dentlich bedauerlich. Ich empfinde sie als geistige Brandstiftung. Und es dauert lange, bis ich solche Worte sage.
Meine Damen und Herren, hören Sie sich das einfach einmal an. Unter der Überschrift „Remmel zu Reach-Plänen“ heißt es:
„CDU, SPD und FDP machen Menschen zu chemischen Endlagern! … Herr Uhlenberg, wie viele Untersuchungen und Beweise brauchen Sie noch, um zu begreifen, dass wir eine starke Chemikalienrichtlinie brauchen?“
Deswegen haben wir gerade diesen Antrag verabschiedet. – Weiter heißt es in der Pressemitteilung von Herrn Remmel:
„Sie unterstützen die Chemielobby, die mit angeblichen Einbußen und Arbeitsplatzverlusten argumentiert.“
Was heißt denn Chemielobby? Daran sind sämtliche betroffenen Gewerkschaften beteiligt, und es besteht ein breiter politischer Konsens.
Ja, so sieht der Schutz aus, Herr Remmel, und zwar in Abstimmung mit den Arbeitnehmervertretern und mit dem VCI. Genauso sieht der Schutz aus!
Herr Remmel, Sie tun hier etwas, was ich bei den Grünen wirklich verachte: Sie betreiben Politik mit der Angst der Menschen. Das finde ich schlimm, das ist geistige Brandstiftung, und das können wir so nicht hinnehmen.
Meine Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich der IG BCE und dem VCI Dank sagen, dass in der Sondersitzung des Umweltausschusses in der letzten Woche eine über die Resolutionsberatung hinausgehende Diskussion erfolgt ist, die letztendlich zu dem gemeinsam getragenen Antrag geführt hat. Diesen Antrag werden wir unterstützen.
Wir stehen Wort für Wort zu dem, was in dem Antrag steht. Wir sagen Ja dazu, die chemische Industrie zu stärken. Wir sagen Ja zum Umweltschutz, zum Verbraucherschutz und zum Arbeits
schutz. Und wir treten der politischen Brandstiftung, die sich die Grünen durch Sie, Herr Remmel, hier in einer Entgleisung geleistet haben, eindeutig und klar entgegen. So geht es nicht. – Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen sehr geehrten Damen und Herren! Da bleiben mir etwas die Worte im Halse stecken, Herr Ellerbrock. „Gut gebrüllt, Löwe!“, würde ich anmerken wollen. Aber ich hätte mich gefreut, wenn Sie zu den Meldungen und Presseberichterstattungen, die wir alle zu diesem Thema in den letzten Tagen haben lesen können, tatsächlich Stellung genommen hätten.
Ich nenne beispielsweise eine Untersuchung der Organisation Greenpeace. Diese hat in 20 europäischen Ländern durch umfangreiche Probenahmen festgestellt, dass sich in jedem Aal ein Chemiecocktail findet.
Vor allem Stoffe wie Brom oder Flammschutzmittel tauchen da auf, die über die Kleidung in die Gewässer geraten. Offensichtlich werden diese Chemikalien entsprechend weitergetragen.
Oder: Die Kinderärzte und Krebsspezialisten haben gestern in einer großen Konferenz in Brüssel gesagt: Die Chemikalienrichtlinie darf nicht aufgeweicht werden; denn die Zahl der Krebserkrankungen und Allergien steigt dramatisch.
Die Bundesärztekammer kommt zu der Feststellung, dass sich im Blut eines Europäers heutzutage bis zu 300 Chemikalien finden und sogar in der Nabelschnur von ungeborenen Kindern Chemikalien gefunden werden können.
Die Wirkungen vieler Stoffe sind unbekannt. Das Zusammenwirken dieser Chemikalien im Kontext ist ebenfalls nicht bekannt. Deshalb ist es wichtig, meine Damen und Herren, dass diese Chemikalienrichtlinie nicht aufgeweicht wird und es zu keinen Veränderungen kommt, jedenfalls nicht in der Form, wie sie in der überwiegenden Zahl in dem Antrag beschrieben sind.
Herr Kollege Remmel, könnten Sie in diesem Zusammenhang bitte darlegen, wie sich in dieser von Ihnen als Apokalypse dargestellten Welt die Lebenserwartung und die Lebensqualität der Menschen kontinuierlich steigern konnten?
Das erklärt sich sicherlich mit der allgemein höheren Lebenserwartung und damit, dass sich einiges in der Demographie verändert hat.
