Uwe Biester

Appearances

16/4 16/7 16/18 16/24 16/31 16/39 16/40 16/41 16/42 16/43 16/52 16/55 16/58 16/60 16/61 16/67 16/69 16/75 16/79 16/82 16/87 16/91 16/92 16/97 16/101 16/102 16/106 16/108 16/123 16/131 16/136 16/137 16/138 16/146 16/147 16/148 16/151

Last Statements

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Thema Sicherungsverwahrung. Damit wird man zwar keine Landtagswahl gewinnen - das ist beim Thema Schule sicherlich anders -, aber die Arbeit muss ja gemacht werden. Schließlich wissen wir, dass die Sicherungsverwahrung ein notwendiges Instrument der Rechtspolitik ist. Es gibt nun einmal Menschen, die nicht therapiewillig oder nicht therapiefähig sind und die gefährlich bleiben, nachdem sie ihre Strafhaft verbüßt haben. Diese Menschen müssen wir nach Verbüßung ihrer Haftstrafe zum Schutz unserer Bevölkerung in Sicherungsverwahrung behalten.
Mit dieser Auffassung unterscheiden wir uns von der Ansicht der SPD-Schattenministerin, die ja meint, man möge nur genug therapieren, dann würde man die Sicherungsverwahrung irgendwann nicht mehr brauchen. - Nein, meine Damen und Herren, dem ist nicht so: Wir werden die Sicherungsverwahrung auch weiterhin brauchen.
Damit wir im Mai 2013 nicht gezwungen sind, Menschen, von denen wir wissen, dass sie gefährlich sind, aus der Haft zu entlassen, müssen wir zwei Dinge tun. Erstens müssen wir eine Haftanstalt zum Vollzug der Sicherungsverwahrung bauen, und zweitens müssen wir in einem Gesetz die entsprechenden Regelungen schaffen. Beides ist in Arbeit und läuft sehr gut. Der Bau der Vollzugsanstalt schreitet voran, und das entsprechende Gesetz werden wir heute mit großer Mehrheit verabschieden.
Wir haben in die Debatte einen, wie wir meinen, guten Gesetzentwurf eingebracht. Aber ich will nicht verhehlen, dass dieser Gesetzentwurf im Laufe der Beratungen noch besser geworden ist. Er ist besser geworden, weil wir ihn intensiv beraten haben, und zwar zusammen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Justizministeriums, den Fachleuten, dem GBD und - das will ich ausdrücklich betonen - in sehr konstruktiven Beiträgen des gesamten Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen. Für diese Mitarbeit, insbesondere für die aus dem Ministerium und beim GBD, möchte ich mich sehr herzlich bedanken.
Herausgekommen ist ein sehr gutes Gesetz, das sich durch folgende Grundsätze auszeichnet - die
Einzelheiten wird gleich meine Kollegin Frau Konrath nennen -:
Das erste Ziel des Vollzugs der Sicherungswahrung ist es, durch Therapieangebote zu erreichen, dass möglichst viele Menschen doch noch zu einer Entlassung kommen. Dabei wissen wir aber - ich verweise auf meine Vorbemerkungen -, dass es nicht alle sein werden.
Das zweite Ziel ist es, Freiheiten einzuräumen, soweit dies im Vollzug - wir befinden uns ja beim Thema Vollzug - möglich ist. Das gilt für die Bereiche Kleidung, Verpflegung, Einkauf, Besuche. Wir haben das Gesetz so gestaltet, dass in diesen Bereichen keine Ermessensentscheidungen der Vollzugsanstalten mehr gegeben sind, sondern dass die Untergebrachten hierauf einen Rechtsanspruch haben, der nur eingeschränkt werden kann, wenn dies entweder aus Gründen der Erreichung des Vollzugsziels oder aus Gründen der Sicherheit der Anstalt unabdingbar ist. Dass möglicherweise die Ordnung der Anstalt gestört werden könnte, reicht nicht aus, um diese Rechtsansprüche zu nehmen.
Nicht geregelt haben wir eine Pflicht zur Arbeit. Aber da wir wissen, dass Arbeit im Vollzug etwas sehr Wertvolles ist, unterstützen wir mit dem Gesetz, dass gearbeitet wird.
Das Gesetz sieht auch keine Zwangsbehandlung vor, mit einer Ausnahme, die ich hier auch ausdrücklich ansprechen will: Wir wollen und können nicht hinnehmen, dass in einem Vollzug - sei es in der Sicherungsverwahrung, sei es in der Strafhaft - ein Suizid geduldet werden muss. Deshalb ist geregelt, dass in einem solchen Fall ein zwangsweises Einschreiten möglich ist.
