Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bode, Sie haben gleich in Ihrem ersten Satz in unverantwortlicher Weise verharmlost, dass wir ein Problem mit Stickoxiden haben. Ich halte das für eine schallende Ohrfeige für diejenigen Menschen in Niedersachsen, die durch Stickoxide belastet sind.
Grundsätzlich könnten wir der FDP ja zustimmen. Auch wir sind für kluge Verkehrskonzepte; denn nur mit klugen Verkehrskonzepten werden wir den steigenden Mobilitätsbedarf insbesondere in unseren Ballungszentren bewältigen können.
Aber darüber, wie diese Konzepte aussehen sollen, sind wir grundsätzlich unterschiedlicher Meinung, Herr Bode.
Es ist schon ein Unterschied, ob man ewiggestrig auf Beton und den individuellen Autoverkehr setzt oder ob man für nachhaltige, zukunftsfähige Mobilitätskonzepte eintritt.
Die FDP wirbt seit vielen Jahren immer wieder gern mit der Grünen Welle als Patentrezept gegen überfüllte Straßen und endlose Staus. Jetzt soll die Grüne Welle auch und am besten sofort für saubere Luft in den belasteten Städten sorgen.
Sie soll Fahrverbote abwenden, die heute mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts rechtlich zulässig werden könnten.
Theoretisch klingt das ja verlockend. Hintereinander geschaltete Ampelkreuzungen hätten durchaus viele Vorteile: Der Verkehr würde fließen, Busse hielten ihre Fahrpläne ein, und es würden weniger Schadstoffe ausgestoßen, sodass sowohl Umwelt als auch Menschen von der besseren Luft profitieren könnten. Aber, Herr Bode: Verkehrspolitik ist mehr als Wunschdenken.
Meine Damen und Herren, tatsächlich haben wir es in den Städten mit vielen Unwägbarkeiten zu tun, gegen die eine Grüne Welle kaum etwas ausrichten kann. Verkehr besteht nicht nur aus Autos. Den öffentlichen Raum teilen sich viele verschiedene Verkehrsträger, und das ist auch gut und richtig so. Der Verkehr in den Städten ist ein komplexes System und damit eine riesige Herausforderung für jeden Verkehrsplaner, der die Bedürfnisse von Radfahrern und Autoverkehr, von Fußgängern und dem ÖPNV aufeinander abstimmen muss. Ich glaube übrigens nicht, dass unsere Verkehrsplaner in den Städten, in denen die Grenzwerte überschritten werden, eine falsche Arbeit machen.
Die Grüne Welle der FDP ist kein smartes Verkehrskonzept, sondern eher der verzweifelte Versuch, sich kurz nach dem Einlenken der Bundesregierung doch noch für Fahrverbote zu öffnen und kurz vor dem Bundesverwaltungsgerichtsurteil die freie Fahrt für den Stinker-Diesel zu retten. Aber dieser Diesel, meine Damen und Herren, ist nicht mehr zu retten. Der Diesel ist nicht Teil der Lösung im Bemühen um gesunde Luft in den Städten, sondern der Diesel ist das Hauptproblem.
In Deutschland sterben jährlich 8 000 Menschen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch Stickoxide. Das geht aus einer unveröffentlichten Studie des Umweltbundesamtes hervor. Danach sollen schon sehr geringe Konzentrationen, wie sie auch in ländlichen Regionen vorkommen, gravierende gesundheitliche Folgen haben.
Selbst wenn alle betroffenen Diesel-Pkw eine Hardware-Nachrüstung bekämen - nach unseren Vorstellungen natürlich nur auf Kosten der Hersteller -, wäre aus unserer Sicht das Dieselproblem nicht gelöst. Wir haben es hier mit einem Antrieb zu tun, der ausgereizt ist und der den Herausforderungen moderner Mobilität nicht mehr gerecht werden kann.
Wir wollen den Diesel nicht künstlich in die Verlängerung schicken. Die Vorstellungen der FDP sind ebenso ungeeignet für eine zukunftsfähige Mobilität wie die Versuche des Verkehrsministers Herrn Althusmann, den Diesel mit Steuersubventionen am Leben zu halten.
Meine Damen und Herren, für uns gehören Mobilität, Gesundheit und Umweltschutz zusammen. Deswegen setzen wir auf die Verkehrsträger, die die Mobilität erhöhen, ohne Menschen krank zu machen und ohne das Klima zu belasten. Jeder Euro mehr für den ÖPNV, für den Schienenverkehr und für den Radverkehr ist gut investiertes Geld und bringt uns diesem Ziel ein Stück näher. Jeder Euro mehr, um die Städte vom Individualverkehr zu entlasten, ist gut investiertes Geld für lebenswerte Städte und Regionen in Niedersachsen.
