Detlev Schulz-Hendel
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Last Statements
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei einem so wichtigen Thema ist das Haus ja richtig voll.
Das vierte Mal in Folge legt uns diese Landesregierung nun einen Haushalt vor, der nicht nur
ideenlos ist, sondern deutliche Versäumnisse für eine überfällige Mobilitätswende offenbart. SPD und CDU tun gerade so, als ob es die drängenden Probleme unserer Zeit gar nicht gibt. Klimakrise und Mitdenken: Fehlanzeige!
Statt nun endlich eine zukunftsgerichtete Verkehrspolitik zu entwickeln, tricksen Sie mit angeblichen Finanzspritzen für Rad, Bahn und ÖPNV. Denn beim genauen Hinsehen erweisen sich diese vermeintlich zusätzlichen Finanzmittel als Luftnummer.
Die tiefe Kluft zwischen Versprechungen und Umsetzungen war schon in diesem Jahr deutlich erkennbar. Mittel werden offenbar zweckentfremdet. Während beim Um- und Ausbau der Landesstraßen im September mit zusätzlichen 7,4 Millionen Euro mehr als die vorgesehenen 19 Millionen Euro ausgegeben waren, ist bei dem Neubau und der Sanierung von Radwegen nur gut die Hälfte der 19 Millionen Euro genutzt worden, aber nicht mehr. Das Geld für die Radwege wird also gar nicht vollständig verbaut, sondern ganz offensichtlich in den Straßenbau verschoben.
Es ist das eine, die Mittel im Haushalt zu erhöhen, aber das andere, diese dann wirklich für Radwege und eine CO2-arme Mobilität einzusetzen.
Meine Damen und Herren, was proaktives Handeln dieser Landesregierung bei der Reaktivierung von Bahnstrecken in Niedersachsen angeht, kann ich nur sagen: Fehlanzeige und kein Plan!
Herr Minister Althusmann, hören Sie endlich damit auf, den Bund beim Neubau von ökologisch und ökonomisch unsinnigen Autobahnneubauten in Niedersachsen zu unterstützen.
Im Namen der Klimakrise fordern wir Sie auf: Stoppen Sie den Straßenbauwahnsinn,
und beerdigen Sie die Pläne für die A 33, die A 20 und die A 39,
die allesamt Milliardengräber für Steuergelder sind! Alle drei Projekte verteuern sich nun nochmals um insgesamt rund 520 Millionen Euro. Das hat eine
Anfrage bei der Bundesregierung ergeben. Das Geld, meine Damen und Herren, wird aber dringend an anderen Stellen benötigt.
Auch drei Jahre nach ihrem Regierungsstart weigern sich SPD und CDU immer noch, das 365Euro-Ticket für Auszubildende, junge Menschen in Freiwilligendiensten und Schülerinnen und Schüler einzuführen.
Herr Minister, aufgrund des öffentlichen Drucks kommen Sie jetzt zwar mit einem Jugend-FreizeitTicket um die Ecke. Dieses Ticket geht aber völlig am eigentlichen Bedarf der jungen Menschen vorbei.
Das ist nichts Halbes und auch nichts Ganzes.
Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit spielen in dieser Koalition keine Rolle. Denn auch die kostenlose Schülerbeförderung für alle bleibt in dieser Legislaturperiode auf der Strecke.
Auch unser Vorschlag für eine Mobilitätsprämie wurde ohne ernsthafte Beratung von Ihnen einfach vom Tisch gefegt, obwohl er eine Investition in eine zukunftsorientierte Mobilität und ein Beitrag für mehr Klimaschutz ist.
Die Liste der verpassten Chancen für eine Mobilitätswende ist noch viel länger. So wollen Sie auch von einem ÖPNV-Zukunftsplan nichts wissen. Die Krise im ÖPNV nehmen Sie offenbar vor lauter Asphaltträumereien nicht in Gänze und in ihrer Tragweite wahr.
Meine Damen und Herren, auch in der Wirtschaftspolitik vermissen wir verantwortungsvolles Handeln im Sinne der Gesamtbevölkerung. Während die TUI nun das dritte Mal in Folge Finanzhilfe in Höhe von jetzt 1,8 Milliarden Euro erhält - für ein Geschäftsmodell, das in der heutigen Zeit offensichtlich so nicht mehr funktioniert -, kommen die kleinen und mittleren Betriebe zunehmend ins kurze Gras, von den Soloselbstständigen einmal ganz zu schweigen.
Uns erreichte in den vergangenen Wochen eine Fülle von Zuschriften verzweifelter Unternehmerinnen und Unternehmer, die voller Sorge und Verzweiflung schrieben, dass die Novemberhilfen, aber auch die Überbrückungshilfen im zweiten
Lockdown nicht einmal im Ansatz ihre laufenden Kosten decken würden.
Jetzt erfahren wir auch noch, dass eine abschließende Auszahlung erst im Januar erfolgen soll, während der Teil-Lockdown weiterläuft.
Meine Damen und Herren, lange, bürokratische Abstimmungsprozesse zwischen Bund und Ländern zur Auszahlung von Corona-Hilfen prägen das Bild - statt pragmatischer und unbürokratischer Hilfe in der Not.
Wirtschaftspolitik bedeutet aber auch mehr als nur Hilfen in der aktuellen Krise. Wir brauchen jetzt ein sozial-ökologisches Konjunktur- und Investitionsprogramm auch für die Zeit nach der Krise. Vorschläge dazu haben wir Ihnen reichlich gemacht.
Darüber hinaus brauchen wir progressive Denkanstöße, damit sich unsere Wirtschaft zukunftssicher aufstellen kann.
Die notwendige sozial-ökologische Ausrichtung der Wirtschaftspolitik wird aber nur dann gelingen, wenn Unternehmen künftig auch alle Auswirkungen ihres unternehmerischen Handelns in den Unternehmensbilanzen abbilden. Dafür ist die Gemeinwohlökonomie ein wichtiger Baustein. Deshalb wollen wir diese Projekte als Pilotprojekte in Niedersachsen fördern und sie zu einem Erfolgsmodell machen.
Meine Damen und Herren, der regionale Handel, das Handwerk und andere kleine und mittelständische Betriebe brauchen die Unterstützung der Landespolitik. Breitbandausbau und Mobilfunkausbau gehen im ländlichen Raum immer noch sehr schleppend voran. Herr Minister Althusmann, hier haben Sie deutlich mehr versprochen, als Sie bisher einlösen konnten. Wir laufen damit Gefahr, dass gerade Menschen und Betriebe in den ländlichen Räumen zu den Verlierern der Digitalisierung gehören werden.
