Protocol of the Session on November 12, 2008

Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Schulte das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute die Situation, dass jede Stadt und jede Gemeinde für das eigene Gemeindegebiet die Planungshoheit hat. Dabei sind die bestehenden Gesetze zu beachten. Entstehende Beeinträchtigungen in der Natur sind auszugleichen. Zwischen den öffentlichen Belangen ist abzuwägen. So kann eine Gemeinde in einzelnen Fällen, wenn der Wald bereits vorbelastet ist, in der Abwägung unter Umständen zu einer Ausweisung kommen. Ich gebe zu bedenken: Windkraftanlagen sind nach dem Baugesetzbuch privilegiert und somit, wenn keine Gründe dagegen sprechen, im Außenbereich zu genehmigen.

Nun kommt der Antrag der Grünen. Wenn man den Antrag liest, wird einem angst und bange. Windkraft soll im Wald zugelassen werden, und das ohne Wenn und Aber. Aus Ihrem Antrag können keine Einschränkungen entnommen werden. Diese eindeutige Forderung nimmt keine Rücksicht auf Belange des Natur- und Landschaftsschutzes. Dazu kann ich nur sagen: Mit uns nicht!

(Beifall von Dietmar Brockes [FDP])

Ich stelle mir vor, wir würden diesem Antrag zustimmen. Die Folge wäre, dass wir in unseren Waldgebieten an vielen Stellen Windkraftanlagen zu bestaunen hätten. In den Mittelgebirgen Sauerland, Siegerland und Eifel – das sind die großen Waldgebiete – sind die Flusstäler weitgehend frei von Wald und daher von dem Antrag nicht erfasst. Aber an den Hängen und auf den Gipfellagen haben wir heute zum Teil herrliche, durchgehende Waldflächen. Hier wollen die Grünen Windkraftanlagen mit einer Höhe von 130 m und in einigen Jahren vielleicht von 200 m bauen? Unvorstellbar!

Für den Bau der Windkraftanlagen werden nicht nur die Aufstellflächen benötigt. Für den Aufbau und die Wartung müssen witterungsfeste Zuwege geschaffen werden, keine einfachen Waldwege. Sie können schließlich eine teure Anlage bei einem Störungsausfall nicht so lange stehen lassen, bis mal wieder schönes Wetter ist. Doch die Verletzungen des Waldes sind noch vielfältiger. Für den Stromanschluss, für die Einspeisung ins Netz sind entsprechende Kabel zu verlegen. Bei Freileitungen sind Abstände zu dem Bewuchs rechts und links einzuhalten. Unter den Freileitungen ist der Bewuchs niedrig zu halten.

Da sich diese Investitionen besonders lohnen, wenn mehrere Windkraftanlagen zusammenstehen, gemeinsam erschlossen werden, können wir uns lebhaft vorstellen, was uns da erwartet.

Herr Kollege Schulte, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Remmel?

Nein, ich möchte durchziehen. – Durch die Konzentration mehrerer Windkraftanlagen würde der Wald in seiner Funktion nachhaltig gestört.

Meine Damen und Herren, eine solche Waldnutzung lehnen wir ab. Es würde auch den Zielsetzungen unserer Umweltpolitik widersprechen, einerseits ein Förderprogramm aufzulegen, um den ökologischen Wert des Waldes durch die Anpflanzung von Laubbäumen zu erhöhen, und gleichzeitig das Okay dafür zu geben, eine Vielzahl von Schneisen in diese Wälder zu schlagen.

Auch der Hinweis, dass man mit einer Öffnung der Wälder den durch „Kyrill“ geschädigten Bauern eine Einnahmequelle bieten würde, kann doch kein Grund für einen solchen Antrag sein.

Dass aufgrund der Einspeisevergütung der Bau von Windkraftanlagen für Investoren nach wie vor sehr interessant ist, steht außer Frage. Allein an dem Betrag für die Windkraftfläche, die in dem Antrag als Beispiel genannt wurde – 77.000 € jährlich –, lässt sich erahnen, wie stark der Druck auf die Waldfläche würde und wie es anschließend im Sauerland und in anderen Waldgebieten aussähe. Wir würden unsere Waldgebiete nicht wiedererkennen.

Hier soll durch einen Antrag der Grünen ihr Lieblingskind, die Windkraft, gefördert werden. Ginge es tatsächlich um die Förderung der Stromgewinnung aus alternativen Energien, so würde eine andere Haltung der Grünen zur Stromgewinnung aus Wasserenergie dieses glaubhafter machen.

Meine Damen und Herren, wir wollen Wälder, die aus Stämmen von Eichen, Buchen oder anderen Baumarten bestehen, und in denen der Wind im Laub raschelt. Wir wollen keine Wälder aus Beton und sich drehenden Flügeln.

Ich freue mich schon auf die Diskussion in den Ausschüssen. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Schulte. – Jetzt hat für die SPD-Fraktion Herr Abgeordneter Stinka das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich die Rede

gehört habe, dachte ich: Da hilft auch kein von der Landesregierung eingesetzter Klimarat; da ist wirklich jegliche Hilfe vergebens!

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Kolleginnen und Kollegen, der Klimawandel ist inzwischen eine unbestreitbare Tatsache, auch wenn wir hier im Plenum häufig etwas anderes hören. Das belegt der Weltklimabericht der Vereinten Nationen. Darüber haben wir in diesem Hause häufig gestritten. Das wird auch weiterhin so sein.

