Protocol of the Session on October 23, 2008

Leider geht es aber im vorliegenden Fall nicht um den Frühlingsbeginn, den das Murmeltier verkündet, sondern um das bereits seit Wochen andauernde Oppositionsgeschrei, die Landesregierung würde die Annahme der Einnahmen aus dem Emissionshandel verweigern. Nur weil man den Antrag in jede Sitzung einbringt, heißt das noch lange nicht, dass die Forderung sinnvoller wird.

Frau Thoben hat es Ihnen schon x-mal erklärt. Auch ich habe es Ihnen schon des Öfteren erläutert und werde es gern noch einmal tun.

(Norbert Römer [SPD]: Erfolglos!)

Meine Damen und Herren, als Energie-, Industrie- und Innovationsland Nummer eins ist die Ausgestaltung des Emissionshandels für Nordrhein-Westfalen von existenzieller Bedeutung. Die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen setzen sich mit aller Kraft für die Interessen Nordrhein-Westfalens ein. Das bedeutet, dass wir uns bei der Ausgestaltung des Emissionshandels weiterhin gegen eine Vollauktionierung wehren, weil die Folgen für dieses Land verheerend wären. Deshalb ist im Moment diese erste Stufe unser Hauptanliegen. Denn wir müssen doch einen Schritt nach dem anderen machen.

Jetzt geht es erst einmal um die Ausgestaltung des Emissionshandels, da das letzte Wort noch lange nicht gesprochen ist, Herr Kollege Priggen. Die Verhandlungen auf der EU-Ebene laufen gerade erst. Erst wenn die Ausgestaltung klar ist und wir wissen, welche Erlöse ab 2013 durch den Emissionshandel überhaupt anfallen, kann man sich sinnvoll Gedanken darüber machen, wie man darauf reagiert und mit den möglichen Einnahmen entsprechend planen kann. Wir werden uns zu gegebener Zeit dafür einsetzen, dass NordrheinWestfalen das Stück vom Kuchen bekommt, das ihm zusteht. Das versteht sich von selbst.

Ihre Anträge dazu könnten Sie sich schenken. Das würde im Übrigen jede Menge Papier sparen, Herr Kollege Priggen.

(Beifall von der FDP)

Aber vielleicht ist das ja Ihr Antirezessionsprogramm zur Stärkung der heimischen Papierindustrie,

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

die bekanntlich vom Emissionshandel vernichtet werden würde.

(Christian Lindner [FDP]: Sehr gut!)

Ich möchte aber noch einen anderen Aspekt in den Vordergrund rücken. Grüne wie SPD wollen immer die Vollauktionierung der Zertifikate. Dabei freuen sie sich immer über die vielen Milliarden Euro, die das bringen würde und die nach NordrheinWestfalen zu holen seien.

Dass das Geld nicht einfach vom Himmel fällt, dass die Energieversorger und die Unternehmen das aufbringen müssen, sagen Sie nicht, sondern verschweigen es absichtlich. Wer das zahlen muss, ist allen klar, meine Damen und Herren: Das sind Sie, liebe Verbraucherinnen und Verbraucher! Sie kommen für höhere Strompreise und andere Preissprünge auf, die an die Verbraucherinnen und Verbraucher und an die Unternehmen weitergegeben werden.

Damit entziehen Sie von den Oppositionsfraktionen der Volkswirtschaft wieder einmal Kaufkraft in erheblicher Höhe. Heute Morgen haben wir über ein Antirezessionsprogramm diskutiert, für das die Grünen Milliarden Euro Schulden machen wollen.

Ich sage Ihnen: Der Verzicht auf die Vollauktionierung wäre das beste Konjunkturprogramm, weil es einer weiteren Belastung unserer Bürgerinnen und Bürger entgegenwirken würde, meine Damen und Herren!

(Beifall von der FDP)

Ich möchte abschließend zusammenfassend sagen: Wir setzen uns energisch für die Interessen des Landes Nordrhein-Westfalen ein. Die Vollauktionierung wäre ein historischer Fehler, der NordrheinWestfalen erheblichen Schaden zufügen würde. Die Landesregierung wird sich zu gegebener Zeit für einen angemessenen Rückfluss der Einnahmen aus dem Emissionshandel stark machen.

Deshalb sage ich Ihnen, lieber Kollege Priggen: Packen Sie endlich das Murmeltier wieder ein. Ihre Aufforderung zur Vertretung der Interessen des Landes Nordrhein-Westfalen braucht diese Landesregierung nicht. – Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Für die Landesregierung hat nun Frau Ministerin Thoben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist bemerkenswert. Mit der Forderung, die Landesregierung

möge sich darum kümmern, dass ein angemessener Anteil der Einnahmen aus dem Emissionshandel nach Nordrhein-Westfalen zurückfließt, greift sie ein Anliegen auf, das wir bereits in diesem Haus diskutiert haben, nämlich im Zusammenhang mit dem SPD-Antrag „Investitionsprogramm Emissionshandel für NRW“.