Der regionale Handel braucht die Unterstützung der Landespolitik mit ganzheitlichen Konzepten. Zusätzliche Sonntagsöffnungen sind dabei kein Instrument, um den Handel zu stärken.
Seit mehr als zwölf Jahren haben wir nun mit dem Breitbandkompetenzzentrum in Osterholz-Scharmbeck einen fachlich qualifizierten und verlässlichen
Partner für das Land und die Kommunen. Es gab parteiübergreifend viel Lob für die gute Arbeit der 15 dort beschäftigten Fachleute, die die Kommunen in den vielen Jahren gekonnt durch den Förderdschungel der Breitbandversorgung geführt haben.
Jetzt steht die Fortführung der erfolgreichen Zusammenarbeit auf der Kippe, da das Wirtschaftsministerium diese wichtige Dienstleistung europaweit ausschreiben will. Wir teilen die Sorgen der Kommunen, dass eine europaweite Ausschreibung dazu führen kann, dass unqualifizierte Billiganbieter den Zuschlag bekommen. Herr Minister Althusmann, wir fordern Sie auf, diese Überlegungen zu den Akten zu legen und deren Folgen für die Qualität und Verlässlichkeit zu überdenken.
Fördern Sie das Breitbandkompetenzzentrum auch über 2021 hinaus, und zerstören Sie nicht in Niedersachsen aufgebaute Strukturen!
Insgesamt bleibt festzuhalten: Eine echte Mobilitätswende in Niedersachsen bleibt weiter auf der Strecke, in der Wirtschaftspolitik fehlen SPD und CDU die notwendige Weitsicht über die Krise hinaus, und bei der Digitalisierung zeigt die Praxis, dass der Fortschritt weit hinter den Ankündigungen und Versprechungen des Wirtschaftsministers zurückbleibt.
Vielen herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Lieber Kollege Henning, warum überrascht mich das nicht? Weil Sie sicherlich zu den größten Asphaltträumern in diesem Parlament gehören und hier immer wieder solche Büttenreden halten!
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Wer so argumentiert wie Sie, der hat die Klimakrise bis heute nicht verstanden, und der hat auch nicht verstanden, was es heißt, eine nachhaltige Mobilitätswende einzuläuten.
Wir brauchen die Autobahn an der Stelle nicht.
Im Übrigen würde sie einer neuen Bedarfsplanüberprüfung, was das Kosten-Nutzen-Verhältnis angeht, nicht standhalten.
Ich habe Ihnen die Summen genannt,
die zu einer Erhöhung der Kosten führen. Wir sollten endlich beim Bund darauf drängen, dass dieser Bundesverkehrswegeplan eingestampft wird
und zu einem echten Mobilitätsplan umgewandelt wird. Dann kommen wir auch ein Stück weiter.
Danke.
Ich wusste, lieber Kollege Bley, dass Sie meiner Nachfrage nicht widerstehen können.
Sie haben gerade den Breitbandausbau so gelobt. Vor diesem Hintergrund frage ich Sie, was ich einem Zahnlabor im Landkreis Lüneburg von Ihnen ausrichten soll, das seine digitalen Abdrücke immer noch nicht per E-Mail verschicken kann, weil es keinen Anschluss hat, und deshalb die Unterlagen mit einem VW-Bus nach Lüneburg fahren muss. Was geben Sie mir mit auf den Weg, wenn der Breitbandausbau doch so gut funktioniert?
Herr Präsident! Ich hätte das gerne vermieden, aber der Kollege Bley hat bezüglich des Freizeittickets von einem geschickten Schachzug gesprochen. Daher will ich diesem Haus einmal erklären, was es mit diesem Freizeitticket auf sich hat.
Dieses Freizeitticket gilt an Werktagen ab 14 Uhr für junge Menschen bis 21 Uhr und in den Schulfe
rien. Es gilt allerdings nur für die Bahn. Das heißt: Wenn ein junger Mensch mit diesem Freizeitticket in vorbildlicher Weise die öffentliche Regionalbahn nutzt, dann muss er, weil es in vielen Stellen in Niedersachsen keine Bahn gibt, für den Bus ein extra Ticket lösen.
Sie wollen mir doch bitte nicht erklären, dass es ein genialer Schachzug ist, wenn es den jungen Menschen in den Ausbildungsbetrieben, den Berufsschülern, den Menschen in den freiwilligen sozialen Diensten und den Schülerinnen und Schülern zu den Zeiten, zu denen sie landesweit eigentlichen unterwegs sein wollen und müssen, nicht hilft!
Insofern: Schön, dass es dieses Freizeitticket gibt. Aber bitte tun Sie nicht so, als ob damit auch nur ein Problem bezüglich des landesweiten Schülertickets gelöst wäre. Das ist es nämlich nicht.
Danke.
Der Minister guckt heute extrem böse. Aber gut.
Herr Minister Althusmann, schönen Dank, dass Sie diese Zwischenfrage zulassen.
Ich möchte mich auf das beziehen, was Sie gerade gesagt haben: historisch hohe Finanzmittel für den Radwegeausbau. Können Sie uns versichern, dass das anders läuft als in diesem Jahr? Da hatten Sie auch Mittelerhöhungen angekündigt, haben aber das Geld für den Radwegeausbau - ich meine speziell den Ausbau an Landesstraßen - nicht ausgegeben. Also, die Mittel, die Sie zur Verfügung hatten, haben Sie nicht ausgegeben, während Sie - das hatte ich vorhin erwähnt - - -
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund der Aussage, dass Forschungsergebnisse in die Wirtschaft transferiert werden sollen, frage ich die Landesregierung: Welche niedrigschwelligen, pragmatischen, aber professionellen Beratungsförderprogramme und -formate gibt es insbesondere bezüglich der digitalen Herausforderungen, die hier beschrieben worden sind, für kleine und mittelständische Unternehmen, insbesondere in ländlichen Räumen und für den regionalen Handel?
Danke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es hat sich bestätigt, dass wir heute nicht mehr erfahren, als schon in der Pressemitteilung, die bereits veröffentlicht worden ist, steht.
Es ist eine gute Sache, dass das Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit und die Universität Hannover nun bei der Forschung zu Cybersicherheit und Datenschutz kooperieren und gemeinsam forschen. Es ist auch gut, dass das Land dafür 10 Millionen Euro investiert. Es wäre allerdings schön, wenn beim Thema Digitalisierung in allen Facetten dieses umfassenden digitalen Transformationsprozesses unserer Gesellschaft und Wirtschaft das Land so beherzt vorgehen würde. Aber da, muss ich Ihnen leider sagen, mangelt es an der einen oder anderen Stelle noch.
