Es mag gut möglich sein, dass dort an einigen Stellen etwas schneller hätte gearbeitet werden können. Das ist jedoch nicht das Thema, was uns interessiert; vielmehr ist das Thema: Was hat das Innenministerium hier gemacht? - Wir reden über den übertragenen Wirkungskreis. Die Verantwortung liegt dort. Herr Schünemann hat hier im Landtag im Nachgang zu Herrn Perli erklärt: Das passiert mir nicht noch einmal. - Jedem hier ist doch klar, was dieser Innenminister für ein Weltbild hat. Er interveniert, wo es nur geht. Wir haben es in den letzten Monaten bei mehreren Petitionen praktisch erlebt, wie er agiert.
Jetzt sage ich Ihnen das anhand eines konkreten Falls. Sie haben gesagt, der konkrete Fall war wohl in Ordnung. Der war gar nicht in Ordnung. Zunächst ist es hochgradig peinlich, was die Verfassungsschutzbehörde in Niedersachsen alles für richtig hält. Sie untersucht nicht nur eine Partei, was in vielen anderen Ländern nicht passiert, sondern sie hält es für gewichtenswert, dass Frau Menger-Hamilton stellvertretende Schatzmeisterin im Kreisvorstand der Links-Partei ist. Meine Damen und Herren, wie werden bei Ihnen eigentlich die stellvertretenden Schatzmeister in Kreisverbänden gewählt? Sind das herausgehobene Funktionen? - Sie freuen sich doch, wenn Sie jemanden finden, der die Arbeit macht. Die Nummer ist doch albern.
Oder ist es bei Ihnen so, dass bei jemandem, der stellvertretender Schatzmeister werden will, erst abgefragt wird, um zu sehen, ob er das Parteiprogramm auswendig gelernt hat, und wird man von da aus gleich mindestens Mitglied des Bundestages? - Das ist doch wirklich albern.
Der nächste Vorwurf ist, sie sei Mitglied der RosaLuxemburg-Stiftung. Meine Damen und Herren, da gibt es gemeinnützige Vereine in Deutschland, und dieses Innenministerium hält es für ein Kriterium, das es einer Abwägung unterzieht. Der neue Präsident der Verfassungsschutzbehörde passt wie die Faust aufs Auge, weil er wohl schon immer so dachte. Er ist da augenscheinlich jetzt richtig gut zu Hause. Das ist das erste Thema.
Es obliegt der Region, zu entscheiden. Das ist absolut richtig. Sie muss sich nicht an das Votum des Verfassungsschutzes halten. Das ist absolut korrekt. Das Spannende in Niedersachsen ist, dass - im Gegensatz zu unserer Regierungszeit - die Verfassungsschutzbehörde nicht nachgeordnete Behörde, sondern Abteilung im Innenministerium ist und jetzt auf der gleichen Ebene und im Zusammenspiel mit dem Gutachter Verfassungsschutz und der Ausländerbehörde interveniert wird
(Heinz Rolfes [CDU]: Das ist doch gar nicht wahr! Die haben doch nichts entschieden, die haben nichts ge- macht!)
- Ich kann Ihnen die Chronologie erzählen. Sie kennen die doch selber. Die Verfassungsschutzbehörde hat einen Einwand nach dem nächsten gemacht. Das hatte zur Folge, dass die Region jeden Vorwurf abarbeiten musste.
Als die Verfassungsschutzbehörde einmal nicht schnell genug war, hat die Ausländerbehörde die Weisung gegeben, in den nächsten vier Wochen nichts zu entscheiden,
Am meisten habe ich über den Hinweis gelacht, dass die Ausländerabteilung eine Bitte gegenüber der Region ausgesprochen hat. Meine Damen und Herren, ich war fünf Jahre Mitglied des Kabinetts. Die Frage, wie höflich man sich äußert, ist belanglos. Wenn eine nachgeordnete Behörde gebeten wird - das ist da der Fall, übertragener Wirkungskreis -, dann ist das eine Weisung. Im Zusammenspiel von Gutachter und Innenministerium ist genau diese dauerhafte Verschleppung vorgenommen worden.
Wenn Herr Rolfes auch noch Mitleid mit dem Opfer dieser Veranstaltung äußert, dann ist das an Infamie nicht zu übertreffen. Wir erwarten Rechtsstaatlichkeit auch von diesem Innenminister!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben uns im Ältestenrat des Öfteren über unseren Verhaltenskodex unterhalten. Ich kenne die Wirkungsweise von Ordnungsrufen. Herr Jüttner, ich möchte Sie dringend daran erinnern und auch ermahnen: Begriffe wie „Schmutzfinken“ gehören nicht zum parlamentarischen Gebrauch. Das ist nicht in Ordnung.
