vorhin gesagt, Investitionen auf der kommunalen Ebene zum Beispiel bei Schulbauten seien notwendig; das alles sei dringend überfällig. – Ja, Herr Kollege Jäger. Ich kann dazu nur sagen: Das liegt maßgeblich auch an dem jahrzehntelangen Investitionsstau, der auch unter der rot-grünen Landesregierung hier in Nordrhein-Westfalen entstanden ist und sich bei den Kommunen aufgehäuft hat.
(Hannelore Kraft [SPD]: Für die Schulgebäu- de ist das Land gar nicht zuständig! – Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])
Sie haben den Kommunen nicht die notwendige Unterstützung gegeben, um die erforderlichen Investitionen vornehmen zu können.
Meine Damen und Herren, weil der Kollege Jäger vorhin angeführt hat, dass es so viele Kommunen gebe, die mit nicht ausgeglichenen Haushalten
und Nothaushalten leben müssten: Im Jahr 2005, zum Ende Ihrer rot-grünen Regierungskoalition, waren 193 Städte und Kreise in Nordrhein-Westfalen in der Haushaltssicherung, 105 ohne ein genehmigtes Haushaltssicherungskonzept. Meine Damen und Herren, ich will diese Zahlen allen einfach nur in Erinnerung rufen. Wenn Sie sich die Schuldzuweisungen an dieser Stelle so einfach machen, dann muss man einmal daran erinnern, was Sie dem Land Nordrhein-Westfalen 2005 zurückgelassen haben,
(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Vergleichen Sie auch mal die Steuereinnahmen! – Hannelore Kraft [SPD]: Sie haben Milliarden mehr Steu- ereinnahmen!)
in welcher Situation Sie die Kommunen zurückgelassen haben und welche Verantwortung Sie für die Investitionsrückstände in diesem Land und auch in den Kommunen tragen.
(Beifall von SPD und GRÜNEN – Hannelore Kraft [SPD]: Die Investitionen nach unten fah- ren und uns die Schuld zuweisen! Super! Das glaubt Ihnen keiner! – Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])
Frau Kollegin Kraft, Schuldzuweisungen überlasse ich anderen. Das ist auf unterem Niveau und nicht meine Art.
Meine Damen und Herren, es gibt in dem Paket auch Maßnahmen, deren Einzelbewertung aus ordnungspolitischer Sicht einmal gesondert erfolgen muss und aus meiner Sicht nicht positiv ausfällt. Ich will daraus kein Geheimnis machen. Das hat auch nichts mit Parteipolitik zu tun, sondern mit ordnungspolitischen Rahmenbedingungen und Vorstel
Ich will deshalb die zur Unterstützung der deutschen Autoindustrie gedachte Abwrackprämie als eine durchaus etwas kurios anmutende Idee bezeichnen.
Es tut mir leid, ich stehe hier und kann nicht anders: Die 2.500 € sind sicherlich ein größerer Kaufanreiz für ein neues Auto und stehen sicherlich auch in einer gewissen Beziehung dazu, wie günstig dieses neue Auto tatsächlich sein wird. Gehen wir einmal davon aus, dass 2.500 € Abwrackprämie eher für den Bereich der Kleinwagen einen tatsächlichen Kaufanreiz bedeuten. 90 % aller Kleinwagen mit einem Kaufpreis von etwa 10.000 € werden allerdings nicht in Deutschland, sondern überwiegend in Asien und in Süd- und Osteuropa hergestellt. Deswegen erlaube ich mir schon, darauf hinzuweisen, dass nach meiner Bewertung – ich fühle mich da von vielen Sachverständigen bestätigt – dieser gut gedachte Anreiz an den Realitäten und den tatsächlichen Anforderungen vorbeigeht; denn an der deutschen Autoindustrie dürfte dieser Anreiz, der mit ca. 1,5 Milliarden € Kosten für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler geschätzt wird, relativ spurlos vorbeigehen.
