Protocol of the Session on March 27, 2014

Für die antragstellende Fraktion hat nun Frau Kollegin Eilers das Wort. Bitte!

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich über die lebhafte Diskussion zur maritimen Wirtschaft. Vielen Dank, dass Sie, Herr Minister Lies, uns noch einmal die Menge(n)-Lehre der Koalition erläutert haben. Dann wissen wir auch, wann wir mit Ihnen rechnen können.

Wir bedauern, dass die Grünen ein klares Votum für die Mittelweser scheuen. Doch nun erwarten wir, dass wir ein grundsätzliches Bekenntnis zur Binnenschifffahrt bekommen. Die Hafenpolitiker unter Ihnen werden den Tag der Binnenschifffahrt in Berlin aufmerksam verfolgt haben.

In den letzten Jahren gab es wenig Anlass zu Optimismus in der Branche. Sie kennen die Gründe. Abgesehen von der gesamtwirtschaftlichen Situation gab es Behinderungen durch Hochwasser, Schleusenstreiks etc. Doch der Wind hat sich erfreulicherweise gedreht. Zu Beginn des Jahres 2014 hören wir positive Signale. 2013 gab es einen Zuwachs im Gütertransport um 1,7 %. Die Verkehrsleistung ist stärker gestiegen als die jedes anderen Verkehrsträgers, einschließlich die der Lkw.

Nach der aktuellen Seeverkehrsprognose ist mit einem Anstieg des Umschlagvolumens um 2,8 % pro Jahr zu rechnen. Die jährliche Zuwachsrate soll bei 4,3 % liegen. Diese Entwicklung hat Auswirkungen auf alle Transportwege. Straße, Schiene und Binnenwasserstraße müssen den Herausforderungen nachhaltig und ökonomisch sinnvoll begegnen.

Ein weiteres starkes Indiz für die wachsende Bedeutung der Binnenschifffahrt sind die Berichte der Bank für die Schifffahrt. Auch die Bilanz ist positiv. Es ist Bewegung im Gewerbe - genau wie hier, Frau Präsidentin. Sie birgt große Chancen für die Mitte Europas, nämlich für Niedersachsen. Für die

Entwicklungsfähigkeit des Landes ist es wichtig, die Rahmenbedingungen planmäßig zu entwickeln und zu verbessern.

(Unruhe)

Moment bitte, Frau Kollegin! - Frau Eilers hat es hier vorne wirklich schwer, gegen das Gemurmel anzureden. Ich bitte Sie um etwas Ruhe.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Selbstverständlich lassen sich nicht alle Forderungen nach Erneuerung der Infrastruktur und Schiffbarmachung sofort erfüllen. Doch - das habe ich in der vorangegangenen Antragsberatung mehrfach ausgeführt - wir wollen in Niedersachsen in Zusammenarbeit mit dem Bund konkretere Aussagen über das, was wann geschehen soll, und über das, was nicht geschehen wird. Dabei brauchen wir das, was der Ostfriese „keen middelschött in’t nös“ nennt - mit leicht maritimem Einklang. Wir haben große Potenziale, aber wir müssen ausloten, welche Potenziale wir auch im Einklang mit ökologischen Zielen ausschöpfen wollen. Entsprechend einer Prioritätenliste müssen wir ehrgeiziger, als wir es bislang tun, unsere Wasserwege systematisch entwickeln. Wir brauchen eine Strategie für den Ausbau der umweltschonenden energieeffizienten Binnenschifffahrt in Niedersachsen. Dafür erwarte ich Vorschläge der Regierungsfraktionen für die Gestaltung eines Plans des Ministeriums. Da kann man sich nicht immer auf die Opposition verlassen.

Ein Entwicklungskonzept ist im Einklang mit der EU-Verkehrspolitik, der Schaffung der TEN-Netze und Korridore und mit Blick auf die Verlagerung von Güterverkehren zu entwickeln. Erstmalig sind Binnenschifffahrtswege in die TEN-Guideline für die Korridore aufgenommen worden. Das bedeutet auch, dass die Finanzierungsmodelle die Option der Förderung der Binnenschifffahrt ausdrücklich einbeziehen. Niedersachsen muss das nutzen, um der Binnenschifffahrt neuen Schub zu verleihen. Es geht um die Qualität der Infrastruktur durch Innovation, Umweltqualität durch niedrige Immissionen, qualifizierte Arbeitskräfte und vor allen Dingen um die Integration der Binnenschifffahrt in die multimodale Logistikkette.

