Protocol of the Session on February 27, 2018

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist richtig: Heute wird geurteilt. Heute wird entschieden, ob zukünftig Fahrverbote wenigstens in einem großen Rahmen möglich werden.

Das ist aber kein punktuelles Problem, wie wir hier gerade noch gehört haben. Das ist eine starke Aussage, wenn man über Städte wie Hannover, Osnabrück, Oldenburg und Göttingen spricht! Sind das nur punktuelle Probleme? - Das glaube ich nicht. Betroffen wären, wenn solche Regelungen kämen, nicht nur einzelne Städte.

Sie haben über ganze Zeiträume gesprochen, in denen Grenzwerte gerade so eingehalten oder überschritten werden. Das ist eben kein punktuelles Problem. Vielmehr geht es um die Fahrzeuge von Hunderttausenden Autofahrern. Viele dieser

Wagen erfüllen die Euro-6-Norm nicht. Sie werden sie auch mit Nachrüstungen nicht einhalten können. Insgesamt wären bundesweit wohl 2,8 Millionen Pkw betroffen. Das betrifft sicherlich nicht nur punktuelle Gruppen, sondern im Grunde uns alle.

Hier wurde vorhin behauptet, dass der Diesel ein technisches Auslaufmodell sei. Auch das, Herr Schulz-Hendel, trifft es nicht ganz. Der Diesel ist vielmehr der effizienteste Motor, den wir im Moment in großer Fläche verwenden können, und wir sind noch eine ganze Weile auf ihn angewiesen. Der Diesel ist gerade im Nahverkehr und für Handwerker in unseren Städten unverzichtbar. Diese Antriebsart und diese Kraftstoffart werden wir noch viele Jahre nutzen müssen, ob wir wollen oder nicht. Es ist schon erwähnt worden, dass die vermehrte Nutzung von Benzinfahrzeugen zu erhöhten CO2-Werten führen würde. Damit hätten wir dann ein anderes Problem.

Uns drohen die Einführung der Blauen Plakette und Fahrverbote für Fahrzeuge ohne diese Plakette. An der Plakette wäre nur die Farbe gut.

(Zustimmung bei der AfD)

Die Älteren im Saal erinnern sich vielleicht noch an die berühmten Ozonplaketten, die früher massenweise verteilt und in Autos geklebt werden mussten. Niemand redet heute mehr von Ozonwerten. Früher wurden sie teilweise sogar im Radio durchgesagt. Das ist wahrscheinlich auch wieder nur eine Modeerscheinung, die wir uns bei der Blauen Plakette hoffentlich sparen können.

Von der Regierungserklärung habe ich nur einen Satz mitnehmen wollen und können; der Rest über die 100 Tage war für mich nicht weiter erwähnenswert. Der Ministerpräsident hat gesagt: Wir machen nur das, was wir uns leisten können! - Das ist für Sozialdemokraten immerhin schon ein Fortschritt.

(Beifall bei der AfD)

Richtiger wäre es aber, wenn der Ministerpräsident seine Regierungsverantwortung darin sähe, das zu machen, was die Bürger sich leisten können. Die Bürger werden es sich nicht leisten können, sich ständig neue Pkw zu kaufen, wenn Regeln und Anordnungen in jeder Kommune teilweise für einzelne Straßen getroffen werden. Wir müssen auch mit dieser Verantwortung umgehen, wenn wir dieses Thema angehen wollen.

Die Schwächung unserer Innenstädte durch Fahrverbote, durch Aufsuchungsverbote für Handwer

ker, Lieferverkehr oder Nahverkehr wäre unbestritten ein großes Problem für uns.

Sie sprechen gern von einer großen Zahl von Todesfällen, die jährlich auf Stickoxide zurückzuführen seien. Eben habe ich „8 000 Tote“ gehört, es gibt auch die Zahl 12 000. Das sind allerdings Berechnungen, bei denen ich mich teilweise frage, wie die Leute darauf kommen. Eindeutig nachweisbar sind diese Zahlen leider nicht. Deshalb können wir solche Aussagen hier nicht einfach guten Gewissens machen.

Wie eventuelle Fahrverbote durchgesetzt werden könnten, wenn die personelle Ausstattung der Polizei bzw. der Ordnungsdienste zusätzliche Kontrollen nicht hergibt, ist ebenfalls fraglich. Es ist von intelligenten Nutzungskonzepten die Rede. Es heißt, wir sollen das smart regeln. Die grüne Welle ist immer wieder ein Thema für die FDP. Das ist sie schon seit Jahrzehnten. Die grüne Welle ist eine gute Idee, wenn sie denn politisch gewollt und technisch möglich ist. Beides ist in unseren Kommunen in der Vergangenheit nicht unbedingt der Fall gewesen. Die rote Welle ist gerade von rotgrünen Regierungskoalitionen und rot-grün orientierten Verwaltungen immer wieder genutzt worden, um Innenstädte von Autoverkehr frei zu halten. Auch das ist ein Luxus, den wir uns so nicht leisten können.

