Deshalb fordern wir die Landesregierung erneut auf, beim Emissionshandel endlich die tatsächlichen Interessen Nordrhein-Westfalens zu vertreten. Es geht um unser Land, und es geht um die Interessen der Menschen in unserem Land.
Unser heutiger Antrag schließt nahtlos an unseren gemeinsamen Antrag mit den Grünen vom 27. August 2008 an. Dieser Antrag beschreibt die Ausgangssituation Nordrhein-Westfalens.
Eines ist dabei klar: Wir reden hier nicht nur über die dritte Handelsperiode ab 2013. Bereits im Jahr 2008 werden rund 1 Milliarde € aus der Versteigerung von lediglich 10 % der Zertifikate dem Bundeshaushalt zufließen. Hiervon werden ca. 440 Millionen € aus Nordrhein-Westfalen finanziert sein. Herr Weisbrich, von den ab 2013 zu erwartenden Einnahmen des Bundes in Höhe von ca. 10 Milliarden € werden jährlich 4 bis 5 Milliarden € allein aus Nordrhein-Westfalen kommen.
Dieses Geld muss in Nordrhein-Westfalen künftig in Klimaschutzmaßnahmen investiert werden. Wenn sich die Landesregierung auf der Bundesebene aber auch weiterhin nicht aktiv für eine Verwendung dieser Mittel in Nordrhein-Westfalen einsetzt, steht zu befürchten, dass auch zukünftig ein großer Teil der Mittel aus Nordrhein-Westfalen nicht nach Nordrhein-Westfalen zurückfließt. Dann ist das Geld ein für alle Mal futsch, und dann haben Sie das zu verantworten, Frau Thoben.
Meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, deshalb brauchen wir ein Investitionsprogramm Emissionshandel für Nordrhein-Westfalen. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, sich endlich aktiv dafür einzusetzen, dass die Mittel – 44 % –, die bundesweit aus den Erlösen des Emissionshandels entstehen, auch in NordrheinWestfalen wieder eingesetzt werden können und dass der Emissionshandel auf der europäischen Ebene die Interessen der energieintensiven Industrie Nordrhein-Westfalens berücksichtigt. Hier darf die Landesregierung nicht herumlamentieren und sich verzetteln.
Frau Thoben, unterstützen Sie einfach die Position, die Sigmar Gabriel gemeinsam mit der IG Metall entwickelt hat. Ich habe mit Interesse vernommen, dass sich die CDU in Nordrhein-Westfalen – zum Entsetzen ihres Koalitionspartners – ein bisschen bei den Gewerkschaften anbiedern will. Unterstützen Sie also die IG Metall! Helfen Sie mit, dass gegenüber der Europäischen Kommission Folgendes durchgesetzt wird:
erstens die Vollausstattung in der Industrie nach Benchmarks, vor allen Dingen eine Investitionssicherheit durch zeitnahe Entscheidungen über diese Benchmarks deutlich vor 2010;
zweitens eine beihilferechtliche Absicherung, damit in den Mitgliedstaaten Auktionserlöse genutzt werden können, um in energieintensiven Branchen Wettbewerbsverzerrungen durch steigende Strompreise zu kompensieren;
drittens eine Energiesparoffensive aus den Erlösen, die Verbraucherinnen und Verbraucher, Unternehmen sowie Kommunen beim Energiesparen unterstützt. Hier gibt es sehr viele Beispiele, wie wir den Dreiklang – denn darauf kommt es an – hinbekommen können: Klima schützen, Kosten senken, Arbeit schaffen.
Wir haben in unserem Antrag Beispiele genannt. Sie zeigen das gesamte Spektrum. Ich will das nicht im Einzelnen aufführen. Dazu gehören ein EineMillion-Dächer-Programm für thermische Solaranlagen und der Austausch klimaschädlicher Elektroheizungen.
Aber eines ist in diesem Zusammenhang ganz wichtig: Alle diese Maßnahmen senken den Energieverbrauch direkt und unmittelbar. Das ist vernünftig, und das sollten wir auch gemeinsam tun.
Deshalb müssen wir auch die Energieerzeugung zukunftsfest machen. Dabei kommt es darauf an, mit den Erlösen aus dem Emissionshandel ein Investitionsprogramm aufzulegen. Dieses Investitionsprogramm Emissionshandel für NRW fördert Investitionen, die den Primärenergieverbrauch massiv senken. Für Nordrhein-Westfalen ist das besonders wichtig.