Ein guter Ansatz, um kleine und mittlere Unternehmen zu fördern, ist der endlich bereitgestellte Reservefonds. Es ist kein riesiger Betrag; es han

delt sich um 35 Millionen Euro. Aber es ist ein Signal, das Europa aussendet. Gleiches gilt für das Programm NAIADES, über das wir letztes Mal schon gesprochen haben. Eine gute Umsetzung der Fördermaßnahmen ist allerdings nur möglich, wenn wir administrativ bedingte Verzögerungen vermeiden; denn die Verzögerungen und die damit verbundenen Kosten sind der wichtigste Hemmschuh für die Leistungsfähigkeit der Binnenschifffahrt.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Ich möchte Sie bitten, den Antrag zu unterstützen; denn die Umsetzung wäre ein gutes Signal für die Binnenschifffahrt.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Eilers. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Frau Menge das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn die FDP von der Binnenschifffahrt als nachhaltigster Transportmethode spricht, die eine echte Alternative zum Straßenverkehr sein soll, und weiter sagt, die Binnenschifffahrt wickle den Verkehr zuverlässiger und umweltfreundlicher ab als andere Verkehrsträger, dann werden wir Grünen hellhörig. Leider erschöpft sich der neue Ansatz der Liberalen aber doch schon ein paar Zeilen später. Von Anfang an ging es der FDP offenbar nur um eine einseitige Festlegung auf die Vertiefung unserer Flüsse als AllroundWaffe beim Abtransport zunehmender Güterverkehre.

(Beifall bei den GRÜNEN)

So einfach wie sich die FDP die Welt des Warenstroms machen will, ist sie aber nicht. Die Debatte um die Zukunft der Binnenschifffahrt wird von zwei Annahmen bestimmt:

Erstens. Weil der Binnenschiffsverkehr umweltschonender sei als andere Verkehrsträger, geht man von weiteren hohen Wachstumsraten aus.

Zweitens. Der Schiffsverkehr schone das Klima und entlaste unsere Straßen. Er sei deshalb aus ökologischen Gründen zu bevorzugen.

Ein europäisches Forschungsprojekt von Wissenschaftlern aus Deutschland, Italien, der Schweiz und Frankreich hat u. a. untersucht, wie sich der Klimawandel und das Abschmelzen der Gletscher auf große schiffbare Flüsse auswirkt. Laut der Wissenschaftler wird es mehr Hoch- und Niedrigwasser geben, sollten die Gletscher als Speicher verschwinden. Was bedeutet das dann für unsere Flussführungen und die angrenzenden Regionen? Welche Auswirkungen auf Menschen und Natur hat eine Flussvertiefung bei mehr Wassermassen? Können Sie von der FDP uns das beantworten? - Ich will es mithilfe des WWF versuchen.

Elbe und Weser wurden in der Vergangenheit jeweils sechsmal für die Schifffahrt vertieft. Das hat dazu beigetragen, dass viele der dort lebenden Fische wie Alse, Schnepel oder Stör bereits ausgestorben sind oder ihre Bestände zusammengebrochen sind.

Die Erhöhung des Tidehochwassers vernichtet wertvolle Röhrichtbestände mit schwerwiegenden Folgen für vom Aussterben bedrohte Vögel. Empfindliche Naturräume in Ufernähe werden häufig überschwemmt, was den Bruterfolg gefährdet. Seltene Süßwasserwatten und Röhrichte werden versalzen, Seehunde und Nahrung suchende Vögel werden während der Bauphase gestört. Tiere am und im Gewässerboden nehmen durch Baggern und Verklappung Schaden.

Die Flussvertiefungen beeinflussen nicht nur Tiere und Pflanzen, sondern fördern auch das Eindringen von Nordseewasser in die Flussmündungen und tragen so zu einem Ansteigen der Wasserstände bei Sturmfluten bei, wodurch die Gefahr einer Hochwasserkatastrophe wächst. Ganz nebenbei: Nicht nur die Katastropheneinsätze und die Beseitigung der Schäden kosten die Steuerzahlenden sehr viel Geld, sondern auch das flächendeckende Anheben von Brücken und die Vertiefung von Flüssen.

Das Problem der intermodalen Verknüpfung unserer Verkehrswege, also zwischen Straßen, Bahnen und Flüssen, ist damit lange nicht gelöst. In diese intermodale Verknüpfung zu investieren, ist wichtig. Wenn wir allerdings mit Scheuklappen nur in die Herrichtung der Flüsse für große und übergroße Containerschiffe investieren, liegen wir falsch. Wir verschwenden Geld, wir betreiben Raubbau an unseren Naturräumen, und wir vernachlässigen regionale ökonomische Stärken wie z. B. den Tourismus.