Wir beschließen, wie ich meine, ein sehr modernes Gesetz; hier sind wir sehr weit vorne. Ich freue mich, dass dieses Gesetz hier im Plenum eine große Mehrheit finden wird.
Meine Damen und Herren, auch für mich ist dies heute der letzte Wortbeitrag. Ich gehöre zu denjenigen Abgeordneten, die wissen, dass sie dem nächsten Landtag nicht mehr angehören werden. Ich nehme dies zum Anlass, Ihnen allen persönlich Wohlergehen zu wünschen. All denen, die dem nächsten Landtag angehören, wünsche ich immer weise Beschlüsse im Interesse der Bürgerinnen und Bürger des Landes Niedersachsen.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die CDU-Fraktion ist die Sicherungsverwahrung ein unverzichtbares Instrument, um die Sicherheit der Menschen in Niedersachsen zu gewährleisten.
In Niedersachsen gibt es um die 30 Gewaltverbrecher, von denen ein Risiko weiterer schwerer Straftaten ausgeht. Hier ist kein Platz für Sozialromantik, sondern hier geht es um Leben und Gesundheit potenzieller Opfer.
Die Sicherungsverwahrung ist durch das Bundesverfassungsgericht rechtsstaatlich anerkannt. Sie wird von unabhängigen Gerichten verhängt. Sie wird immer wieder auf der Grundlage eingeholter Sachverständigengutachten auf ihre Notwendigkeit überprüft. Insofern ist sie ein rechtsstaatliches Instrument.
Bisher wurde dieses Instrument nur von den Linken infrage gestellt. Damit können wir leben. Mit den anderen Parteien dagegen diskutieren wir zurzeit sehr intensiv über unseren Gesetzentwurf zum Vollzug der Sicherungsverwahrung. Während dieser Diskussion hat sich herausgestellt, dass das Instrument der Sicherungsverwahrung als solches von den anderen Parteien bisher eigentlich nicht infrage gestellt worden ist.
Wir diskutieren über Details, wie sich der Vollzug gestalten soll. Die Grünen möchten, dass es im Vollzug der Sicherungsverwahrung Alkohol geben kann. Von Teilen der Opposition habe ich sogar gehört, dass man sich die Sicherungsverwahrung im Vollzug so vorstellt, dass die Sicherungsverwahrten eigentlich alles das tun können, was man
auch in Freiheit tun kann, nur dass man rund um die Anstalt herum eine ganz hohe Mauer baut. Das sehen wir natürlich völlig anders. Aber im Kern waren wir uns bisher darüber einig, dass wir eine Sicherungsverwahrung brauchen.
Deshalb hat es uns schon sehr verwundert - deshalb auch dieser Antrag zur heutigen Aktuellen Stunde -, dass sich die Verwaltungsjuristin aus Hamburg, die aus der Sicht der Opposition ihre Justizministerin werden würde, gegen das Instrument der Sicherungsverwahrung erklärt hat. Dabei handelte es sich auch nicht um einen Ausrutscher bei ihrer Präsentation, sondern das hat sie schon früher mehrfach gesagt. Insofern ist das nur eine Wiederholung, eine Fortsetzung der Kette von Äußerungen, die sie zuvor schon schriftlich und mündlich abgegeben hatte.
Diejenigen, die sie kannten, und diejenigen, die sie ausgesucht haben, wussten also, wie diese Dame über die Sicherungsverwahrung denkt. Das erschreckt uns sehr. Dagegen werden wir uns mit massivem Widerstand zur Wehr setzen.
Wir haben die heutige Aktuelle Stunde beantragt, um festzustellen, wie die SPD-Fraktion und insbesondere ihre Rechtspolitiker zu dieser Frage stehen; denn deren Äußerungen zum Thema Sicherungsverwahrung haben wir bisher völlig anders verstanden. Wer sich so wie Ihre Schattenministerin äußert, spielt mit der Gesundheit von potenziellen Opfern von Schwerverbrechern, deren Gefährlichkeit bekannt ist. Das ist Täterschutz statt Opferschutz.