Aber ich nehme das Petitum von Kinderärzten, von Krebsspezialisten, der Bundesärztekammer – das sind ja alles keine Grünen-Freunde in dem Sinne – sehr ernst, die darauf hinweisen, dass die Krebsraten in den letzten Jahren dadurch gestiegen sind, dass vermehrt Umwelteinflüsse die Gesundheit schädigen und insbesondere Chemikalien dazu beitragen, dass die Mortalität und die Zahl gewisser Krankheiten ansteigen. Das, meine Damen und Herren, muss man in der Tat ernst nehmen.
Jetzt allerdings zu den wesentlichen Punkten des Antrags. Es ist in der Tat richtig, dass es den Versuch gegeben hat, die Erkenntnisse der Expertenrunde in der fachlichen Dichte auch in einem gemeinsamen Antrag wiederzugeben. Wir haben uns gegenüber diesem Versuch auch aufgeschlossen gezeigt. Aber in zwei zentralen Punkten – und darüber müssen wir in der Tat reden – hat es von Ihrer Seite keine Bewegung gegeben. Und das sind die Punkte, die die Lobby der chemischen Industrie hier eingebracht hat und die nach Brüssel durchgetragen werden sollen. Deshalb weiß ich, wes Geistes Kind Ihre Anträge heute in den zentralen Positionen sind.
Der eine Punkt ist der, dass Sie einen risikoorientierten Ansatz wollen. Das hört sich erst einmal schön an. Die Kommission schlägt einen mengenorientierten Ansatz vor. Für uns und die Experten, die sich damit beschäftigt haben – im Übrigen auch der Experte, den wir im Umweltaus
schuss um Stellungnahme gebeten hatten und der das nachträglich noch einmal bestätigt hat –, ist dieser risikoorientierte Ansatz geeignet, gegenüber dem, was die Kommission vorschlägt, eine Umkehr vorzunehmen.
Nicht mehr die Unternehmen, die Produzenten, die, die Chemikalien entwickeln, sollen beweisen, wie gefährlich die Chemikalie ist, sondern letztlich die öffentliche Hand, der Staat – also wir alle –, soll über eine Behörde entsprechende Beweise beibringen. Die Umkehr der Beweislast, die richtigerweise durch die Chemikalienrichtlinie in Kraft gesetzt werden soll, soll ausgehöhlt werden. Das ist in der Tat, meine Damen und Herren, etwas anderes als die bisherige Absicht, und das wollen wir nicht.
Der zweite zentrale Punkt ist die Frage der dauernden Zulassung. Sie wollen, dass eine Chemikalie, wenn sie die Registrierung durchlaufen hat, dauerhaft, ewig zugelassen ist. Das kann man doch nicht wollen. Es gibt derzeit eine Vielzahl von Chemikalien, die anerkanntermaßen gefährlich sind. Und es muss doch unser aller Bestreben sein – der Unternehmen und der Politik –, Rahmenbedingungen zu schaffen, gefährliche Substanzen, die wir möglicherweise im Moment noch benötigen, dauerhaft zu ersetzen. Sie dagegen fordern, dass eine gefährliche Substanz, wenn sie einmal genehmigt ist, immer genehmigt bleiben muss. Das kann doch wohl nicht sein.
Wenn man diese beiden zentralen Punkte auch bei der Fortentwicklung Richtung Innovation in der chemischen Industrie zusammen nimmt, wird deutlich, dass Sie klar die Interessen der großen chemischen Industrie und nicht der kleinen und mittelständischen Unternehmen vertreten. Und dann, meine Damen und Herren, kann ich mir die schönen Girlanden …
… mehr Tierschutz oder möglicherweise die eine oder andere Beseitigung bürokratischer Vorgehensweisen schenken, wenn in den zwei zentralen Punkten die Anforderungen, die ursprünglich die Chemikalienrichtlinie vorsah, unterlaufen und ausgehöhlt werden sollen.
kennen. Aber die Position der Sozialdemokraten in diesem Hause, wohl wissend, dass der Experte, der in der Sitzung anwesend war und das Planspiel begleitet und gerade an diesem Punkt anders argumentiert hat, verwundert schon.
Ich kann aber durchaus eine Erklärung finden; denn die Berechnungen der EU sagen eindeutig, dass durch die Registrierung …
… Kosten von ungefähr 5,2 Milliarden € entstehen. Das ist kein Pappenstiel innerhalb von elf Jahren. Andererseits aber – und das sagen auch entsprechende Berechnungen der Kommission – können 30 bis 50 Milliarden € Gesundheitskosten bei den Krankenkassen und bei der Allgemeinheit gespart werden. Die Kosten, die da gezahlt werden, müsste die Industrie tragen.