Bekennen wir uns auch und gerade als Landtag von Nordrhein-Westfalen zur Geschichte und Kultur der Stadt Köln. Tun wir neben der selbstverständlichen Aufklärung des Unglücks alles dafür, die geretteten Archivschätze zu erhalten und zu sichern. Dies, meine Damen und Herren, sollten wir möglichst schnell tun – in einem Neubau für das Historische Archiv, der in jeder Form der Geschichte und der Würde der Stadt Köln angemessen ist. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Hollstein. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Abgeordnete Asch das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin Asch.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Zuschauerinnen! Besonders begrüßen möchte ich die Klasse 8 d des Herder-Gymnasiums in Köln; bestimmt werden diese jungen Kölnerinnen und Kölner unserer Debatte mit besonderer Aufmerksamkeit zuhören.
Meine Damen und Herren, das Entsetzen und die Trauer der Kölnerinnen und Kölner schlägt zunehmend in ohnmächtige Wut und Empörung darüber um, dass mehr als vier Wochen nach der Katastrophe noch immer keine Klarheit über die Ursachen besteht und dass niemand in dieser Stadt – weder der Oberbürgermeister als Verwaltungschef und erster Bürger dieser Stadt noch die KVB – die Verantwortung für den Tod von zwei Menschen und für den Verlust der unschätzbaren kulturellen Werte übernimmt.
Es wird gemauert, vertuscht, abgewiegelt, und vor allen Dingen wird der Schwarze Peter immer weitergegeben. Ein Stück davon haben wir zum Bei
spiel eben von Herr Papke gehört, als er versucht hat, Herrn Börschel in die Verantwortung zu nehmen.
Das macht die Menschen in Köln und überall im Land – Sie lesen die Presse –fassungslos und wütend. Das haben sie satt.
Denn solange die Ursachen des Einsturzes noch im Dunkeln liegen, solange nicht hundertprozentig geklärt ist, wie es zu dieser Katastrophe kam, fühlt sich niemand im Bereich der U-Bahn-Baustelle sicher, ist noch immer die Wiederholungsgefahr gegeben.
Die Menschen, Kölnerinnen und Kölner, ich als Kölnerin fordern von der Verwaltung und von dem ersten Bürger dieser Stadt, aufzuklären, die Ursachen zu ermitteln und die persönliche Verantwortung zu übernehmen. Die Kölnerinnen und Kölner warten darauf, dass jemand dafür geradesteht, dass der Oberbürgermeister dafür geradesteht und sagt: Ich trage die Verantwortung für diese Stadt, und ich übernehme in dieser schwierigen Situation der Stadt die Verantwortung für das, was die Verwaltung hier tut.
Aber es gibt keine Konsequenzen: Bei der KVB ist Herr Reinarz als Technischer Vorstand nach wie vor im Amt, und auch der Rückzug von Herrn Schramma ist eine Halbherzigkeit. Statt nämlich endlich einen klaren Strich zu ziehen und zurückzutreten, drückt er sich davor, sich bei der Kommunalwahl den Wählern zu stellen. Ich bezeichne so etwas als feige.
Und er verschlimmert die Lage. Als jetzt designierter Ex-OB hat er weder die Autorität noch das Engagement, um wirklich die Ursachen aufzuklären und diesen Augiasstall auszumisten.
Jetzt ist es für Herrn Rüttgers an der Zeit, endlich zum Telefonhörer zu greifen und Herrn Schramma zum Rücktritt aufzufordern.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Asch. – Gibt es weitere Wortmeldungen? – Für die FDP-Fraktion hat der Abgeordnete Engel das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Engel.
Herr Börschel hat eben mit einem Anflug der – wie soll ich sagen –Arroganz und Überheblichkeit von seinem Kernbündnis in Köln gesprochen. Sie stellen in diesem Kernbündnis mit der Baudezernentin eine Spitzenbeamtin, und ich sage: Die weiß doch alles. Und Sie tun so, als wenn Sie die Geschichte Minister Lienenkämper an die Backe kleben wollen. Das ist pharisäerhaft!
Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat direkte Abstimmung beantragt. Wir stimmen über den Inhalt des Antrags Drucksache 14/8875 ab. Wer dem Inhalt des Antrags zustimmen möchte, den darf ich bitten, dies durch Heben der Hand zu signalisieren. – Die Mitglieder der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der SPD sowie der fraktionslose Abgeordnete Sagel. Gegenstimmen? – Die Mitglieder der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP. Enthaltungen? – Keine. Damit hat der Antrag nicht die erforderliche Mehrheit im Hause gefunden und ist abgelehnt.
5 Sonderpädagogische Förderung: Benachteiligung abbauen, Integration ausbauen, Inklusion verwirklichen!
Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion der SPD Frau Kollegin Schneppe das Wort. Bitte sehr, Frau Abgeordnete Schneppe.
Bevor Sie das Wort ergreifen, darf ich alle Kolleginnen und Kollegen, die den Saal verlassen wollen, bitten, dies leise zu tun, damit die Kollegin sprechen
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuhörerinnen, werte Zuhörer! Der gemeinsame Schulbesuch behinderter und nichtbehinderter Kinder darf nicht länger Ausnahme sein, sondern muss zur Regel werden. Lernbehinderte und behinderte Kinder dürfen nicht länger ausgegrenzt, sondern müssen von Anfang an mit einbezogen werden. Der NRWVorsitzende des Kinderschutzbundes, Dieter Greese, spricht mir aus der Seele, wenn er sagt – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –:
Im Interesse unserer Kinder können wir uns die Lebenslüge des angeblich begabungsgerechten Schulsystems nicht mehr länger leisten, und schon gar nicht hier in NRW.
Auch der Verband Bildung und Erziehung liegt meines Erachtens genau richtig, wenn die Forderung nach einem inklusiven Schulsystem wie folgt kommentiert wird – ich zitiere wieder –:
Die UN-Behindertenkonvention fordert von den Vertragsstaaten, ein inklusives Bildungssystem zu gewährleisten. Dabei gibt es noch nicht einmal ein Elternrecht auf einen Platz in der Regelschule. Da wundert es doch nicht, dass der UN-Bildungsinspektor zu dem Ergebnis kommt, dass das deutsche Schulsystem die Chancengleichheit von Behinderten nicht gewährleistet. Das Konzept der Integration habe nicht verhindert, dass die meisten dieser Kinder gezwungen seien, Förderschulen zu besuchen – auch gegen den Willen ihrer Eltern.
Die UN-Konvention fordert ausdrücklich ein inklusives Schulsystem, also ein Schulsystem, das gar nicht erst aussortiert.
Denn mit dieser Konvention sind weder die Förderschulen noch das gegliederte Schulsystem insgesamt vereinbar.
Grundlage für das Schulsystem der Zukunft muss in jeder Hinsicht das gemeinsame Lernen sein, meine Damen und Herren.
Die UN-Konvention geht von inklusiver Bildung als Regelfall aus. Das bedeutet: Die Ausnahme muss begründet werden. Das heißt: In Deutschland gehen Kinder mit Förderbedarf zukünftig ganz normal in die Regelschule.
Wenn sich Eltern für eine Förderschule entscheiden, müssen sie dies beantragen, und ihrem Antrag wird stattgegeben. Im Moment ist es umgekehrt. Mütter und Väter müssen einen unsinnigen Hürdenlauf hinter sich bringen. Damit wird der Elternwille wieder einmal mit Füßen getreten. Das darf und kann nicht sein, meine Damen und Herren. Und nach dieser UN-Konvention schon mal gar nicht.