Gleiches gilt auch für die Pläne zur Reform der KfzSteuer. Allein die schon in dem Beschluss genannten Eckpunkte sind in ihrer Komplexität, wenn man es positiv beschreiben will, bzw. in ihrer chaotischen Kompliziertheit kaum zu übertreffen. Ich würde mich nicht wundern, wenn es demnächst auch eigene Steuerrechtspezialisten für den Bereich der KfzSteuer geben sollte.
Ich hielte es für wesentlich sinnvoller, wenn die Länder statt einer eigenen Steuer oder einem Zuschlagrecht auf eine der großen Steuern einen Festbetrag als Kompensation für den Wegfall der Einnahmen erhalten. Aus meiner Sicht sollte die Kfz-Steuer komplett abgeschafft und der tatsächliche Ressourcenverbrauch realistischer abgebildet werden, indem die bisherige KFZ-Steuer auf die Mineralölsteuer umgelegt wird und damit vielleicht auch eher eine eventuell beabsichtigte ökologische Lenkungswirkung entfaltet. Auf diese Weise könnte eine erhebliche Verwaltungsvereinfachung erreicht werden. Eine solche Umstellung wäre auch im Interesse aller Beteiligten.
Bemerkenswert unsinnig ist aus meiner Sicht natürlich auch, dass mit dem Einsatz des Geldes der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – das muss man gelegentlich dem ein oder anderen aus den Reihen der Großkoalitionäre immer wieder ins Gedächtnis rufen – der Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversicherung um 0,6 Prozentpunkte gesenkt werden soll, und das nur wenige Tage, nachdem dieser neu eingeführte Gesundheitsfonds, der
Meine Damen und Herren, mit der Erhöhung des Zuschusses werden die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler sicherlich entlastet. Das Problem hätte aus meiner Sicht aber völlig vermieden werden können, wenn man von vornherein den Empfehlungen der FDP gefolgt wäre und den Blödsinn mit dem Gesundheitsfonds komplett unterlassen hätte.
Meine Damen und Herren, ich will einen Aspekt allerdings positiv erwähnen, nämlich den, dass die aus den Maßnahmen resultierende Neuverschuldung, anders als es bislang jedenfalls der Fall war, nicht einfach in Kauf genommen, sondern die steigende Nettokreditaufnahme mit einer Schuldenbremse und einem tatsächlichen konkreten Tilgungsplan verbunden werden soll. Diese Forderung haben wir im Landtag von Nordrhein-Westfalen in all den Debatten um die Verankerung eines Verschuldungsverbotes immer wieder diskutiert. Ich will heute nur darauf hinweisen, dass wir im Detail sehr darauf achten müssen, wie dieser Tilgungsplan tatsächlich aussieht und wie konsequent er eingehalten und umgesetzt wird.
Meine Damen und Herren, da es sich verselbstständigt hat, nicht mehr nur im Ausnahmefall Schulden aufzunehmen, sondern in größter Selbstverständlichkeit immer neue Schulden zu machen, will ich meine gesunde Skepsis gegenüber den heute geäußerten hehren Vorsätzen, die Schulden in einem Tilgungsplan tatsächlich zurückzuzahlen, nicht verhehlen.
Meine Damen und Herren, eines muss jedem von uns klar sein: Die beschlossenen Maßnahmen werden zukünftige Generationen auf jeden Fall noch eine sehr lange Zeit belasten. In dieser Frage werden wir unabhängig von den sonstigen Bewertungen des Konjunkturpaketes im Detail sicherlich alle einig sein.
Aus unserer Sicht ist ein vorübergehender Anstieg der Verschuldung in Krisensituationen, wie wir sie jetzt wohl haben – das haben wir in allen Debatten auch in diesem Parlament in den vergangenen Jahren und Legislaturperioden zugestanden –, notwendig und auch leider unvermeidlich. Der Landeshaushalt ist zu starr konstruiert, als dass er Steuerausfälle im nennenswerten Umfang kompensieren könnte – von den zusätzlichen, jetzt in Rede stehenden Milliardenmaßnahmen einmal abgesehen, die alle Vorstellungen sprengen.
