Protocol of the Session on October 27, 2016

„Es wird eine rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts mit der Bezeichnung ‚Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung‘ (Fonds) errichtet.“

Insofern handelt es sich hierbei um eine sehr komplexe Materie.

Die im Vorfeld der Kommissionsarbeit gemachten Vorschläge zur besseren Sicherung der Finanzen und zur Abkopplung der Sicherung von den Betreibern wurden anfangs in zwei unterschiedliche Modelle gefasst. Schlagwortartig lauteten diese entweder „Stiftung“ oder „Fonds“. Die Kommission hat sich mit diesen Modellen befasst. Die wesentliche Differenz lag im Umgang mit der Haftung für die vorhandenen Risiken. Die Alternativen bei den beiden Modellen, die ursprünglich diskutiert wurden, lauteten im Kern Enthaftung oder Nachhaftung.

Bei dem Modell einer Stiftung, das die Betreiber, also die EVUs, an die Kommission herangetragen hatten, stand die RAG-Stiftung Pate, mit der die Ewigkeitslasten der Steinkohle abgedeckt werden. Mit der Übertragung wären die Betreiber jedes

Risiko bei der Entsorgung losgeworden. Eine Haftung hätte nur in Höhe des eingelegten Vermögens bestanden. Die Betreiber wären also komplett enthaftet worden. Die Kommission hat dieses Modell dann nicht empfohlen.

Das Modell eines öffentlich-rechtlichen Fonds bildete in dem ersten Modell die Situation der beiden Schweizer Entsorgungsfonds ab. Die Mittel für die Entsorgung werden damit beim Staat gesichert. Der Fonds haftet zunächst nur für das eingebrachte Vermögen. Reicht dieses nicht aus, sind die Betreiber in der Nachhaftung und haben nachzuzahlen.

Auch dieses Modell wurde am Ende von der KFK nicht empfohlen. Grund war u. a., dass die Nachhaftung leerläuft, wenn der Schuldner beispielsweise in Konkurs geht oder wenn sich der Schuldner durch Verkauf, Teilung oder andere rechtliche Möglichkeiten aus der Affäre zieht.

Nach den Empfehlungen der KFK sind weder eine komplette Enthaftung noch eine unbegrenzte Nachhaftung in der Lage, die Mittel für die Entsorgung des radioaktiven Abfalls besser zu sichern.

Um sowohl den Interessen des Staates als auch der Betreiber gerecht zu werden, hat die KFK dann empfohlen, dass mit der vollständigen Übertragung der Mittel aus den ehemals „Rückstellungen“ genannten Bilanzpositionen sowie der erfolgten Zahlung des vollen Risikozuschlags die Haftung der Betreiber für die Entsorgung endet. Bis zu der erfolgten vollständigen Zahlung des Risikozuschlags sollen die Betreiber aber für die übertragenen Mittel und die darüber hinausgehenden Kosten nachhaften.

Diesen Ansatz verfolgt die Bundesregierung mit dem jetzt vorgelegten Gesetzentwurf. Mit der bundesunmittelbaren Stiftung des öffentlichen Rechts werden die Mittel beim Staat gesichert.

Wir sind noch dabei, diese insgesamt neun Gesetze und die Änderungen zu prüfen.

Wichtig ist aus meiner Sicht vor allen Dingen auch, dass die Stiftung keine Entscheidungsbefugnis auf der Aufgabenseite hat. Das heißt, die Stiftung, die „Fonds“ genannt wird, ist für die sichere Geldanlage zuständig, darf aber nicht in die Aufgaben der dafür zuständigen Institutionen, Parlamente und Gerichte eingreifen.

Das Kuratorium und der Vorstand werden von den drei Bundesressorts Umwelt, Finanzen und Wirtschaft besetzt.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Es fragt jetzt für die SPD-Fraktion der Kollege Bosse.

Vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Herr Minister Wenzel, aus diesem Fonds werden ja auch die Kosten für die Konrad-Stiftung gespeist. Uns erschließt sich nicht, warum von diesem Fonds nicht auch die Kosten für die Asse-Stiftung übernommen werden sollen.

