Protocol of the Session on February 18, 2010

(Uwe Schwarz [SPD]: Platz 16 muss auch nicht sein!)

Aber wenn wir genau hingucken, können wir auch andere Dinge benennen und bewerten. Das gehört einfach dazu.

Niedersachsen hat 2009 für Aufgaben nach dem Pflegegesetz 146 Millionen Euro aufgewandt. Es gibt ein mit 8 Millionen Euro ausgestattetes Pflegepaket u. a. zur Förderung von Umschülern in der Altenpflege, mit Zuschüssen zu Schulkosten im nicht öffentlichen Altenpflegeschulbereich. Es gibt einen Ideenwettbewerb, um die Imagekampagne voranzubringen und zu zeigen, wie zukunftsorientiert dieser Beruf ist. Er ist wirklich ein Beruf mit Zukunft. Gefördert werden auch niedrigschwellige Betreuungsangebote; das ist die Erfolgsstory

überhaupt. Was bei den niedrigschwelligen Angeboten passiert, das ist - das kann man gar nicht oft genug betonen - eine tolle Sache; das läuft hervorragend. Da muss man der Landesregierung auch einmal Danke sagen.

(Beifall bei der CDU)

Die Selbsthilfe wird mit 2,3 Millionen Euro gefördert, Kurzzeitpflegeeinrichtungen für schwerstkranke Kinder jährlich mit 500 000 Euro.

Sie haben den Landespflegebericht angesprochen. In diesem Jahr steht die Fortschreibung an. Ich bin überzeugt, dass wir dann einiges transparenter sehen werden. Sicherlich werden wir dann einige Dinge bearbeiten können und müssen. Denn, wie gesagt, wir alle nehmen das Pflegethema sehr wichtig; es ist ein Megathema der Zukunft. Dem stimme ich zu; das betone ich ausdrücklich.

Niedersachsen leistet seinen Beitrag zu einer guten Pflege. Das kann man nicht wegreden. Ich sage ausdrücklich: Pflege bedeutet den Verlust von Eigenständigkeit; man ist auf andere angewiesen. Das heißt, dieser Bereich ist ausgesprochen sensibel. Denn jeder verdient, in Würde und mit Würde gepflegt zu werden.

(Zustimmung von Norbert Böhlke [CDU])

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden wir dieses Thema sicher nicht nur heute auf der Tagesordnung haben.

Mein Dank gilt allen in der Pflege Aktiven für ihren unermüdlichen Einsatz, der unsere Gesellschaft lebens- und liebenswerter macht. Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Vordergrund stehen dabei immer der Mensch und das optimale Eingehen auf seine individuelle Situation als Pflegebedürftiger.

Deshalb danke ich der Landesregierung für ihr Engagement. Ich bin froh, dass wir die Pflegeausbildung verändern werden. Viele Fragestellungen im Bereich der Pflege sind es wert, sehr ernst genommen und sensibel und umsichtig diskutiert zu werden. Wir werden das machen. Wir werden uns daran beteiligen und anschließend die Ergebnisse in politisches Handeln einfließen lassen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu dem Beitrag von Frau Mundlos hat sich Frau Helmhold zu einer Kurzintervention gemeldet. Sie haben anderthalb Minuten, Frau Helmhold.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Mundlos, das war wieder ein Schwall warmer Worte. Aber im Konkreten habe ich doch herausgehört, dass Sie außerordentlich skeptisch sind, was die Einrichtung einer Pflegekammer in Niedersachsen angeht.

Ich wollte Sie fragen, ob Sie wissen, dass z. B. die CDU-Fraktion im saarländischen Landtag einen Gesetzentwurf zur Errichtung einer Pflegekammer eingebracht hat.

Ich wollte Sie auch fragen, ob Sie wissen, dass der Prozess in Hessen schon relativ weit gediehen ist. Da hat das Sozialministerium selber in einem Positionspapier darauf hingewiesen, dass die Einrichtung einer Pflegekammer ein probates Mittel wäre, um die Situation der Pflege und insbesondere auch der Pflegekräfte zu verbessern. Die Hessische Landesregierung steht ja nun überhaupt nicht im Verdacht, den Grünen irgendwie nahezustehen.

(Norbert Böhlke [CDU]: Bei Herrn Koch weiß man nie! - Heiterkeit)

- Mensch, Herr Böhlke, das sind ja ganz neue Töne! Ich nehme das ganz interessiert zur Kenntnis.

Aber eigentlich interessiert mich, wie Frau Mundlos das Verhalten ihrer hessischen Kollegen an dieser Stelle beurteilt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Mundlos möchte antworten. Bitte schön, Frau Mundlos! Auch Sie haben anderthalb Minuten.

