtschaftsstruktur ist unser Land krisenanfälliger als andere Regionen. Die Krise hätte uns aber auch noch viel schlimmer erwischen können. Dass dies nicht geschehen ist, liegt daran, meine Damen und Herren, dass NordrheinWestfalen im Wettbewerb der Standorte kräftig aufgeholt hat.
Mit unserer Politik der marktwirtschaftlichen Erneuerung haben wir die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Nordrhein-Westfalen wieder stärker geworden ist. Seit der Regierungsübernahme 2005 bis Ende 2008 sind in Nordrhein-Westfalen mehr als 370 000 neue Arbeitsplätze entstanden. Im vergangenen Jahr ist unsere Wirtschaft um 1,5 % gewachsen, verglichen mit 1,3 % im Bundesdurchschnitt. Wir liegen jetzt auf Platz drei der Flächenländer, fast gleichauf mit Bayern.
Hier hat sich ausgezahlt, dass wir bei der Erneuerung unseres Landes einer klaren Philosophie gefolgt sind: „Freiheit vor Gleichheit“, „Privat vor Staat“, „Erarbeiten vor Verteilen“.
Statt direkt in die Angebots- und Nachfragestrukturen einzugreifen, wollen wir die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Unternehmen verbessern. Dabei orientieren wir uns zuallererst an den Interessen der 747.000 mittelständischen Betriebe in Nordrhein-Westfalen und nicht an den Interessen einiger weniger Großkonzerne.
Ich komme zum Schluss: Wir brauchen keine weiteren Konjunkturprogramme, sondern steuerliche Entlastungen für Mittelschicht und Mittelstand. Und wir brauchen keine staatlichen Beteiligungen an Privatunternehmen, sondern einen verlässlichen Ordnungsrahmen für privatwirtschaftliche Initiativen. Meine Damen und Herren, dieser klare Kurs für mehr soziale Marktwirtschaft stärkt NordrheinWestfalen.
Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Jetzt hat für die Landesregierung Herr Finanzminister Dr. Linssen das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Eiskirch, Sie sprachen von der „Schockstarre“. Ich kann es Ihnen nachfühlen. Wenn Sie morgens in der Zeitung lesen, dass die Zustimmung der Bevölkerung zum Ministerpräsidenten 54 % beträgt und zu Ihrer Frau Kraft 19 %, dann würde ich auch in eine Schockstarre verfallen; das muss ich Ihnen ehrlicherweise sagen.
Ihre Reaktion darauf ist, wirklich nur heiße Luft abzulassen. Herr Eiskirch, die Menschen zeigen nicht umsonst diese Reaktion auf die Leistungen der Regierung und die der Opposition. Sie wissen nämlich genau, dass sie in dieser schwierigen Zeit denjenigen vertrauen, die ruhig und mit klarem Konzept an diese Krise herangehen und versuchen, den Menschen zu helfen. Und das tun wir mit viel Erfolg.
Nordrhein-Westfalen ist gestärkt in diese Krise hineingegangen. Wir können uns diese Programme überhaupt nur leisten, weil wir praktisch eine NullNeuverschuldung in 2008 herbeigeführt haben. Nachdem Sie zuvor 6,7 bzw. 6,8 Milliarden € von 2003 bis 2005 neu aufgenommen haben – immer auf den großen Haufen drauf –,
Auch die Kommunen, meine Damen und Herren, haben in unserer Regierungszeit zum ersten Mal wieder positive Finanzsalden abgeliefert.
Und sie werden im Jahr 2009, trotz der Einbrüche bei der Gewerbesteuer, sicherlich sehr viel besser aus dem Jahr herauskommen als zum Beispiel Land und Bund. Das liegt einfach daran, dass sie durch das Gemeindefinanzierungsgesetz von uns nachschüssig 460 Millionen € noch mal oben drauf bekommen haben.
Herr Eiskirch, Sie haben gesagt, NRW sei am stärksten betroffen. Wir sind stark betroffen, ja, aber die süddeutschen Länder, Bayern und BadenWürttemberg, die aufgrund ihrer Exportlastigkeit im Konjunkturhoch noch stärker profitiert haben als wir, haben jetzt natürlich die stärksten Einbrüche.
Wir werden vom 12. bis zum 14. Mai die Steuerschätzung haben. Bei der Einbringung des Nachtragshaushaltes, als wir die Verschuldung des Landes erhöhen mussten, hatte ich Ihnen vorgetragen, dass wir die automatischen Stabilisatoren wirken lassen wollen, d. h. auf jeden Fall Steuereinbrüche
nicht durch ein Dagegen-Ansparen ersetzen wollen. Ich meine, das ist konjunkturell richtig. So reizvoll es ist, wie das zum Beispiel mein Kollege in Niedersachsen gemacht hat, eine Haushaltssperre zu verkünden: Es wäre kontraproduktiv, weil sich Haushaltssperren – das wissen Sie aus Ihrer Regierungszeit – immer auf die Investitionen niedergeschlagen haben. Genau da brauchen wir aber die Impulse. Deshalb ist es richtig, wenn wir so etwas nicht machen.
