Protocol of the Session on June 20, 2018

die weitaus höhere Speicherkapazitäten bieten und damit auch eine deutlich höhere Reichweite ermöglichen.

Neben der Elektromobilität wird die Brennstoffzellentechnologie eine der wesentlichen Fragen der Automobilindustrie der Zukunft sein. Heute wird gemeldet, dass Audi eine Kooperation mit Hyundai eingehen wird. Ich habe in Niedersachsen vor Kurzem eine Wasserstofftankstelle eingeweiht.

(Horst Kortlang [FDP]: Eine?)

- Ja, die erste in Niedersachsen! Und ich sage Ihnen: Wir werden uns Schritt für Schritt den Fragen der Wasserstoffantriebe und der Ladestationen stellen.

Wir werden uns im Blick auf einen Antriebsmix aber auch mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob es dort noch weitere Technologien gibt, z. B. die Gasantriebstechnologie.

Wir werden uns damit auseinandersetzen müssen, welche Leichtbaustoffe in der Automobilindustrie in den nächsten Jahren zur Anwendung kommen können. Ich nenne als Stichwort Carbon, wozu ich gerade eine Messe eröffnet habe: in Stade, quasi im Silicon Valley.

Diese Fragen werden sich in den kommenden Jahren stellen, und die Automobilindustrie stellt sich ja auch schon darauf ein.

Die größte Herausforderung wird allerdings die Konnektivität sein, die Frage von Wireless Cars, die Frage, ob die Autos der Zukunft überhaupt noch „Autos“ sind, die Frage, ob Autos in der Lage sein werden, sich in den nächsten Jahren in die Telematiksysteme der Zukunft einzuwählen, um z. B. Park-Suchverkehre zu vermeiden und damit gleichzeitig auch klimaschonend zu fahren.

Meine Damen und Herren, wir haben hier in Niedersachsen ein Unternehmen, das über 630 000 Mitarbeiter in der Automobilwirtschaft hat - davon sind rund 130 000 direkt an sechs Standorten in unserem Bundesland beschäftigt - und weitere 260 000 in der Logistikbranche. Leider sind wir in diesen Tagen mit den Folgen eines in keinster Weise akzeptablen Dieselskandals konfrontiert, mit Strafverfahren wegen Abgasmanipulationen und zudem mit möglichen Fahrverboten für ältere Dieselfahrzeuge in einzelnen Städten. Zudem belasten Fahrzeugrückrufe oder Drosselungen der Produktion - wie ganz aktuell am Standort Emden - die Gesamtlage in der niedersächsischen Automobilindustrie. Ich kann für VW allerdings auch schon

sagen, dass allein in den ersten fünf Monaten dieses Jahres die Produktion bzw. die Auslieferung von Fahrzeugen noch einmal um 7 % gegenüber dem herausragend guten Jahr 2017 gestiegen ist.

Ich sage ganz bewusst, und das richtet sich an die Automobilkonzerne: Wir müssen das Vertrauen der Menschen in diesem Land zurückgewinnen! Dazu gehört auch, dass ein deutlicheres Zeichen gesetzt wird, dass die Automobilkonzerne bereit sind, den entstandenen Schaden dort, wo es technisch machbar und wirtschaftlich vertretbar ist, stärker auszugleichen als bisher.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Auch in Deutschland!)

Vor allen Dingen muss die Automobilindustrie in Deutschland zeigen, dass sie verstanden hat. Ich bin es leid, jede Woche oder jeden Monat neue Meldungen über Software-Updates oder noch alte Software in den Motoren der Fahrzeuge der deutschen Automobilhersteller - und das bezieht sich nicht nur auf VW - verbreiten zu müssen. Ich sage das sehr deutlich: Nicht das Kraftfahrt-Bundesamt ist an diesen Dieselskandalen schuld, sondern diejenigen, die nicht bereit sind, die vorgegebenen Regeln und Gesetze zu achten. So einfach ist die Wahrheit!

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD - Zuruf von den GRÜ- NEN)

Wahr bleibt aber auch, dass in Deutschland Millionen Arbeitsplätze von der Automobilindustrie abhängig sind.