Danke schön. - Herr Minister!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bosse, es ist in der Tat so, wie Sie es beschrieben haben. Das muss aber meines Erachtens kein Problem sein.

Entsprechend § 5 des Gesetzes über die „Stiftung Zukunftsfonds Asse“ vom 12. November 2015 - das ist ein niedersächsisches Gesetz - erhält die Stiftung ausschließlich Zuwendungen des Bundes nach Maßgabe des Bundeshaushalts. Diese sind insoweit, anders als die Zahlungen der Energieversorgungsunternehmen an die Konrad-Stiftung, keine Entsorgungskosten im Sinne des Entsorgungsfondsgesetzes. Aber die Bundesregierung hat sich verpflichtet, diese Zahlungen zu leisten, und die muss sie aus dem Bundeshaushalt leisten.

Danke schön. - Es folgt der Kollege Ottmar von Holtz, Bündnis 90/Die Grünen.

Schönen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der derzeitigen Niedrigzinsphase frage ich die Landesregierung: Wird dieses Risiko in dem jetzigen Gesetzentwurf der Bundesregierung ausreichend berücksichtigt?

Danke. - Herr Minister!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter von Holtz, Sie sprechen da einen wunden Punkt an; denn aufgrund der langen Zeiträume ist es schwierig, hier eine Kalkulation über einen sehr langen Zeitraum vorzunehmen. Wer vor 25 Jahren ein Haus gebaut hat, der hat möglicherweise 7 % oder 8 % Zinsen oder sogar noch mehr zahlen müssen. Wer im Moment ein Haus baut, der hat einen sehr niedrigen Zinssatz. In den Kalkulationen hat die Bundesregierung einen Zinssatz von 4,58 % zugrunde gelegt. Sie hat sich dabei auf eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft verlassen.

Jetzt ist natürlich die Frage - das ist in einigen Kalkulationen geprüft worden -: Wenn man diese Kosten bis zum Ende dieses Jahrhunderts hochrechnet, die kalkulierten Kosten mit Baukostensteigerungen und der Inflationsrate multipliziert und das dann auf den tatsächlichen Zeitpunkt abzinst, zu dem die Mittel mit einem Diskontsatz gezahlt werden müssen, dann stellt man fest, dass da natürlich eine ganze Menge Unsicherheiten drin sind.

Wenn das Zinsniveau dauerhaft so bleibt, wie es im Moment ist, dann würden die Kosten am Ende deutlich höher liegen. Dann müsste der Staat in deutlicher Höhe nachschießen. Wenn sich die Zinsen auf ein langjähriges Mittel über den Zeitraum, in dem diese Mittel abfließen, einpendeln, dann mag die Kalkulation der Bundesregierung zutreffen. Aber erfahrungsgemäß sind Prognosen für die Zukunft an dieser Stelle schwierig.

Mir war es wichtig, dieses Risiko sehr deutlich zum Ausdruck zu bringen. Deswegen bin ich auch der Auffassung, dass man sich den Gesetzentwurf in der Beratung noch einmal ganz genau angucken muss. In jedem Fall war die Situation, die vorher drohte, nämlich dass beispielsweise entscheidende Akteure möglicherweise in eine Insolvenz rutschen und der Staat am Ende für alles haftet, noch schwieriger und hätte den Steuerzahler am Ende auch immense Summen gekostet.

(Vizepräsident Karl-Heinz Klare über- nimmt den Vorsitz)

Aus der Arbeit der Kommission Lagerung hoch radioaktiver Stoffe kann ich nur sagen, dass übereinstimmend die Auffassung war, dass die Zeiten und Zeiträume, die in der jetzigen Fassung des

Standortauswahlgesetzes verankert sind, nach unserer Meinung nicht realistisch darstellbar sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Die nächste Frage stellt der Kollege Bäumer, CDU-Fraktion. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, vor dem Hintergrund Ihrer sehr ausführlichen Darlegungen zur künftigen Zinsentwicklung, frage ich Sie: Ist es richtig, dass der Staat umso mehr Geld spart, je niedriger die Zinsen sind, weil er für seine Schulden dann weniger Kreditzinsen an die Banken zahlen muss?