Festhalten an Verkehrskonzepten von gestern ist definitiv der falsche Ansatz, um eine Verkehrspolitik für morgen, für übermorgen und für die nächsten Generationen zu gestalten und an den Mobilitätsbedarf der Menschen anzupassen.
Vielen Dank, Herr Kollege. Sie haben die Redezeit auf die Sekunde genau eingehalten. - Meine Damen und Herren, jetzt folgt für die CDU-Fraktion Herr Kollege Bley. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin der FDP dafür dankbar, dass sie dieses Thema heute in der Aktuellen Stunde auf die Tagesordnung gesetzt hat, und zwar nicht nur dafür, dass sie dieses Thema nutzt, sondern auch dafür, wie sie das Thema nutzt.
Meine Damen und Herren, die Industrie hat Autos hergestellt, und der Gesetzgeber hat diese Autos für tauglich erklärt und für den Straßenverkehr zugelassen. Diese Autos wurden bis Oktober 2015 mit Euro-5-Norm gekauft. 20 000, 30 000 oder 40 000 Euro durfte man dafür ausgeben. Fahrverbote sind der falsche Weg!
Zehntausende Berufspendler, Taxifahrer, Handwerker und andere Besitzerinnen und Besitzer hätten den Nachteil und wären Verlierer. Ich sage: Der Diesel hat wegen seines niedrigen CO2Ausstoßes eine Zukunft.
Meine Damen und Herren, das Auto ist nur ein kleiner Verursacher der Luftverschmutzung neben Industrie, Landwirtschaft, Bahn, Schiff usw. Richtig ist, dass alle Möglichkeiten zur Luftreinhaltung geprüft werden müssen. Aber die aktuellen Zahlen und Messungen zeigen, dass wir schon bessere Werte haben. Wir sollten es auch nicht überspitzen. Ich hoffe auf ein akzeptables Urteil heute in Leipzig.
Wir im Automobilland Niedersachsen verstehen etwas von modernem Fahrzeugbau. Natürlich müssen wir etwas tun, damit die Fahrzeuge umweltfreundlicher werden und die Schadstoffbelastung der Bevölkerung reduziert wird.
Eine Verbotspolitik, die auf plakative Lösungen setzt, kann dabei nicht richtig sein. Sie wäre falsch. Daher bin ich unserem Wirtschaftsminister, Dr. Bernd Althusmann, sehr dankbar dafür, dass er gestern durch die Presse den Menschen deutlich gemacht hat, dass er streckenbezogene Fahrverbote in Innenstädten für falsch hält. Dadurch verschöbe sich der Verkehr nur von der Durchgangsstraße in die Wohnviertel, und niemandem wäre geholfen.
Dabei haben wir doch gerade durch den technischen Fortschritt hervorragende Chancen, Autofahrern und Anwohnern zu helfen. Klar ist, dass mit einer grünen Welle vielerorts eine deutliche Schadstoffreduzierung möglich wäre. Warum sie nicht gelebte Praxis in allen Städten ist, kann und will ich nicht verstehen.
Wichtig ist auch, dass Autofahrer nicht immer lange nach Parkplätzen suchen müssen. In Frankfurt am Main verbringen Autofahrer durchschnittlich 64 Stunden pro Jahr mit der Parkplatzsuche; in Bremen sind es 49 Stunden. Mit durchschnittlich fast 900 Euro schlägt die Parkplatzsuche bei jedem Autofahrer jährlich zu Buche. Bis zu einem Drittel des gesamten innerstädtischen Verkehrs geht einer Studie zufolge auf das Konto von Autofahrern auf der Suche nach einem passenden Parkplatz. Wenn umweltbewusste Kommunalpolitiker dann auch noch großflächig Parkplätze abbauen wollen, wie es gerade hier in Hannover an der
Meine Damen und Herren, ganz besonders schwierig wären Fahrverbote für Handwerk und Mittelstand. Es ärgert mich, dass bei den Debatten immer wieder die massiven Auswirkungen auf den Lieferverkehr unter den Tisch fallen. Viele kleine Unternehmen können es sich schlichtweg nicht leisten, sich immer wieder neue Fahrzeuge anzuschaffen, um mit den immer neuen Plaketten Schritt halten zu können. Man kann auch sagen: Es ist eine Enteignung, wenn man diese teuren Fahrzeuge nicht mehr nutzen darf.
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes, das wir in wenigen Stunden oder in diesen Minuten erwarten, muss vernünftig ausgewertet werden. Wir müssen dann das umsetzen, was uns vorgegeben ist. Falsch wäre es aber, jetzt plötzlich noch den Wünsch-dir-was-Katalog der Deutschen Umwelthilfe obendrauf zu packen. Das wäre untragbar für Handel und Mittelstand in Niedersachsen, und es wäre untragbar für die CDU in Deutschland.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bley. - Es folgt jetzt für die AfD-Fraktion der Abgeordnete Wirtz. Bitte sehr!