Ich denke, es ist gut, über den Antrag der SPDFraktion die Debatte im Ausschuss zu führen. Ich verstehe allerdings nicht, warum man die Ausbildungsplatzumlage nicht mehr klar benennt, sondern sie umschreibt. Wir stehen natürlich nach wie vor dazu. Ich denke, dass die eine oder andere Position in diesem Antrag nichts anderes ist als eine Ausbildungsplatzumlage in einem neuen Formulierungsgewand. Aber darüber können wir intensiv im Ausschuss streiten und diskutieren.
Ich finde es wichtig, dass man ganz klar sagt, in welchen Branchen und Bereichen man Ausbildungsplätze schaffen kann. Gerade für die Altenpflegeausbildung haben wir diese Diskussion im Ausschuss mehrfach geführt. Durch eine unbürokratische Umlagefinanzierung kann man schnell zu einer Steigerung der Zahl der Ausbildungsplätze kommen. Wenn man sich die jüngsten Zahlen von Altenpflegeeinrichtungen ansieht, erkennt man, dass sie händeringend nach qualifiziertem Fachpersonal suchen und es nicht finden. Ich denke, wir sind hier in der Pflicht, diese beiden Probleme schnell und zügig zu lösen.
Ich möchte aber, dass wir auch noch andere Punkte in die Debatte einbringen und erörtern. Wir haben uns während der Reise des Ausschusses nach Österreich intensiv darüber informiert, wie das System in Österreich ist. Wir bevorzugen ein System, bei dem schwächere Jugendliche automatisch eine Verlängerung der Ausbildungszeit beanspruchen können, um die Jugendlichen statt über vorgelagerte Warteschleifen oder andere Maßnahmen in einem Unternehmen mit einem verlängerten Ausbildungsblock zu einem Ausbildungsabschluss zu führen. Ich glaube, dass das ein sehr sinnvolles System ist. Wir müssen es in NRW noch intensiv diskutieren. Wir haben in Österreich gehört, dass es von vielen Unternehmen gut angenommen wird. Ich denke, der Minister hat sich im Nachklapp mit der Situation in Österreich beschäftigt und auch Besuch von den entsprechenden Personen gehabt. Ich finde, dass wir dieses Instrument ganz konkret für die schwächeren Jugendlichen prüfen und auch versuchen sollten, es einzuführen.
Von daher denke ich, dass es kein blinder Aktionismus ist. Es wird eine intensive und spannende Debatte. Ich bin gespannt, welche Verbesserungsvorschläge die Koalitionsfraktionen einbringen werden. Denn es klang gerade ein bisschen so wie: Wir machen alles gut und machen es weiter so. – Nein,
es ist noch lange nicht alles gut. Die Zahlen der BA sprechen eine andere Sprache. Wir möchten, dass alle Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen eine Ausbildungschance bekommen. Zwei Bewerber/-innen auf einen Ausbildungsplatz ist keine gute Situation in Nordrhein-Westfalen. Deswegen hoffen wir, dass wir an dem Punkt gemeinsam zu Veränderungen kommen, um den Jugendlichen Perspektiven zu bieten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist jetzt Anfang Mai. Seit 2005 bin ich auch für die Ausbildung in der Landesregierung zuständig. Mit den Jahren hat man auch ein bisschen dazugelernt. Ich beteilige mich grundsätzlich nicht an Wasserstandsmeldungen, wie viele Ausbildungsplätze wir Ende dieses Jahres haben.
Fakt ist: Wir hatten in Nordrhein-Westfalen am Ende des Jahres 2005 111.000 abgeschlossene Ausbildungsverträge. Das waren diejenigen, die im letzten Jahr ihre Abschlussprüfungen gemacht haben. Fakt ist, dass wir im Jahre 2008 in Nordrhein-Westfalen 131.000 abgeschlossene Ausbildungsverträge hatten. Das sind diejenigen, die jetzt im ersten Lehrjahr sind.
Die hatten wir deswegen, weil viele Unternehmen in der Hochkonjunktur festgestellt haben, dass gute Facharbeiterinnen und Facharbeiter nicht auf Bäumen wachsen, sondern dass man sie ausbilden muss. Dadurch ist die Ausbildungsbereitschaft gestiegen.