Die digitale Transformation produziert Gewinner und Verlierer. Die Corona-Pandemie beschleunigt diesen Prozess, der schon vorher in Gang war, um ein Vielfaches. Während Internetgiganten wie Amazon verkaufen wie nie zuvor, leidet der regionale Handel. Insolvenzen werden angemeldet und Innenstädte drohen zu veröden. Nach über 100 Jahren musste jüngst in Hannovers bester Einkaufslage das Traditionsgeschäft Karstadt schließen. Auch das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist Folge von Digitalisierung bzw. Folge von fehlender Gestaltung der Digitalisierung.
Von den digitalen Möglichkeiten profitieren nicht alle Unternehmen gleichermaßen. Jenseits allzu naiver Technikgläubigkeit müssen wir in der Politik den Blick für das Ganze wahren. Wir müssen klären, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. Und wir müssen den Rahmen dafür entwickeln, dass z. B. nicht nur Giganten unermessliche Gewinne abschöpfen, die noch dazu keine oder kaum Steuern fürs Gemeinwohl bei uns zahlen, sondern dass möglichst viele gerade auch kleine und mittelständische Unternehmen nicht vom digitalen Fortschritt abgehängt werden und eine faire Chance auf dem Markt erhalten.
Wir dürfen dabei auch nicht vergessen, dass gerade kleine und mittlere Unternehmen, Handwerksbetriebe und der regionale Handel bei uns in Niedersachsen einen großen Teil unseres wirtschaftlichen Rückgrats bilden. Kleine und mittelständische Unternehmen in Niedersachsen schaffen immer wieder Zehntausende neuer sozialversicherungspflichtiger Stellen. Außerdem beteiligen sich Mittelstand und Handwerk bei uns im bundesweiten Vergleich überproportional an der Ausbildung: Mehr als 75 % aller Auszubildenden werden in kleinen und mittelständischen Betrieben ausgebildet.
Wenn wir uns also heute darüber austauschen, wie Forschungserkenntnisse in die Wirtschaft transferiert werden, dann müssen wir aus einem Eigeninteresse heraus unsere kleinen und mittleren Unternehmen in den Mittelpunkt unserer Debatte stellen. Welche Nachteile und Probleme können ihnen aus der Digitalisierung erwachsen? Wie können wir angesichts der übermächtigen Konkurrenz der Global Player für einen fairen Wettbewerb sorgen?
Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind die Fragen, die für mich handlungsweisend sind. Unsere Betriebe, gerade auch im ländlichen Raum, brauchen unsere Unterstützung, und sie brauchen vor allem pragmatische Lösungen.
Natürlich gehört das Thema Sicherheit ganz oben auf die Agenda: Die Sicherheit im Netz und auch der Datenschutz sind Herausforderungen, die wir zu bewältigen haben. Cyberattacken, Spionage und Manipulation gehören leider immer mehr zum Alltag auch von kleinen und mittleren Unternehmen. Während Großunternehmen eigene Abtei
lungen und Firmen mit IT-Sicherheitslösungen beauftragen, haben kleinere Unternehmen keinen vergleichbaren Zugang zu regelmäßigen Updates. Vielen fehlt schlicht und ergreifend auch das Geld dafür.
IT-Sicherheit ist die zentrale Voraussetzung für den digitalen Wandel. Durch extrem unsichere digitale Infrastrukturen und Geräte, erhebliche Abhängigkeiten von einigen wenigen Anbietern sowie eine fehlende Rechtssicherheit für Verbraucher wie auch für Unternehmen leisten wir es uns allerdings, dass das Vertrauen in den digitalen Wandel verspielt wird. Hier müssen wir also noch stärker ansetzen. Wir bitten Sie bei aller Wertschätzung für die Forschung, die auch wir unterstützen, den Fokus noch mehr auf die Betriebe zu legen, die ich gerade genannt habe; denn sie sind für die wirtschaftliche Zukunft in Niedersachsen entscheidend.
Danke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Niemand widerspricht, wenn wir Grüne eine Politik für die nachfolgenden Generationen fordern. Wenn wir dann aber konkreter werden und uns für die Alternativen jenseits der alten Wirtschaftspolitik einsetzen, gibt es nur verhalten Zustimmung,
sei es bei dem Thema Wohlstandsindex oder bei den Ideen der Gemeinwohlökonomie. Dabei wissen wir alle, die sich ein wenig mit der Messgröße Bruttoinlandsprodukt beschäftigt haben, ganz genau, dass sich dieser Indikator eigentlich schon lange überholt hat.
Wenn man sich jetzt als verantwortungsvolle Unternehmerin oder verantwortungsvoller Unternehmer damit beschäftigt, welchen Einfluss das eigene Wirtschaftsunternehmen auf die Umwelt und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat, kommt man schnell an Grenzen. Denn die allermeisten bisherigen Unternehmensbilanzen sind auf diesem Auge blind. Es ist klar, die Wirtschaft muss in der Zukunft innerhalb der planetaren Grenzen agieren. Dafür ist die Gemeinwohlökonomie ein wichtiges und praxisnahes Messinstrument in Unternehmen.
Denn die Gemeinwohlökonomie bildet die sozialen und ökologischen Auswirkungen der unternehmerischen Tätigkeit in der Unternehmensbilanz ab. Wir müssen - um es mit den Worten des Erfinders der Gemeinwohl-Ökonomie Christian Felber zu sagen - die Überzeugungen auf den Kopf stellen. Der Profit ist nur Mittel zum Zweck und nicht anders herum. Oder anders herum gesagt: Die Wirtschaft muss den Menschen dienen. Da sind wir
nicht allein. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das steht bereits in Artikel 14 Abs. 2 des Grundgesetzes:
„Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“
Dass dies von vielen Menschen gewünscht ist, zeigen u. a. zwei Umfragen der Bertelsmann Stiftung. Die Bertelsmann Stiftung, liebe Kolleginnen und Kollegen, steht nicht im Verdacht, sozialistisch zu sein.
Wenn auch nicht ganz allein, aber in der aktuellen Krise wird die Zustimmung zur aktuellen Wirtschaftsordnung nicht unbedingt angestiegen sein. Beide Umfragen zeigen - die erste Umfrage zu 80 %, die zweite Umfrage zu 90 % -, dass sich die Menschen zu einem großen Teil eine andere Wirtschaftsordnung wünschen und diese auch wollen. Sie wünschen sich eine Wirtschaftsordnung, die sich stärker auf die Umwelt und den sozialen Ausgleich fokussiert und weniger auf die kurzfristige Rendite. Dafür kann die Gemeinwohl-Ökonomie sorgen.
