Protocol of the Session on June 20, 2018

Unsere Aufgabe als Politikerinnen und Politiker besteht darin, einen Ordnungs- und Investitionsrahmen vorzugeben, auf den sich sowohl die Hersteller als auch die Verbraucherinnen verlassen können.

Dafür braucht es erstens, kluge Schadstoffgrenzen als die wirksamste Methode vorzugeben, um die Energieeffizienz in der Autoindustrie zu erhöhen und die Entwicklung von alternativen Antrieben zu fördern.

Es braucht zweitens, die Subvention bei der Anschaffung und dem Unterhalt von Dienstfahrzeugen an den CO2-Ausstoß zu koppeln, um verbrauchsarme Autos künftig steuerlich besserzustellen.

Es braucht drittens, dass Deutschland seine Blockade aufgibt und den Vorschlag auf europäischer Ebene mitträgt, Kraftstoffe nicht mehr pro Liter, sondern nach dem CO2-Gehalt zu besteuern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es braucht viertens, eine einheitliche flächendeckende Ladeinfrastruktur und die Ladesäulen als Teil des Stromnetzes zu finanzieren und auszubauen.

Und es braucht fünftens, eine eigene Batteriezellenproduktion in Deutschland zu fordern und zu fördern, um die heimische Autoindustrie unabhängiger vom Weltmarkt und konkurrenzfähiger zu machen.

Meine Damen und Herren, es gibt eine Reihe von weiteren Stellschrauben, die wir gemeinsam drehen könnten, wenn Sie denn bereit wären, ernsthaft moderne Mobilitätspolitik zu machen. Leider ist es aber auch heute wieder so, dass Sie diese Aktuelle Stunde eigentlich nur als Versuch nutzen, ein bisschen positive PR für die Automobilindustrie zu erzeugen, anstatt sich mit deren aktuellen gravierenden Problemen und Fehlverhalten auseinanderzusetzen. Das, meine Damen und Herren von der CDU, ist Ihnen heute nicht gelungen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die AfD-Fraktion spricht nun Herr Abgeordneter Wirtz.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In einer Aktuellen Stunde über

Brennstoffzellen, Leichtbauweise und autonomes Fahren zu sprechen - nun, das klingt aktuell. Mir fehlt dabei aber noch ein Begriff, der hier schon ganz selbstverständlich gefallen ist, nämlich Elektromobilität. Alle vier Begriffe stammen aus einem Interview mit Herrn Zetsche von vor drei Jahren - also nicht mehr so ganz aktuell.

Insgesamt sollten wir froh darüber sein, dass technische Erfindungen nicht auch ihre Jahrestage oder ihre eigenen Gedenktage haben; denn das wären zu viele. Wir blicken jetzt zurück auf 180 Jahre Brennstoffzelle, eine Erfindung von 1838. Die Leichtbauweise von Zeppelinen ist auch schon 120 Jahre alt. Das autonome Fahren mag zwar in technischer Hinsicht neu sein, aber wir haben hier eine Analogie zu den Pferden und den Kutschen. Früher haben Pferde manchmal auch allein nach Hause gefunden, das war auch schon eine Art autonomes Fahren. Aber dazu später mehr.

(Beifall bei der AfD)

Für mich stellt sich also die Frage: Was ist an diesem Thema so aktuell, dass dafür eine Aktuelle Stunde angesetzt wird?

Meine Damen und Herren, kennen Sie noch das NIP? - NIP steht für „Nationales Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie“. Dieses Programm war auf zehn Jahre angelegt und lief 2016 aus, ist also schon ein alter Hut.

Noch einmal zu dem Interview von Herrn Zetsche. Darin hatte er auch angekündigt, schon 2014 die erste Großserie für Wagen mit Brennstoffzelle aufzulegen. Folgerichtig fahren heute auch Brennstoffzellenautos aus Großserien. Sie heißen allerdings Toyota Mirai und Hyundai IONIQ. Wie man hört, hat Deutschland und vor allem Niedersachsen dort nicht gerade die Nase vorn. Wir sollten also nicht immer so hervorheben, was wir hier im Land erreicht haben. Vom NIP weiß hier, wenn ich so in die Runde gucke, kaum einer was.

(Jörg Bode [FDP]: Doch! Wir!)

- Gott sei Dank Sie!

Der Kollege sagte vorhin, die Erfindungen werden zum Glück nicht von Bankern gemacht. Ich muss hinzufügen: zum Glück auch nicht von Politikern! Wir haben hier vier Begriffe aufgeführt, die uns ein bisschen bewegen sollen. Aber was darüber hinaus an zukunftsweisender Technik kommen soll und kommen wird, denken sich zum Glück andere aus. Wir tun das nicht.