Niedersachsen für die Zukunft gut aufzustellen, heißt letztlich, die Entwicklung des autonomen Fahrens zu unterstützen. Diesbezüglich setzen wir mit dem kommenden Aufbau des Testfelds hier in Niedersachsen ein klares Signal. Autonomes Fahren wird kommen. Johann Jungwirth, der Chief Digital Officer von VW, hat kürzlich einmal erklärt, dass wir als durchschnittliche Autonutzer im Leben 37 688 Stunden im Auto verbringen. Das sind 1 570 Tage, also 4,3 Jahre. Das autonome Fahren wird in der Zukunft mehr Verkehrssicherheit bringen, es wird mehr Verkehrseffizienz und damit ein hohes Maß an Umweltfreundlichkeit bewirken.

Konzepte in Sachen Smart Citys, in Sachen Verknüpfung von Daten, in Sachen Intermodalität sind entscheidende Zukunftsherausforderungen - denen wir uns aber längst gestellt haben. Der Masterplan Digitalisierung wird in diesem Bereich der

Mobilität und der Telematik ein besonderes Signal setzen.

Wir werden hier in Niedersachsen eine strategische Innovationspartnerschaft mit der niedersächsischen Automobilindustrie auf den Weg bringen. Wir werden in diesem Jahr oder spätestens Anfang nächsten Jahres einen Dialog über die Frage der Mobilität, der Transformation der Automobilindustrie in das 21. Jahrhundert auf den Weg bringen. Wir werden uns mit den Zukunftslösungen auseinandersetzen.

Ich kann Ihnen versichern, dass unsere Automobilkonzerne auch hier in Niedersachsen längst auf dem Weg sind, die Weichen im Blick auf alternative Antriebstechnologien, im Blick auf alternative Leichtbauweisen bzw. entsprechende Stoffe richtig zu stellen - das im Übrigen auch mitgetragen von der Luftfahrtindustrie; da greift unser Industrieland sozusagen ineinander.

Ich möchte, dass wir auf den Feldern, die ich bezeichnet habe, nämlich Mobilität, Verkehr, Entwicklung von neuen Produktionsstoffen und von neuen Batteriezellentechnologien, das Mobilitätsland werden. Von Niedersachsen aus müssen die besten Ideen für die Mobilität der Zukunft ausgehen. Dafür steht diese Landesregierung, und dafür werden wir die Weichen heute und nicht erst morgen stellen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor, sodass ich den von der CDU-Fraktion eingebrachten Teil der Aktuellen Stunde schließen kann.

Bevor ich den von der Fraktion der FDP eingebrachten Teil der Aktuellen Stunde aufrufe, gestatten Sie mir eine Anmerkung zu der von Herrn Abgeordneten Wirtz vorgetragenen Sorge über die Vielzahl der Gedenktage. Ich darf Sie auf Folgendes hinweisen: Welche Gedenktage oder auch Anlässe für Schweigeminuten hier im Landtag gewürdigt werden, entscheidet allein die Präsidentin. Und seien Sie versichert, es wird eine kluge Auswahl geben!

(Beifall bei der SPD und bei der FDP)

Damit kommen wir zu

b) Ist die Milliarde schon ausgegeben, bevor sie eingenommen ist? Schuldenabbau statt rotschwarzes Wunschkonzert - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 18/1117

Ich erteile das Wort Herrn Fraktionsvorsitzenden Dr. Birkner. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sehen mit großer Sorge, welche Begehrlichkeiten angesichts der 1 Milliarde Euro Bußgeld, die aufgrund der Verfehlungen im VWKonzern an das Land fließen werden, aufkommen.

Wir sehen auch mit Sorge, wie sich die Sprecher von CDU und SPD diesbezüglich geäußert haben. So spricht Frau Heiligenstadt davon - ich zitiere -: „Bevor man das Fell des Bären verteilt, muss man erst schauen, was genau übrig bleibt.“ Herr Thiele spricht davon, dass man das Geld erst einmal so vereinnahmen solle wie Steuermehreinnahmen, und am Ende heißt es dann bei ihm - ich zitiere -: „Wir können dann immer noch einen Teil des Geldes für Investitionen oder den Schuldenabbau verwenden.“

Meine Damen und Herren, das lässt befürchten, dass die Regierungskoalition mit diesen zusätzlichen Einnahmen so umgehen wird, wie sie dies erst jüngst mit den Steuermehreinnahmen und den Zinsminderausgaben gemacht hat: Der allergrößte Teil wird verfrühstückt, und nur ein geringer Teil wird für die Tilgung von Altschulden verwendet.

Das aber, meine Damen und Herren, halten wir für unverantwortlich. Wir sind der Auffassung, dass in wirtschaftlich guten Zeiten, die zu entsprechend hohen Steuermehreinnahmen führen, endlich auch Altschulden konsequent und spürbar abgebaut werden müssen.

