Protocol of the Session on June 20, 2013

Vielen Dank. - Das Wort hat jetzt Herr Kollege Bode von der FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die FDP-Fraktion ist die Netzneutralität ein essentielles Gut der Informationsgesellschaft und deshalb unbedingt in den Vordergrund zu stellen. Ich bin über die Diskussion, die ja bedauerlicherweise von der Telekom ausgelöst worden ist, gleichwohl froh, weil sie nämlich dazu geführt hat, dass man sich in der Gesellschaft mit dem Thema in aller Tiefe auseinandergesetzt hat. Konkret geht es um die Geschwindigkeitsbremse der Telekom.

Ich finde es sehr gut, dass in der politischen Debatte ganz schnell erkannt worden ist, dass hier Handlungsbedarf besteht. Das Bundeswirtschaftsministerium unter Minister Rösler hat sofort gehandelt und den Entwurf einer Verordnung zur Gewährleistung der Netzneutralität erarbeitet, der schnellstmöglich umgesetzt werden soll.

(Zustimmung bei der FDP)

Damit, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird sichergestellt, dass Internetanbieter alle Inhalte gleich schnell zum Kunden transportieren müssen. In dem Entwurf heißt es:

„Netzbetreiber dürfen eigene Inhalte oder Anwendungen von bestimmten Drittanbietern... nicht bevorzugt übermitteln.“

Man sieht also, dass die bestehenden Regelungen bereits ausreichend waren, um sofort handeln zu können. Deshalb ist eine gesetzliche Regelung, wie Sie sie vorschlagen, aus unserer Sicht nicht sinnvoll. Wie gesagt, wir müssen einfach nur die bestehenden Instrumente nutzen.

(Unruhe)

Wettbewerb muss hier ganz klar - - -

Herr Kollege Bode, einen Moment, bitte! - Hier kommt gerade eine gewisse Unruhe auf, wahrscheinlich aufgrund der Meldung, die gerade herumläuft. Aber ich bitte darum, sich auf den Redner zu konzentrieren. - Sie haben wieder das Wort, Herr Bode.

(Ronald Schminke [SPD]: Können Sie die Meldung einmal für alle durchge- ben?)

- Das kommt gleich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Wettbewerb muss klar vor Regulierung stehen. Das, was Sie für Ihr Gesetz planen, ist eine Überregulierung. Damit wollen Sie eine Mücke zum Elefanten machen. Denn schließlich war es der Wettbewerb, der gerade im Bereich des Internets dazu geführt hat, dass Kunden einen viel besseren Zugang und viel mehr Möglichkeiten haben, als dies in der Vergangenheit der Fall war.

Und weil das so ist, stellt § 41 a des Telekommunikationsgesetzes die Netzneutralität als schützenswert bzw. als zu schützen dar. Wir haben also schon Regelungen, die eine flexible Reaktion ermöglichen.

Nun zum Stichwort Inhaltskontrolle. Herr Schmidt, die Deep Packet Inspection (DPI) ist bereits heute unzulässig: aufgrund von Artikel 10 des Grundgesetzes und aufgrund der Datenschutzbestimmungen.

(Zustimmung von der FDP und von der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Telekom hat angekündigt, Verträge, die nach dem 2. Mai dieses Jahres abgeschlossen wurden, ab 2016 von einer Flatrate auf einen Volumentarif umzustellen. Hier finde ich auch, dass das eigentlich nicht sein darf. Man muss vor Vertragsabschluss wissen, was man abschließt, und es darf auf keinen Fall eine Verbrauchertäuschung geben. „Flatrate“ ist ein klar feststehender Begriff, und den kann ein Anbieter nicht auf einmal umdefinieren, nach dem Motto: „Flatrate“ bedeutet eigentlich nur ein gewisses Volumen, das, wenn es aufgebraucht ist, nur noch gegen ein entsprechendes Entgelt ausgeweitet werden kann. Ob das jetzt ein „Sandkasten“ ist, weiß ich nicht. Ich finde einfach, das ist Betrug am Verbraucher - um es einmal auf den Punkt zu bringen -, und das muss verboten sein. Hier brauchen wir tatsächlich Transparenz.