Ich verstehe nicht, warum Sie so schnell aufgeben. Ich habe sonst immer gemeint, Sie seien relativ kämpferisch.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Oh!)

Herr Römer findet nicht einen Satz dazu, ob er den Verzicht auf Benchmarks für sachgerecht hält oder nicht. So aufzugeben, bedeutet, dass man Weichenstellungen vollzieht. Andere europäische Mitgliedstaaten mögen sich darüber freuen; wir werden daran keine Freude haben, Herr Römer!

(Zuruf von Norbert Römer [SPD])

Ich verstehe nicht, warum Sie die Flinte so ins Korn werfen.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Die Einzige, die die Flinte ins Korn wirft, sind Sie!)

Das Europäische Parlament ist kompliziert – ich drücke das vorsichtig aus –, fast noch komplizierter als der Landtag von Nordrhein-Westfalen, da die Mehrheiten noch schwieriger darzustellen sind. Aber wir haben im ersten Anlauf erreicht – das muss ich Ihnen noch einmal sagen –, dass eine Allianz industriestarker Regionen zustande gekommen ist. Wir haben erreicht, dass die Bundesregierung für stromintensive Branchen eine besondere Regelung vertritt, was sie ursprünglich gar nicht vorhatte.

(Norbert Römer [SPD]: Frau Thoben, schau- en Sie doch in den Bundestagsbeschluss hinein!)

Meinen Sie denn eigentlich, daran würden wir nicht mitwirken? Ich will Ihnen dazu Folgendes sagen: Im Moment ist überhaupt noch nicht klar, wie viel vom Geld die Brüsseler behalten wollen. Auch dabei tun wir gut daran, gemeinsam zu sagen: In der ersten Runde schauen wir erst einmal, was wir in der Sache noch erreichen können.

(Vorsitz: Vizepräsident Edgar Moron)

Für den Klimaschutz bewirkt das, was wir hier debattieren, nichts. Ob Sie eine verringerte Menge an Zertifikaten kostenlos abgeben oder sie versteigern, ist in Bezug auf die Klimawirkung unerheblich. Das müsste Ihnen klar sein. Angesichts der Wirtschaftslage – ich plädiere noch einmal dafür – muss unser Interesse sein, dass das Kraftwerkserneuerungsprogramm nicht durch solche Mätzchen hinausgeschoben wird.

Ich will einen zweiten Grund nennen: Ich bin ganz sicher, dass wir uns angesichts der Wirtschaftsla

ge – die Beratungen in den kommenden Monaten werden ausreichend Anlass bieten – alles verkneifen sollten, was zur weiteren Verteuerung von Energie beiträgt. Ich bin zutiefst überzeugt, dass dies meine Pflicht ist. Das ist nicht das Reiten auf einem toten Pferd. Herr Römer, mir würden bei Ihnen tote Pferde einfallen, Grubenpferde, wenn ich das so sagen darf.

(Britta Altenkamp [SPD]: Frau Thoben, for- dern Sie nicht heraus, dass wir erklären, was uns bei Ihnen einfällt)

Ach Gott.

(Zuruf von Dr. Jens Petersen [CDU])

Im Moment ist weder klar, was in Brüssel verabredet wird, noch welcher Anteil der Finanzen auf europäischer Ebene, wenn es dazu kommt, was Sie vermuten, in Europa gehalten wird. Dazu sage ich Ihnen: Wir haben im vorigen Jahr – dazu mussten Sie uns gar nicht auffordern – auf Bundesebene dafür gekämpft, dass Nordrhein-Westfalen an den 10 % der Versteigerungserlöse beteiligt wurde.

Herr Steinbrück hat uns nicht geholfen, Herr Römer.

(Norbert Römer [SPD]: Ihnen ist auch nicht zu helfen!)

Das hat nicht geklappt. Wir sind gut aufgestellt, wenn wir unsere Interessen formulieren und so vortragen.

Ich sage Ihnen: Wir machen unsere Hausaufgaben, aber wir werfen die Flinte nicht so schnell ins Korn, wie Sie es möchten.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/7673 an den Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie. Die abschließende Beratung und Abstimmung wird dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Sie sind einverstanden? – Es widerspricht niemand. Damit ist die Überweisung des Antrags beschlossen.

Wir kommen zügig zu:

10 Landesregierung muss Agrarpolitik an die Herausforderungen der Zukunft anpassen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/7670

Eine Debatte ist hierzu nicht vorgesehen. Die Beratung und Abstimmung soll nach Vorlage einer Be

schlussempfehlung des federführenden Ausschusses erfolgen. Sie sind, denke ich, damit einverstanden.