Es gab also eine ganz breite europäische Front. Die Allianz der energieintensiven Regionen war an dieser Stelle nicht besonders hilfreich.
Trotzdem stellt sich die Frage, wie man damit umgeht. Wir hatten die Einschätzung, dass die EU sich für den Emissionshandel entscheidet, weil der Emissionshandel wirklich – in Teilen steht das auch in Ihrem Antrag – weltweit ein vernünftiges Instrument ist. Natürlich muss es unser Ziel sein, möglichst alle dazu zu bewegen. Bis jetzt hat es an den USA gehangen. Wir hoffen alle, dass sich die Politik dort ändert. Im Übrigen erleben die Australier im Moment massiv, was der Klimawandel bedeutet. Die dortige neue Regierung hat ja auch ihren Kurs geändert.
Wir hoffen, dass die UN-Klimakonferenz in Kopenhagen ein Erfolg wird und ambitionierte Ziele setzt – möglichst 30 % Emissionsminderung für die EU. Die Parteivorsitzende der CDU hat ja gesagt, dass die Bundesrepublik Deutschland sich dann das Ziel einer Minderung der Emissionen um 40 % setzt.
Dies ist aus unserer Sicht auch bitter notwendig; denn alles, was wir über den Klimawandel erfahren – ich erinnere daran, was wir bei dem Besuch des Wirtschaftsauschusses vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung gehört haben und was Herr Schellnhuber auf dem Klimakongress von Frau Ministerin Thoben in Essen im vergangenen Jahr erzählt hat –, deutet darauf hin, dass die Bedrohungen noch zunehmen und deutlich größer werden.
Jetzt ist die Frage: Wie reagiert man? – Die Strategie der sozialdemokratischen Kollegen habe ich immer so verstanden, dass das in Berlin aus dem Emissionshandel eingesammelte Geld in Programme gesteckt werden soll, die dann entsprechend dem Verursacheranteil Nordrhein-Westfalen zugute kommen.
Ich habe in der Diskussion von Anfang an eher die Position vertreten, dass wir zumindest einen Teil des aus NRW abfließenden Geldes wieder zurückbekommen. Mein Gedanke war, dass NordrheinWestfalen dann, wenn nur 10 % der bundesweiten Einnahmen des Emissionshandels verursachergerecht aufgeteilt werden, von 1 Milliarde € und mehr
Ihren Ansatz habe ich bis heute nicht verstanden. Schließlich hatten Sie auch gar keinen Ansatz. Sie waren ja grundsätzlich dagegen.
Jetzt fragt sich, wie man dieses Papier und diesen Beitrag verstehen kann. Ich kann das nur wie folgt interpretieren – auch den Hinweis auf das faktische Handeln –: Es wird ein Kondensationskraftwerk nach dem anderen gebaut. Die Emissionen erhöhen sich netto deutlich stärker. Gleichzeitig wird auf internationale Tätigkeiten verwiesen, mit denen man sich über den internationalen Handel Gutschriften holen kann.
Dies soll offensichtlich die Strategie sein. So etwas heißt, dass wir an den Bund zahlen – wir bekommen hier die Anlagen und zahlen auf Dauer, für 40 Jahre –, während diejenigen, die hier Anlagen betreiben, sich über internationale Maßnahmen Gutschriften holen. Das ist die einzig plausible Strategie, die ich aus Ihren Papieren erkennen kann.
Ich kann nicht verstehen, dass ein solches Vorgehen für das Land tatsächlich vernünftig sein soll; denn wir werden auf 40 oder 50 Jahre den Löwenanteil der bundesdeutschen Einnahmen bezahlen müssen. Dies immer weiter fortzuführen ist für mich keine vernünftige Strategie im Interesse des Landes.
Auf der einen Seite steht in der Überschrift Ihres Antrags „Emissionshandel wirken lassen“, was eine sehr passive Haltung ist. Auf der anderen Seite haben Sie eben mehrfach eindringlich gesagt, man müsse jetzt handeln, Herr Ellerbrock. Daher frage ich Sie: Was heißt das denn konkret für dieses Land? Wie wollen Sie handeln? Denn jedes Handeln schlägt sich irgendwo auch ganz konkret nieder. Herr Kollege Weisbrich sagt immer, ich solle nicht so zahlengläubig sein. Es schlägt sich aber in Anlagen, in Effizienzsteigerung usw. nieder.
