Wenn Sie nicht mehr wollen, dann geht das auch. – Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Wir kommen zur nächsten Rednerin. Das ist für die Fraktion der Grünen Frau Dr. Seidl.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mehr Lehre braucht mehr Stellen. Das ist doch eine ganz einfache Gleichung, die grundsätzlich richtig ist. Dass unsere Hochschulen, Herr Lindner, schlecht ausgestattet sind, räumt ja sogar unsere Landesregierung ein. Schade nur, dass Ihnen zur Verbesserung der Lage in erster Linie einfällt, anderen Leuten – in diesem Fall den Studierenden – in die Tasche zu greifen und fröhlich deren Geld zu verteilen – das ist es doch – …
… mit dem Effekt, dass Sie viele von denen, die nichts in der Tasche haben, abschrecken, sich überhaupt auf den Weg in die Hochschule zu machen.
Das ist natürlich auch eine Möglichkeit, das Betreuungsverhältnis zu verbessern: Statt mehr Lehrende einfach weniger Studierende. Das ist vielleicht eine Möglichkeit, aber angesichts des eklatanten Fachkräftemangels, der uns in den kommenden Jahren begleiten wird, sicher nicht die sinnvollste.
Genauso wenig ist es natürlich eine Lösung, nicht mehr Lehrende einzustellen, sondern den vorhandenen Lehrenden einfach mehr Arbeit aufs Auge zu drücken. Aber das ist aus unserer Sicht eigentlich nicht der Kern des Problems.
Ich glaube, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Kern des Problems zeigt sich sehr deutlich allein schon in dem Begriff Lehrverpflichtungsverordnung. Dieses Wort entspringt nämlich einer Logik, einer Denkweise, nach der Lehre eine so unangenehme Verpflichtung ist, dass man ihre Erfüllung ausdrücklich verordnen muss.
Da liegt aus unserer Sicht das eigentliche Problem. Wie soll sich die Qualität der Lehre in unseren Hochschulen signifikant verbessern, wie soll gute Lehre jemals zu einem Qualitätsausweis von Hochschulen, zu einem Zeichen von Exzellenz werden, wenn Lehre letztlich von allen Beteiligten lediglich als eine mehr oder weniger lästige Pflicht empfunden wird? Eine lästige Pflicht, der sich die eine Seite möglichst mit Tricks und Winkelzügen zu entziehen versucht, während sich die andere Seite Instrumente und Verfahren ausdenkt, um deren Einhaltung zu überwachen und sicherzustellen.
Was wir wirklich brauchen, ist eine Veränderung nicht der Lehrverpflichtung, sondern der Lehrqualität und des Lehrverständnisses an unseren Hochschulen.
Nun bin ich natürlich nicht so weltfremd, dass ich fordern würde, die Lehrverpflichtungsverordnung einfach ersatzlos zu streichen, um dann zu erwarten, dass sich alle Professorinnen und Professoren plötzlich freiwillig und ohne Verpflichtung für eine Verbesserung der Lehre einsetzen.
Aber ich fordere Sie schon auf, Herr Minister, sich ein wenig mehr Gedanken nicht nur über die Quantität, sondern auch über die Qualität der Lehre zu machen.
Wenn Sie sich schon mit der Quantität beschäftigen, was sicher auch notwendig ist, dann sollten dabei auch einige neue Instrumente jenseits der alten Lehrverpflichtungsverordnung eine Rolle spielen. Wir haben schon vor einiger Zeit vorgeschlagen, flexiblere Modelle einzuführen, zum Beispiel die Möglichkeit, in Zeiten der steigenden Studienberechtigtenzahlen mehr zu lehren, um diese geleistete Mehrarbeit dann in einigen Jahren in Form von Ermäßigungen zurückzuerhalten.
In diesem Zusammenhang haben wir auch die vorzeitige Wiederbesetzung von Professuren vorgeschlagen sowie eine differenzierte Struktur des Lehrpersonals, um speziell die Lehre zu stärken. Unsere Anträge haben Sie damals leider abgelehnt. Aber vielleicht können Sie und Ihr Haus, Herr Minister Pinkwart, an diese und andere von uns vorgetragene Ideen trotzdem den einen oder anderen Gedanken verschwenden, anstatt sich nur mit der Neujustierung alter Instrumente zu beschäftigen, die im Kern auf eine falsche Logik zurückgehen und veraltete Denkweisen verfestigen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Seidl. – Für die Landesregierung hat Herr Minister Dr. Pinkwart das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst die falschen Behauptungen in Ihrem Antrag ausräumen, Frau Boos.
