Protocol of the Session on January 16, 2009

Oder steht es für einen Teil des politischen Spektrums – in dem Fall mehr noch für die SPD als für Sie – für Sie bei Ihrer heutigen Rede aber auch –, steht für Sie quasi ideologisch fest gefügt und zementiert fest, bevor überhaupt jemand gesprochen hat: „Egal, was heute zur Sprache kommt – das, was die Regierung in Nordrhein-Westfalen macht, ist sicher Mist, ist sicher Käse, ist sicher zu langsam, ist sicher unterdimensioniert“?

Genau mit dieser Vorspannung gehen Sie in die Debatte. Deswegen machen Sie heute das Parlament als Forum der Bürger Nordrhein-Westfalens zu einer Beute mieser, billiger Parteipolitik.

(Beifall von CDU und FDP – Svenja Schulze [SPD]: Das ist eine Unverschämtheit!)

Ja, das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland wird zurückgehen. Ja, die Arbeitslosigkeit wird steigen. Ja, die Steuereinnahmen werden sinken. Ja, die Zahl der Insolvenzen wird steigen.

Wir werden diese Krise nicht verhindern können; aber wie wir ihr begegnen, liegt an uns. Wenn wir falsch handeln, geht es Deutschland danach dauerhaft schlechter. Wenn wir richtig handeln, geht es hinterher besser. Deswegen muss man der Versuchung, der wahrscheinlich der eine oder andere unterliegt, widerstehen, mit Populismus und Demagogie voranzukommen.

Schaut man sich die Vereinbarungen zum Konjunkturprogramm an, stellt man fest, dass Arbeitsplätze im Mittelpunkt der Maßnahmen stehen, weil das ganze Programm so konstruiert ist, dass es Brücken für Arbeitsplätze durch die Krise baut. Die Bereitschaft der Banken, Kredite zu vergeben, hat längst noch nicht den Stand vor der Finanzmarktkrise erreicht. Wir erwarten von den Banken, dass sie ihren Aufgaben wieder in vollem Umfang nachkommen.

Solange die Kreditvergabefähigkeit der Banken begrenzt ist, ist es richtig, dass die öffentliche Hand notwendige Investitionen von Unternehmen ermöglichen muss. Es wird überprüft werden, ob und gegebenenfalls wo das Instrumentarium des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes weiterentwickelt werden muss.

Mit dem Deutschlandfonds, der jetzt im Programm der Bundesregierung Kredit- und Bürgschaftsprogramm heißt, wird in einem mehrfachen Ansatz möglich gemacht, die Bedingungen des mittelstandsorientierten KfW-Sonderprogramms 2009 zu flexibilisieren, um eine zieladäquate Inanspruchnahme sicherzustellen. Damit wird zum Beispiel die Finanzierung von Projekten und Betriebsmitteln verbessert.

Analog zum KfW-Sonderprogramm 2009 wird ein Kreditprogramm für größere Unternehmen aufgelegt. Das bestehende inländische Bürgschaftsinstrumentarium zur Sicherung der Kreditversorgung

von Unternehmen wird besser genutzt und ausgeweitet. Zusätzlich werden neue Bürgschaftsinstrumente zur Stützung der Unternehmensfremdfinanzierung mit dem Ziel geprüft, insbesondere die Finanzierungssituation von zum Beispiel Kreditversicherern, Leasing- und Factoringgesellschaften zu verbessern.

Über das bereits laufende Sonderprogramm von 15 Milliarden € für den Mittelstand hinaus haben diese Maßnahmen ein Bürgschaftsvolumen in Höhe von 100 Milliarden € zur Folge.

Alle diese Anregungen stammen aus dem, was Jürgen Rüttgers als Deutschlandfonds Anfang des Jahres vorgestellt hat. Ein Punkt kommt in den Beschlüssen der Koalition in Berlin in der Tat nicht vor, nämlich die Frage der direkten Kapitalbeteiligung. Es wird sich herausstellen, ob es in Zukunft auch noch zu direkten Kapitalbeteiligungen kommt.

Wir sollten diese Möglichkeit jedenfalls nicht voreilig ausschließen, auch wenn wir sie jetzt nicht anwenden. Wenn wir die Möglichkeit brauchen, müssen wie beim Rettungsschirm für Banken nämlich entsprechende Mittel bereitstehen. Oder wollen Sie, dass ein innovationsstarkes Unternehmen wegen einer Kreditklemme zur Entlassung seiner Facharbeitercrew gezwungen wird, weil es keinen anderen Weg gibt, aus diesem Dilemma herauszukommen?