Der Glaube, meine Damen und Herren, man möge nur genug therapieren, dann sei die Sicherungsverwahrung überflüssig, ist ein naiver Irrglaube. Die Praxis zeigt, dass es Therapieunwillige oder Therapieunfähige gibt. Das wird auch in Zukunft so bleiben, ganz gleich, wie viele Therapien angeboten werden. Deshalb ist die Sicherungsverwahrung für uns unverzichtbar.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollegin Behrens, ich fürchte, ich werde den Erwartungen, die Sie eben an die CDU gestellt haben, nicht in vollem Umfang gerecht werden können. Ich möchte mich dem Thema auch etwas anders nähern und mit der banalen Weisheit beginnen, dass eine Gesellschaft dem Untergang geweiht wäre, dass alle sozialen Systeme kollabieren würden, wenn in ihr keine Kinder mehr geboren würden.
- Wenn Sie solche Anträge stellen, dann müssen Sie sich so etwas anhören.
Und dies, meine Damen und Herren, geschieht in Beziehungen, in denen die Partner verschiedenen Geschlechts sind.
- Wenn es denn erforderlich ist, werden wir auch diese Frage gerne noch einmal im Ausschuss diskutieren, vielleicht auch strittig.
Meine Damen und Herren, deshalb hat der Gesetzgeber in unserer Verfassung in Artikel 6 aufgenommen - das ist nur konsequent -, dass die Ehe unter dem besonderen Schutz des Staates steht und dass die Lebensform der Ehe vom Staat zu fördern ist.
Es ist also nicht nur zulässig, hier Unterschiede zu machen, sondern es ist ein Verfassungsgebot, die Ehe zu fördern. Herr Limburg, das hat das Bundesverfassungsgericht in der von Ihnen gerade herangezogenen Entscheidung auch ausdrücklich bestätigt. Diesem Gebot, die Ehe in besonderer
Form zu fördern, fühlt sich die CDU uneingeschränkt verpflichtet.
Meine Damen und Herren, es gibt in der Politik immer wieder das Phänomen, dass wir uns mit den Belangen einer zahlenmäßig kleineren Gruppe intensiv beschäftigen und die Belange der zahlenmäßig größeren Gruppe dabei anscheinend aus den Augen verlieren.
Deshalb möchte ich für die CDU-Fraktion noch einmal ausdrücklich bekräftigen, dass wir alle gesetzlichen Regelungen begrüßen, die die Lebensführung in einer Ehe besonders fördern.
Aber, meine Damen und Herren, wir akzeptieren auch, dass es in unserer Gesellschaft auch andere Lebensformen, also gleichgeschlechtliche Partnerschaften, gibt.
Wir akzeptieren auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, dass es nur dann zulässig ist, unterschiedliche Regelungen zu treffen, wenn dafür ein sachlicher Grund gegeben ist. Das ist für uns letzten Endes ein Gebot des Respekts vor der Lebenswirklichkeit und vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.
Nach diesen Vorbemerkungen möchte ich mich auf folgende drei Punkte konzentrieren:
Erstens möchte ich etwas zu der Frage der Berücksichtigung des Familienzuschlags rückwirkend für die Zeit von 2001 bis 2009 sagen. Da, Herr Limburg, zitieren Sie die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts falsch - ich vermute fast, dass Sie das bewusst gemacht haben -; denn mit der Frage, ob der Familienzuschlag auch rückwirkend zu gewähren ist, hat sich das Verfassungsgericht ausdrücklich beschäftigt. Es hat ausgeführt, dass das nur dann der Fall sein kann, wenn entsprechende Anträge gestellt und verfolgt worden sind. In den Fällen, in denen die Lebenspartner das nicht beantragt haben, besteht kein Gebot, das rückwirkend zu gewähren. Das ist auch ein allgemeiner Rechtsgrundsatz: Wenn ein Kläger eine für sich günstige Rechtslage erstreitet, dann profitiert davon der Kläger und nicht auch alle an
deren, die möglicherweise von dem gleichen Sachverhalt betroffen sind, aber nicht den Rechtsweg beschritten haben.
Der zweite Punkt betrifft die strafrechtliche Verfolgung von Homosexuellen. Ich teile Ihre Auffassung, dass es nicht Sache des Staates ist, vorzugeben oder zu kontrollieren, wie Partner ihr Sexualleben gestalten, solange keine Minderjährigen beteiligt sind, keine Abhängigkeiten ausgenutzt werden oder andere Straftaten in diesem Zusammenhang begangen werden. Ansonsten besteht natürlich keinerlei Kontrollmöglichkeit und keinerlei Kontrollrecht des Staates. Ausgehend hiervon ist es aus heutiger Sicht natürlich ein Unrecht gewesen, dass die Homosexualität so lange bestraft worden ist. Ich habe auch kein Problem damit, zum Ausdruck zu bringen, dass diese Verurteilungen ein Unrecht waren.
