nur einmal an das Versammlungsgesetz, das sich gerade in den parlamentarischen Beratungen befindet. Darin steht z. B., dass der Leiter einer Versammlung eine Ordnungswidrigkeit begeht, wenn er nicht dafür Sorge trägt, dass ein Ordner eine Armbinde trägt. Schon solche Kleinigkeiten werden sanktioniert. Aber dieser doch nicht unerhebliche Verstoß bleibt sanktionslos. Das kann unserer Auffassung nach nicht sein.
Deshalb haben wir den Vorschlag eingebracht, das Ministergesetz zumindest dahin zu ändern, dass mit einem förmlichen Verfahren die Feststellung getroffen wird, dass ein solcher Verstoß vorliegt, und dass im Falle der Feststellung durch die Justiz - wir haben den Staatsgerichtshof vorgeschlagen - Konsequenzen eintreten, und zwar immerhin die Konsequenz, dass in diesem Fall das Geschenk nicht behalten werden darf und dass - lesen Sie es einmal genauer nach! - der Wertersatz zurückgegeben werden muss. Das ist übrigens ein Fall, den man nicht nur auf Ministerpräsident Wulff anwenden kann. Wir haben dabei durchaus auch an frühere Ministerpräsidenten gedacht, z. B. an Herrn Glogowski. Als dieser vergleichbare Verstöße begangen hatte, hat es übrigens die CDUFraktion hier im Landtag für richtig gehalten, einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu beantragen.
So ganz ohne war das also nicht. Ich will Ihnen deshalb noch einmal vorlesen, was der Abgeordnete Busemann damals am 7. März 1996 dazu gesagt hat. Er hat sich damals auf den Journalisten Schwarz in der Welt bezogen. Ich zitiere:
„Aber politische Amtsträger unterliegen nun einmal anderen und strengeren Regeln als maßgebliche Herren aus der Wirtschaft. Sie müssen selbst den bösen Schein meiden. So sie sich aufwendig entspannen möchten, was ihnen gern gegönnt sei, sollen sie ihre Logenplätze und Flugreisen gefälligst aus eigener Tasche bezahlen, wie andere Privatleute dies auch zu tun pflegen.“
Übrigens steht an dieser Stelle im Protokoll: Beifall bei der CDU. - Ich habe eben aufgepasst, aber keinen Beifall von Ihnen vernommen.
Sie hätten eben Gelegenheit gehabt, Glaubwürdigkeit zu zeigen. An dieser Stelle hätten Sie Beifall klatschen müssen.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf teilt uns die Fraktion DIE LINKE mit, sie habe in einem niedersächsischen Gesetz, dem Ministergesetz, eine Lücke gefunden, die es zu schließen gelte. Als staatstragende und der Rechtsordnung verpflichtete Partei - - -
(Kreszentia Flauger [LINKE]) : - - - haben wir das gemacht! - Ja, Frau Flauger, es gibt keine Fraktion in diesem Plenum, die uns so oft wie Ihre von diesem Pult aus ihre Lesart der Verfassung und der Gesetze kundtut. (Beifall bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Gerne! Da können Sie mal sehen!)
Der Bezug ist natürlich ein anderer. Ihre Einbringungsrede befasste sich auch weniger mit dem Gesetzentwurf als mit der Plenarsitzung im Monat Januar.
Meine Damen und Herren von der Linken, Sie versuchen, mit diesem Gesetzentwurf Honig aus einem Thema zu saugen, in dem kein Honig für die Opposition mehr drin ist.
Der Gesetzentwurf ist nach meiner Auffassung auch fachlich falsch. Das Ministergesetz enthält in der Tat keine Sanktionsnorm für den Fall, dass ein Mitglied der Landesregierung dagegen verstößt. Eine solche Sanktionsnorm fehlt im Übrigen auch in den Verhaltensregeln für Abgeordnete. Wenn Sie konsequent wären, müssten Sie also auch in Bezug auf diese Regeln einen parlamentarischen Vorstoß unternehmen. Wenn aber das Ministergesetz selbst keine Sanktionsnorm enthält, heißt das doch aber noch lange nicht, dass die Rechtsordnung insgesamt keine Sanktionsmöglichkeiten vorsieht. Hier ist natürlich der Bereich des Strafrechtes zu nennen. Sie meinen nun: Auch wenn ein Straftatbestand nicht erfüllt ist, wollen wir trotzdem eine Sanktionsmöglichkeit haben.
Ich darf Sie hier auf Artikel 40 der Niedersächsischen Verfassung verweisen, der folgenden Passus beinhaltet:
„Der Landtag kann Mitglieder der Landesregierung vor dem Staatsgerichtshof anklagen, dass sie in Ausübung des Amtes vorsätzlich die Verfassung oder ein Gesetz verletzt haben.“
Dort steht: ein Gesetz. Das kann sich auch auf das niedersächsische Ministergesetz beziehen. Das Entscheidende aber ist: Sowohl das Strafgesetzbuch als auch Artikel 40 der Niedersächsischen Verfassung enthalten natürlich, wie es dem Sanktionsrecht immanent ist, immer das subjektive Element der persönlichen Schuld. Das ist ein zentraler Bestandteil aller Sanktionsnormen in unserer Rechtsordnung.