Die Steuerschätzung wird uns real 6 % negatives Wachstum des Bruttoinlandprodukts bescheren – nominal etwa 5,3 %. Wir werden uns das Ergebnis sicherlich sehr genau anschauen und prüfen, ob wir die Nettoneuverschuldung weiter erhöhen müssen. Ich kann Ihnen aber auch sagen – Sie kennen mich lange genug dafür –, dass bei einem Minuswachstum in Höhe von 2,25 %, was der Steuerschätzung damals zugrunde gelegen hat, die der Bund durchgeführt hat, wir zu der damaligen Zeit sicherlich auch schon mal etwas vorsichtiger waren als der Bund.
Herr Priggen, Sie haben völlig zu Recht diese erschreckenden Minus-Wachstumszahlen vorgetragen und haben erklärt, noch niemals hätten Sie vorher so etwas gehört. Ich bitte, das auch bei der nächsten Finanzdebatte, die so sicher wie das Amen in der Kirche kommt, zu berücksichtigen; denn dann werden Sie die hohe Nettoneuverschuldung des Landes im Jahr 2009 wieder beklagen und werden völlig vergessen, dass Sie selbst schon ein paar Milliarden mehr gefordert haben, die diesen Rahmen weiter gesprengt hätten. Ich denke an das Programm, das die Grünen im vorigen Jahr im Herbst beantragt haben und das sicherlich 1,6 Milliarden € gekostet hätte, oder an das Programm der SPD, die ein Entschuldungsprogramm für Kommunen über fünf Jahre im Wert von 5,3 Milliarden € gefordert hat.
Wir haben das Gott sei dank nicht getan, weil wir meinen, dass die Maßnahmen, die wir unterstützen, sehr viel besser wirken.
Wir mussten die Nettoneuverschuldung des Haushaltes in drei Schritten, von 1,6 über 2,9 auf 5,6 Milliarden €, erhöhen.
Nun zum Programm Steuersenkung, das Herr Brockes gerade vorgetragen hat. Dauerhaft den Haushalt strukturell verschlechtern, meine Damen und Herren, werden die Pendlerpauschale, die im Bund ein Volumen in Höhe von 5 Milliarden € erreicht –
Sie müssen bei den Zahlen, die ich Ihnen für den Haushalt von Nordrhein-Westfalen nenne, jeweils 10 % der Bundeszahl an Einbußen einrechnen –, die Steuerrechtsänderungen, die sich vor allen Dingen im Bereich der „kalten Progression“ und der Erhöhung des Freibetrages niedergeschlagen haben, rund 6 Milliarden €. Und wir werden im Jahr 2010 das so genannte Bürgerentlastungsgesetz bekommen;
das sind 9 Milliarden €, die sich im Endeffekt jedes Jahr entlastend für die Bürger auswirken, weil Krankenversicherung und Pflegeversicherung höher abgesetzt werden können; das nach dem Spruch des Verfassungsgerichtes.
Also nicht umsonst sind die Prognosen für den Konsum bei uns daher günstiger, weil alles das entlastend für den Konsumenten wirkt.
Wir werden sicherlich noch bei der Zinsschranke – ich sehe Bewegung bei der Bundesregierung – eine Erhöhung für den Mittelstand von 1 Million € auf 3 Millionen € bekommen und sicherlich auch die Sanierungsklausel für den sogenannten Mantelkauf, das heißt, Steuerverlustvorträge können im Sanierungsfall berücksichtigt werden. Dies ist eine Initiative, die wir zusammen mit Bayern und BadenWürttemberg ergriffen haben.
Zum Zukunftsgesetz sind einige Bemerkungen gemacht worden. Meine Damen und Herren, das ist ein Volumen von 2,84 Milliarden € allein für Nordrhein-Westfalen im Jahr 2009 und 2010. Natürlich hätten wir uns davon als Land einen größeren Teil abschneiden und den Landesinvestitionen zurechnen können. Nein, wir haben das wohl einzig Richtige getan: Wir haben 84 % des Volumens an die Kommunen durchgereicht, weil sie ganz einfach in der Lage sind, Aufträge schneller zu vergeben.
Wir sehen doch an dem Bundesprogramm in Höhe von 4 Milliarden €, dass Aufträge überhaupt nicht herausgehen. Deshalb beschwert sich die Bauindustrie gerade in diesem Bereich, weil eben die Programme des Bundes sehr viel schwerer als die bei den Kommunen ans Laufen kommen.
Ja, ich komme zum Schluss. – Bei den Kommunen sind 110 Maßnahmen bis zum 4. Mai beantragt; per heute sind es sogar 160 Maßnahmen. Mit der Erhöhung des Bürgschaftsrahmens und mit dem, was wir über die NRW.BANK, die KfW und den BLB leisten, tun wir wirklich genug.
Ich darf Ihnen zum Abschluss zitieren, was Bundesfinanzminister Peer Steinbrück am 23.04. vorgetragen hat: Wir sollten abwarten, welche Kraft unsere