Wir brauchen ein abgestimmtes Konzept und Kooperationen, die deutlich weiter gehen und die die weltweiten Entwicklungen durch den Klimawandel berücksichtigen. Das ist ein anspruchsvoller Prozess des Dialogs. Den wollen wir gehen: zielführend. Einigungsverfahren sind immer noch besser als Gerichtsverfahren. Das ist der rot-grüne Weg.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir Grünen sind davon überzeugt, dass wir unsere Schiffe an unsere Flüsse und ihre Bedingungen anpassen sollten und wir nicht die Flüsse für Ozeanriesen oder gigantische Containertürme zurecht- und kaputtmodellieren dürfen. Wir glauben nicht, dass eine Politik, die die Ursachen-Folgen-Wirkung ausklammert, zukunftsträchtig und verantwortungsvoll ist. Ihrem Antrag werden wir daher nicht zustimmen.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Es gibt auf Ihren Redebeitrag eine Kurzintervention des Kollegen Bode. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegin Menge, Sie haben gerade gesagt, die Schiffe sollten sich den Flüssen anpassen und nicht umgekehrt. Mich würde interessieren, wie das neue Schiff von Frau Menge aussehen soll, das die Container so über die Weser oder die anderen Binnenwasserstraßen bringen kann. Vielleicht können Sie uns das einmal darstellen.

Ich habe aber noch eine Frage, Frau Menge. Es gibt dieses Papier „Verkehr und Infrastruktur“ von Bündnis 90/Die Grünen.

(Der Redner hält das Papier hoch)

Das ist relativ aktuell. Das ist aus dem Jahr 2014. Meine sehr geehrten Damen und Herren, darin steht: „Flussausbauten lehnen wir ab“. - Frau Menge, lehnen Sie als Grüne-Landtagsfraktion Flussausbauten wirklich ab, oder stehen Sie zu Ihrem Koalitionsvertrag mit der SPD, in dem Flussausbauten gefordert werden? Was gilt in Niedersachsen?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Bode. - Frau Menge möchte nicht antworten.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Das ist ent- larvend! - Zurufe von der CDU: Das war ja klar!)

- Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte keine Kommentierungen! - Wir fahren fort in der Redeliste. Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Kollege Krogmann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, ich darf im Namen aller Hafenpolitiker sprechen, wenn ich sage, dass wir uns natürlich darüber freuen, dass hier so lebhaft über unsere Themen diskutiert wird. Das haben wir ja sonst nicht immer. In die Tiefe geht das aber nicht an jeder Stelle, Herr Bode.

Ich weiß, es ist etwas ermüdend, dass wir uns jetzt hier mit einem weiteren Antrag beschäftigen. Es ist auch etwas überraschend - ich habe es vorhin schon gesagt; Herr Bode, das müssen Sie sich nach wie vor vorhalten lassen -: Sie, Herr Bode, und Frau Eilers reichen hier in Wochenfrist Anträge ein - - -

(Jörg Bode [FDP] bespricht sich mit Christian Dürr [FDP])

- Ich weiß nicht, ob Sie das, was ich sage, hören wollen oder nicht. Ich habe Ihnen auch zugehört, Herr Bode! - Soll ich vielleicht kurz warten?

(Zuruf von der SPD: Ja! - Jörg Bode [FDP] und Christian Dürr [FDP] been- den ihr Gespräch)

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass Sie sich hier zum Anwalt der Binnenschifffahrt machen. Natürlich müssen Sie sich dann auch zurechnen lassen, was Sie selbst in den letzten Jahren gemacht haben. Ihre Politik hat den niedersächsischen Wasserstraßen geschadet. Das ist vielleicht nicht Ihre persönliche Verantwortung, aber die der FDP. Nach meinem Wissen gehören Sie immer noch der Bundespartei FDP an. Dass sich die FDP in Niedersachsen abgespalten hat, wäre mir neu. Solange das nicht so ist, müssen Sie sich das auch anhören.

Ich will auf einige Punkte etwas detaillierter hinweisen. Sie wollten die Zerschlagung und die teilweise Privatisierung der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung. Das heißt, es sollten Tausende von Jobs in

diesem Bereich abgebaut werden. Die Entscheidungsstrukturen sind von Aurich und Hannover nach Bonn verlagert worden. Den Kommunen und den Unternehmen in der Region fehlen Ansprechpartner. Genau das ist Ihre Verantwortung für die maritime Wirtschaft, für die Binnenschifffahrt, die Sie hier zu tragen haben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)