Protocol of the Session on February 27, 2018

Gehen wir weiter zur Kostenfreiheit der Kitas! Wir haben es heute schon mehrfach gehört: Sie haben sie ganz groß angekündigt, aber bezahlen sollen es ganz offensichtlich die Kommunen selbst.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Quatsch!)

- Nein, das ist kein Quatsch.

Die Refinanzierung der Kostenfreiheit der Kitas ist in keiner Weise gesichert. Ich habe gestern erst aus der Gemeinde Oyten gehört, dass, wenn das so durchgezogen wird, wie Sie das vorhaben, die Gemeinde Oyten 300 000 Euro Minus macht. Wenn Sie die Gemeinden alle in so einem Bereich ins Minus wirtschaften wollen, dann bin ich gespannt darauf, wie Sie das refinanzieren möchten.

Bei der Bildungspolitik halten Sie weiterhin an der Inklusion fest, obwohl Sie bereits einmal bewiesen haben, dass Sie es nicht können. Sie ignorieren dabei auch völlig, dass Eltern und Lehrer immer wieder massive Bedenken äußern. In SachsenAnhalt etwa haben sich gemäß einer ForsaUmfrage aus Mai 2017 97 % der Lehrer dafür ausgesprochen, die Förderschulen auch bei Weiterverfolgung der inklusiven Bildungspolitik zu erhalten. Aber die Landesregierung weiß so etwas natürlich besser als die Menschen, die mit der Inklusion täglich zu tun haben.

(Beifall bei der AfD)

Die Unterrichtsversorgung ist in 100 Tagen nicht besser geworden. Das kann man vielleicht auch nicht verlangen. Die Anzahl der fehlenden Lehrer ist natürlich nicht geringer geworden, aber die Weichenstellungen in diese Richtung sind eben auch nicht wahrnehmbar. Der Markt für Lehrer ist leer, und das hören Sie auch nicht zum ersten Mal. Es gibt schlicht keine Lehrer in den Zahlen, in denen Sie sie einstellen möchten. In allen Bundesländern hingegen laufen Überlegungen, wie man Lehrer aus anderen Bundesländern abwerben kann. Was ist das Konzept der Landesregierung, um solche Abwerbungen zu verhindern? - Richtig: Es gibt kein Konzept!

Hinsichtlich der inneren Sicherheit verkünden Sie groß die Neueinstellung von Beamten. Aber Sie verschweigen, dass in den nächsten Jahren eine große Anzahl von Beamten in Pension gehen wird. Die von Ihnen angekündigten Personalerhöhungen sind angesichts dieser Entwicklung wirklich nur

noch Makulatur. Eine Steigerung des Personals in der bezeichneten Höhe wird es schlicht nicht geben. Nehmen Sie die Überstunden und den auszugleichenden Krankenstand durch die hohe Belastung dazu, und Ihre zusätzlichen Stellen reichen nicht einmal zur Kompensation.

Beim Bürokratieabbau haben Sie bisher nur ein Büro für Bürokratieabbau eingerichtet. Bürokratie abzubauen, geht ein wenig anders - trotz vollmundiger Versprechen im Koalitionsvertrag.

(Beifall bei der AfD)

Aber mal ernsthaft: Man kann in 100 Tagen wenigstens Konzepte erstellen, Schwerpunkte erarbeiten und das entsprechend kommunizieren. Auch das ist nicht erfolgt. Der von der CDU versprochene Bürokratie-TÜV ist weg. Von ihm spricht jedenfalls keiner mehr. Auch das scheint eine Ihrer Leistungen in den ersten 100 Tagen zu sein.

Ihre Regierungserklärung, Herr Ministerpräsident, enthielt vor allem Ankündigungen: Alles das, was Sie noch wollen. Das war schon in der Regierungserklärung im November so und auch schon in den Erklärungen im Wahlkampf. Es wäre schön, wenn den Ankündigungen nachprüfbare Taten folgen würden.

Ich habe jetzt noch 5:30 Minuten Redezeit. Aber die werde ich nicht nutzen. Die schenke ich Ihnen sozusagen als zeitliches Startkapital für die nächsten 100 Tage, damit Ihre Bilanz dann hoffentlich nicht nur aus weiteren Ankündigungen besteht.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Wichmann. - Meine Damen und Herren, zur Regierungserklärung liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, sodass ich die Aussprache als abgeschlossen betrachten kann.

Wir können mit etwas Zeitgewinn übergehen zu dem

Tagesordnungspunkt 2: Aktuelle Stunde

Wie Sie aus der Tagesordnung ersehen können, sollen heute die Anträge der Fraktion der FDP und

der Fraktion der SPD und morgen die Anträge der anderen drei Fraktionen behandelt werden.

Auch zu dieser Aktuellen Stunde sage ich, dass ich die in unserer Geschäftsordnung geregelten Bestimmungen für den Ablauf der Aktuellen Stunde bei allen Beteiligten, auch bei der Landesregierung, als bekannt voraussetze.