Unser Antrag will heute einen Beitrag leisten, bisherige Überzeugungen zu hinterfragen und anhand von praktischen Beispielen erfahrbar zu machen.
In der derzeitigen Krise wird besonders deutlich, dass die Resilienz der Wirtschaft gegenüber globalen Krisen gestärkt werden muss. „Resilienz“ heißt übersetzt Widerstandsfähigkeit.
Auch dafür kann das Erstellen einer Gemeinwohlbilanz einen positiven Einfluss haben, beispielsweise bei der Frage, ob man sich als Unternehmen bei allen Entscheidungen - wie beim Einkauf von Waren und Rohstoffen - immer nur für den günstigsten Preis entscheidet oder ob die Sicherheit in der Lieferkette und der Produktion einen eigenen Wert hat und bekommt.
Wir unterbreiten in unserem Antrag Vorschläge, wie Niedersachsen mit Pilotprojekten Vorreiterin in der Gemeinwohl-Ökonomie werden kann. Es gibt bereits gute Beispiele. Mehrere Hundert Unternehmen gehen mit gutem Beispiel voran. Zu erwähnen sei die SPARDA Bank in München, aber auch in Niedersachsen CONTIGO aus Göttingen,
El Puente oder die „Gemüsekiste“ aus der Nähe von Hannover. Das sind nur einige Beispiele. Es gibt z. B. ein großes bekanntes Unternehmen, die Bohlsener Mühle, die sich ebenfalls der Gemeinwohl-Ökonomie verpflichtet fühlt.
Sogar einzelne Kommunen in Norddeutschland haben sich zur Gemeinwohl-Ökonomie bekannt. Niedersachsen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollte noch stärker Teil dieser Bewegung werden und als Land diese Entwicklung fördern.
Das schlagen wir mit unserem Antrag vor. Ich hoffe und wünsche mir eine konstruktive Beratung im Ausschuss. Lassen Sie uns gemeinsam die Gemeinwohl-Ökonomie zu einem Erfolgsprodukt in Niedersachsen machen und werden lassen!
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Lieber Kollege, herzlichen Dank, dass ich noch einmal an das Mikrofon treten und etwas dazu sagen darf.
Erst einmal muss man diesen Antrag richtig lesen, um zu verstehen, dass es nicht um eine zwanghafte Veränderung von nationalen Wirtschaftsordnungen geht, sondern dass das Prinzip der Gemeinwohl-Ökonomie auf Freiwilligkeit beruht. Das steht auch so im Antrag.
Zweiter Punkt. Na ja, mit den Ökonomen, die das bewerten - das hängt natürlich davon ab, welche Ökonomen man fragt. Dann kriegt man sicherlich ganz viele verschiedene Antworten.
Dritter Punkt. Herr Kollege, ich würde mich mal mit einigen SPD-Programmen beschäftigen, die genau diese Gemeinwohl-Bilanzen einfordern.
Wir haben das nicht bei Ihnen abgeschrieben, aber das würde ich Ihnen der Vollständigkeit halber vor den Beratungen auf den Weg geben. Wir machen hier kein Schreckgespenst auf, sondern verlangen freiwillige Pilotprojekte im Land Niedersachsen und keine zwanghafte Veränderung einer nationalen Wirtschaftsordnung. Das ist nicht Gegenstand des Antrages.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung empfiehlt Ihnen in der Drucksache 7835, den Gesetzentwurf mit Änderungen anzunehmen. Diese Beschlussempfehlung kam im federführenden Ausschuss einstimmig - bei Stimmenthaltung des Ausschussmitglieds der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen -
zustande. Der mitberatende Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen stimmte wie der federführende Ausschuss ab.
Der sogleich an die Ausschüsse überwiesene Gesetzentwurf enthält im Wesentlichen neue Regelungen über selbstständige Radwege, aber auch stationsbasiertes Carsharing, eine Erleichterung für die Zulassung von Ausnahmen von dem sogenannten Anbauverbot, Änderungen der Vorschriften über Planfeststellungsverfahren sowie eine kostenrechtliche Klarstellung in Bezug auf die Benutzung von Fähren.
Außerdem haben die Fraktionen der SPD und der CDU einen Änderungsvorschlag eingebracht, der vorsieht, die Vorschriften des Planungssicherstellungsgesetzes des Bundes befristet auch auf Planfeststellungsverfahren nach dem Niedersächsischen Straßengesetz entsprechend anzuwenden. Dadurch soll den Schwierigkeiten bei der Durchführung von Planfeststellungsverfahren Rechnung getragen werden, die durch die COVID-19-Pandemie verursacht werden.
Der federführende Ausschuss hat zu dem Gesetzentwurf eine schriftliche Anhörung der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände sowie anderer Verbände durchgeführt. Unter anderem hat er den Bundesverband CarSharing angehört.
Wegen der Einzelheiten zu den Änderungsempfehlungen des Ausschusses verweise ich an dieser Stelle auf den ergänzenden Schriftlichen Bericht. Dieser liegt Ihnen in der Drucksache 7863 vor.
Des Weiteren verweise ich auf den ebenfalls vorliegenden Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 18/7872.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Tippelt, herzlichen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen.
Da Sie die Ausführungen des GBD zur Dienstleistungsrichtlinie angeführt haben, möchte ich Sie fragen, ob Ihnen der Zweck der EU-Dienstleistungsrichtlinie bezüglich der Verwaltungsverfahren bekannt ist.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die vorgesehenen Änderungen des Niedersächsischen Straßengesetzes enthalten mit den Regelungen über selbstständige Radwege durchaus gute Ansätze zur Verbesserung der Radwegeinfrastruktur.
Allerdings müssen wir auch feststellen, dass die Beschlussempfehlung des Ausschusses bezüglich des § 18 a die Förderung des Carsharings künftig deutlich erschweren wird. Hierzu teilen wir die Kritik der Carsharing-Anbieter in Hannover und in Oldenburg, aber auch des Bundesverbandes CarSharing. Eine verbindliche Festschreibung von kriterienbasierten Auswahlverfahren führt zu unnötig komplizierten Zuteilungsverfahren und damit zu einer Behinderung der Carsharing-Förderung. Einfache Zuteilungsverfahren werden für die
Kommunen so unmöglich. Das ist insbesondere in den Fällen schwierig, in denen keine Konkurrenz mehrerer Anbieter um dieselben Flächen besteht. Hier kann dann keine Sondernutzung mehr auf Antrag genehmigt werden.