Keiner sagt, dass das dauerhafte Möglichkeiten sein sollen. Diese Hilfen sollen befristet sein, bis die Krise durchgestanden ist. Das heißt, der Deutschlandfonds kann und soll sich nach einigen Jahren auflösen.

Es gehört natürlich zu den Aufgaben des Staates, die öffentliche Infrastruktur auszubauen. Wir sind dankbar, dass die Allianz für die Zukunft aus Bund, Ländern und Kommunen mit der gestrigen Übereinstimmung zwischen kommunalen Spitzenverbänden und nordrhein-westfälischer Landesregierung einen wesentlichen Schritt weitergekommen ist. Wir sind dankbar dafür, dass es diese Verabredungen gibt. Wir sind dankbar, dass nach Klärung der offenen Punkte auf der Bundesebene die Programme unverzüglich in Angriff genommen werden können. Wir erleben alle und wirken daran auch mit, dass man sich in den Kommunen aufstellt und die Verwaltungsvorstände der Kommunen Listen machen. Es wird auch so sein, dass am Ende die Menge der Mittel nicht reichen wird, um allen diesen investiven Wünschen, die da vorgetragen werden, nachzukommen.

Ich glaube, man sollte sich nicht so aufs hohe Ross setzen, wie Sie das heute getan haben, wenn man gleichzeitig in seinem eigenen Antrag beispielsweise die Entscheidungen, die in Berlin zum Thema Krankenhäuser getroffen sind, total ausblendet. In den beiden Anträgen der SPD haben Sie dieses Feld Krankenhäuser komplett ausgeblendet und

nicht mit einem Wort erwähnt, obwohl Sie sonst versuchen, so viel wie möglich zu zitieren.

(Beifall von Walter Kern [CDU])

Das liegt daran, dass das ein Thema ist, hinter das sich unser früherer Landtagskollege, Willi Zylajew, als Bundestagsabgeordneter sehr geklemmt hat, bei dem Volker Kauder nicht müde geworden ist und bei dem wir letztlich auch durch die Unterstützung von Karl-Josef Laumann einen erheblichen Erfolg erzielt haben.

(Beifall von der CDU)

Abschließend möchte ich etwas zu der Frage der Situation der Arbeitnehmer und der Sicherung ihrer Beschäftigung sagen. Ich glaube, dass wir mit der Stabilisierung der Beiträge, insbesondere bei der Kurzarbeit, einen wesentlichen Schritt tun. Ich möchte diese Debatte auch dazu nutzen, um allen, die darin nicht versiert sind und Sorge vor der Komplexibilität von Anträgen, vor dem Umgang mit den Programmen haben könnten, zu sagen: Jawohl, bei der Kurzarbeit kommt es nicht darauf an, ob der Betrieb wenige Beschäftige oder eine mittlere Zahl von Beschäftigten hat oder ob es sich um ein großes Unternehmen handelt. Auch beispielsweise die Freiberufler müssen wissen, dass es in der Tat die Möglichkeit gibt, dieses Instrument unter den Bedingungen, die das Programm bietet, durch ein vereinfachtes Verfahren und durch eine vereinfachte Antragstellung zu nutzen.

Der gesetzliche Beitragssatz zur Arbeitsförderung wird bei 2,8 % stabilisiert. Dafür wird eine Ausgleichsverpflichtung des Bundeshaushalts durch ein Gesetz festgelegt. Für die Jahre 2009 und 2010 gibt es zusätzliche Mittel in Höhe von 1,2 Milliarden € im Bundeshaushalt für Aktivierungs- und Qualifizierungsmaßnahmen der Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende und 770 Millionen € bei der Bundesagentur für Arbeit.

Unsere Aufgabe in Nordrhein-Westfalen wird es sein sicherzustellen, dass das Instrument der Weiterbildung, der Qualifikation, das auch durch einen Abzug bei den Sozialversicherungsbeiträgen für die Betriebe besser genutzt werden kann und während der Kurzarbeit auch flächendeckend zur Verfügung steht.

Bei den familien- und kinderbezogenen Leistungen werden über die Familienkassen an alle Kindergeldbezieher Einmalzahlungen von 100 € je Kind ausgezahlt. Ich gebe offen zu: Ob es wirklich nötig ist, den Betrag allen Kindergeldbeziehern zu geben, ist fraglich. Ich denke etwa daran, dass das meiner Familie einen Zuwachs von 400 € bringt. Ob das zielgerichtet und notwendig war, so ganz genau weiß ich das auch nicht. Bei der einen oder anderen Maßnahme habe ich das Gefühl, dass sie zielgenauer hätte sein können.

