(Miriam Staudte [GRÜNE]: Er hat mehr Verantwortung! - Helge Limburg [GRÜNE]: Das waren zwei Fragen!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Bekämpfung von Tierseuchen ist bundes-, landes- sowie EU-rechtlich geregelt. Da gibt es Standardabläufe. Wir haben die Aufsicht darüber.
Ich weise nur darauf hin, dass Sie hier im Landtag mehrfach gefordert haben, dass ich gegen die Empfehlung der örtlichen Behörden in bestimmten Landkreisen, die noch keine Aufstallung angeordnet hatten, die Stallpflicht verhänge. Sie haben gefordert, dass ich landesweit eine Stallpflicht verhängen soll. Das hätte bedeutet, dass ich die Entscheidung den Kreisen abgenommen hätte. Die Kreise, die das aus ihrer eigenen Risikobewertung, aus ihrer eigenen Einschätzung heraus nicht getan haben, hätte ich überregeln sollen.
Bei diesen Fragen und bei allen diesen Entscheidungen, auch als der Bund eine Verordnung für Kleinstanlagen erlassen hat - das war die einzige, die er gemacht hat -, geht es ja nicht um eine Einvernehmensfrage. Es geht nicht darum, dass hier ein Einvernehmen erteilt wird - dies müssten Sie eigentlich aus den Ministerien und aus der Rechtslage heraus kennen -, sondern hier geht es um die Ausübung der Fach- und Rechtsaufsicht. Da entscheidet man nur, wenn es sozusagen eine andere Entscheidung gibt als die, die vor Ort getroffen worden ist.
Wir haben vielen Anträgen der Kommunen zur vorsorglichen Tötung stattgegeben. Aber das ist eben eine Entscheidung des Ministeriums; denn hier geht es auch sehr viel um die landesweite Tierseuchenbekämpfung. Es geht um enorme Summen, auch für die Geflügelhalter. Noch einmal: Hier ging es nicht um eine Umgebungstötung. Die wird auch von den Fachleuten des FLI abgelehnt.
Vielen Dank, Herr Minister. - Eine weitere Zusatzfrage möchte Herr Kollege Christian Calderone, CDU-Fraktion, stellen. Bitte!
Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister, ich habe die Frage, ob Ihre Amtskollegen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen eine ähnliche Strategie des Verzichts auf eine vorsorgliche Tötung angewandt haben.
(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Gu- te Frage! - Helge Limburg [GRÜNE]: Das ist aber nicht im Bereich der Lan- desregierung! Das kann er gar nicht wissen! - Gegenruf von der CDU: Das sollte er schon wissen!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich darauf vorbereitet. Wir haben extra in den Ländern abgefragt, die ähnlich viele Ausbrüche haben. In Brandenburg beispielsweise - - -
(Jens Nacke [CDU]: Das unterschei- det Sie wohltuend vom Innenminister! - Zuruf von Helmut Dammann-Tamke [CDU])
Moment, Herr Minister! Wir müssen hier erst Ruhe herstellen. - Herr Schönecke lässt Herrn Dammann-Tamke in Ruhe.
In Schleswig-Holstein, das am Anfang des Geschehens stand und viele Funde im Wildvogelbereich hat, wurden Umgebungstötungen nicht durchgeführt. Dort wurde auch keine vorsorgliche Tötung in Kontaktbetrieben durchgeführt. Das hielt man dort nicht für notwendig.
Auch in Mecklenburg-Vorpommern wurden keine Umgebungstötungen durchgeführt. Kontaktbetriebe aufgrund gemeinsamer Betreuung wie in Niedersachsen hat es nicht gegeben. Also auch dort gab es keine Tötung von Kontaktbetrieben. Das wurde nicht ermittelt, und deshalb bestand die Frage für sie nicht.
In Nordrhein-Westfalen sind nach der Risikobewertung Kontaktbetriebe vorsorglich getötet worden, insbesondere bei gemeinsamer Betreuung oder Betreuung durch Familienangehörige.
Dort sind also leider Tierbestände getötet worden. Sie mussten getötet werden, weil dort intensive Kontakte bestanden. Es gab dort aber keinen Fall, bei dem man ein negatives amtliches Ergebnis wie in unserem Fall vorliegen hatte. Somit hat Nordrhein-Westfalen genauso gehandelt wie wir. In elf Fällen hatten wir einen hinreichenden Verdacht, bei dem wir ein Probeergebnis nicht abgewartet, sondern entschieden haben. Von daher haben wir uns dort wie in Nordrhein-Westfalen verhalten. Auch Nordrhein-Westfalen hat keine Umgebungstötungen vorgenommen.
In Brandenburg wurden neben einem infizierten Entenbestand vier weitere Bestände ermittelt, die bereits infiziert waren. Das positive amtliche Ergebnis lag also, wie bei uns auch, bei dem einen Bestand vor. Deshalb wurden die Tiere getötet,
was sowieso vorgesehen ist; denn wenn man ein amtliches Ergebnis über das Vorhandensein des Virus hat, dann ist es ja keine Verdachtstötung mehr, sondern eine Nachweistötung. Umgebungstötungen hat es dort auch nicht gegeben.