Wir haben von Herrn Bäumer gehört, wie das Leben mit Elektroautos so ist. Er hat es mit einer Beziehung verglichen. Ich kann Ihnen nach knapp fünf Jahren mit Elektroautos sagen: Nach fünf Jahren kann man immer noch begeistert sein. - Weiter passt die Analogie zur Beziehung aber nicht mehr; denn Sie brauchen noch etwas anderes. Ich habe noch den Diesel zu Hause, der die großen Fahrten macht. - Ihre Erfahrungen mit acht Wochen Elektroauto in allen Ehren, es steht Ihnen aber noch ein bisschen was bevor! Uns allen allerdings auch.

Ich habe vorhin wieder etwas über die Batterietechnik gehört, die kommen soll. Dazu kann ich Ihnen sagen: Die bisher tragende Technik für Traktionsbatterien basiert auf Lithium. Dieses Zeugs - so muss man es wirklich nennen - ist hoch gefährlich. Es ist erbgutverändernd, krebserregend, giftig und im Brandfall ein Risiko für die Feuerwehrleute und alle Umstehenden. Die Arbeit damit ist in Europa praktisch unmöglich. Dazu müssten Sie zunächst einmal EU-Arbeits- und -Umweltvorschriften ändern bzw. aushebeln. Eine Zeitlang war es sogar unmöglich, Lithium-Batterien ohne größere Dramen zu transportieren.

Mit dem autonomen Fahren gibt es auch schon Erfahrungen, aber nicht in Niedersachsen. Zum Glück, muss man sagen; denn die ersten Erfahrungen in den USA haben gezeigt: dass Programmierfehler dazu geführt haben, dass Radfahrer oder Fußgänger übersehen worden sind.

Wir haben hier also noch einen weiten Weg vor uns. Eine Begleitung durch die Politik ist schön und gut, und das sollten wir uns auch vornehmen. Aber bitte lassen Sie die Kirche im Dorf!

Vorhin fiel das Stichwort „Speichermarkt“. Dazu kann ich Ihnen sagen: Ich warte seit fünf Jahren darauf, dass die Batterien leistungsfähiger und billiger werden. Aber die Leistungsdaten und die Preise sind fast noch genauso wie vor fünf Jahren. Auch hier müssen wir offenbar eher in Jahrzehnten rechnen; das sollte realistisch sein. Ganz aktuell ist also auch dieses Thema zurzeit nicht.

Danke sehr.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. - Das Wort für die FDP-Fraktion hat nun Herr Kollege Bode. Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mir ging es so ähnlich wie dem Kollegen SchulzHendel. Auch ich habe mich gefragt, was dieses Aktuelle Stunde der CDU eigentlich soll.

Mit den Begrifflichkeiten wird ja der Eindruck erweckt, dass die Zukunft beschrieben und gestaltet werden soll. Ihr erstes Stichwort ist die Brennstoffzelle. Aber die Brennstoffzelle ist, wie wir eben schon gehört haben, keine Idee der Zukunft, sondern eher eine Idee der Vergangenheit, an der wir schon seit Jahren dran sind. Wir haben Förderprogramme aufgelegt und Initiativen gestartet, aber der Durchbruch im Pkw-Bereich ist bis heute ausgeblieben und wird wahrscheinlich auch in den nächsten Monaten noch ausbleiben. Ich frage mich wirklich, was der Grund dafür ist.

Nächstes Stichwort: Leichtbau, CFK. Herr Bäumer, fällt Ihnen gar nichts auf? Wir haben damals, in Zeiten der CDU/FDP-Koalition, gemeinsam die Initiative ergriffen und Niedersachsen zum Weltmarktführer in Sachen CFK gemacht. Ich erinnere an Walter Hirche und das CFK-Valley in Stade. Aber in den letzten Jahren ist das alles wieder eingedampft worden. Die Förderung ist komplett zurückgefahren worden, und die neue Landesregierung hat bisher keinerlei finanzielle Initiative in diesem Bereich gestartet. Von daher kann ich sagen: Da passiert nichts.

Zum Stichwort autonomes Fahren. Das ist eine interessante Technologie, die nach vorn gebracht werden kann. Aber glauben Sie wirklich, dass diese Landesregierung, die seit 2012 daran scheitert, Akten digital von Büro zu Büro transportieren zu lassen, der richtige Treiber dafür ist, dass Autos autonom durch Niedersachsen fahren? - Die Worte höre ich gerne, allein mir fehlt der Glaube.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor wir über die Zukunft reden, sollten wir erst einmal schauen, was in der Gegenwart möglich ist. Und Sie sollten sich auch die Frage stellen, warum die Landesregierung die Technologien der Gegenwart nicht einsetzt.

Mobilität ist ein entscheidender Standortfaktor. Zur Mobilität gehört, dass ich mich flüssig und zeitlich ambitioniert von A nach B bewegen kann, dass ich also nicht Lebenszeit damit vergeude, dass ich im Stau stehe. Allerdings: In Niedersachsen haben die Staus auf den Autobahnen in den letzten 24 Monaten um 43 % zugenommen. Niedersachsen ist damit bundesweit Spitzenreiter. Die Landesre

gierung hat die Niedersachsen in den Stau gestellt! Und warum sind wir hier so weit hinten? - Weil die heutige digitale Technik nicht eingesetzt wurde bzw. wird, weder vom damaligen Verkehrsminister Olaf Lies noch vom heutigen Verkehrsminister Bernd Althusmann.