Die notwendigen Konsequenzen jedoch, Kolleginnen und Kollegen, ziehen Sie bisher nicht. Diesen Anschein haben wir heute wieder belegt bekommen. Indiz für Ihre mangelnde Einschätzung der erneuerbaren Energien ist, dass Sie beispielsweise beim Bundesländerpreis „Erneuerbare Energien 2008“, der vorgestern unter der Schirmherrschaft von Klaus Töpfer vergeben wurde, keinen der vorderen Plätze belegt haben, dass andere Bundesländer die Nase vorn haben.

Kolleginnen und Kollegen, der Ausbau erneuerbarer Energien ist sowohl klimapolitisch als auch wirtschaftspolitisch notwendig. Wir dürfen uns dem nicht länger entziehen.

Wir sprechen heute über Windkraft – ein hochemotionales Thema gerade hier im Landtag. Die Windkraft hat einen hohen Anteil an den erneuerbaren Energien. Herr Schulte, dieser Beitrag ist steigerbar. Wenn Sie sich die Zahlen zur Wasserkraft anschauen, wissen Sie, dass wir da bereits an einem Endpunkt angekommen sind.

Ich stimme ja durchaus den Vorträgen zu, dass Standorte mit Bedacht ausgewählt werden müssen und dass Interessen von Anwohnern, Interessen des Naturschutzes und Interessen der Tourismuswirtschaft einbezogen werden müssen. Diese Argumente nutzen Sie jedoch permanent, um sich der Windkraft komplett zu verschließen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Darüber kann man streiten. Wenn Sie Windkraft aber dort verhindern, wo sie keinen Schaden anrichtet, niemanden stört und für alle Beteiligten einen Gewinn darstellt, weil wir über gerodete Flächen sprechen, Herr Schulte, dann ist das für uns in der SPD-Fraktion nicht mehr nachvollziehbar.

Weite Teile der Tausende Hektar Wald, die beim Orkan „Kyrill“ vor anderthalb Jahren zerstört wurden, sind bis heute nicht aufgeforstet worden. Davor macht die Gesundbeterei über Landesprogramme keinen Halt. Die Betreiber dieser Flächen leiden bis heute an den wirtschaftlichen Folgen dieses Orkans. Wir haben also genügend Flächen, auf denen Windkraftanlagen gebaut werden könnten, ohne, Kolleginnen und Kollegen, dass der Wald gerodet werden müsste. Die Experten sind sich einig, dass die Anlagen, die dort an der richtigen Stelle gebaut

werden könnten, keine Nachteile für Natur und Tierwelt hätten.

Die SPD-Fraktion unterstützt daher den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen. Was uns besonders wundert, Kolleginnen und Kollegen, ist die Tatsache, dass auch einzelne Mitglieder der Regierungsfraktionen diese Vorteile schon früh erkannt haben.

(Minister Eckhard Uhlenberg: Einer!)

So schrieb beispielsweise der Kollege Brockes am 3. November 2001 auf seiner Website, die ich mit Genehmigung des Präsidenten zitiere

(Christian Lindner [FDP]: Das war 2001!)

er war sehr weitsichtig, Herr Lindner –:

Die Lösung, Windenergieanlagen, in einem Waldgebiet aufzustellen, hat durchaus Charme...

Das sehen wir auch so. Weiter heißt es: Es muss

wenigstens gelten, die unvermeidbaren Anlagen möglichst weit weg von der Wohnbebauung zu errichten und sie... in das Landschaftsbild zu integrieren.

Herr Brockes hat damals mit „unvermeidbar“ natürlich auf die rot-grüne Landesregierung und ihre Energiepolitik gezielt. Heute aber, Kolleginnen und Kollegen, angesichts einer Weltwirtschaftskrise, steigender Energiepreise und Naturkatastrophen haben wir keine Alternative. Die Energiewirtschaft muss auf die Windkraftnutzung setzen.

(Christian Lindner [FDP]: Ach, das ist ab- surd!)

Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen von CDU und FDP, Sie werden nicht müde, immer wenn es passt, auf unionsregierte Länder zu verweisen. Auch dieser Blick über die Landesgrenzen belehrt uns eines Besseren; Herr Priggen hat das vorhin erwähnt. Der Freistaat Bayern – lange von der Union regiert –

(Minister Eckhard Uhlenberg: Immer noch!)

handelt in dem Bereich vorbildlich. Die Staatsforste suchen aktiv nach Windkraftanlagenbetreibern. Hierzu gibt es sogar Informationsbroschüren für die Interessierten.

Darin heißt es, die bayerischen Staatsforste hätten bereits langjährige Erfahrungen mit Windenergieanlagen im Staatswald gesammelt. Es habe sich gezeigt, dass die Anlagen keinerlei negative Auswirkungen auf den umliegenden Wald und die vorkommenden Wildtiere hätten. Die Windenergieanlagen seien kaum sichtbar, die Waldbäume bildeten einen sehr effizienten natürlichen Schutz, so die bayerische Waldverwaltung.

Nehmen Sie sich an diesem Beispiel ein Vorbild. Wenn Sie uns immer in Ihrer „Privat-vor-Staat“Mentalität sagen, Freiheit sei wichtig, dann geben

Sie den Kommunen doch die Freiheit zu entscheiden, wo Windkraftanlagen eingerichtet werden.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

In allen anderen Fällen ist es, folgt man Ihnen, immer richtig, wenn die Kommunen diese Handlungsfreiheit haben. Geben Sie ihnen diese Handlungsfreiheit im Rahmen der Gesetze und lassen Sie den Menschen eine Perspektive – gerade in den von „Kyrill“ betroffenen Gebieten! – Schönen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Stinka. – Für die FDP-Fraktion erhält Herr Brockes das Wort, der eben schon angesprochen wurde. Bitte schön.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Jetzt erklärt Herr Brockes seine Homepage!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jetzt weiß ich auch, wer damals auf meiner Homepage war, Herr Stinka.