(Beifall bei der FDP)

Wann, wenn nicht jetzt, meine Damen und Herren, wollen wir denn endlich in den Abbau unserer Altschulden in Höhe etwa 60 Milliarden Euro eintreten, um damit eben auch die Spielräume künftiger Generationen erhalten bzw. überhaupt noch gestalten zu können?

Wir können uns auch nicht darauf verlassen, dass die Zinsen so niedrig bleiben, wie es bisher ist. Die

Zinsrisiken müssen weiterhin reduziert werden, indem die Schulden abgebaut werden. Nur um einmal die Dimensionen deutlich zu machen: Bei einer Tilgung von 1 Milliarde Euro und angenommenen 2 % Zinsen pro Jahr ergeben sich Zinsminderausgaben in Höhe von 20 Millionen Euro jährlich. Bei einem Zinsanstieg auf 4 %, der ja nicht aus der Welt ist, wären es 40 Millionen Euro.

Nun werden Sie uns - das kennen wir ja schon aus den vorangegangenen Debatten - entgegenhalten, dass es wichtige zukunftsgerichtete Investitionsvorhaben gibt, z. B. Breitbandausbau, Krankenhausinvestitionen und sicherlich auch noch das eine oder andere mehr. Das ist auch unzweifelhaft richtig. Diese Aufgaben müssen aber nach unserer Überzeugung aus dem laufenden Haushalt heraus finanziert werden und eben nicht über Sondervermögen oder irgendwelche anderen Neben- oder Schattenhaushalte.

(Beifall bei der FDP)

Das aber, meine Damen und Herren, würde eben mehr Haushaltsdisziplin und eine verantwortungsvollere Haushaltspolitik erfordern, insbesondere z. B. eine durchgreifende und echte Aufgabenkritik. Davon sehen wir aber bei dieser Landesregierung nichts.

Für uns ist deshalb klar: Das Bußgeld in Höhe von 1 Milliarde Euro muss vollständig für den Abbau der Altschulden verwendet werden!

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, einmal mehr wird in dieser Situation auch die aus meiner Sicht unglückliche Verquickung zwischen den verschiedenen Interessensphären - VW auf der einen Seite und Regierungshandeln auf der anderen Seite - offenbar. Im Aufsichtsrat sitzen zwei Mitglieder der Landesregierung, die ihrerseits für die Durchführung der entsprechenden Bußgeldverfahren Verantwortung trägt. Damit Sie das nicht missverstehen: Ich unterstelle keine Einflussnahme im Einzelfall. Aber wie wirkt es denn, dass diejenigen, die von einem durch von ihnen zugeordneten Behörden verhängten Bußgeld profitieren, in dem Aufsichtsrat des Unternehmens sitzen, gegen das das Bußgeld verhängt worden ist?

Nur eine klare und erkennbare Trennung der Verantwortlichkeiten ist geeignet, Vertrauen in die Unabhängigkeit und Unbefangenheit der gewählten Vertreter zu erzeugen. Hieran mangelt es aber weiter. Wir fordern deshalb weiterhin, dass sich der Ministerpräsident und auch der Wirtschaftsminister

aus dem Aufsichtsrat zurückziehen und Experten entsenden. Damit könnte Herr Althusmann auch endlich sein Wahlversprechen umsetzen, dass mindestens ein Experte im Aufsichtsrat vertreten ist. Wir sehen bisher leider keinen Experten aufseiten der Landesregierung dort sitzen.

(Beifall bei der FDP, bei den GRÜ- NEN und bei der AfD)

Meine Damen und Herren, bezüglich der 1 Milliarde Euro würden wir gerne von der Landesregierung wissen, wie sie gedenkt, mit diesen Mehreinnahmen umzugehen. Und da reicht der zu erwartende Hinweis auf die anstehende Haushaltsklausur sicherlich nicht aus. Wir erwarten von Finanzminister Hilbers ein klares Signal, dass endlich die Chance für eine generationengerechte Haushaltspolitik ergriffen werden soll und dass er endlich auch wieder an das anknüpft, was er als Oppositionspolitiker in der letzten Legislaturperiode engagiert gefordert hat, nämlich eine solide zukunfts- und generationengerechte Haushaltspolitik - die auch damit beginnen muss, endlich konsequent die Altschulden abzubauen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Für die CDUFraktion hat nun das Wort Herr Kollege Thiele. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst kurz einordnen, wie dieses gegen den Volkswagen-Konzern verhängte Bußgeld eigentlich zu bewerten ist.