(Helge Limburg [GRÜNE]: Was hat das mit der Frage zu tun? Das ist eine Erweiterung des Fragegegenstandes! Herr Minister, darauf brauchen Sie nicht zu antworten! - Gegenruf von Ulf Thiele [CDU]: Das kann der Minister selber entscheiden!)

Herr Minister!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Abgeordneter Bäumer, auch auf die Gefahr hin, dass ich mich nachher noch einmal korrigieren muss: Nach meiner Einschätzung würde ein niedriger Zinssatz dazu führen, dass der Staat am Ende zuschießen muss. Die Kalkulation basiert auf einem Zinssatz von 4,58 %. Das Geld, das die Energieversorgungsunternehmen in den Fonds einzahlen müssen, ist in der Kalkulation verzinst und wächst bis zu dem Zeitpunkt an, zu dem man es tatsächlich benötigt. Wenn die Verzinsung auf dem Niveau von heute bleiben würde, dann wäre diese Rechnung schwierig. Deswegen hat man einen Zinssatz gewählt, den man als langjähriges Mittel annimmt.

Vielen Dank. - Die nächste Frage stellt Herr Kollege Hans-Joachim Janßen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Anlageziele für den Fonds sind nur die Kriterien Sicherheit und Rentabilität vorgesehen, nicht aber ethische oder ökologische Kriterien. Mithin wäre es grundsätzlich möglich, auch in ausländische Kernenergieanlagen zu investieren.

(Björn Thümler [CDU]: Das wäre mal eine Idee!)

Ist nach Auffassung der Landesregierung die Definition dessen, was mit dem Fonds möglich ist, ausreichend, oder hat sie da andere Vorstellungen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister!

Die Anlageziele Sicherheit und Rentabilität werden nach aktuellem Stand, also in dem Gesetzentwurf, der jetzt auf dem Tisch liegt, nicht genannt.

§ 9 des Entsorgungsfondsgesetzes verweist allgemein auf die Anlagegrundsätze für die Vermögensanlage in § 124 Abs. 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes. Dort werden die Punkte Sicherheit, Qualität, Liquidität und Rentabilität nur als einige neben vielen anderen Anlagegrundsätzen genannt. Kern der Anlagegrundsätze ist, dass Vermögenswerte nach dem Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht angelegt werden sollen.

Die Frage ist hierbei natürlich, ob man nicht auch Nachhaltigkeitskriterien anlegen sollte. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass dieser Fonds nachher beispielsweise im Ausland in Firmen investiert, die im Bereich der Atomkraft, der Uranförderung oder in ähnlichen Bereichen tätig sind. So etwas möchte ich doch sehr klar ausgeschlossen haben.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wir haben in den letzten Jahren auch viele Beispiele dafür gesehen, dass Geldanlagen, die sich an nachhaltigen, also an ökonomischen, aber auch an ökologischen und sozialen Kriterien orientieren, langfristig rentabler sind als der schnelle Euro.

(Beifall bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Vielen Dank. - Die nächste Frage stellt der Kollege Marcus Bosse.

Herr Präsident! Herr Minister Wenzel, welche Auswirkungen hätte der Wegfall der Brennelementesteuer zum Ende dieses Jahres auf diesen Fonds und natürlich auch auf die gesamte finanzielle Situation?

Herr Minister!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bosse, Rechtsgrundlage für die Kernbrennstoffsteuer ist das Kernbrennstoffsteuergesetz. Das ist seinerzeit auf den 31. Dezember 2016 befristet worden. Die Einnahmen lagen in den letzten Jahren zwischen 708 Millionen Euro und 1,5 Milliarden Euro pro Jahr, also rund 1,1 Milliarden Euro pro Jahr. Das wären die Einnahmen, die in den nächsten Jahren nicht zur Verfügung stünden. - Man muss vielleicht noch dazu sagen, dass hier jetzt Kosten, die der Absicherung von Anlagen, die der Stromproduktion dienten, geregelt werden.