Die Konzepte, die uns dort bevorstehen, sollten wir hier ausgiebig diskutieren. Wir werden das an anderer Stelle sicherlich ausgiebig weiter können und müssen, sobald dieses Urteil gefallen ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Schließlich erteile ich das Wort Herrn Kollegen Stefan Klein für die SPDFraktion. Bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Bode, Ihr Thema für die Aktuelle Stunde ist primär erst einmal die grüne Welle. So habe ich es zumindest wahrgenommen. Diesen Ansatz teilen wir. Das ist ein guter Ansatz, gar keine Frage. Ich hätte mir gestern am Maschsee, als ich nach Hause gefahren bin, auch gewünscht, ich hätte eine grüne Welle gehabt. Das hat aber nicht ganz funktioniert.

(Jörg Bode [FDP]: Hannover halt!)

Es gibt sicherlich auch technische Gründe, die dagegen sprechen, es überall umzusetzen. Aber grundsätzlich sage ich Ja zur grünen Welle, weil sie positive Effekte hat, die wir auch nutzen könnten. Herr Schulz-Hendel hat ein paar Dinge angesprochen, die ich auch nennen wollte: Menschen kommen schneller an ihre Arbeitsplätze, die Lieferverkehre können schneller ausliefern, die Fahrpläne können eingehalten werden. Es ist gar keine Frage, die Umwelt profitiert von grünen Wellen durch das gleichmäßige Fahren.

Aber der Verkehr ist nun einmal gerade im Innenstadtbereich ein komplexes System, und nicht alle Verkehrsteilnehmer profitieren von grünen Wellen. Das muss man deutlich sagen. Vermutlich wird die digitale Entwicklung auch einiges im Rahmen der Verkehrssteuerung bewirken können, um den Verkehrsfluss deutlich zu verbessern und damit auch einiges für die Umwelt zu tun.

Aber im Kern geht es Ihnen, glaube ich, weniger um die grüne Welle, sondern mehr um das Thema der drohenden Fahrverbote.

(Jörg Bode [FDP]: Das hängt ja zu- sammen!)

Aber es ist nur ein Ansatz, alternative Möglichkeiten zu finden, um Fahrverbote zu verhindern. Generell sagen wir: Wir halten herzlich wenig von Fahrverboten; das ist, glaube ich, auch kein Geheimnis mehr. Wir hätten gern alternative Möglichkeiten, um die Grenzwerte einzuhalten, und propagieren dies auch.

Es ist bereits angesprochen worden, dass die Grenzwerte im Mittel nur in wenigen Städten überschritten werden. Die aktuellen Zahlen für 2017, die vom Gewerbeaufsichtsamt Hildesheim vorgelegt worden sind, zeigen, dass die Dramatik bei uns nicht so groß ist wie in anderen Bundesländern, aber sie ist gegeben. Das heißt, wir müssen versuchen, diese Grenzwerte so einzuhalten, dass der Mensch nicht nachhaltig geschädigt wird. Es kann also nicht nur das Ziel sein, unter 40 µg/m3 zu kommen, sondern Ziel muss sein, möglichst noch weiter zu reduzieren.

Dabei gibt es verschiedene Ansätze, die wir deutlich vor Fahrverbote setzen. Ich möchte einige beispielhaft nennen:

Sicherlich ist die Erneuerung der Fahrzeugflotte im ÖPNV ein geeigneter Schritt, um Abgase zu reduzieren. Wir haben das in den letzten fünf Jahren durch die Wiedereinführung der Busförderung

gemacht. Dadurch sind einige Effekte erzielt worden, wie es an den Zahlen ablesbar ist.

Sicherlich ist es auch sinnvoll, die stärkere Nutzung von alternativen Antrieben zu fördern. Elektro- und Wasserstoffmobilität seien hier genannt.

Eine bessere Verkehrslenkung und Verkehrssteuerung spielen in der Zukunft sicherlich auch eine deutlich größere Rolle. Die Vernetzung der Ampelanlagen untereinander, aber auch mit dem fließenden Verkehr muss deutlich stärker vorangebracht werden, um den gleichmäßigen Verkehrsfluss zu stärken.

Ferner gibt es natürlich die technische Nachrüstung von Altfahrzeugen, soweit sie technisch machbar und schnell umzusetzen ist. Ich glaube, dabei wird manchmal ein wenig an der Realität vorbei diskutiert. Es ist eben nicht so, dass man unproblematisch von heute auf morgen nachrüsten kann. Das erfordert einen gewissen Vorlauf. Wir brauchen eine schnelle Lösung, um die Werte zu reduzieren und die Grenzwerte einzuhalten.