Es ist doch eine Binsenweisheit: Digitalisierung im Verkehr bedeutet nicht, dass man die alten Blechschilder durch neue digitale Schilder setzt, aber das Tempolimit ansonsten unverändert lässt. Nein, Digitalisierung bedeutet intelligente Verkehrssteuerung. - Inzwischen ist es allerdings so, dass man die alten Blechschilder unter den neuen digitalen Schildern belässt, vermutlich aus Sorge, dass sie nicht ordentlich funktionieren. Das ist doppelt gemoppelt und hat mit intelligenter Verkehrssteuerung nichts zu tun.

Zur Stausituation auf der A 7. Wenn vor Ort gefordert wird, die Unfallsituation zu entschärfen, heißt es vom Ministerium: Würde man in einer Baustelle die Anzahl der Spuren von drei auf zwei reduzieren, hätte das entsprechende Staus und Unfälle zur Folge. Meine Damen und Herren, so ist das in Niedersachsen! Im restlichen Deutschland hingegen funktioniert es, die Anzahl der Spuren in Baustellen zu reduzieren, ohne dass es Staus gibt. Die Landesregierung sollte einmal überlegen, warum die Bayern vor Baustellen die ganzen LED-Verkehrssteuerungssysteme aufbauen - die übrigens aus Niedersachsen kommen. Warum setzen nicht auch wir diese Technik ein?

Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind die Probleme, die wir heute aktiv angehen könnten. Dadurch könnten wir die Lebensqualität der Menschen massiv verbessern. Aber die Große Koalition packt diese Probleme nicht an.

Ich fasse zusammen: Mobilität ist für das Flächenland Niedersachsen, für den Logistikknoten Niedersachsen ein wichtiges Thema. Angesichts der Entwicklungen, die in den letzten Jahren eingesetzt haben, müssen wir aufpassen, dass sich Niedersachsen nicht von einem Mobilitätsland zu einem Immobilitätsland wandelt. Hier bedarf es aller Anstrengungen.

Herr Althusmann, ich würde mir wünschen, dass Sie das, was Sie im Wirtschaftsausschuss und im Plenum sagen, auch einmal Ihren Mitarbeitern im Ministerium, die das umsetzen müssen, sagen - damit die Blechschilder abgebaut und stattdessen digitale Schilder eingesetzt werden und dann vielleicht auch eine digitale Verkehrslenkung eingeführt wird. Momentan aber stellen Sie, genauso

wie damals Olaf Lies, Niedersachsen weiterhin in den Stau.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Zeitlich war das eine Punktlandung, Herr Kollege. - Nun hat das Wort für die Landesregierung Herr Wirtschaftsminister Dr. Althusmann. Bitte!

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Bode, es wird Sie nicht verwundern, wenn ich jetzt sage, dass ich an diese Landesregierung glaube und dass es mit dieser Großen Koalition gelingen wird, Niedersachsen zum Mobilitätsstandort Nummer eins in Deutschland zu machen.

(Beifall bei der CDU - Dr. Stefan Birk- ner [FDP]: Mit dem Glauben ist das immer so eine Sache, Herr Minister! - Weitere Zurufe)

Auf die verbalen Attacken von Herrn SchulzHendel einzugehen, lohnt sich, glaube ich, nicht.

Meine Damen und Herren, Niedersachsen ist ein starker Industriestandort, Niedersachsen ist ein starker Mobilitätsstandort - und das schon heute. Wir haben in diesem Land zahlreiche Akteure, die im Bereich Mobilität unterwegs sind: Wir haben die Automobilindustrie, wir haben eine effiziente Zulieferindustrie, wir haben die Luftfahrt, wir haben die Logistik - in Wilhelmshaven, die Seehäfen -, wir sind ein Transitland, und wir haben gut ausgebaute Verkehrswege, wobei das Straßenverkehrsnetz sicherlich noch auszubauen ist.

Es ist unser Ziel, unser Bundesland in den nächsten Jahren zu einem führenden Mobilitätsstandort zu machen, zu einem Land, Herr Kollege Bode, in dem die Lösungen für die Zukunft, für modernste klimaschonendste Antriebstechnologien entwickelt und auch produziert werden. Dazu will ich nur ein Beispiel nennen, nämlich die Elektromobilität. Der größte Automobilhersteller der Welt, ein mittelständisches Unternehmen aus Niedersachsen, wird in den kommenden Jahren 35 Milliarden Euro in die Elektromobilität investieren.

Ich gehe davon aus, dass wir längst die Schritte eingeleitet haben, von der Lithium-Ionen-Batterie zu einer neuen Form von Batterien zu kommen,

die weitaus höhere Speicherkapazitäten bieten und damit auch eine deutlich höhere Reichweite ermöglichen.