Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt Baustellen über Baustellen bei Volkswagen. Es ist erforderlich, hier sofort und aktiv zu handeln, insbesondere einen Chefaufklärer nach vorn zu stellen, der neutral, unabhängig und nicht vorbelastet ist,
also ähnlich, wie es damals Siemens gemacht hat. Herr Ministerpräsident Weil, tun Sie das, und erneuern Sie den Aufsichtsrat! Tauschen Sie den Vorsitzenden aus!
Vielen Dank. - Das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Frau Kollegin Westphely. Bitte!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte gern noch einmal darauf hinweisen, dass hier bei einigen etwas durcheinanderzugehen scheint. Wir haben es bei VW nicht mit einem Staatskonzern zu tun. Wir können VW weder diktieren, was zu tun ist, noch das, was nicht.
Wie sensibel mit dieser Einflussnahme über die Landesbeteiligung umzugehen ist, müsste doch auch die Opposition wissen - aus dem gemeinsamen Bangen und Kämpfen um das Fortbestehen des VW-Gesetzes.
Der Aufsichtsrat steht dem Konzern beratend zur Seite und muss den Vorstand kontrollieren, aber in das operationelle Geschäft selber gestaltend einzugreifen, ist nicht seine Aufgabe. Und schon gar nicht ist es seine Aufgabe, ist es die Aufgabe einzelner Aufsichtsratsmitglieder, die Kommunikation des Konzerns zu übernehmen, wie es hier im Rahmen des letzten Plenarabschnitts von der Opposition verlangt worden ist.
Gerade Sie, Herr Bode, müssten es doch am besten wissen. Die Affäre um die Abgaswerte ist zwar erst im letzten Jahr bekannt geworden, entwickelt hat sie sich aber über viele Jahre. Wo und wie sind Sie denn genau tätig geworden? Was haben Sie z. B. für eine offene Kritikkultur im Unternehmen getan, mit der die Manipulationen eventuell hätten verhindert werden können?
Was machen Sie hier eigentlich? - Bei dieser Show machen wir nicht mit. Die Aufsichtsratsmitglieder seitens der Landesregierung üben Druck im Rahmen des Gesetzes aus, und nur so kann es verantwortungsvoll gehen.
Wir können einiges tun, um VW als wichtigen Partner in Niedersachsen zu stärken, aber wir sollten es aus einem gemeinsamen und fraktionsübergreifenden Verantwortungsgefühl gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern tun.
Zur Zukunftsfähigkeit: Wir sind überzeugt, dass wir uns davon verabschieden müssen, dass die alten und vertrauten Geschäftsfelder weiter wirtschaftlichen Erfolg einfahren werden. Wir stehen am Anfang einer Mobilitätswende. Nur Konzerne und Unternehmen werden die bevorstehenden Umwälzungen erfolgreich bestehen, denen es gelingt, sich schnell und kompetent auf die Märkte einzustellen. Die Zeiten, in denen sich die Herausforderungen der Zukunft schon über Effizienzsteigerungen herkömmlicher Antriebstechnologien wie der Dieseltechnik lösen lassen, sind unserer Meinung nach vorbei. Effizienzsteigerung bedeutet Evolution. Eine Alternative aufzuzeigen, heißt Revolution. Und an diesem Punkt stehen wir längst. Dabei wird die Elektromobilität sicherlich nicht die alleinige Lösung sein, aber sie wird eine große Rolle spielen.
Mobilität von morgen ist vielfältiger, sie ist elektrisch, vernetzt und geteilt. Das Auto wird als industrielles Produkt ein Baustein von integrierten Mobilitätsdienstleistungen sein.
Unser Job ist es, den Rahmen politisch so zu setzen, dass sich die Unternehmen strecken müssen, dass sie die Vorgaben für Gesundheits-, Klima- und Umweltschutz einhalten, um eine Zukunft mit sich ändernden Ansprüchen an die Mobilität vorzudenken. Nur so werden wir den Wettbewerb um Produkte und Geschäftsmodelle von morgen fördern können.
(Zustimmung bei den GRÜNEN - Chris- tian Dürr [FDP]: Es gibt den gesetzli- chen Rahmen doch schon! - Christian Grascha [FDP]: Das Problem ist, dass er nicht eingehalten wurde!)
Mit der Kaufprämie für Elektrofahrzeuge und der Reduzierung der Unwucht bei der Mineralölbesteuerung haben Minister dieser Landesregierung Vorschläge gemacht, um diesen wichtigen Rahmen zu setzen. VW wird sich, wie andere Autohersteller auch, neu aufstellen müssen. Dafür, dass VW genau das tut, gibt es sehr gute Anzeichen. So ist die Einrichtung eines Nachhaltigkeitsbeirats richtig. Wir Grüne würden an dieser Stelle noch einen Schritt weiter gehen und uns für einen Umweltvorstand aussprechen. Denn ökologische Nachhaltigkeit muss unserer Meinung nach in der Vorstandsarbeit mit weitreichenden Kompetenzen besetzt sein.