Wir haben die Punkte einzeln aufgeführt. Sie können sie nachlesen. Mir kommt es auch darauf an, hier noch einmal herauszustellen, dass wir vor allen Dingen auch die Zukunftstechnik CCS aus den Mitteln des Emissionshandels mit finanziell fördern wollen, weil wir in Nordrhein-Westfalen Abscheidung, Transport und Lagerung von CO2 zu einem Exportschlager machen wollen.
Kolleginnen und Kollegen vor allem von den Regierungsfraktionen, ich fordere Sie auf: Unterstützen Sie unseren Antrag. Helfen Sie mit, ein solches Investitionsprogramm für Nordrhein-Westfalen zu schaffen, mit dem wir das Klima schützen, die Kosten begrenzen und Arbeitsplätze schaffen. Das wäre gut für unser Land, für die Menschen in unserem Land. Glück auf!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Römer, wenn ich die Verbalinjurien während Ihres mündlichen Vor
trags einmal weglasse und mich auf Ihren Antrag konzentriere, muss ich sagen: Bei der Lektüre Ihres Antrags „Investitionsprogramm Emissionshandel für NRW“ war ich zunächst ganz angetan. Endlich einmal ein Antrag der SPD, über den zu debattieren sich überhaupt lohnt!
Die zentralen Schlussfolgerungen aber sind es leider nicht. Zum einen fehlt ganz offensichtlich das Verständnis für die entscheidenden Wirkungszusammenhänge in der Energiewirtschaft. Zum anderen blitzt bei Ihnen immer wieder die alte sozialdemokratische Sehnsucht danach auf, sich über Subventionsvergaben lieb Kind zu machen. Nach dem Ende der Kohlesubventionen schwebt Ihnen offenbar ein neues Netzwerk zwischen Politik, Gewerkschaften und Wirtschaft vor.
Aber, verehrter Kollege Römer, so treuherzig Sie das auch formulieren mögen: Wenn es um Subventionen für den Kraftwerksneubau geht, lachen wirklich die Hühner. Die wird es mit uns ganz bestimmt nicht geben.
Einzelne Forderungen in Ihrem Antrag sind sicherlich vernünftig, zum Beispiel die energetische Sanierung von Gebäuden, eine flächendeckende Energieberatung, Maßnahmen zugunsten einer umwelt- und klimafreundlichen Mobilität oder die Forschungspakete zu erneuerbaren Energien, der Netzintegration und der CO2-Abscheidung.
Nur, Herr Kollege Römer, Sie wissen eines: Die Landesregierung hat das doch längst angepackt, zum Beispiel mit Programmen wie „Mein Haus spart“, „Alleenradwege auf stillgelegten Bahntrassen“ oder neuen Forschungseinrichtungen für Energiewirtschaft an unseren Hochschulen.
Da brauchen Sie wirklich niemanden zur Jagd zu tragen. Im Gegenteil, Sie müssen früher aufstehen. Sie sollten nicht immer Anträge stellen, die schon längst erledigt sind.
Aber nun zum Grundsätzlichen. Herr Römer, Sie sind offenbar darauf aus, bei den Unternehmen möglichst viel Liquidität abzuschöpfen, damit Sie dann über Subventionen ganz viel umverteilen können.
Wir möchten das Auktionsmodell auf sinnvolle Anwendungsfälle beschränken. Im Übrigen – auch das müssen Sie sich einmal merken – können Sie Erlöse aus dem Emissionshandel nicht in zweistelliger
Milliardenhöhe verteilen, wenn Sie eine sachgerechte Vollausstattung der energieintensiven Industrie mit den benötigten Zertifikaten fordern.
Entweder Sie nehmen das Geld von der Industrie weg, dann können Sie es verteilen, oder Sie nehmen es nicht weg, und dann können Sie es nicht verteilen. Wir begrüßen durchaus, dass Sie die energieintensiven Betriebe etwas schützen wollen. Aber, wie gesagt: Geld, das nicht hereinkommt, kann man auch nicht verteilen.
Käme es, Kollege Römer, zu einer Vollauktionierung, dann wären die Folgen für Verbraucher, Wirtschaft und Klima erschreckend. Investitionsstopp, längere Laufzeiten für veraltete Kohlekraftwerke, explodierende Strompreise und die Gefährdung der Versorgungssicherheit sind nur einige der drohenden Risiken.
Näheres können Sie gern dem Gutachten des Energiewirtschaftlichen Instituts in Köln – ewi – entnehmen, das Nordrhein-Westfalen zusammen mit Sachsen und dem Saarland dort in Auftrag gegeben hat. Genau an dieser Ecke müssen wir versuchen, uns gemeinsam gegen Brüssel zu positionieren, denn wie die dortige Debatte im Umweltausschuss zeigt, ist die EU mal wieder dabei, das Kind mit dem Bade auszuschütten.