(Heinz Rolfes [CDU]: Guck doch ein- mal ins Protokoll! Da steht alles drin! Er hat alles falsch dargestellt!)
In der Reihenfolge der Wortmeldungen erteile ich jetzt Herrn Minister Schünemann das Wort. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Innenministerium hat sich auch in diesem Fall in allen Fragen völlig rechtskonform verhalten.
Ich habe im Jahre 2003 entschieden, dass die Partei DIE LINKE in Niedersachsen vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Ich werde an dieser Entscheidung weiter festhalten.
Dass das richtig ist - darauf hat Herr Briese schon hingewiesen -, hat das Oberverwaltungsgericht in Nordrhein-Westfalen im Februar 2009 eindrucksvoll bestätigt. Ich zitiere aus diesem Urteil:
„Die Auswertung der dem Senat vorliegenden Unterlagen ergibt bei einer Gesamtschau, dass durchaus namhafte Teile der Partei eine politische Umgestaltung der Bundesrepublik Deutschland verfolgen, die mit den entscheidenden Merkmalen eines freiheitlichen demokratischen Staates im Sinne des Grundgesetzes unvereinbar ist.“
Meine Damen und Herren, daraus folgt notwendigerweise, dass in diesem Zusammenhang erworbene Erkenntnisse auch anderen Behörden im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeiten mitzuteilen sind. Dies gilt auch in jedem Einbürgerungsverfahren. Die Regelanfrage beim Verfassungsschutz ist bundesgesetzlich vorgeschrieben. Deshalb habe ich gesagt, es darf nicht wieder passieren, dass eine Regelanfrage nicht gestellt wird. Das ist rechtswidrig. Ich habe als Innenminister darauf zu achten, dass Recht und Gesetz eingehalten werden.
Meine Damen und Herren, die Einbürgerung verleiht die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Betreffende wird mit allen Rechten, aber auch mit allen Pflichten deutscher Staatsbürger. Deshalb sieht das Einbürgerungsrecht auch klare gesetzliche Vorgaben vor. Zum Beispiel: Erstens. Es entscheidet die Einbürgerungsbehörde. Zweitens. Der Verfassungsschutz gibt im Rahmen der Regelanfrage eine Stellungnahme, ein Gutachten ab. Drittens. Dem Bekenntnis des Antragstellers zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung kommt bei der Einbürgerung eine maßgebliche Bedeutung zu. Letztlich zu entscheiden hat die Einbürgerungsbehörde.
Im Fall von Frau Menger-Hamilton ist das, wie bekannt, die Region Hannover. Die geäußerten Bedenken des Verfassungsschutzes muss daher die Einbürgerungsbehörde selbst bewerten und prüfen. Das ist die Rechtslage. Das heißt für die Region Hannover ganz klar: Sie muss entscheiden, ob die Einbürgerungsvoraussetzungen vorliegen. Dabei sind neben der Stellungnahme des Verfassungsschutzes auch andere, auch eigene Erkenntnisse mit einzubeziehen.
Meine Damen und Herren, wie war nun der Ablauf im konkreten Fall des Einbürgerungsverfahrens von Frau Menger-Hamilton? - Der damalige Verfassungsschutzpräsident hat im Dezember 2007 entschieden, bei der Regelanfrage im Einbürgerungsfall von Frau Menger-Hamilton Bedenken gegenüber der Region Hannover zu erheben. Die erste Stellungnahme des Verfassungsschutzes erfolgte im Februar 2008. Danach kamen Rückfragen der Region Hannover, und darauf hat der Verfassungsschutz jedes Mal geantwortet. Zu sagen, dass jedes Mal etwas nachgeschoben worden sei,
Im Januar dieses Jahres hat der Verfassungsschutz noch eine weitere Erkenntnis weitergegeben. Davor ist elf Monate lang nichts passiert.
Im Mai 2008 informierte mich der damalige Verfassungsschutzpräsident am Rande einer Veranstaltung über diesen Vorgang. Ich gebe zu, dass ich mich nach zwei Jahren nicht sofort daran erinnert habe. Im September 2008 haben der damalige Verfassungsschutzpräsident und der Leiter der Ausländerabteilung Verfahrensabsprachen getroffen und mich darüber informiert.
Ich fasse zusammen: Ich persönlich habe nicht entschieden, dass der Verfassungsschutz Bedenken mitteilt. Schon gar nicht habe ich eine Weisung erteilt, ob Frau Menger-Hamilton einzubürgern ist oder nicht.
Denn es ist Aufgabe des Verfassungsschutzes, die Erkenntnisse mitzuteilen, die gegen eine Einbürgerung sprechen können.