Darüber hinaus haben wir in Nordrhein-Westfalen seit vielen Jahren – das war auch schon bei der Vorgängerregierung so; das will ich ausdrücklich sagen – einen relativ gut arbeitenden Ausbildungskonsens zwischen Gewerkschaften, Arbeitgebern, Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern und Landesregierung. Das hilft uns auch, weil da viele unterwegs sind, um für die Berufsausbildung zu werben.
Ich habe zurzeit sehr stark den Eindruck, dass die Unternehmen die Krise nicht an ihren Auszubildenden auslassen wollen. Sie sagen vielmehr: Wir müssen jetzt, in der Krise, ausbilden.
Im Übrigen muss man feststellen: Ein jetzt eingestellter Auszubildender hat in drei bis dreieinhalb Jahren ausgelernt. Ich mag es mir arbeitsmarktpoli
Es wird auch von den Kammern und den Sozialpartnern sehr stark dafür geworben, die Ausbildungszahlen hochzuhalten.
Deswegen wäre es zum jetzigen Zeitpunkt kontraproduktiv, große staatliche Programme anzugehen. Wir müssen erst einmal sehen, möglichst viele betriebliche Ausbildungsplätze zu bekommen. Das ist meine Strategie und auch die Strategie des Ausbildungskonsenses.
Wir werden auch in diesem Jahr, Frau Kollegin Sommer, etwa 220.000 bis 225.000 Schulabgängerinnen und Schulabgänger haben. Das heißt – das muss man ganz klar sehen –, wir brauchen um die 130.000 Lehrstellen, denn gut die Hälfte möchte eine duale Berufsausbildung machen. Wir werden sehen, wie weit wir kommen. Diese Frage stellt sich aber erst im September/Oktober. Ich werde auf jeden Fall trotz des Bundestagswahlkampfs – weil das wichtiger ist – den August und den September nutzen und in einer großangelegten Aktion in Nordrhein-Westfalen dafür werben, trotz der Krise auszubilden. Wir werden in die Regionen, in die Betriebe gehen und für Ausbildungsbereitschaft werben.
Ich glaube, es ist wichtig, dass man als Mitglied der Landesregierung überall sagt: Leute, wir müssen die Dinge jetzt in den Griff kriegen!
Was bleibt, ist die Sorge um diejenigen, die es schwer haben, einen Ausbildungsplatz zu finden, weil sie in der Schule nicht so erfolgreich waren. Es wird heute von Auszubildenden ganz schön was erwartet, bevor sie eingestellt werden. Es war zu meiner Zeit etwas einfacher, eine Lehrstelle zu bekommen.
Frau Steffens, wir kümmern uns wirklich auch um die Schwächeren. Zum Beispiel ist von uns die modulare Berufsausbildung eingeführt worden. In dieser Ausbildung sind auch in diesem Jahr 900 Leute im ersten Ausbildungsjahr.
Wir bereiten im Ministerium derzeit eine Zusammenstellung vor, damit wir zum Beispiel endlich einmal wissen – was Sie in Ihrer Regierungszeit nie gewusst haben –, wo die Kinder aus den Förderschulen bleiben. Wir werden gemeinsam mit den Kommunen ein lückenloses Netz aufbauen, um zu erfahren, wo diese Kinder sind und was wir tun können, damit sie, wenn sie theoretisch nicht so gut sind, in einer Werkerausbildung zumindest im praktischen Teil ausgebildet werden. Ich will die Werkerausbildung auch im dualen System haben. Denn auch wenn diese jungen Leute theoretisch nicht so gut sind, kann man sie ja wenigstens praktisch ausbilden. Da bekommen wir sicherlich eine ganze Menge hin.
Ich möchte noch etwas zur Ausbildung in den Pflegeberufen sagen. Es soll nicht der Eindruck entstehen, die Regierung wolle die Umlage nicht. Ich beschäftige mich mit diesem Thema, gehe aber nicht ideologisch daran. Die Wahrheit ist: Rheinland-Pfalz hat eine Umlage. Aber Rheinland-Pfalz hat dadurch nicht mehr Altenpflegeauszubildende als NordrheinWestfalen ohne Umlage. Nach dem Bundesgesetz kann man eine solche Umlage nun einmal nur machen, wenn man nachweisen kann, dass wir in einen Pflegenotstand schlittern. Der Bund hat in seinem Gesetz geregelt, dass die duale Ausbildung, wie wir sie hier praktizieren, die Regel ist und dass die Umlage nur zur Abwehr einer Notsituation eingeführt werden kann.