Während Sie im Hinblick auf die energieintensiven Industrien grundsätzlich vernünftig argumentieren, vermisse ich diese Vernunft, wenn Sie die sofortige Vollauktionierung in der Energiewirtschaft fordern. Ihr Ziel ist die Beschaffung von Staatsknete, die Sie liebend gern für Wahlgeschenke an anderer Stelle nutzen möchten. Dabei übersehen Sie, welche Folgen eine solche Politik hätte.
(Norbert Römer [SPD]: Herr Glos fordert das auch! – Carina Gödecke [SPD]: Das interes- siert hier nicht! – Norbert Römer [SPD]: Das ist eine alte Platte!)
Wegen der unterschiedlichen spezifischen Emissionen der Brennstoffe, die Ihnen aus Ihrer Lobbytätigkeit für die IG BCE bestens bekannt sind, käme es zu einer Änderung der Rangfolge für die Verstromung: weg von Braun- und Steinkohle hin zu Erdgas. Bei der hohen Importabhängigkeit für den Erdgasbezug von wenigen und dann auch noch kritischen Lieferländern würde das mit Sicherheit auf die Preise durchschlagen.
Mit der Abschöpfung der Kosten für die CO2Zertifikate würden sich der wirtschaftliche Spielraum und die Anreize für Kraftwerksneubauten verringern. Ein längerer Betrieb der ineffizienten Altanlagen mit höheren Grenzkosten wäre die Folge und würde bei weniger Klimaschutz die Strompreise ebenfalls in die Höhe treiben. Standorte und Arbeitsplätze der stromintensiven Industrie in Deutschland wären ge
fährdet, wenn das Auktionssystem nicht weltweit eingeführt wird. Wir sind keine Insel, wir müssen auch sehen, was die anderen machen.
Wegen des unterschiedlichen Strommixes in Ländern der EU käme es zu massiven Wettbewerbsverzerrungen, beispielsweise zwischen Deutschland mit seinem hohen Anteil fossiler Energieträger in der Stromerzeugung und Frankreich mit seinem hohen Anteil an Kernenergie. Sie wollen uns ja immer weismachen, wir müssten sofort heraus aus der Kernenergie, übersehen aber, was es schon im europäischen Maßstab bedeutet, wenn Länder wie Frankreich vom Klimaschutz her praktisch keine Kostenauflagen haben und wir die ganze Last tragen müssen. In Deutschland tragen wir ohnehin schon 75 % der Kyoto-Kosten. Irgendwann muss einmal Schluss sein. Darüber müssen auch Sie sich Gedanken machen.
Zusammengefasst will ich Folgendes sagen: Ihr Vorschlag hätte zur Folge, dass die unverzichtbare Erneuerung des Kraftwerksparks in NordrheinWestfalen zurückgestellt würde – das wissen Sie genauso gut wie ich –, neue Belastungen auf Endkunden und stromintensive Industrien zukämen, eine zunehmende Importabhängigkeit durch einen höheren Anteil von Erdgas in der Verstromung entstünde sowie Arbeitsplätze durch Standortverlagerungen in der stromintensiven Industrie gefährdet würden. Entsprechende Vorbereitungen zur Standortverlagerung beispielsweise in der Zementindustrie, aber nicht nur dort, sind bereits getroffen und in den letzten Tagen durch die Presse gegangen.
Verehrter Herr Kollege Römer, Sie werden daher Verständnis haben, dass wir Ihrem Antrag insgesamt nicht zustimmen können und uns lieber darauf verlassen, dass die Landesregierung die Belange Nordrhein-Westfalens auf allen Ebenen wirtschaftlich, wirksam und bürgernah vertritt. – Schönen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Weisbrich. – Die FDP-Fraktion schickt nun Ihren Sprecher Herrn Brockes an das Pult. Bitte schön, Herr Brockes.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich finde es gut und richtig, dass wir heute über den Emissionshandel diskutieren, denn in den nächsten Wochen stehen gerade für den Industriestandort Nordrhein-Westfalen wichtige Entscheidungen an, die ihn über Jahrzehnte betreffen werden. Deshalb ist es wichtig, dass Deutschland in Brüssel aus einem Munde spricht und seine Interessen als Industrie-, Energie- und Innovationsstandort energisch vertritt.
Vor diesem Hintergrund ist es begrüßenswert, dass sich auf Bundesebene zumindest darauf geeinigt wurde, dass man einer Richtlinie nur zustimmen wird, wenn die Ausnahmen darin bereits festgelegt sind. Eine Verschiebung der Benennung der Ausnahmen bis 2011 wäre ein fatales Signal im Hinblick auf die Planungssicherheit der Unternehmen.