Meine Damen und Herren, wir dürfen diese Konjunkturmaßnahmen allerdings nicht als Ausrede missbrauchen, um uns von den Vorstellungen eines Gesetzgebers, der eine generationengerechte Haushaltspolitik betreibt und normalerweise mit den ihm von den Bürgerinnen und Bürgern über die
Steuern zur Verfügung gestellten Mitteln auch auskommt, zu verabschieden. Wir werden auch für Nordrhein-Westfalen unser Ziel nicht aus den Augen verlieren, den Landeshaushalt strukturell wieder in Ordnung zu bringen. Das ist angesichts der zahlreichen Baustellen und des enormen Nachholbedarfs und Investitionsrückstaus, den wir im Jahr 2005 vorgefunden haben, kein leichtes Unterfangen.
Aber, meine Damen und Herren, das hat – es wurde vorhin schon erwähnt – nichts mit Parteipolitik zu tun, sondern mit einer – vielleicht durch Parteizugehörigkeit zum Ausdruck gebrachten – Ordnungspolitik. Markenzeichen der FDP ist, dass wir eine generationengerechte Haushaltspolitik betreiben wollen und werden.
Auch wenn wir mitten in der Krise vorrangig andere Themen diskutieren, bin ich davon überzeugt, dass wir weiterhin an der Reform der bundesstaatlichen Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Kommunen arbeiten müssen, und zwar mit einer stärken Einbeziehung der Einnahme- und Wettbewerbsautonomie der Länder.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss sagen: Ich glaube an die Menschen in unserem Land. Ich glaube an die Unternehmer, die Arbeitnehmer, die Wissenschaftler, die Forscher, die Handwerker, die Leistungseliten in allen Bereichen unserer Gesellschaft. Unsere Aufgabe wird es sein, das Potenzial zu entfesseln. Das lässt mich zuversichtlich den Herausforderungen der nächsten Wochen und Monate begegnen.
Wir stehen vor großen Herausforderungen. Ich glaube, dass wir zum Beispiel mit einer Ausweitung der Bürgschaftsmöglichkeiten besser aufgestellt sind als mit der einen oder anderen Aktion im Rahmen des Konjunkturpakets II, die ich gerade in einigen Stichpunkten angesprochen habe. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Kollegin Freimuth. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Herr Kollege Priggen.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Herr Präsident! Ich habe Herrn Rüttgers eben sehr sorgfältig zugehört. Es gab eine Reihe von Themen, von denen ich glaube, dass er sie richtigerweise benannt hat. Nach einer Zeit ist mir die Art aufgefallen, wie er eigentlich über die Sache geredet hat. Es war keine Rede eines Ministerpräsidenten, sondern es war eher eine Rede, die bundespräsidialen Charakter hatte.
erwartet, was Sie als Landesregierung und Fraktionen, die die Regierung tragen, machen wollen, um die Konjunktur- und Wirtschaftskrise zu bekämpfen.
Wir führen diese Diskussion mit Ihnen seit vier Monaten, seitdem die Finanzkrise im September vergangenen Jahres begonnen hat. Wir sind kein Stadtstaat wie Bremen oder das Saarland, sondern wir sind das einwohnerstärkste Land Deutschlands. Deshalb ist es sehr wohl eine Frage, was die originären Positionen des Landes sind, und zwar sowohl in dem Prozess, der in Berlin läuft, als auch auf das eigene Handeln bezogen, was das Land macht.
An der Stelle sind Sie uns heute wieder jede Antwort schuldig geblieben. Das Gejammere darüber, wir führten die Debatte zur Unzeit, ist mehrfach gekommen. Frau Freimuth, Herr Henke und andere haben das gemacht. Das täuscht doch nur darüber hinweg, dass konkretes eigenes Handeln der Schlüsselressorts in diesen Fragen oder der Fraktionen überhaupt nicht stattfindet. Es kommt nichts, keine eigenen Beiträge.