Noch einige Worte zur Unternehmenskultur. VW stand und steht sicherlich immer noch vor der großen Aufgabe, eine neue, offene, transparente Führungskultur zu entwickeln, in der auch ein offener und wohlwollender Umgang mit Kritik und Fehlern seinen Platz haben muss. Aus unserer Sicht sind erste Schritte getan mit der Berufung einer angesehenen, von außen kommenden ComplianceVorstandsfrau und mit der Dezentralisierung von Entscheidungen und Verantwortung, die genutzt werden kann, um Eigenverantwortung und Teamwork zu stärken.
Aber machen wir uns nichts vor: Ein solcher Prozess braucht Zeit, und er wird nur funktionieren, wenn die Beschäftigten nicht täglich in Sorge um ihre Zukunft sein müssen und wissen, dass der Vorstand solidarisch an ihrer Seite steht.
Ein Verzicht auf Bonuszahlungen, Standortgarantien und Investitionen in die Zukunft und in Innovationen, wie sie derzeit diskutiert werden, sind dafür richtige Weichenstellungen. Diese unterstützen wir ausdrücklich.
Zum Abschluss ein weiteres Wort zur Arbeit der Landesregierung. Neulich war ich im Gespräch mit einem durchaus streitbaren Zeitgenossen aus der Wirtschaft, der nicht uns, auch nicht der SPD, sondern der CDU nahe steht. Ich kann mir vorstellen,
dass Sie wissen, wen ich meine. Dabei ging es auch um VW. Er hat anerkennend den Hut vor diesem Ministerpräsidenten gezogen mit den Worten: Krisenmodus kann der. - Dem kann ich nur beipflichten.
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die Landesregierung hat nun Herr Wirtschaftsminister Lies das Wort. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich eine Vorbemerkung machen. Der Ministerpräsident und ich setzen uns im Aufsichtsrat und in vielen anderen Gesprächen national und international knallhart für die Interessen Niedersachsens und der Beschäftigten und damit für Volkswagen und dessen industriepolitische Bedeutung ein.
Aber, meine Damen und Herren, wir beide sind aufgrund der großen Verantwortung, die wir insbesondere in der aktuellen Situation haben, durchaus auch in der Lage, daraus kein öffentliches Schauspiel zu machen. Ich glaube, daran sollten Sie sich in Zukunft ein Beispiel nehmen.
Volkswagen, meine Damen und Herren, steht vor großen Herausforderungen. Ich will - weil ich wenig Zeit habe - nur anhand von sechs Beispielen beschreiben, in welcher Situation wir uns gerade befinden und was wir machen.
Der erste Punkt ist die Aufarbeitung von Dieselgate - intern natürlich, aber auch mit der notwendigen Transparenz der Ergebnisse am Ende der Aufarbeitung. Die Schlussfolgerungen stehen dabei im Vordergrund. Was müssen wir zukünftig machen, damit eine solche Situation mit solchen Auswirkungen nicht entsteht? - An dieser Frage müssen wir intensiv arbeiten. Dazu gehört auch, meine Damen und Herren, die Arbeit an der Unterneh
menskultur. Ein „Das geht so nicht!“ muss in diesem Unternehmen möglich sein. Das wird eine Herausforderung mit Blick auf die Unternehmenskultur von Volkswagen sein.
Beim zweiten Punkt geht es vor allem um eine Lösung für die betroffenen Fahrzeuge. Auch wir sind mit der Situation unzufrieden, dass der Passat-Rückruf verschoben werden muss; das muss man offen sagen. Aber es muss die Aufgabe des Unternehmens sein, dafür zu sorgen, dass die Abarbeitung vernünftig funktioniert.
Der dritte Punkt, meine Damen und Herren, sind die Zukunftsperspektiven. Dazu gehört auch der Diesel. Der Diesel wird einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die CO2-Emissionen zu reduzieren.
(Heiner Schönecke [CDU]: Weiß das Herr Wenzel? - Christian Dürr [FDP]: Das müssen Sie Herrn Wenzel auch erzählen!)
Insofern brauchen wir für den Diesel eine klare Perspektive. Das haben der Ministerpräsident und ich immer wieder deutlich gemacht.
Der vierte Punkt ist: Wir brauchen einen Fokus auf die neuen Technologien. Wir brauchen Investitionen in die E-Mobilität, wir brauchen Investitionen in die Digitalisierung, und, meine Damen und Herren, wir müssen eine Antwort mit Blick darauf finden, dass es in Zukunft möglicherweise nicht mehr nur um das Auto an sich geht, sondern um Mobilität. Auch darauf muss sich der Konzern einstellen.