(Beifall bei der FDP)

Wo „Flatrate“ draufsteht, muss auch Flatrate drin sein. Das hat der Verbraucher verdient. Diesen Maßstab wird man auch bei der Telekom ganz klar anlegen müssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Breitbandausbau ist weiter dringend nötig. HighSpeed-Internet ist gerade in Niedersachsen mit seinen ländlichen Räumen dringend erforderlich. Wir müssen aufpassen, dass unsere ländlichen Räume digital nicht abgehängt werden. Schnelle Datenanbindungen sind heutzutage genauso wichtig wie Anbindung von Straßen - auch Autobahnen -, Schienen- oder Wasserwegen.

Deshalb würde ich mir schon wünschen, dass die Landesregierung das mit allen Instrumenten fördert, so, wie sie es in der Vergangenheit auch getan hat. Ich habe mich jedenfalls gewundert, dass die Landesregierung bei ihrem Beschluss zu den Eckwerten der Landesrichtlinien zur EUFörderung eine Förderung aus dem EFRE ausgeschlossen hat und nur noch Mittel aus dem ELER dafür zur Verfügung stellen will. Ich finde, das ist falsch. Darüber sollten Sie noch einmal nachdenken.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Das Wort hat der Kollege Onay, Bündnis 90/Die Grünen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bode, sehr geehrte Frau Pieper, Sie haben richtigerweise erwähnt, dass im Telekommunikationsgesetz bereits eine rechtliche Regelung in Sachen Netzneutralität besteht. Aber dann frage ich mich natürlich, warum Wirtschaftsminister Rösler erst einen Brief an die Telekom schreibt. Mir ist bisher nicht bekannt gewesen, dass Gesetze per Brief durchgesetzt werden müssen. Ich glaube, da ist einiger Handlungsbedarf.

(Zuruf von Gabriela König [FDP])

Dieser Handlungsbedarf macht sich ja auch in der Empörung der Menschen deutlich. Das Internet - ob „Neuland“ oder nicht - ist letztlich ein Grundbedürfnis der Menschen. Wir sehen bei den Demokratisierungsprozessen in einigen Ländern, welche Rolle das Internet dort spielt, wir sehen es bei der Informationsfreiheit, beim Beruf: Zugang zu Wissen, zu Informationen, für die Kommunikation usw., usf. Deshalb wundert es auch nicht, dass innerhalb von vier Tagen 50 000 Menschen eine Petition an den Bundestag unterschrieben haben,

damit die Bundesregierung im Bereich der Netzneutralität aktiv wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Die Verbraucherschutzministerkonferenz hat in Richtung der Bundesregierung einstimmig den Auftrag erteilt, im Sinne der Netzneutralität aktiv zu werden. Auch die EU-Kommission - das hatten Sie schon gesagt, Frau Pieper - hat im Jahr 2009 die Netzneutralität als politisches Ziel ausgegeben. Das heißt, es herrscht noch Handlungsbedarf, und auf den reagiert auch unser Antrag.

(Gudrun Pieper [CDU]: Nein, eben nicht!)

Ihr Beitrag, Herr Bode, war für mich so etwas wie ein Déjà-vu. Ich bin zwar noch nicht lange im Landtag, aber ich habe mir natürlich die Protokolle über vorherige Sitzungen angeguckt. Der Bereich Netzneutralität wurde seitens der SPD schon einmal in der letzten Legislaturperiode, im Jahr 2011, thematisiert.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das stand damals natürlich in einem etwas anderen Kontext, aber dennoch bezog es sich auf die Netzneutralität. Im Juni 2011 gab es die Debatte dazu. Damals hatte Kollege Professor Dr. Dr. Zielke dazu gesprochen.

(Zuruf von der FDP: Ein guter Mann!)