Um das Ganze in Gang zu setzen, braucht man natürlich auch Mittel. Hier gilt wiederum die alte Kritik, dass in Ihren Haushalten – wir haben den Haushalt gestern diskutiert – nichts dafür etatisiert ist. Nachher steht noch ein entsprechender Punkt auf der Tagesordnung. Anders als zum Beispiel die neue hessische Regierung aus CDU und Liberalen, die ein Additiv aus Landesmitteln auf Bundesprogramme setzt, weil sie mit dieser Strategie einen erhöhten Anteil der Bundesprogramme in ihr Land lenken will, tun Sie nichts. Dadurch werden wir unterhalb des Königsteiner Schlüssels landen.
Es ist einfach nicht klar, wie Sie es konkret machen wollen. In dieser Frage werde ich auch beim Lesen Ihres Antrags kein Stück schlauer.
Deswegen lasse ich mir noch drei Minuten Redezeit übrig, damit ich eventuell auf Ihre Erklärung reagieren kann. – Danke schön.
Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Für die Landesregierung hat jetzt Frau Ministerin Thoben das Wort. Bitte.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In ihrem Antrag nehmen die Fraktionen der CDU und der FDP Bezug auf die im Dezember 2008 vom Europäischen Rat beschlossene Ausgestaltung des Emissionshandels für die dritte Handelsperiode.
Sie verweisen darauf, dass dem Emissionshandel die entscheidende Bedeutung für die innerhalb der EU vereinbarte Minderung des CO2-Ausstoßes zukommt. Als mengensteuerndes Instrument bestimme der Emissionshandel die vorgeschriebene Höchstmenge an CO2, die europaweit emittiert werden dürfe. Durch den Handel von Zertifikaten werde sichergestellt, dass die angestrebte Verminderung der CO2-Emissionen um 20 % bis 2020 auch erreicht werde.
Demgegenüber werde aktuell im Rahmen der derzeit auf europäischer Ebene laufenden Novellierung der Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung – IVURichtlinie – von einigen Abgeordneten des Europäischen Parlaments zusätzlich ein Grenzwert für CO2Emissionen für konkrete Anlagen gefordert. Dazu wurden im parlamentarischen Prozess diverse Änderungsanträge eingereicht.
Vor diesem Hintergrund greift der Antrag der Fraktionen von CDU und FDP vom 3. Februar 2009 eine wichtige Frage zum richtigen Zeitpunkt auf. Hier geht es nämlich darum, ob parallel zum System des Emissionshandels auch Ordnungsrecht zur Begrenzung der CO2-Emissionen für die Anlagen der energieintensiven Industrie und der Energiewirtschaft in der Europäischen Union eingesetzt werden sollen.
Mit dem Emissionshandel wurde europaweit ein Instrument eingeführt, das zur Begrenzung der CO2Emissionen auf vorgeschriebene Höchstgrenzen und innerhalb dieser Grenzen auf den Handel mit CO2-Zertifikaten setzt. Ein solches anlagenübergreifendes mengensteuerndes Konzept ist dort sachgerecht, wo es – wie bei Treibhausgasemissionen – nicht um lokale, sondern um globale Auswirkungen auf die Umwelt geht.
Reduktionsmaßnahmen werden danach dort durchgeführt, wo sie am kostengünstigsten sind. Wirtschaftssektoren und jeder betroffenen Anlage werden konkrete Minderungsziele zugeordnet und in diesem Umfang Emissionszertifikate zur Verfügung
gestellt. Diese Zertifikate sind handelbar und dienen so als Gutschrift. Erreicht das Unternehmen die Ziele durch eigene kostengünstige Minderungsmaßnahmen, kann es nicht benötigte Zertifikate am Markt verkaufen. Alternativ kann es am Markt zukaufen, wenn eigene Minderungsmaßnahmen teurer ausfallen würden.
Demgegenüber soll die Novelle der IVU-Richtlinie im Wesentlichen die alte Richtlinie mit der Richtlinie für Großfeuerungsanlagen und der Abfallverbrennungsrichtlinie zusammenfassen, das Konzept der besten verfügbaren Technik verstärken und die Emissionsgrenzwerte für große Feuerungsanlagen und Abfallverbrennungsanlagen neu festlegen sowie neue Überwachungsvorschriften einführen. Das Ziel der neuen Richtlinie ist es vor allem, ein hohes Gesundheits- und Umweltschutzniveau in der gesamten Europäischen Union zu gewährleisten.