Aber immerhin haben wir hier auch erreicht, dass das nicht mit den Bedarfssätzen der Bezieher von Sozialleistungen verrechnet wird und dass die abgeleiteten Regelsätze für Kinder in SGB II und SGB XII stärker differenziert werden, also für Kinder im Alter von sechs bis 13 die Förderung auf 70 % des Eckregelsatzes zum 01.07.2009 erhöht wird. Damit ist dem Anliegen unter anderem des Bundesrates Rechnung getragen, die Regelsätze für Kinder nach einer Überprüfung anhand des realen Bedarfes anzupassen. Dazu haben auch viele verschiedene Fraktionen hier im Parlament ihren Beitrag geleistet.

Ich möchte zum Schluss gerne noch einen Gedanken bringen, von dem ich glaube, dass er vielleicht eine Bilanz jenseits der Verstärkung internationaler Aufsicht über die Finanzindustrie ist. Es geht darum, ob unsere Gesellschaft insgesamt etwas aus den Krisenursachen lernt, die in der Finanzindustrie lagen.

Vielleicht wird uns allen bewusster, dass es nicht das Geld ist, das Werte und Wohlstand schafft, sondern menschliche Anstrengung und Arbeit.

Vielleicht wird uns allen bewusster, dass es für den Zusammenhalt einer Gesellschaft nicht ausreicht, wenn jeder nur an sich selbst denkt, sondern dass wir Menschen Individual- und Sozialwesen zugleich sind. Zu jeder Freiheit gehört auch die persönliche Verantwortung.

Vielleicht wird uns allen nun bewusster, dass keiner sicher sein kann, nicht plötzlich in Not zu geraten, und dass es deshalb nicht nur egoistisch, sondern auch dumm ist, sich um die Not des Nächsten nicht zu kümmern.

Das, was wir vor uns haben, erfordert eine Gemeinsamkeit und einen Zusammenhalt nicht nur in diesem Haus, sondern auch im gesellschaftlichen Miteinander der kommenden Monate. Dazu wünsche ich mir etwas stärkere Unterstützung als sie uns die Antragsteller heute vorgeführt haben. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Henke. – Für die FDP-Fraktion spricht Frau Kollegin Freimuth.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch der bisherige Debattenverlauf führt nicht dazu, dass ich zu einer anderen Bewertung kommen kann, als es eingangs schon von dem Fraktionsvorsitzenden der FDP zum Ausdruck gebracht wurde, dass nämlich diese Debatte hier und heute quasi zur Unzeit kommt, da zentrale Fragen einfach noch nicht beantwortet werden können, weil die Einzelheiten zur Umsetzung des sogenann

ten Konjunkturpaketes II der Bundesregierung eben noch nicht entschieden, sondern aktuell in der Verhandlung sind.

Ich halte es für wesentlich zielführender und der Sache angemessen, dass wir uns, sobald die Gesetzentwürfe tatsächlich vorliegen und im Bundestag und Bundesrat beraten werden – angesichts der zeitlichen Notwendigkeiten und zeitlichen Anforderungen wird das sicher auch in einem gewissen begleitenden Prozess geschehen –, auf der Grundlage dieser Fakten oder zumindest der klaren präzisierten Vorstellungen, wie dieses Konjunkturpaket umgesetzt werden soll, wesentlich sachdienlicher und konstruktiver mit den Fragen auseinandersetzen können und aus der Perspektive der Bürgerinnen und Bürger des Landes Nordrhein-Westfalen unser Gewicht als bevölkerungsstärktes Bundesland in die Debatte einbringen und Verbesserungen an dem Konjunkturpaket und an den Ausführungsbestimmungen dazu auch erreichen können.

Meine Damen und Herren, es wird einem fast schon schwindelig, wenn man die Zahlen hört, die durch die Debatte geistern, ist doch nur von Millionen und Milliarden die Rede. Dass wir eine Diskussion um die Konsolidierung unserer Haushalte und um die Absenkung der Nettokreditaufnahme hatten, wird in dieser Situation in den Hintergrund gedrängt.