Wir geben Ihnen mit unseren kleinen Änderungsvorschlägen, die auch vom Bundesverband CarSharing gemacht worden sind, die Möglichkeit, keine Verschärfungen für die Kommunen vorzunehmen und gleichzeitig die Bedenken hinsichtlich der EU-Dienstleistungsrichtlinie auszuräumen,
wobei man aber auch noch einmal gucken muss, was diese Dienstleistungsrichtlinie überhaupt genau aussagt.
Wenn wir Carsharing-Angebote in Niedersachsen gerade auch in kleineren Städten und Kommunen als Baustein einer Mobilitätswende stärken und etablieren wollen, dann wäre es folgerichtig, dass Gesetzesformulierungen nicht zu so eklatanten Verschlimmbesserungen führen dürfen.
Vor diesem Hintergrund bitten wir Sie um Zustimmung zum vorliegenden Änderungsantrag. Es wäre eine Katastrophe, wenn wir hier Gesetze verabschieden, die mit einem erhöhten Bürokratieaufwand verbunden sind. Dann nützen auch die 4 Millionen Euro nichts, die Sie, Herr Minister Althusmann, für eine externe Clearingstelle ausgeben.
Ich bin fertig, Herr Präsident.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Kollege Bley, ich schätze Sie sehr. Aber das, was Sie hier aufführen, zeigt Ihre Hilflosigkeit bei diesem Gesetzentwurf.
Ich habe im Ausschuss gesagt, dass das Gesetz notwendig ist, weil wir dem Bundesrecht zum Carsharing gerecht werden müssen und das auf Landesebene umsetzen sollen. Ich habe Ihnen im Ausschuss gesagt, dass das Gesetz gute Ansätze bezüglich des Radverkehrs hat. Ich habe im Ausschuss auch gesagt, dass wir uns der Stimme enthalten werden, weil wir das fraktionsintern noch einmal beraten werden.
Im Übrigen haben wir das am 30. Oktober beraten. So lange ist das alles also noch nicht her. Das Protokoll liegt ja auch seit gestern vor. Ich habe nur richtiggestellt, dass ich nicht die Regeln für das Carsharing begrüßt habe, sondern begrüßt habe, dass es ein Landesrecht geben muss, welches das Bundesrecht auf Landesebene umsetzt.
Wenn Sie es nicht ertragen können, dass es so, wie ich es gerade vorgetragen habe, richtig ist und es möglicherweise etwas missverständlich im Protokoll steht, hat das nichts damit zu tun, dass sich Schulz-Hendel missverständlich ausgedrückt hat.
Es gibt ja mal solche Missverständnisse. Ich hätte mir eher einen sachlichen Beitrag gewünscht als das, was Sie jetzt zu initiieren versuchen.
Danke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will kein Öl ins Feuer gießen, aber dass Sie so nervös reagieren, hat ja vielleicht auch damit zu tun, dass einige Ihrer Abgeordneten gegenüber den Carsharing-Anbietern ganz anders argumentiert haben, als Sie es heute hier tun.
Herr Heineking, die umweltpolitischen Argumente, die Sie im Zusammenhang mit unserem Änderungsantrag aufführen, sind völlig absurd. Sie sind es doch, die mit Ihrem Gesetzentwurf das Carsharing erschweren. Carsharing als Angebot ist doch an sich schon das umwelt- und klimaschutzpolitisch richtige Ziel. Ein Carsharing-Auto ersetzt bis zu 20 Privat-Pkws, und somit hat das stationsgebundene Carsharing nachweislich eine verkehrsentlastende Wirkung.
Aber genau das setzen Sie heute sehenden Auges aufs Spiel, obwohl Ihnen andere Bundesländer - es sind mindestens fünf - sehr deutlich aufgezeigt haben, dass Carsharing ohne zusätzliche bürokratische Hürden und ohne Beanstandung durch Gesetzgebungs- und Beratungsdienste möglich ist.
Gucken Sie sich bitte noch einmal die EU-Dienstleistungsrichtlinie an! Ihr Zweck ist, das Verwaltungsverfahren für diejenigen, die Dienstleistungen erbringen, zu vereinfachen.
Am Ende muss doch die Frage beantwortet werden, ob die Dienstleistungsrichtlinie Carsharing behindert. Das tut sie aber nicht, und das können Sie, wenn Sie sich mit ihr intensiver beschäftigen, auch selber erkennen.
Vielen Dank.
Herzlichen Dank, Herr Minister, dass Sie meine Frage zulassen.
Sie haben hier gerade die Planungssicherheit angeführt. Ich frage vor diesem Hintergrund: Warum
haben Sie eigentlich so lange - bis zum heutigen Tage! - gebraucht, bis wir hier sind und dieses Gesetz erst jetzt beschließen können?
Ich warte einen Moment, bis die sich alle wieder beruhigt haben.
- Ich kann gerne noch warten, bis Sie sich auf der Seite der CDU wieder beruhigt haben.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Althusmann, erstens, ich höre mir seit Ihrem Amtsantritt, seit tatsächlich drei Jahren an, dass Sie hier der große Mann für den Bürokratieabbau sind.
Sie erzählen uns seit drei Jahren, was wir alles tun müssen, um Bürokratie abzubauen. Dann kriegen Sie das in Ihrem Ministerium nicht hin. Sie investieren Millionen in eine externe Clearingstelle und legen uns hier einen Gesetzentwurf vor, mit dem Bürokratie aufgebaut statt abgebaut wird! - Punkt 1.
Zweitens. Haben Sie, Herr Minister, eigentlich mal mit Ihren Kolleginnen und Kollegen aus BadenWürttemberg, aus Nordrhein-Westfalen, aus
Rheinland-Pfalz und aus Sachsen, wie Sie das sonst anscheinend immer tun, gesprochen, wie die das dort machen? Die haben kein so bürokratisches Gesetz verabschiedet, und das ist in keiner Weise rechtlich beanstandet worden.
Also geben Sie uns doch, bitte, diese vier Wochen Zeit! Sie vertun sich nichts damit. Das Gesetz tritt geräuschlos, mit einem einstimmigen Beschluss in Kraft, wenn Sie uns die Möglichkeit geben, hier noch einmal gemeinsam miteinander zu sprechen. Das kann doch jetzt wirklich nicht das große Problem sein.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Corona-Pandemie hat alle Pläne für eine nachhaltige Mobilitätswende auf den Kopf gestellt. Die negativen Auswirkungen sind bereits jetzt spürbar und werden sich, insbesondere was den ÖPNV angeht, im schlimmsten Fall auf ein halbes Jahrzehnt auswirken. Deshalb bedarf es jetzt Strategien und Maßnahmen, um auch über die Krise hinaus, den ÖPNV zu stärken - und das mehr als bisher. Unser Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist heute genauso wichtig und aktuell wie bei der Einbringung im Mai.