Der Ausbau der Radinfrastruktur ist sicherlich auch ein wesentlicher Punkt. Der Radverkehr ist nun einmal der emissionsärmste Verkehr auf unseren Straßen. Deshalb ist es gut, dass wir in den letzten Jahren gemeinsam mit der Regierung die Mittel für den Radwegebau und die Radschnellwege deutlich erhöht haben.

Die Stärkung des ÖPNV, sowohl schienen- als auch straßengebunden, müssen wir noch deutlich stärker propagieren, um den Umstieg vom Auto auf den Nahverkehr zu erreichen. Die Reaktivierungsmaßnahmen in den letzten fünf Jahren waren richtig und werden von der jetzigen Landesregierung auch fortgeführt. Das ist der richtige Schritt. Auch die höhere Bezuschussung der Regionalisierungsmittel für die Aufgabenträger ist sicherlich ein guter Schritt gewesen, um die Taktung zu verbessern und den Umstieg zu erleichtern.

Ich möchte hier keinen Exkurs zur Debatte um kostenlosen Nahverkehr aufrollen. Aber ich glaube, dass die Mittel, die momentan von der Bundesregierung gehandelt werden, bei Weitem nicht ausreichen werden, um den Umstieg zu erreichen. Das muss ja das Ziel sein. Daher ist das eine gute Idee, aber in der Praxis schwer umsetzbar.

Wir teilen die Auffassung, dass Fahrverbote möglichst zu vermeiden sind, auch wenn heute vielleicht ein Urteil gefällt wird, das in diese Richtung geht; noch kann man das ja schlecht sagen. Aber unsere Maßnahmen in der Vergangenheit und die

Maßnahmen, die diese Regierung in den nächsten fünf Jahren auf den Weg bringen wird, werden zu einer deutlichen Verbesserung führen. Daher können wir uns in der Hoffnung, Fahrverbote zu vermeiden, auch in dieser Richtung bewegen.

Abschließend zur FDP: Lieber Herr Bode, hätten Sie früher Maßnahmen im Land eingeleitet, dann hätten wir diese Problematik in diesem Bundesland vermutlich heute nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Jörg Bode [FDP]: Wenn Herr Weil die grüne Welle umgesetzt hätte, wä- re das kein Thema!)

Vielen Dank, Herr Kollege Klein. - Für die Landesregierung erteile ich jetzt dem Verkehrsminister Herrn Dr. Althusmann das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unzweifelhaft haben wir in einigen Regionen Niedersachsens zu viel Rot - also an den Ampeln. Aber Grün allein ist auch nicht immer eine wirklich hilfreiche Alternative.

Die Landesregierung spricht sich ausdrücklich gegen ein Diesel-Fahrverbot aus. Der Diesel wird noch auf absehbare Zeit eine der Antriebstechnologien sein, die genutzt werden wird. Das sieht nicht nur die deutsche Automobilbranche so, sondern das wird international so gesehen.

Wir setzen auf technologische Lösungen. Der 6dDiesel wird aller Voraussicht nach den Stickoxidausstoß um bis zu 95 % gegenüber der Euro-5Norm senken können. Von daher sind, denke ich, alle Maßnahmen, die dem Ziel dienen, den 6dDiesel auf den Markt zu bringen, richtig.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Schön mit Steuergeld!)

Mit flächendeckenden Fahrverboten, Herr SchulzHendel, würde im Flächenland Niedersachsen den Handwerksunternehmen, der mittelständischen Wirtschaft, den Zehntausenden Berufspendlern, die in den letzten Jahren ein solches Fahrzeug gekauft haben im Vertrauen auf das, was die Politik ihnen vermittelt hat, nämlich dass das womöglich auch noch dem Klimaschutz dient, am Ende Unrecht getan. Dies halten wir für falsch.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Wir setzen auf ein breites Bündel an Maßnahmen mit dem Ziel der Senkung der Stickstoffdioxidbelastung gerade in unseren Städten. Um es zu wiederholen: Wir haben in Niedersachsen kein flächendeckendes Problem mit dem Thema Stickstoffdioxid. Ich kann Ihnen sogar noch neuere, erfreulichere Zahlen präsentieren als der Kollege Bode: Erfreulich ist, dass derzeit in keiner Stadt in Niedersachsen die Überschreitung mehr als 50 µg beträgt - mit deutlich sinkender Tendenz: Oldenburg 49, Hannover 48, Osnabrück 46, Hildesheim 42; Göttingen liegt bereits darunter, und Hameln ist bereits aus der bisherigen Liste der fünf Städte herausgefallen.

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Schulz-Hendel zu?