Unter den Änderungsanträgen zum Vorschlag der Kommission zu dieser Richtlinie befanden sich auch Anträge einzelner Abgeordneter, die bei Fortgeltung des Emissionshandels eine parallele Einführung von Grenzwerten für CO2-Emissionen für Großfeuerungsanlagen vorsehen. Diese Anträge übersehen, dass die Emissionsgrenzwerte der Richtlinie für Großfeuerungsanlagen und dementsprechend auch der deutschen Umsetzung in der 13. BImSchVerordnung eine andere Ausrichtung haben. Diese Vorschriften zielen auf die Begrenzung der klassischen Luftschadstoffe, wie zum Beispiel Schwefeldioxid, Stickoxid und Staub, ab.
Genau hier liegt der wesentliche Unterschied zu CO2. Das Treibhausgas CO2 ist ein globaler Schadstoff, der sich nach seiner Emission zum Beispiel durch ein Kraftwerk gleichmäßig in der Atmosphäre verteilt. So ist CO2 nicht akut gesundheitsschädlich und hat daher im Vergleich zu den klassischen Luftschadstoffen in aller Regel keine unmittelbaren lokalen Auswirkungen.
Die klassischen Luftschadstoffe können demgegenüber ihre schädigende Wirkung im direkten Umfeld der Emission entfalten. Für die Genehmigung eines Kohlekraftwerkes werden beispielsweise umfangreiche Berechnungen angestellt, um die Einhaltung der Emissionsgrenzwerte in der Nachbarschaft zu überprüfen.
Das alles ist für den globalen CO2-Ausstoß nicht sinnvoll übertragbar. Es gibt gute Gründe, mit dem Emissionshandel einen anderen Ansatz zur Emissionsbegrenzung von Kohlendioxid zu wählen. Zudem ist es zurzeit technisch gar nicht möglich, die von den Abgeordneten vorgeschlagenen CO2Emissionswerte 350 g je Kilowatt bzw. 450 g bei Steinkohle- und Braunkohlekraftwerken einzuhalten. Diese Werte würden also auf ein Verbot neuer Kohlekraftwerke hinauslaufen. Das muss an dieser Stelle sehr nachdrücklich betont werden.
In unserer Energie- und Klimaschutzstrategie haben wir aufgezeigt, dass die Erneuerung des Kraftwerksparks in Nordrhein-Westfalen aber gerade bei den Kohlekraftwerken ein hohes CO2-Reduktionspotenzial mit sich bringt, ein wichtiges Element. Hier wird deutlich: Die parallele Einführung von CO2Emissionsgrenzwerten für den Betrieb neuer Großfeuerungsanlagen ist völlig unvereinbar mit dem bestehenden Emissionshandelssystem. Denn ordnungsrechtliche Anforderungen an die Betriebserlaubnis der Anlagen konterkarieren das Ziel des Emissionshandels, Emissionen kostengünstig zu reduzieren. Sie sind gerade nicht geeignet, vorgegebene Höchstgrenzen für CO2-Emissionen innerhalb der Grenzen eines Staates oder der Europäischen Union zielgenau zu erreichen.
Die Landesregierung hat sich daher sowohl bei der Bundesregierung als auch bei der Europäischen Kommission nachdrücklich dafür eingesetzt, dass bei der Novellierung der IVU-Richtlinie auf die Einführung von Grenzwerten für CO2-Emissionen für neue Großfeuerungsanlagen verzichtet wird.
Vielen Dank, Frau Ministerin Thoben. – Für die FDP hat sich noch einmal Herr Kollege Ellerbrock zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege.
Meine Damen und Herren! Kollege Stinka, Sie haben ja eine Grundsatzrede gehalten, die wir im Prinzip immer schon gehört haben und über die man sich sicherlich austauschen kann. Aber an dem Ziel dieses Antrags und an der Problematik sind Sie aus meiner Sicht völlig vorbeigegangen. Die haben Sie gar nicht berührt.
Das Gleiche gilt für das, was der Kollege Priggen dargestellt hat. Sie sind momentan fixiert auf Ihre Detaildiskussion „Mittelzuführung aus Emissionshandel nach Nordrhein-Westfalen“.