Ich eröffne die Besprechung zu

a) Grüne Welle auch für Diesel - Smarte Verkehrskonzepte statt Verbote - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 18/395

Zu diesem Thema der Aktuellen Stunde hat sich der Abgeordnete Bode für die FDP-Fraktion gemeldet. Bitte sehr, Herr Bode!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am heutigen Tag richten sich alle Augen nach Leipzig zu der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht bezüglich der Fahrverbote in Innenstädten. Aber dabei, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird übersehen, dass die Entscheidung der Verwaltungsrichter eigentlich gar nicht so maßstäblich ist für die Maßnahmen, die wir zur Lösung des Problems treffen sollten. Denn in Leipzig wird lediglich darüber entschieden, ob man Fahrverbote heute schon anordnen kann oder ob es für Fahrverbote einer bundeseinheitlichen Regelung bedarf. Es wird aber nicht darüber entschieden, ob Fahrverbote für Dieselautos sinnvoll sind, ob sie verhältnismäßig sind und ob sich damit ein Problem vernünftig lösen lässt. Aber darum geht es uns. Genau das ist unsere Aufgabe: gemeinsam mit den Kommunen diese eigentliche Kernfrage, die NOx-Belastung in den Städten, zu lösen.

Die Landesregierung hat das Problem im Dezember auf die Dringliche Anfrage der Grünen hin eindeutig beschrieben. Es war der Verkehrsminister Althusmann, der erklärte, es sei kein großes, sondern ein ausschließlich punktuelles Problem. Um es klar zu sagen: Das Problem haben wir in Niedersachsen nur an vier Stellen, nämlich in den Städten Göttingen, Hannover, Oldenburg und Osnabrück.

Um das Problem einzuordnen, habe ich Ihnen einmal die aktuellen Zahlen des Monats Januar 2018 mitgebracht, und zwar die Mittelwerte. Im

Januar war die Hintergrundbelastung hoch, weil die Temperaturen niedrig waren und deshalb viel geheizt wurde. Die Städte Göttingen und Hannover haben den Mittelwert exakt eingehalten, die Städte Oldenburg und Osnabrück haben ihn mit 42 bis 44 µg knapp überschritten.

Um das einmal ins Verhältnis zum Januar 2017 zu setzen: Damals hatten wir in den vier Städten Grenzwertüberschreitungen von 48 bis 54 µg. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn sich dieser positive Trend über das Jahr fortsetzt, dann hat beim Jahresmittelwert keine einzige Stadt mehr ein Problem.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: So ist es!)

Das ist das punktuelle Problem, über das wir in Niedersachsen reden. Nur darum geht es.

(Beifall bei der FDP)

Die Diskussion über Fahrverbote läuft damit völlig an der Sache vorbei. Sie ist lediglich dazu da, den Autofahrer in das Visier einer ideologischen Verkehrspolitik zu nehmen, um ihn zu gängeln.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei dieser Ausgangslage können Fahrverbote nicht sinnvoll und verhältnismäßig sein. Denn: Stattdessen würde man auf Benziner umsteigen, die den CO2Ausstoß massiv erhöhen. Busse, die heute noch mit Diesel fahren, dürften auch nicht mehr in die Fahrverbotszonen fahren, Binnenschiffe in Hannover ebenfalls nicht, und in Oldenburg müsste wahrscheinlich der Bahnverkehr lahmgelegt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brauchen für die Bereiche, in denen die Luft noch schlecht ist, schnelle Lösungen. Diese können nicht in Hardware-Umrüstungen liegen, weil die Händler zu lange brauchen bzw. die Umrüstungsmaßnahmen noch nicht serienreif sind. Schnell geht es mit Softwarelösungen, schneller geht es mit einer Verjüngung des Fahrzeugparks der Bevölkerung, also über Kaufanreize der Hersteller. Das Umweltministerium hat ja ausgerechnet, dass allein durch Software-Updates eine Reduktion um 3 µg erfolgen würde. Das würde ausreichen, um auch in den beiden Städten, die auf der Kippe stehen, die Grenzwerte einzuhalten.

Warum also reden wir in Niedersachsen über Fahrverbote? - Das Problem besteht in der Tat noch. Doch die Maßnahmen, die bisher eingeleitet worden sind, wirken. Aber die Politik darf nicht mit kleinen Schritten zufrieden sein, sondern wir soll

ten uns auch der Verbesserung der Luftqualität grundsätzlich annehmen.

Das bedeutet, dass wir nachhaltige Mobilität brauchen, dass wir auf den belasteten Straßen nur noch emissionsarme Busse und keine Dieselbusse mehr einsetzen sollten. Die öffentliche Hand wäre in der Lage, schnell Abhilfe zu schaffen, und könnte als Vorbild dienen.

Wir sollten auch Verkehrslenkungen und bauliche Maßnahmen in Angriff nehmen, damit die Belastung gerade in den betroffenen Städten besser wird.

(Zustimmung von Dirk Toepffer [CDU])

Aber die sinnvollste Maßnahme - und das hat auch die Landesregierung gesagt - ist immer noch eine intelligente Verkehrssteuerung. Auf gut Deutsch: die Grüne Welle auch für Dieselfahrzeuge!

(Zustimmung bei der FDP - Dirk Toe- pffer [CDU]: Ihr müsst das mal in Hannover machen! Da seid ihr dabei!)

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, bedeutet eine Abkehr von der Vorrangschaltung des ÖPNVs sowie eine bedarfsorientierte Schaltung aller Verkehrsteilnehmer zur Verstetigung des Verkehrs, zur Optimierung der Ausstöße. Minister Lies hat dies als Ziel ausgegeben - wir unterstützen ihn darin.

Aber wie, Herr Ministerpräsident, kommen Sie eigentlich auf die Idee, dass dieser Landesregierung geglaubt werden soll, wenn sie sagt, sie wolle die Grüne Welle in der Stadt Hannover einführen, nachdem Sie als Oberbürgermeister daran kläglich gescheitert sind?

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: So ist es!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brauchen aktives, schnelles Handeln. Bei dieser Landesregierung habe ich da wenig Vertrauen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Bode.