Ich freue mich sehr darüber – da haben wir in Berlin eine Menge Lobbyarbeit gemacht –, dass der Bund heute ein Gesetz auf den Weg gebracht wird, mit dem die Pflegeberufe auch für Hauptschülerinnen und Hauptschüler geöffnet werden.
Darüber freue ich mich sehr. Frau Sommer, wir haben sicherlich beide Spaß daran. Sie tun viel für die Hauptschule. Warum soll jemand, der aus der Hauptschule kommt, nicht eine tolle Krankenschwester oder ein toller Krankenpfleger, eine tolle Altenpflegerin oder ein toller Altenpfleger werden?
Weil sich künftig auch diese Schüler auf die Ausbildungsplätze im Pflegebereich bewerben können, wird natürlich auch der Anteil derjenigen steigen, die überhaupt für Pflegeberufe infrage kommen. Da brauchen wir Personal. Bislang brauchte man die einjährige Ausbildung, um überhaupt in den Pflegeberuf hineinzukommen. Ich glaube, dass wir damit eine ganz praktikable Lösung haben, um auch Hauptschülerinnen und Hauptschülern eine interessante berufliche Perspektive im Bereich der Pflege zu geben. Daneben vergrößern wir den Kreis derjenigen, die einen Pflegeberuf ausüben können. Ich meine, so praktisch muss man Politik machen – nicht ideologisch über die Frage, ob man eine Umlage braucht oder nicht. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön, Herr Minister Laumann. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit sind wir am Schluss der Beratung.
Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/9078 an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales – federführend – sowie an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dieser
Empfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Das ist einstimmig so beschlossen.
Zur Einbringung des Gesetzentwurfs erteile ich der Landesregierung das Wort. Es spricht Frau Ministerin Sommer.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf kommt die Landesregierung dem in § 8 des Ausführungsgesetzes BAföG NW festgelegten Auftrag nach, die Wirksamkeit dieses Gesetzes zu überprüfen und dem Landtag bis spätestens zum 30. Juni 2009 zu berichten.
Dieses Gesetz regelt die Zuständigkeiten für die Durchführung der Aufgaben nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz im Land NordrheinWestfalen. Das Gesetz wird im Auftrag des Bundes von den Ländern ausgeführt. In diesem Zusammenhang sind die Länder verpflichtet, Ämter für Ausbildungsförderung zu errichten. Als Zuständigkeitsregelung ist das Gesetz unverzichtbar und hat sich bewährt.
Mit dieser Gesetzesänderung werden gleichzeitig einige Aktualisierungen vorgenommen, die aufgrund bundes- und landesrechtlicher Vorgaben notwendig geworden sind. So wird nachvollzogen, dass durch das Zweite Modernisierungsgesetz vom 9. Mai 2000 das Landesamt für Ausbildungsförderung aufgelöst wurde und dessen Aufgaben auf die Bezirksregierung Köln übertragen worden sind. In diesem Zusammenhang ist die Dienstaufsicht dem Innenminister übertragen worden. Die Studentenwerke nehmen uneingeschränkt die Aufgaben der Ämter für Ausbildungsförderung wahr. NordrheinWestfalen ist bundesweit für die Förderung der Ausbildung in Großbritannien, Irland und der Türkei zuständig.
Die Landesregierung wird dem Landtag zum 30. Juni 2014 und danach alle fünf Jahre erneut über die Wirksamkeit dieses Gesetzes berichten. – Ich danke Ihnen.
Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfes Drucksache 14/9042 an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie. Wer dieser Überweisungsempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Dann ist das einstimmig so beschlossen.
6 Die Landesregierung muss handeln, damit den Kommunen in NRW nicht eine bittere Zeit bevorsteht – Die Konjunktur darf nicht durch eine prozyklische Politik zusätzlich abgewürgt werden
Ich eröffne die Debatte und gebe dem Abgeordneten Becker von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Politik sollte sich nicht nur mit dem auseinandersetzen, was gerade am Tag passiert, sondern auch versuchen, zu antizipieren, welche Problemlagen in der nächsten Zeit aufkommen und wie man ihnen begegnen kann.