Frau Helmhold, ich weiß nicht, ob ich hier jetzt vorrangig das hessische Verhalten kommentieren sollte. Lassen Sie mich lieber darauf hinweisen: Im Saarland, in Hessen, in Österreich - wohin in Europa Sie auch gucken, das Thema wird überall diskutiert. Sie können davon ausgehen, dass ich über dieses Thema erheblich mehr weiß, als ich hier vorgetragen habe. Ich könnte jetzt noch lange reden, aber ich weiß, dass die Kollegen heute auch noch andere Themen besprechen möchten.

(Uwe Schwarz [SPD]: Aber nicht vor der Mittagspause!)

Den Argumenten der Befürworter muss man aber doch die vielen Gegenargumente gegenüberstellen. Deshalb habe ich ausdrücklich gesagt: Wir werden uns das alles ganz genau angucken. Wir werden das bewerten, abwägen und zu einem Ergebnis kommen. Ich glaube, dass es einfach nicht richtig wäre, das jetzt hier vorwegzunehmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau König von der Fraktion DIE LINKE hat sich zu Wort gemeldet. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu einem Tagesordnungspunkt zusammengefasst, beraten wir heute den Antrag „Weiterentwicklung der Pflegeausbildung“, den Gesetzentwurf und den Antrag zur Einrichtung einer Pflegekammer sowie den Antrag „Zukunft der Pflege in Niedersachsen sichern und sozial gestalten“.

Zum Thema Pflegekammer. Die Patienten sollen vor einer unsachgemäßen Pflege geschützt werden. Dahinter steht der Interessenverband. Das ist gut so. Zu Recht fühlen sich die Pflegenden unverstanden und nicht vertreten. Die Kammer würde auch durch das Abhalten des pflegerischen Staatsexamens die Lizenzierung der Berufsangehörigen vornehmen. Ganz viele Punkte dazu hat Frau Helmhold von der Fraktion der Grünen schon aufgezählt. Pflege hat einen Eigenstand. Pflege kann selbstbestimmt arbeiten. Die Krankenschwester ist nicht die helfende Hand des Arztes. Hier muss auf gleicher Augenhöhe zusammengearbeitet werden.

Das Ganze hat Charme. Zusätzlich würde das Land Aufgaben und damit Verantwortung für die öffentliche Daseinsvorsorge an die Pflegekammer abgeben und von Kosten entlastet. Für mich ist fraglich, ob diese Landesregierung, wenn sie sich einer Aufgabe entledigt hat, dennoch eine Teilfinanzierung vornehmen wird, wie es in dem Gesetzentwurf der Grünen vorgeschlagen wird.

Ich habe schon im Jahr 2002 anlässlich einer Podiumsdiskussion in Osnabrück gesagt: Für uns sind die an die Kammer zu entrichtenden Beiträge der Knackpunkt, gerade was die unteren Lohngruppen in der Pflege angeht. Meine Damen und Herren, die Pflege ist schon jetzt unterbezahlt. Es

gibt in der Pflege keinen Mindestlohn. Das soziale Engagement von Pflegenden wird ausgenutzt.

Wir hatten heute Morgen hier die SchleckerDebatte. Meine Kolleginnen und Kollegen im LKH haben seit dem Jahr 2000 vom Land Niedersachsen nur noch befristete Verträge bekommen. Das Land hat dem jetzigen privaten Betreiber gut zugearbeitet. Wenn die Verträge auslaufen, macht er den Angestellten das Angebot, in eine Servicegesellschaft zu wechseln und für 300 Euro weniger zu arbeiten. Zu diesem hohen Einkommensverlust kommt auch noch ein Freizeitverlust. Es ist nicht hinnehmbar, wenn Kolleginnen und Kollegen, die dort seit zehn Jahren arbeiten, jetzt weniger Geld haben. Da ist der Knackpunkt. Und nun sollen sie noch, damit die staatlichen Rahmenbedingungen für die Ausübung ihres Berufes geschaffen werden, Beiträge zur Pflegekammer entrichten. Darüber muss diskutiert werden. Vielleicht gibt es auch ein Staffelmodell. Diese Lohngruppen können es auf jeden Fall nicht. In diesem Zusammenhang sage ich ganz konkret noch einmal: Schlecker lässt grüßen!

Darüber hinaus entfällt für die Pflegenden nicht die Mitgliedschaft in der Gewerkschaft; denn für die Tarifpolitik ist die Kammer natürlich nicht zuständig. Dieses Thema Pflegekammer bedarf noch vieler Klärungsarbeit im Ausschuss.