Ich erinnere mich einmal daran, wie wir in der Regierung solche Prozesse diskutiert haben und aus den Fraktionen Impulse kamen, wie man gerungen hat. Für mich gibt es zwei Überlegungen, warum Sie jetzt nicht klarkommen. Die eine: Ich habe heute in bemerkenswerter Offenheit erlebt, dass die ganze Tünche von der Koalition der Harmonie in diesen ganz konkreten Fragten so anscheinend nicht trägt. Herr Dr. Papke hat sogar die Investitionsvorhaben für die Kommunen in Frage gestellt. Das hatte ich so noch nie gehört, was die konkrete Umsetzung angeht. Dass es in anderen Fragen, die nur in Berlin entschieden werden, Differenzen gibt, mag ja noch angehen. Das ist also die eine Möglichkeit: dass Sie so große Differenzen haben, dass Sie als Fraktionen nicht zum Handeln kommen. Das hatte ich bisher nicht vermutet.
Mein Eindruck war bisher, ehrlich gesagt, dass Sie einfach nicht ordentlich arbeiten, vor allen Dingen die Regierungsressorts, die für große Investitionsvorhaben verantwortlich sind. Es gibt dort keine eigene strukturierte Politik.
Wir haben doch gar keinen Dissens – Herr Stahl und Herr Dr. Rüttgers haben das angesprochen – in der Einschätzung der Ernsthaftigkeit der Situation. Der Ministerpräsident hat es noch vor einem halben Jahr mit kuriosen Bemerkungen angesprochen. Lassen wir aber die Frage der Absetzbarkeit der Steuerberater und das alles weg. Die Ernsthaftigkeit der Situation deutete sich schon länger an, und die Situation wird zunehmend ernster. Wir wissen, dass dies kommt und dass im Hintergrund Szenarien
diskutiert werden, die noch weitaus bedrohlicher sind als das, was unser reales Erleben zurzeit ist.
Wir führen zwar keine Katastrophendiskussion, fragen aber danach, was wir machen und wie wir auf ein Abschwungszenario reagieren, das man ja mit einem gewissen Vorlauf steuern müsste. Was machen wir in NRW in den Bereichen, in denen wir Beschäftigung aufbauen und stabilisieren wollen? Das sind gerade Bereiche, die Ihnen als Konservative relativ nahe stehen, etwa das Bauhandwerk und die Bauindustrie, die immer gewisse Schlüsselindikatoren für eine konjunkturelle Stabilisierung sind. Auch zu den Punkten und zu der Frage, was man mit eigenem Geld machen könnte, kommt von Ihnen nichts. Darauf gehe ich gleich noch detaillierter ein.
An bestimmten Punkten würde ich Herrn Dr. Papke – leider kann ich ihn im Moment nicht sehen – eindeutig zustimmen. Er hatte Recht, als er sagte, das Programm im Bund sei ein Sammelsurium unterschiedlichster Einzelmaßnahmen. Das muss man klar sagen. Ich habe im Übrigen niemanden gehört, der gesagt hätte, die 2.500 € Abwrackprämie seien etwas Vernünftiges. Das hat keiner gesagt. Viele haben hinterfragt, ob das vernünftig ist. Man muss nämlich immer wissen: Bei 1,5 Milliarden €, die der Bund dafür zur Verfügung stellen will, landen in unserem Landeshaushalt 300 Millionen €. Man kann Zweifel daran haben, ob das sinnvoll ist und tatsächlich hilft. Man kann nicht nur Zweifel haben, sondern muss sogar sagen: Das gehört zu den Maßnahmen, die nicht vernünftig sind. Das ist mir heute zu kurz gekommen.
Kommunale Investitionen hielte ich – wenn wir sie bald umsetzen – für vernünftig. Aber vieles aus dem Paket –da hat Herr Dr. Papke recht – ist Sammelsurium. Da alles über Schulden finanziert wird und bezahlt werden muss, ist es außerordentlich riskant. Die Frage ist auch, ob nach der Finanzmarktblase die nächste Blase ansteht, die uns alle einholen wird. Wir alle müssen das über Mechanismen bezahlen, die von uns privat keiner machen würde. In einem solchen Ausmaß ist das aus meiner Sicht nicht vernünftig.