- Ein guter Mann, höre ich gerade. Ich habe ihn leider nicht kennengelernt.

Er sprach damals davon, ein Scheinproblem würde hochgeredet werden, und wir blieben Beweise schuldig. Dann sagte er noch - wenn ich zitieren darf -:

„Das nennt man Markt. Dafür brauchen wir keine Netzneutralitätsüberwachungsbehörde. Man kann die Freiheit der Kommunikation im Internet auch totschützen.“

Der aktuelle Schritt der Telekom zeigt allerdings, dass es eben kein Scheinproblem ist. Wir haben es hier mit einem sehr realen Problem zu tun. Mir geht es gar nicht darum, die FDP oder die Opposition zu bashen. Wie ich es eingangs schon gesagt habe, ist ein Grundbedürfnis der Menschen der freie Zugang, der schnelle Zugang, der gleichberechtigte und vom Portemonnaie, vom Einkommen unabhängige Zugang zum Internet.

(Zustimmung bei der SPD)

In diesem Sinne wäre mir sehr daran gelegen - es sind ja Sternstunden im Landtag, wenn wir mit breiter interfraktioneller Mehrheit Beschlüsse fassen -, dass wir auch in diesem Sinne einen möglichst breiten Konsens schaffen könnten. Es müsste auch Ihnen einleuchten, dass die Netzneutralität schutzwürdig ist. Die Schutzwürdigkeit zeigt sich in dem Schritt der Telekom.

In diesem Sinne freue ich mich auf die Debatte im Ausschuss und hoffe, dass wir einen breiten Konsens hinbekommen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Onay. - Jetzt hat sich auch unser Minister zu Wort gemeldet. Herr Lies, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße den Antrag sehr, weil er mir die Gelegenheit gibt, die Position der Landesregierung noch einmal deutlich zu machen.

In einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft kommt dem Zugang zu einem freien und leistungsfähigen Internet eine grundlegende Bedeutung zu. Wo dieser Zugang in Gefahr ist, ist zu prüfen, ob ein Eingreifen des Staates erforderlich ist. Die Gefahr kann dabei heutzutage sowohl vonseiten der Wirtschaftsunternehmen als auch von staatlichen Stellen oder aus dem Ausland kommen.

Die Ankündigung einer Drosselung von Breitbandzugängen und die mögliche Privilegierung von eigenen Angeboten belegen, dass eine Überprüfung der Regulierungsmechanismen angezeigt ist. Die Landesregierung wird daher in Abstimmung mit den anderen Bundesländern, insbesondere den rot-grün regierten, eine Initiative zur Novellierung des Telekommunikationsgesetzes prüfen.

Gegenstand der Überprüfung wird sein, ob die vorhandenen gesetzlichen Regelungen im Telekommunikationsgesetz ausreichen, um einen Verstoß gegen die Grundsätze der Netzneutralität zu verhindern. Es darf nicht sein, dass Internetanbieter eine Privilegierung zulasten der Best-EffortInternet durchführen. Ebenso muss ausgeschlossen werden, dass im sogenannten Managed Ser

vice andere Internetanbieter keinen gleichwertigen Zugang erhalten.

Mit der Um- und Durchsetzung dieser Regelung würde die Bundesnetzagentur letztendlich beauftragt werden. Insofern glaube ich, es ist kein Aufblähen einer Behörde, sondern eine Erweiterung der Aufgaben, die dort wahrgenommen werden sollen. Zugleich muss sie gegenüber den Unternehmen das erforderliche Instrumentarium zur Durchführung dieser Aufgabe erhalten. Die Unternehmen müssen also auch die entsprechenden Pflichten haben, z. B. zur Unterrichtung der Netzagentur.

Ich bin der Meinung, dass ein Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen auch der Sanktionierung bedarf. Ob daneben noch ein Sonderkündigungsrecht für den Endkunden sinnvoll ist, wird letztendlich im Novellierungsverfahren zu prüfen sein. Dieser Punkt des Antrags wird für uns zumindest ein Auftrag sein.