Das einzig Richtige daran ist, dass die geltende Lehrverpflichtungsverordnung am 14. August kommenden Jahres außer Kraft tritt und wir bis dahin eine neue brauchen, für die auch Frau Seidl ist. Wenn es eine neue gibt, ist es üblich, dass man sie vorbereitet. Damit beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe.
Diese Arbeitsgruppe befasst sich aber nicht mit der Erhöhung der Lehrverpflichtung. Die Letzte, die das getan hat, haben Sie als Partei und Fraktion mitgetragen: Es war die Vorgängerregierung. SPD und Grüne haben die Lehrverpflichtung gerade an den Universitäten – im Übrigen studieren drei von vier Studenten, also rund 400.000, in NordrheinWestfalen an Universitäten – erhöht, und zwar für alle an den Hochschulen Tätige: Sowohl bei den Professoren, bei den wissenschaftlichen Mitarbeitern als auch bei den Akademischen Oberräten haben Sie die Deputatsverpflichtung erhöht. Heute wird etwas kritisiert, was wir nicht tun. Sie hätten es
Wir wollen im Rahmen der Lehrverpflichtungsverordnung etwas anderes erreichen, nämlich helfen, die besonderen Bedingungen des Bachelor- und Masterprozesses zu berücksichtigen, da die Arbeit gerade an den Universitäten heute etwas anders aussieht, zum Beispiel mehr Betreuungsaufwand bei den Lehrveranstaltungen anfällt. Damit wir qualitätssichernd wirken, wird das Eingang finden, etwa indem wir die Betreuung von Abschlussarbeiten und dergleichen Dinge bei den zu leistenden Deputatstunden stärker anerkennen.
Frau Seidl, dann haben Sie angesprochen, welche innovativen Vorschläge Sie gemacht hätten. – Wir haben das nur abgelehnt, weil wir es schon eingeführt hatten. Sonst hätten wir Ihren Antrag vielleicht noch begrüßen können, aber da wir es schon gemacht hatten, konnten wir damit nichts anfangen.
Wir haben das Bandbreitenmodell beschlossen. Im Rahmen des Hochschulpakts haben wir vorgezogene Professuren mit den Hochschulen verabredet. Was die Qualität der Lehre insgesamt betrifft, haben wir Studienbeiträge mit einem riesigen Einnahmeplus in dreistelliger Millionenhöhe für die Hochschulen eingeführt.
Jahr für Jahr können Professorinnen und Professoren jetzt endlich eine qualitätsvolle Lehre machen – etwas auf das sie bei Ihnen lange verzichten mussten.
Das hat sich verändert, aber nicht in der Weise, wie es Frau Boos leider erneut falsch gesagt hat, nämlich dass wir Studienbeiträge nutzen würden, um die Kapazität zu erhöhen. Wir haben Ihnen ein entsprechendes Gutachten von externen Evaluatoren – Studentenwerk, Stifterverband – zugeleitet, die dargelegt haben, dass die Studienbeiträge nach ihrer Analyse rechtmäßig verwendet worden sind, das heißt: eben nicht kapazitätserhöhend, sondern zur Verbesserung der Qualität von Studium und Lehre.
Wir sind die Landesregierung, die sich nicht nur einmal, sondern fortlaufend evaluieren lässt. Deswegen haben wir für das nächste Jahr schon eine weitere Evaluation in Auftrag gegeben, um das erneut überprüfen zu lassen.
Hier ist sichergestellt: Wenn es zu Kapazitätserhöhungen kommt, dann gibt es dafür zusätzliches Geld vom Staat, etwa durch den Hochschulpakt, wie er dankenswerterweise vom Landtag beschlossen worden ist. Wir gehören zu den wenigen Bundesländern, die das Bundesgeld echt kofinanzieren, sprich: tatsächlich zusätzliches Geld in die Hand nehmen. Es gibt Bundesländer, die – das stimmt – die Lehrverpflichtungsverordnung bzw. die Kapazitätsverordnung einfach geändert haben. Wir in
Nordrhein-Westfalen haben 1:1 zum Bundesgeld zusätzliches Landesgeld bereitgestellt, damit die neue Kapazität tatsächlich vom Staat finanziert wird, damit die Studierenden mit ihren Beiträgen ausschließlich darüber hinausgehende Qualitätsverbesserungen für sich ermöglichen.