Es ist richtig, das Bundesmittel in Höhe von 220 Millionen Euro in Niedersachsen zur Verfügung stehen, und es ist auch richtig, dass diese Mittel um weitere 190 Millionen Euro aus Landesmitteln aufgestockt worden sind. Natürlich begrüßen wir ausdrücklich, dass die Landesregierung versucht hat, die aktuell in der Krise entstandenen Schäden mit vorgezogenen Zahlungen an die kommunalen Aufgabenträger auszugleichen. Aber es verbleiben trotzdem erhebliche Zweifel, ob diese Ausgleichsmittel ausreichen werden, um die Ausfälle der Verkehrsunternehmen zu kompensieren.
Allein die Üstra in Hannover beklagt Corona-bedingte Ausfälle in Höhe von 80 Millionen Euro, von denen laut HAZ bisher nur 30 Millionen Euro abgedeckt worden sind. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass hier ein 100-prozentiger Ausgleich erfolgen wird, zumal auch andere Kommunen in Niedersachsen erhebliche Ausfälle im ÖPNV beklagen. Schon jetzt berichten Kommunen als Aufgabenträger, aber auch Eisenbahnverkehrsunternehmen von einer schwierigen Lage, die nicht nur aktuell in der Krise Antworten fordert, sondern auch darüber hinaus. Und er reicht nicht, Herr Minister Althusmann, am Jahresende mal zu gu
cken, wie sich die Situation im nächsten Jahr entwickelt. Wir brauchen jetzt einen ÖPNV-Zukunftsplan, der Antworten auf die jetzige Krise im ÖPNV und für die Zukunft nach der Krise gibt.
Wenn wir jetzt nicht handeln, fallen wir zurück in eine alte, überholte, auf das Auto ausgerichtete Verkehrspolitik. Wenn wir jetzt nicht handeln, wird das gesamte ÖPNV-System fragil. Leistungsabbestellungen und Einschränkungen der Angebote wären die Folge.
Meine Damen und Herren, was braucht es also für einen ÖPNV-Zukunftsplan?
Natürlich steht an erster Stelle ein bestmöglicher Gesundheitsschutz für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und für die Fahrgäste.
Eine umfassende Mobilisierungskampagne ist unerlässlich, die Imagekampagne #BesserWeiter von Bund und Ländern sowie „Wir tragen Maske in Bus und Bahn“ in Zusammenarbeit mit dem VDV sind gut, aber eben auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Wir brauchen dauerhafte Gesundheitsschutz- und Hygienekonzepte in Bus und Bahn, z. B. durch bessere Filteranlagen. Schon vor der Krise war klar, dass der ÖPNV deutlich attraktiver werden muss. Dieses wird sich jetzt durch die Krise - das ist absehbar - deutlich verstärken.
Da genügt es nicht, Herr Minister Althusmann, sich ständig selbst zu loben und Ankündigungen zu machen. Wir brauchen mehr als die Lippenbekenntnisse aus Ihrem Ministerium. Es nützt nichts, wenn Sie im Ausschuss berichten lassen, dass Sie das alles längst auf Ihrer To-do-Liste stehen haben, wenn von einer Umsetzung auch drei Jahre nach Ihrem Amtsantritt wenig im Alltag und in der Praxis zu sehen ist.
Attraktiver wird der ÖPNV u. a. durch eine niedersachsenweite App zur digitalen Information und zum Onlineticketkauf für alle ÖPNV-Angebote. Der Flickenteppich an Tarif- und Vertriebsstrukturen, den wir uns in Niedersachsen leisten, ist höchst unattraktiv für Fahrgäste und verhindert die Notwendigkeit, die Menschen für den ÖPNV zu gewinnen. Sie haben nun aber jüngst genau an dieser Stelle im Ausschuss ankündigen lassen, dass Sie diese Aufgabe in dieser Legislaturperiode nicht mehr angehen wollen.
Von einem innovativen Schülerticket haben Sie sich quasi komplett verabschiedet, auch wenn Sie
nun ab Dezember ein U21-Freizeitticket einführen, das aber nicht die Probleme von Schülerinnen und Schülern, von Auszubildenden sowie jungen Menschen in den freiwilligen sozialen Diensten löst. In einer Unterrichtung hat Ihr Ministerium sogar von der Ablehnung deshalb gesprochen, weil es sich hierbei um Vollkaskomentalität handelt. Mit dieser Argumentation verhindern Sie komplett, dass mehr junge Menschen den ÖPNV nutzen und somit auch einen Beitrag für die Zukunft des ÖPNV leisten.
Bessere Taktungen, Komfort-Check-in wie im ICE auch im Nahverkehr, Reaktivierung von Bahnstrecken - bei allen diesen notwendigen Maßnahmen stehen Sie aktuell mit beiden Füßen auf der Bremse. Ihr Steckenpferd bleibt ausschließlich der Straßenneubau, und so, Herr Minister, gestalten Sie keine Zukunft für den ÖPNV.
Dass der ÖPNV trotz aller Widrigkeiten dann irgendwie gerade noch funktioniert, ist dem außerordentlichen Engagement der Kommunen, der Verbände, der Verkehrsunternehmen und dort vor allem den Beschäftigten zu verdanken. Herr Minister, nehmen Sie sich das Lied „In der Spur“ des Kabarettisten Matthias Brodowy in Zusammenarbeit mit der LNVG - die Seite kennen Sie, und das Lied kennen Sie auch - zu Herzen und fangen Sie an, endlich für den ÖPNV und dessen Zukunft zu handeln!
Danke.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Es wurden hier immer wieder die aktuell neuen Wirtschaftshilfen angesprochen. Vor dem Hintergrund, dass Milliardenbeträge noch nichts über die Wirksamkeit aussagen, frage ich die Landesregierung: Wie verhält
es sich denn eigentlich mit der angekündigten und von Ihnen angesprochenen Wirtschaftshilfe - 75 % der Umsätze des Vorjahres oder ersatzweise der Jahresdurchschnitt? Werden die auch dann in voller Höhe gezahlt, wenn Gastronomiebetriebe, Restaurantbetriebe To-go-Betrieb und Außer
Haus-Verkauf machen? Werden diese Umsätze auf die neue wirtschaftliche Hilfe angerechnet?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginne und Kollegen! Kurz vor Ende dieser Landtagswoche und zweieinhalb Monate vor Heiligabend ist es nun so weit: Wir reden heute über die Weihnachtswünsche scheinbar nie groß werdender Jungs wie meinen lieben Kollegen Herrn Bode.