Uns geht es mit dem Antrag um Folgendes: Ich habe doch am Anfang gesagt, die Koalitionsfraktionen haben sich bemüht, von der Vollversteigerung wegzukommen. Wir haben aber nur mäßigen Erfolg gehabt. Stark sein heißt, Schwäche zeigen zu können. Wenn ich einen Misserfolg habe, stehe ich auch dazu. Damit habe ich kein Problem.
Wir haben Ja zum Emissionshandel gesagt. Wir haben sogar deutlich gemacht: Wir wollen andere Länder einbeziehen. Jetzt haben wir aber eine gegenläufige Bewegung. Darauf hat Frau Thoben ganz deutlich hingewiesen. Wir haben einmal das mengensteuernde Instrument als Bubble über allem, was wir Emissionshandel nennen. Jetzt haben wir aber Detailregulierungen in Diskussion, noch nicht von der EU beschlossen, von einigen Abge
ordneten innerhalb der Diskussion über die IVURichtlinie, Integrierte Vermeidungs- und Verminderungsstrategie bei Umweltgefahren, vorgebracht. Innerhalb dieser Detaildiskussion wird jetzt versucht, mit Ordnungsrecht auf einzelne Anlagen – ich sage sogar: Anlagenteile – einzuwirken, um dort eine Emissionsbegrenzung festzulegen.
Wir sehen darin ein Problem. Wir haben einmal das gesamte System mengensteuernd. Das ist geradezu unverständlich, wenn man diesen überzeugenden Grundsatz „Emissionshandel als Mengensteuerungselement“ ausbremst und sagt, ich will gar keine betriebswirtschaftliche Optimierung, bei der ich das insgesamt regeln kann, sondern ich will jetzt ordnungsrechtlich althergebracht an einzelnen Anlagenteilen schrauben, damit das an einzelnen Anlagenteilen geregelt wird. – Das ist ein Systembruch!
Jetzt kann man sagen: Das sind ja nur einzelne Abgeordnete, die das diskutieren. Die schmerzliche Erfahrung mit einzelnen Abgeordneten und dem, was sich in Brüssel durchsetzt, haben wir leider gemacht beim Emissionshandel, als wir gegen die Vollauktionierung waren. Deswegen gilt es, dass wir jetzt sagen, entweder einigen wir uns aufs mengensteuernde Verfahren Emissionshandel. Da sage ich: Ja, das wollen wir. – Oder aber wir wollen eine Änderung der IVU-Richtlinie, ordnungsrechtlich in einzelnen Positionen zu schrauben. Das wäre konterkarierend. Das darf nicht sein. Insofern müssen wir jetzt unsere Interessen, die Interessen NordrheinWestfalens, deutlich gegenüber Berlin und Brüssel artikulieren. Genau darum geht es.
Jetzt lasse ich mir noch drei Minuten Redezeit, um eventuell auf Ihre Erwiderungen reagieren zu können.
Der Kollege Remmel hat doch gestern gesagt, die Diskussion soll belebend sein. Darum bemühen wir uns jetzt. – Danke schön.
Vielen Dank, Kollege Ellerbrock, auch für den schönen Appell an den Parlamentarismus. Der ist nämlich meistens belebend, wenn es in den Wortbeiträgen hin und her geht. Deshalb hat sich jetzt noch einmal Herr Priggen für die Grünen zu Wort gemeldet.
Danke schön, Herr Präsident! Herr Dr. Petersen, wer hier ein Zuhause hat oder wer nicht – Sie fallen ja immer durch solche Bemerkungen auf – soll nicht Ihre Sorge sein. Wenn es Ihnen nicht passt, dass wir unsere Arbeitszeit hier mit einer vernünftigen Debatte ausfüllen, dann gehen Sie heraus, trinken einen Kaffee oder ma
chen sonst irgendetwas. Sie sind derjenige, der am allermeisten dagegen pöbelt. Das will ich Ihnen einmal deutlich sagen. Lassen Sie das sein! Während wir die ganze Zeit hier diskutierten, waren Sie draußen. Nur weil Sie jetzt für Sekunden zum Abstimmen hereinkommen, müssen Sie nicht in so einem Moment herumquaken, wenn wir uns über ein wichtiges Thema unterhalten. Das will ich einmal deutlich sagen.
(Beifall von den GRÜNEN – Lachen von der CDU – Ralf Witzel [FDP]: Wir sind hier nicht im Froschteich!)