Was Sie wollen, ist eine Sanktionsmöglichkeit ohne Prüfung der persönlichen Schuld. Ihre Kriterien sind objektiver Verstoß gleich Missbilligung durch den Staatsgerichtshof. Damit verlassen Sie bei Ihrem Gesetzentwurf die Systematik des Sanktionsrechtes. Damit sind wir im Ergebnis bei einer rein politischen Diskussion.
Meine Damen und Herren Antragsteller, damit versuchen Sie, den Staatsgerichtshof für politische Zwecke und Diskussionen zu missbrauchen.
Der Staatsgerichtshof ist der Hüter unserer Verfassung und urteilt nach Recht und Gesetz in richterlicher Unabhängigkeit. Es widerspricht der hohen
Stellung des Staatsgerichtshofes, ihn für tagespolitische Diskussionen instrumentalisieren zu wollen. Dies trifft auf unseren entschiedenen Widerstand.
Wenn ich einmal versuchen würde, mich in die Rolle eines Oppositionspolitikers zu versetzen, würde ich mir die Frage stellen: Hilft dieser Gesetzentwurf der Opposition wirklich? Sie müssten nach dem Gesetzentwurf zunächst mit der Mehrheit des Landtages beschließen, dass ein hinreichender Tatverdacht besteht, um zum Staatsgerichtshof zu gelangen. Der Landtag ist aber außerhalb eines Untersuchungsausschusses keine Ermittlungsbehörde. Eine solche Beschlussfassung wäre ein rein politischer Akt. Glauben Sie im Ernst, dass wir Ihnen als Mehrheitsfraktionen zu einer solchen politischen Mehrheit verholfen hätten? Sie wollen durch den Staatsgerichtshof etwas festgestellt wissen, was hier im Plenum unstreitig offenbart worden ist. Deutlicher kann es nicht werden: Sie versuchen, den Staatsgerichtshof ausschließlich zum Erfüllungsgehilfen bei Ihren politischen Spielen zu machen. Meine Damen und Herren, das machen wir nicht mit. Wir werden den Gesetzentwurf ablehnen.
Danke schön. - Zu den Ausführungen von Herrn Dr. Biester hat sich Herr Adler von der Fraktion DIE LINKE zu einer Kurzintervention zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was Sie eben über die subjektive Seite eines Verstoßes gegen das Gesetz gesagt haben, ist nicht ganz logisch. Ich habe ganz bewusst das Beamtenstatusgesetz zitiert. Dort ist es auch nicht so, dass die subjektive Seite noch einmal ausdrücklich genannt ist. Sie ist natürlich jeder Sanktion im Falle eines Verstoßes immanent. Wir haben in unserem Gesetzentwurf ja auch geschrieben, dass die Bestimmung der Strafprozessordnung sinngemäß Anwendung findet. Das heißt, wenn sich der Jurist Ministerpräsident Wulff in einem Verbotsirrtum befunden hätte, könnte er sich damit verteidigen. Ich kann mir das allerdings nicht vorstellen. Dass er sich in einem Tatbestandsirrtum befunden und vielleicht gar nicht gewusst hat, wohin er fliegt, kann ich mir auch nicht vorstellen.
Ich bin dem Kollegen Adler dankbar, dass er z. B. darauf hinweist, dass auch in einem Disziplinarverfahren nach dem Beamtenrecht Fragen der persönlichen Schuld sehr wohl eine Rolle spielen. Der Hinweis auf die StPO, die Sie herangezogen haben, hilft Ihnen hier nicht weiter. Sie selbst begründen den Hinweis auf die StPO damit, dass auf diese Art und Weise das Recht der Verteidigung gegeben sein solle. Das ist kein Hinweis darauf, dass aus Ihrer Sicht auch tatsächliche Schuldelemente mit einfließen sollen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Philosoph Immanuel Kant hat im Jahre 1795 in seinem Werk „Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf.“ geschrieben:
„Der moralische Politiker wird es sich zum Grundsatz machen: wenn einmal Gebrechen in der Staatsverfassung oder im Staatenverhältnis angetroffen werden, die man nicht hat verhüten können, so sei es die Pflicht, vornehmlich für Staatsoberhäupter, dahin bedacht zu sein, wie sie, sobald wie möglich, gebessert … werden können.“
Wir fragen uns, ob das Fehlverhalten eines Einzelnen, wie es hier der Fall ist, Anlass sein kann, ein Gesetz zu ändern. Wir müssen uns fragen, welche Sanktionen erfolgen sollen, wenn hier im Parlament Verstöße gegen Landesgesetze von der