Meine Damen und Herren, dem Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP zur Weiterentwicklung in der Pflegeausbildung können wir natürlich nicht zustimmen. Die Beratung im Ausschuss hat nicht dazu geführt, dass die Fragen geklärt worden sind, wie man den Beruf für Hauptschüler attraktiver gestalten will. Solange diese Frage nicht beantwortet ist, birgt dieser Antrag die Gefahr, dass Standards in der Pflege gesenkt werden.

Meine Damen und Herren, die Diskussion, ob eine Pflegekammer die Interessen der Pflegenden bündelt oder die Ausbildung für Pflegende attraktiver gestaltet wird, löst keine der Fragen in der Pflege, die im Moment bestehen. Solange Pflegende unterbezahlt sind und die Einrichtungen nicht genügend Mittel haben, um Pflege zu finanzieren, ist das Problem nicht zu lösen. Da müssen wir ran!

Heute sind hier viele Wege besprochen worden, um Pflege attraktiv zu gestalten. Aber hier gilt nicht das Motto „viele Wege führen nach Rom“. Ohne eine ausreichende finanzielle Ausstattung der Einrichtungen führen diese Wege in eine Sackgasse. An den Ausgaben im Bereich Pflege kann nicht mehr gespart werden. Das müssen wir uns be

wusst machen. Wir müssen uns endlich die Einnahmenseite ansehen. Das haben wir in unserem Antrag erwähnt. Dazu fordern wir in unserem Antrag eine Bundesratsinitiative. Schaffen Sie den Rahmen, damit Pflege wieder für alle Menschen in diesem Land bezahlbar ist!

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Wegner, fraktionsloses Mitglied dieses Landtages, hat sich zu Wort gemeldet. Ich erteile Ihnen das Wort für zwei Minuten, Frau Wegner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der CDU/FDP-Antrag bittet die Landesregierung, ein Konzept zu erstellen, das u. a. Hauptschulabsolventen den Einstieg in die Pflegeberufe erleichtern soll und auf eine Europäisierung der Standards vor dem Hintergrund des europäischen Qualifikationsrahmens hinwirkt. Das sind Forderungen - das sagen Ihnen die Pflegeexperten -, die einander ausschließen.

Das Anforderungsprofil von Pflegekräften mit eigenverantwortlicher Ausführung der Tätigkeiten u. a. durch die Verlagerung aus dem stationären in den ambulanten Bereich, die Verlagerung auf Prävention und Rehabilitation, die Veränderung des Aufgabenprofils durch die Zunahme von hochkomplexen Therapien und des multimorbiden sowie chronisch kranken Patientenklientels und die Umsetzung von wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen in Pflege und Medizin erfordert das Herausbilden von Fach- und Methodenkompetenz, von Sozial- sowie persönlicher Kompetenz und umfassende Kenntnisse im Bereich der Anleitung und Beratung. Pflege ist heute eben nicht mehr nur Patientenversorgung.

In 19 europäischen Ländern wird ein Schulabschluss nach 12 Jahren, in 2 Ländern sogar nach 13 Jahren als Zugangsvoraussetzung gefordert. Die Ausbildungen finden an Fachhochschulen, Akademien oder Universitäten statt. Die deutsche Pflegeausbildung entspricht schon heute nicht mehr den Anforderungen auf dem europäischen Markt. Somit besteht die Gefahr, dass deutsche Pflegekräfte als Pflegekräfte zweiter Klasse abgestempelt werden.

Dieser Antrag vermittelt den Eindruck, dass die Pflege systematisch auf einem niedrigen Niveau gehalten werden soll und somit die Pflegekräfte als billige Arbeitskräfte eingesetzt werden, um die

Kosten des deutschen Gesundheitswesens zu senken.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die FDP-Fraktion spricht Herr Riese. Ich erteile Ihnen das Wort, Herr Riese.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als ich neulich auf der Straße eine Bekannte traf - sie arbeitet angestellt in einem Pflegedienst - und ihr die Frage stellte, was sie sagen würde, wenn der Gesetzgeber sie dazu zwänge, Mitglied einer Kammer zu sein, was ja möglicherweise auch mit Kammerbeiträgen verbunden sein könnte, sagte sie mir - ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten -: Sie haben einen Vogel! - Zitatende.

So kurz kann also die Meinung von Personen aus der Fachwelt auch ausfallen. So kurz, verehrte Gesetzentwurfsautorinnen und -autoren der Grünen-Fraktion sowie lieber Herr Schwarz oder verehrte SPD-Fraktion, werden wir die Debatte hier natürlich nicht halten.