Wir verkennen nicht, dass die Menschen sich Sorgen machen. Die Finanzmarktkrise hat in vielen Bereichen zunächst nur bedingt Betroffenheit ausgelöst, weil nicht jeder Kapital angelegt hatte und betroffen war. Aber mittlerweile machen sich die Menschen auch Sorgen um die Existenz ihres Arbeitsplatzes, die Sicherung ihrer selbst erwirtschafteten Lebensgrundlage, die Preisentwicklung usw. Deswegen ist es sicherlich erforderlich, diese Sorgen und Befürchtungen mit der notwendigen Ernsthaftigkeit, aber auch Bedachtsamkeit aufzugreifen und sich Gedanken darüber zu machen, ob die Milliarden, die jetzt auf der Bundesebene diskutiert und bereitgestellt werden, tatsächlich ein effizientes Mittel sind. Es nützt nichts, wenn wir einfach nur viel Geld in Maßnahmen hineinpumpen, diese aber keine Effekte zeigen.

In der ersten Debattenrunde ist von Herrn Dr. Papke bereits dargestellt worden, dass wir uns eine größere Entlastung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler vorgestellt haben. Wir sehen uns in dieser Position durch zahlreiche Sachverständige bestätigt,

(Dieter Hilser [SPD]: Welche denn?)

die sagen: Wir müssen nicht nur eine Vereinfachung des Steuersystems, sondern auch eine deutliche Entlastung der Bürgerinnen und Bürger bei Steuern und Abgaben erreichen. – Die in Aussicht stehenden Entlastungen sind nach meiner Bewertung jedoch nicht geeignet, einen wirtschaftlichen Impuls auszulösen, den wir in dieser Situation tatsächlich bräuchten.

(Beifall von der FDP)

Es ist notwendig, dass wir hier einen mutigeren Schritt tun, der weit über das hinausgeht, was jetzt von der Bundesregierung in die Diskussion gebracht wurde.

An dieser Stelle möchte ich mir eine Anmerkung nicht ersparen: Der Ministerpräsident hat vorhin in seinem Wortbeitrag die Bemerkung gemacht, dass 36 € für eine Familie im Monat viel Geld sind. Ja, Herr Ministerpräsident, ich stimme Ihnen zu: 36 € sind viel Geld. Ich sage aber ausdrücklich auch: Die Mehrwertsteuererhöhung, die Anhebung des Mehrwertsteuersatzes von 16 auf 19 %, die von dieser rot-schwarzen Bundesregierung beschlossen wurde, hat einer vierköpfigen Familie im Durchschnitt 100 € im Monat an Mehrkosten bereitet. Ich bitte das an dieser Stelle in die lautere Beurteilung miteinzubeziehen.

(Beifall von der FDP)

Meine Damen und Herren, wir müssen sehen, dass nach den getroffenen Beschlüssen der aus meiner Sicht erforderliche Spielraum für Entlastungen in der Zukunft kleiner wird. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass Milliardenbeträge aufgewandt werden und dass damit die Durchsetzung der von der FDP angestrebten steuerlichen Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger, die für uns nach wie vor eine zentrale Forderung sind, auf der Bundesebene sicherlich erschwert wird. Ich sage ausdrücklich, dass wir aus meiner Sicht keine Koalitionsvereinbarung auf der Bundesebene unterschreiben können – über die wir nach der Bundestagswahl hoffentlich mitverhandeln werden –,

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Wir wollen hier keinen Wahlkampf machen!)

die nicht eine spürbare Vereinfachung des Steuersystems und auch eine deutliche Entlastung der Bürgerinnen und Bürger bei den Steuern beinhaltet.

Wir werden sehen – auch dazu ist bereits einiges gesagt worden –, wohin genau die zusätzlichen Investitionsmittel, die mit dem Konjunkturpaket II einhergehen und die auch die Debatte heute Morgen teilweise maßgeblich bestimmten, fließen werden. Sicherlich in sinnvolle Investitionen! Alles andere würde überhaupt keinen Sinn machen, wäre ja Unfug. Das würde kein vernünftiger Mensch machen.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Sie machen auch sonst viel Unfug!)

Es handelt sich dabei sicherlich auch um Ausgaben – das ist anzuerkennen –, die als Investitionen etwa in Bildung zukünftigen Generationen zugute kommen. Diese müssen sie nach Stand der gegenwärtigen Diskussion ja letztlich auch bezahlen.

Ich will an dieser Stelle eine Bemerkung zu den Ausführungen des Kollegen Jäger machen. Er hat