Das wird von den Hochschulen hervorragend genutzt, indem Preise für die beste Lehre vergeben oder innovative Projekte gefördert werden. Das hätte man früher auch gerne an Hochschulen gemacht, Frau Seidl. Als Sie die Verantwortung hatten, gab es dafür aber schlicht und ergreifend kein Geld. Das Geld, das man aus Langzeitstudienkonten hätte bereitstellen können, haben Sie beim Finanzminister abgeliefert.
Lassen Sie also bitte die Kirche im Dorf und schauen sich ganz unaufgeregt das an, was sich hier sehr zum Vorteil verändert. Das wäre nicht nur für Sie gut, sondern vor allen Dingen auch für die interessierte Öffentlichkeit, die dann noch klarer sehen würde, welche Fortschritte hier erreicht werden konnten. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/7663 an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie. Dort soll in öffentlicher Sitzung abschließend beraten und abgestimmt werden. Wer stimmt dem zu? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Die Überweisung ist einstimmig so beschlossen.
Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion Herrn Kollegen Priggen das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Emissionshandel ist nach langen Diskussionen von der Europäischen Union eingeführt worden. Er befindet sich in seiner zweiten Periode. Jetzt wird die konkrete Ausgestal
Dabei zeichnet sich nach den Beschlüssen der Bundesregierung ab, dass die Emissionsrechte für die Stromwirtschaft ab 2013 zu 100 % versteigert werden. Wir reden an der Stelle über Einnahmen von – je nachdem, was man zugrunde legt – von 30 bis 40 €/t CO2; die Landesregierung spricht selber von bis zu 40 €/t. Es geht, um die Zahlen in Summe zu nennen, um 12 bis 14 Milliarden € pro Jahr, die die Bundesregierung dann einnehmen wird. Auch in diesem Jahr nimmt sie bereits rund 1 Milliarde € ein.
Das Ziel des Antrags und der weiterführenden Debatte ist, dass wir uns zusammen dahin gehend aufstellen, dass ein entsprechender Anteil der Einnahmen wieder an die Länder ausgegeben wird, die diese Einnahmen im Wesentlichen aufbringen.
Denn die Lastenverteilung ist dabei sehr unterschiedlich. Nordrhein-Westfalen wird im Bereich Strom etwa bis 50 % der Einnahmen des Bundes stellen müssen. Das liegt an der hohen Kohlelastigkeit unserer Stromerzeugung. Es kann nicht angehen, dass diese Einnahmen komplett beim Bund bleiben und die Landesregierung ihr ambitioniertes Klimaschutzprogramm – 30 % CO2-Reduktion – nicht umsetzen kann, weil Sie keinerlei Finanzierungsmöglichkeiten dafür hat.
Sie wollen die Gebäudesanierung von 0,5 % pro Jahr – das ist der reale aktuelle Wert – auf 3 % pro Jahr steigern. Wir halten diese 3 % für eine ambitionierte, sinnvolle Zielgröße; aber dann müssen auch Gelder dafür zur Verfügung gestellt werden, weil Wünschen allein nicht genügt. Die Position, nach der all das in Berlin landet, von dort aus weiterverteilt wird und nicht anteilmäßig nach NRW zurückläuft, ist aus unserer Sicht grundsätzlich falsch.
Das heißt, die Landesregierung müsste eigentlich ständig in Berlin intervenieren und sagen: Ein Teil der Einnahmen aus dem Emissionshandel muss wieder entsprechend der Zurverfügungstellung an die Länder ausgeschüttet werden. Bei der Größenordnung, die ich eben genannt habe – für dieses Jahr 1 Milliarde –, kommen 440 bis 500 Millionen aus Nordrhein-Westfalen. Wir haben einen zurückfließenden Anteil von 30 % beantragt, wissend, dass der Bund seinen Anteil für internationale Klimaschutzmaßnahmen braucht. Wenn nur 10 % an die Länder zurückfließen würden, würden wir dieses Jahr von über 50 Millionen € für NRW reden. Bei den weiteren Ausgestaltungen werden es mehr.
Nicht zu sagen, wir brauchen diesen Anteil, um das in NRW Notwendige machen zu können, ist eine versäumte Chance. Diese Landesregierung ist die einzige aller 16 Bundesländer, die bisher die Auffassung vertritt, dass die Emissionsrechte kostenlos