In anderen Ländern kam es dazu ja nicht, weil es dort wie in Baden-Württemberg keine Ausbrüche im Nutzgeflügelbereich, sondern allein bei den Wildvögeln gab.
Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Zusatzfrage stellt Kollegin Ingrid Klopp, CDU-Fraktion. Bitte!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung nochmals: Wie viele vorsorgliche Tötungen von zunächst negativ beprobten Nutzgeflügelbeständen wurden seit Ausbruch der Geflügelpest im November 2016 in Niedersachsen vorgenommen?
Die Antwort lautet - wie auf die Frage 2 -: Keine! In keinem Fall, bei dem wir ein amtliches Ergebnis vorliegen hatten, dass die Tiere keinen Virus hatten, haben wir getötet. Das haben wir auch in dem von Ihnen zitierten Fall nicht getan. Es gab keinen einzigen anderen Fall, bei dem wir es getan haben.
Noch einmal: Wenn ein hinreichender Verdacht besteht und quasi Gefahr in Verzug ist und noch kein Probenergebnis vorliegt, dann kann man töten. Das haben wir getan. In diesem Fall waren unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so schnell, dass wir ein Ergebnis vorliegen hatten. In dem einen Fall, in dem der Verdacht bestätigt war, weil der Virus nachgewiesen war, haben wir getötet. In dem anderen Fall, in dem kein Virus nachgewiesen war, hatten wir eine intensive Überwachung angeordnet. Ich glaube, das war auch die richtige Entscheidung.
Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Ich frage die Landesregierung, welche Kosten durch das Nichthandeln des Ministers im Fall Garrel durch Folgefälle entstanden sind.
Ich habe gleich noch eine zweite Frage: Da der Minister hier deutlich macht, wie gut er sich vorbereitet hat, wird er wohl auch wissen, wie der Unterschied bei der Bekämpfung dieser Krankheit zwischen den Bundesländern ist. Haben wir messbar besser oder schlechter abgeschnitten? Wie sieht das aus?
Herr Präsident! Es sind keine zusätzlichen Kosten entstanden, weil es zudem keine Kontaktbestände und keine weiteren Ausbrüche gab. Die Kosten sind bei einer sofortigen Tötung genauso hoch wie bei einer, die man drei Tage später vornimmt. Das FLI hat die Entschädigungszahlungen berechnet - ich sage das auch in die Richtung der Putenhalter -: Die liegen zurzeit geschätzt bei 15,5 Millionen Euro. Davon ist rund die Hälfte Landesanteil - 7,6 Millionen Euro -, und die andere Hälfte wird durch Beiträge der Putenhalter an die Tierseuchenkasse aufgebracht. Wenn wir präventiv Geflügel töten, führt das natürlich auch dazu, dass durch Beitragserhöhungen in den Folgejahren die Tierhalter zumindest die Hälfte der Kosten mittragen werden.
Ich möchte dazu noch etwas zitieren. Das FLI hat nämlich genau diese Frage gestellt bekommen. Es wird ja diskutiert: Hätte man im 1 000-m-Umkreis der betroffenen Bestände getötet, dann hätten gemäß der Studie des FLI insgesamt 28 Putenbetriebe geräumt werden müssen. Davon waren nachträglich aber lediglich 9 von HPAI betroffen. Das heißt, man hätte 19 Bestände, also das Dreifache, getötet, obwohl sie, wie sich nach mehreren Wochen herausgestellt hat, nicht infiziert waren. Dafür hätten das Land und die Tierhalter enorme Beiträge zahlen müssen.
Wenn Sie wollen, dass wir präventiv ganz viele Tiere töten, dann ist das eine enorme Belastung für das Land und für die Tierhalter. Außerdem hat das FLI geschrieben: Hätte man das gemacht, hätte man fünf Ausbrüche verhindert, acht jedoch nicht, weil diese Ställe woanders lagen. - Deshalb ist das FLI, genauso wie wir, der Meinung, dass zurzeit - das weiß auch der Landkreis - solche Umgebungstötungen nicht angemessen sind.
Durch Genomanalysen wurde die Verwandtschaft der verschiedenen Viren untersucht - das war ja Teil Ihrer zweiten Frage, welche Hinweise es gibt -, und man kam zu dem Ergebnis, dass sich die große Mehrheit der Betriebe an die Biosicherheitsmaßnahmen hält. Es gibt aber auch einzelne Betriebe - der Präsident hat das „Schlamperei im Putenstall“ genannt -, die sich eben nicht an die Empfehlungen der Geflügelwirtschaft, von uns und des FLI halten. Sie fahren z. B. mit einem Fahrzeug durch drei Ställe, eine Person geht von einem Stall zum anderen. - Ich freue mich, dass die Hinweise für die Leute, die dort in den Ställen arbeiten, auch ins Bulgarische und Rumänische übersetzt worden sind.
Wir haben entsprechende Hinweise. Das FLI spricht von erheblichen Mängeln - z. B. gemeinsame Nutzung von Kadavertonnen, Nichtberücksichtigung von Hygieneschleusen -, die dafür verantwortlich sind, dass es solche Ausbrüche gibt. Das FLI hat in einem gemeinsamen Bericht mit dem Landkreis Cloppenburg und unserem LAVES veröffentlicht: