Protocol of the Session on March 17, 2010

Herr Kollege Rolfes, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Biallas?

Ja, sofort, wenn ich den Satz zu Ende geführt habe, weil er für die SPD und die Grünen wichtig ist. - § 11 des Staatsangehörigkeitsgesetzes ist nämlich von der rot-grünen Bundesregierung in 2002 als Reaktion auf die Anschläge vom 11. September 2001 eingeführt worden. - Herr Biallas, bitte sehr!

Herr Biallas, Sie haben das Wort.

Herr Kollege Rolfes, Sie haben soeben selbst die Frage gestellt, warum es so lange gedauert hat, dass der Herr Regionspräsident über die Einbürgerung entschieden hat. Ich möchte Sie fragen: Ist Ihnen bekannt, dass Frau Menger-Hamilton als Juso-Landesvorsitzende auch dem SPD-Landesvorstand angehört hat, in dem auch der Herr Regionspräsident als stellvertretender Landesvorsitzender tätig war, und dass Frau Menger-Hamilton im Streit aus der SPD ausgeschieden ist? Könnte es vielleicht sein, dass das der Grund dafür ist, dass der Herr Regionspräsident so lange gewartet hat?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Unruhe bei der SPD - Zuruf: Abenteu- erlich!)

Bitte sehr, Herr Rolfes!

Das ist ein Musterbeispiel an demokratischer Auseinandersetzung. Da stellt jemand eine Frage, und das empört Sie schon so.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Der In- halt, nicht die Tatsache!)

Das ist eigentlich entlarvend.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich habe hier ein TAZ-Interview vom 24. August 2007 mit Frau Jannine Hamilton. In dem Interview wird sie gefragt:

„Frau Hamilton, Sie sind Anfang Juni in die Links-Partei eingetreten. Warum gerade zu diesem Zeitpunkt?“

Was antwortet sie?

„Die Frage müsste besser lauten, warum erst jetzt. In der SPD läuft ja schon länger einiges schief.“

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Unruhe bei der SPD)

„Stichworte sind ‚Steuerpolitik’, ‚Hartz IV’ ‚Kriegseinsätze’. Ich selbst muss mich fragen, wie ich so lange in der SPD bleiben konnte. Nun gibt es mit der Linken eine Alternative.“

Nun unterstelle ich ja nicht, dass Herr Präsident Jagau in seiner Eigenschaft als stellvertretender Landesvorsitzender der SPD so sehr verärgert ist, dass er davon sein Verwaltungshandeln abhängig macht. Aber die Verärgerung des Herrn Jagau kann ich nach einer solchen Aussage natürlich gut verstehen. Deshalb wird er eine Antwort geben müssen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Unruhe bei der SPD - Patrick-Marc Humke-Focks [LINKE]: Das ist so bil- lig! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Ih- nen ist keine Ausrede zu blöd!)

- Frau Flauger, Sie haben ja heute Geburtstag. Aber wer zu blöd ist oder was zu blöd ist, darüber sollten Sie sich nach Ihrer Rede hier nicht äußern!

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP - Frank Oesterhel- weg [CDU]: Sehr schön! - Kreszentia Flauger [LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

- Ich muss jetzt weiterkommen; sonst ist die Zeit gleich um.

Anfang Februar 2008 erfolgt die erste Stellungnahme des Verfassungsschutzes. Der Verfassungsschutz gibt eine Stellungnahme ab. Er hat dann noch weitere Stellungnahmen abgegeben. Aber der Verfassungsschutz entscheidet nicht, sondern es ist Sache der entsprechenden zuständigen Behörde, darüber zu entscheiden. In diesem

Falle ist es die Ausländerbehörde der Region Hannover. Es ist sozusagen eine gutachterliche Stellungnahme. Es war die Abteilung 4 - Herr Gutzmer -, die Fachaufsicht der Ausländerbehörde der Region, die gesagt hat, dass Einvernehmen hergestellt werden soll. Er hat in einem Brief erwartet, dass vorher Einvernehmen hergestellt wird. Das ist nichts Außergewöhnliches. Dazu hat der Kollege Biester, wenn ich ihn sinngemäß zitieren darf, im Ausschuss gesagt: Die Aufforderung, vor der endgültigen Entscheidung über den Antrag eine Abstimmung herbeizuführen, ist die Bitte, eine Abstimmung herbeizuführen. Es ist nicht die Bitte, den Vorgang liegen zu lassen und weiter zu verzögern.

(Reinhold Coenen [CDU]: Er hat recht!)

Ich darf feststellen: Die Entscheidungsschwäche des Präsidenten Jagau ist erschreckend. Dieses Verhalten muss regionsintern aufgeklärt werden. Das ist die Aufgabe.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie ha- ben ihn doch genötigt!)

Das Innenministerium übersandte im Januar 2010 eigeninitiativ noch einmal weitere Informationen. Entschieden ist gar nichts. Herr Jagau hat dann gegenüber der TAZ am 24. Februar 2010 gesagt, in den nächsten Monaten wolle er für Klarheit sorgen. - Wenn er für Klarheit sorgen will, ist doch auch klar, wer für diese Klarheit zuständig ist, nämlich Präsident Jagau. Dann wundert es auch nicht, dass er gegenüber der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung sagt: Es hätte auch etwas zügiger gehen können. - Offensichtlich will hier ein sozialdemokratischer Regionspräsident mit weiten Teilen der Opposition - leider auf dem Rücken der Frau Menger-Hamilton - Ihre haltlosen Vorwürfe gegen Innenminister - - -

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Jetzt kommt auch noch Mitleid! - Zuruf: Das ist ja so verlogen!)

- Nein, das muss man einfach so feststellen! Er entscheidet nicht. Sie muss darunter leiden. Der Innenminister soll ständig in einer Sache vorgeführt werden, für die er schon längst keine Verantwortung mehr hat. Das, was das Innenministerium dazu zu tun hatte - nach Auskunft im Innenausschuss, nach Auskunft von allen Ebenen -, ist getan worden.

(Beifall bei der CDU)

Der Innenminister hat keine unzulässige Einflussnahme vorgenommen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Heiner Bartling [SPD])

- Herr Bartling, da brauchen Sie sich gar nicht aufzuregen.

Herr Kollege Rolfes, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Adler?

Herr Kollege Adler? Wo ist er denn? - Ach, da hinten ist er. Herr Adler, bitte sehr!

Herr Adler, bitte sehr!

Wir haben jetzt verschiedene Äußerungen darüber gehört, wie das konkrete Abstimmungsverfahren zwischen Herrn Jagau und der Abteilung des Verfassungsschutzes gewesen ist. Was halten Sie von der Idee, wenn wir diese unklaren Fragen durch einen kleinen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss aufklären,

(Beifall bei der LINKEN - Lachen bei der CDU und bei der FDP)

bei dem wir dann Zeugen vernehmen können?

Bitte sehr, Herr Rolfes!

Haben Sie Akteneinsicht verlangt? - Ihnen werden die Akten sicherlich vorgelegt werden.

(Zuruf: Wir wollen Zeugen verneh- men!)

Der Vorgang als solcher ist in einer solchen Lückenlosigkeit aufgeklärt worden! Wenn Sie dafür einen Untersuchungsausschuss haben wollen, dann müssen Sie sonst wohl gar nichts mehr zu tun haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das, was Sie hier betreiben, ist nichts anderes als ein durchsichtiges und schäbiges Manöver.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Frank Oesterhelweg [CDU]: So ist das!)

Nächster Redner ist Herr Jüttner von der SPDFraktion. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich stimme Herrn Rolfes zu, wir brauchen hier keinen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Aber, Herr Rolfes, ich will Ihnen auch sagen: Das, was Sie im Zusammenspiel mit Herrn Biallas eben gemacht haben, nennt man bei uns zu Hause: Zwei Schmutzfinken sind unterwegs. - Ich sage Ihnen das in aller Deutlichkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN - Frank Oesterhelweg [CDU]: Unglaublich!)

Ich stelle mir einmal die Situation in einem der neuen Bundesländer vor. Der dortige Landrat, Mitglied der Links-Partei - er hat zusammen mit den Stimmen der CDU die Mehrheit gefunden -, kriegt Besuch von einem seiner Parteifreunde, der sagt. Ich bin Ausländer und möchte Deutscher werden. - Da sagt der Landrat zu ihm: Das ist eine gute Idee. Aber wenn alle nach der Rechtslage so entscheiden müssten, wie Niedersachsen es für richtig hält, dann könnte ich dich leider nicht einbürgern. Das ist so. - Stellen Sie sich das einmal vor, meine Damen und Herren! Es ist doch aberwitzig, was hier praktisch abläuft. Es geht darum, dass in Deutschland Rechtsstaatlichkeit herrscht. Das gilt übrigens auch für die Innenminister; für die gilt es ganz besonders.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)