Beim Bundesverband der Deutschen Industrie und auch im Bundeswirtschaftsministerium steht der Offshore-Weltraumbahnhof ganz oben auf der Wunschliste. Im Juli hatte der BDI kräftig die Werbetrommel dafür gerührt, dass in der Nordsee für kleinere Trägerraketen ein Weltraumbahnhof errichtet werden soll. Von dort aus sollen dann z. B. Satelliten ins All geschossen werden. Im September hieß es im Handelsblatt dann, das Bundesministerium würde ein Konzept für den Bau eines Weltraumbahnhofs in der Nordsee prüfen.
Ganz hoch hinaus will nun auch die FDP. Beim Baustart des Forschungszentrums AeroSpacePark in der Lüneburger Heide erklärte mein geschätzter Kollege Jörg Bode: Man müsse die „Raumfahrt groß denken“ und den „niedersächsischen Weltraumbahnhof vorantreiben“. Gesagt, getan - und nun also der Antrag der FDP!
Und offenbar findet die Landesregierung die Idee doch nicht so schlecht - insofern muss ich das ein bisschen korrigieren, Herr Bode -, bald inmitten von drei großen sensiblen Naturschutzgebieten Raketen abfeuern zu lassen. Das aber bitte schön - das geht ja aus der Antwort der Landesregierung auf die Anfrage der FDP hervor - umweltverträglich und wirtschaftlich. Ich persönlich kann mir aber selbst bei blühendster Fantasie nicht vorstellen, wie wir diesen Widerspruch auflösen wollen.
Die Bedeutung der Luft- und Raumfahrt würde zunehmend in den Fokus rücken, heißt es in der Antwort auf die FDP-Anfrage weiter. Man entwickle eine „Luft- und Raumfahrtstrategie 2030“. SPD und CDU planen tatsächlich, im kommenden Jahr die Mittel von 4 Millionen auf 8 Millionen Euro zu verdoppeln. Ich frage mich, liebe Kolleginnen und Kollegen, ob wir angesichts der Corona-Krise und der drohenden Insolvenzen bei kleinen und mittelständischen Unternehmen in Niedersachsen keine anderen Sorgen haben als hier zusätzliches Geld zu investieren und den großen Jungs die Abenteuerwünsche zu erfüllen.
Laut Raumfahrtszene soll das Geschäft viel Geld einbringen. Der BDI glaubt, dass ein deutscher Startplatz der letzte wichtige Baustein für eine erfolgreiche New-Space-Strategie Deutschlands sei - also für die kommerzielle Raumfahrt. Viele Probleme sind aber ungelöst. Luftverkehrssperrungen, die Vereinbarkeit mit dem Schiffsverkehr und vor allem der Umwelt- und Naturschutz oder auch Konkurrenznutzungen durch Fischerei und Offshorewindparks sind in die Rechnung bisher nicht eingepreist, Herr Bode.
Wir können es uns nicht vorstellen, dass sich Raketenkrach und Treibstoffwolken mit dem Klima- und Umweltschutz vereinbaren lassen. Wir erwarten von der Landesregierung ganz klar, dass sie die Pläne kritisch bewertet - und ihnen eine klare Absage erteilt.
Aus europäischer Sicht ist es unverständlich, dass wir in Europa einen zweiten Weltraumbahnhof benötigen sollten. Wer die Wirtschaft in Niedersachsen fit für die Zukunft machen will, der richtet seine Wirtschaftsförderung klug aus - und zwar an sozial-ökologischen Kriterien.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Lieber Jörg Bode, Sie bleiben auch weiterhin mein geschätzter Kollege, auch
wenn ich Ihnen jetzt vielleicht noch einmal deutlich machen muss, wie groß mein Optimismus in vielen Dingen tatsächlich ist.
Wenn ich die 4 Millionen Euro nehme, die die Landesregierung zusätzlich für die Raumfahrt ausgeben will - was könnte man damit alles machen? Kostenlose Beförderung für alle Schüler, Einführung eines Schüler- und Azubi-Tickets, eine zukunftsorientierte Mobilitätswende!
Ich bin optimistisch, dass wir in den Haushaltsberatungen über all das sprechen können, was diese Landesregierung unter dem Feigenblatt der
Corona-Pandemie beerdigt haben möchte, weil sie nichts davon hält und weil sie sich an ihre Versprechungen nicht erinnern kann.
Mein Optimismus geht dahin, dass wir diese Gelegenheit nutzen - im Rahmen Ihres Antrages, Herr Bode, aber auch im Rahmen der Haushaltsberatungen -, um zur Vernunft zu kommen und über die wirklich notwendigen Dinge in diesem Land zu sprechen.
Danke.
Frau Präsidentin! Lieber, geschätzter Kollege, wir werden im Ausschuss noch einmal eine inhaltliche Debatte führen. Aber ein Punkt animiert mich doch zu dieser Kurzintervention: zu sagen, die Grünen seien wirtschaftsfeindlich.
Haben Sie die Debatten im letzten halben Jahr, auch angesichts der Corona-Pandemie verfolgt?
Der Lösungsvorschlag der Grünen ist ein sozialökologisches Investitions- und Konjunkturpro
gramm.
Und was für Konzepte hat die Landesregierung - auch darüber haben wir diese Woche debattiert -, um kleinen und mittleren Betrieben zu helfen, der Veranstaltungswirtschaft zu helfen, der Kultur zu helfen usw. usf.? - Das ist gleich null.
Die Menschen da draußen haben schon erkannt - auch wenn Sie gebetsmühlenartig etwas anderes sagen -, dass die Grünen nicht wirtschaftsfeindlich sind, sondern sehr wohl kluge, vernünftige wirtschaftspolitische Konzepte für die Zukunft haben und diese hier auch eingebracht haben.
Danke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sowohl vom Bund als auch vom Land Niedersachsen kommen viele Ideen, wie Branchen gestärkt werden und Unternehmen unter den schwierigen Bedingungen der Corona-Pandemie ihren Erhalt sichern können. Aber - ganz ehrlich - nicht jede Idee davon ist auch zu Ende gedacht oder gar klug.
Wir haben es in diesem Plenum mehrfach diskutiert: Eine Branche fällt bisher trotz aller Ankündigungen - auch gestern und heute - durch alle Netze: Das ist die Veranstaltungswirtschaft. - Es kann
nicht angehen, dass Großkonzerne wie TUI großzügig und schnell unterstützt werden, aber mit der besonders hart betroffenen Veranstaltungswirtschaft noch nicht einmal mit dem notwendigen Ernst der Dialog gesucht wird. Ich weiß ja, Herr Wirtschaftsminister Althusmann, dass Sie gleich wieder antworten werden: Ja, aber ich spreche doch mit dem DEHOGA. - Entschuldigen Sie bitte, das sind zwar wichtige Gespräche. Aber Sie sollten auch mal mit dem Kleinunternehmer in der Veranstaltungstechnik sprechen!
Die Kollegin Wulf von der CDU sagte bei den Demonstrationen der #AlarmstufeRot: „Wir führen jetzt den Dialog und helfen Ihnen dabei, die Bundesförderungen in Anspruch zu nehmen.“ Dabei wurde aber ganz übersehen, dass die Bundesförderung an dieser Stelle viel zu bürokratisch und auch nicht zielgerichtet ist.
Vom Land - das muss ich so feststellen - kommt deutlich zu wenig Engagement. Es genügt also nicht, wenn der Kulturminister, Herr Thümler, den Veranstaltungstechnikern sagt: §Ich würde Ihnen ja so gerne helfen, komme aber nicht mit dem Finanzminister überein. Er hat andere Vorstellungen.“ Das gilt umso mehr, als Sie, Herr Wirtschaftsminister Althusmann, 10 m von den Demonstrationen entfernt sind und es nicht für nötig halten, sich dort auch nur einmal sehen zu lassen, um mit den betroffenen Menschen zu sprechen. Ich finde, das ist ein Unding!
Wir solidarisieren uns ganz klar mit dem Aktionsbündnis #AlarmstufeRot. Wir fordern hier deutliche ergänzende Hilfen. Legen Sie mal dazu die Ankündigungen zu Ihren Förderrichtlinien auf den Tisch!
Natürlich ist es auch Aufgabe der Politik, gerade Unternehmen, die vor der Corona-Krise gut dagestanden haben, beizustehen und sie durch die Krise zu bringen, sodass sie nach der CoronaKrise weiterexistieren können. Das gilt insbesondere für die Unternehmen, die weiterhin unter den massiven Einschränkungen ihrer Arbeit nur schwer nachgehen können.
Wir würden uns wünschen, dass so mancher Ansatz dazu ausgegorener und vor allem nachhaltiger wäre. Zum Beispiel die Idee des Bundeswirtschaftsministers, Teile der deutschen Wirtschaft im
Zweifelsfall zu verstaatlichen, sehe ich persönlich sehr kritisch.
Wir als Grüne sind ja nicht grundsätzlich dagegen, dass der Staat ein Akteur in der Wirtschaft ist. Infrastruktur wie Bahnschienen, Stromnetze oder auch Aufgaben der Daseinsvorsorge wie die Wasserversorgung gehören in die öffentliche Hand. Wenn sich nun in einer Notsituation der Staat an Unternehmen beteiligt, dann muss das klar und deutlich anhand von Kriterien und Vorgaben geschehen. Ansonsten, meine lieben Damen und Herren, ist das kein verantwortungsvoller Umgang mit Steuergeldern.
Und klare Kriterien fehlen hierbei deutlich - sowohl auf der Bundes- als auch auf der Landesebene.
Wir als Politik müssen die Richtung vorgeben. Dazu gehören klare Vorgaben für die Beschäftigungssicherung - genauso wie klare Vorgaben zum Thema Klimaschutz. Wir müssen diese Krise als Chance nutzen, um z. B. Unternehmen - ich nenne mal die Lufthansa - im Klimabereich zum Vorreiter zu machen, wenn denn das Fliegen nicht vermeidbar ist, nämlich mit CO2-armem Fliegen.
Ganzheitlich und langfristig denken, das wäre jetzt unser Job! Wirtschaftsförderung muss aus unserer Sicht sozialökologisch ausgerichtet sein; denn damit stärken wir die Unternehmen, und damit sichern wir vor allem den Wirtschaftsstandort in Niedersachsen nachhaltig und lange.
Wir wollen mit einem sozialökologischen Konjunktur- und Investitionsprogramm die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie bewältigen. Dazu haben wir Ihnen - das will ich jetzt nicht mehr im Detail ausführen - umfangreiche Vorschläge vorgelegt. Ihre Reaktion darauf bisher: null!
Wenn wir jetzt Milliarden investieren, müssen alle Maßnahmen eine doppelte Rendite haben: Sie müssen kurzfristig Unternehmen retten und mittel- und langfristig der Abwendung der Klimakrise dienen und die weitere soziale Spaltung verhindern. Das alles sind wichtige Bausteine, wenn wir in der Wirtschaftspolitik zielorientiert vorankommen wollen. Bitte, hören Sie mit Ihren Ankündigungen auf! Kommen Sie endlich mit vernünftigen Vorschlägen
rüber, die auch die Zustimmung der Opposition finden könnten!
Danke.
Vielen Dank, Herr Minister, dass Sie die Zwischenfrage zulassen.
Sie sprachen gerade von Augenmaß in der Industriepolitik und in der Automobilindustrie. Wie stehen Sie zu einer Kaufprämie - ich habe gehört, „Kaufimpulsprämie“ wird es nun genannt - für den Diesel nach Euro-6d-TEMP, dessen Erstzulassung ab dem 1. Januar 2021 nicht mehr möglich sein wird? Sind Sie für eine Kaufprämie für diese Fahrzeuge und somit dafür, der Automobilindustrie zu helfen, die Lager auf Steuerkosten zu räumen?
Herr Präsident, herzlichen Dank. - Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Gesellschaftliche Akzeptanz gefährdet: Steht das Land weiter uneingeschränkt zum Bahnprojekt Alpha-E?
Im November 2015 hat man sich im Rahmen des Dialogforums Schiene Nord (DSN) auf das Alpha-E als Ausbaulösung im Großraum Hamburg-BremenHannover verständigt. Der Parlamentarische
Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium hat im Rahmen der damaligen Präsentation gesagt:
„Wenn wir uns jetzt heute darauf verständigen, das, was Sie beschlossen haben - Alpha-E mit den Ergänzungen der privaten Strecken -, wird von uns so umgesetzt, kein
Ypsilon mehr, keine Neubaustrecken, sondern es sind Ausbaustrecken, und dabei muss es bleiben.“
Laut dem Bericht des Weser-Kuriers vom 2. Oktober 2020 will sich die Bundesregierung mit der Begründung, den Deutschlandtakt zu realisieren, nun aus diesem Konsens verabschieden.
Vor diesem Hintergrund stellen wir folgende Fragen:
1. Steht das Land weiter uneingeschränkt zum Alpha-E-Kompromiss des Dialogforums Schiene Nord aus dem Jahr 2015?
2. Schließt das Land Neubaustrecken statt des Bahnausbaus zwischen Hamburg und Hannover aus?