Der dritte Punkt betrifft die Frage der Volladoption durch gleichgeschlechtliche Partner. Darauf ist eingegangen worden, nur ich ziehe daraus andere Schlüsse. Es kommt nicht darauf an, was die Adoptionswilligen möchten, sondern es kommt darauf an, was für das Kind gut ist.
Ich finde es deshalb auch legitim, dass man sich dieser Fragestellung annimmt. In der Tat hat in diesem Zusammenhang der Justizminister seine Meinung bzw. die Befürchtung geäußert, dass es sein könnte, dass ein adoptiertes Kind in einem solchen Fall stigmatisiert oder gemobbt werden könnte. Das ist ein völlig legitimer Diskussionsbeitrag in einem laufenden Prozess. Das ist ein Gesichtspunkt, den ich für beachtenswert halte. Ich persönlich kann für mich heute an diesem Rednerpult nicht die Frage nicht beantworten, ob diese Befürchtung berechtigt ist oder nicht. Für mich steht nur eines fest: Die Frage der Stiefkindadoption hat damit überhaupt nichts zu tun. Denn bei einer Stiefkindadoption ist ein Elternteil der leibliche Elternteil. Das ist mit der Situation der Adoption in einer Lebenspartnerschaft überhaupt nicht vergleichbar.
Meine Damen und Herren, letzte Bemerkung: Die Anträge sind sehr umfangreich. Sie werfen viele Rechtsfragen und gesellschaftspolitische und soziale Fragen auf. Es wird sicherlich ausführliche Erörterungen in den Ausschüssen dazu geben müssen. Aber wir wissen auch, zu welchem Zeitpunkt dieser Antrag eingebracht worden ist. Auch die Antragsteller werden wissen, dass es schwierig sein wird, die Beratungen bis zum Ende der Legislaturperiode abzuschließen. Wir als CDU-Fraktion werden uns diesen Themen im Ausschuss ergebnisoffen zuwenden.
Frau Präsidentin! Herr Limburg, eigentlich hätte ich erwartet, dass Sie etwas mehr meine Ausführungen zu Artikel 6 Grundgesetz kritisieren würden. Ich nehme also zunächst zur Kenntnis, dass Sie diese Ausführungen zumindest billigen. Im Grunde genommen wollte ich auch nur diesen Gesichts
punkt aus meiner Sicht in die ansonsten sehr einseitig geführte Diskussion einbringen.
Kommen wir noch einmal zur Frage der Adoption zurück. Ich stimme mit Ihnen völlig überein, dass unsere Aufgabe ist, dagegen anzukämpfen, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften diskriminiert werden. Trotzdem glaube ich, dass es im Interesse des Wohls des Kindes möglicherweise die Situation geben kann, dass wir die Volladoption erst dann erlauben können, wenn diese Diskriminierung nicht mehr da ist.
Sonst machen wir das Kind - mit allen für das Kind daraus resultierenden Folgen - zum Mittel, um eine Diskriminierung zu bekämpfen. Und das geht nicht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Abgeordneter aus Wilhelmshaven bin ich vier der fünf Fraktionen sehr dankbar, wie sachlich mit dem Thema umgegangen worden ist. Der letzte Redebeitrag von Frau Flauger schlägt aber dem Fass den Boden aus.
Wir haben natürlich mit großer Sorge im Vorfeld die Frage behandelt: Wie sicher ist ein Anlanden des Schiffes im Hafen von Wilhelmshaven? Das ist für uns natürlich von zentraler Bedeutung. Wir hatten zur Kenntnis zu nehmen, dass im Vorfeld riesige Spekulationen darüber da waren, was sich denn alles möglicherweise auf dem Frachter befin
de - bis hin zu Atommüll. Das alles ist geklärt. Die Frachtlisten waren am ersten Tag nach dem Einschalten des Havariekommandos vorhanden. Auf jedem Containerschiff weiß jeder, welcher Container wo steht, wofür er bestimmt ist und was darin ist.
Solche Spekulationen hier in den Raum zu stellen, wie Sie das jetzt wieder machen, Frau Flauger, ist einfach unverantwortlich.
Sie schüren Ängste bei den Menschen, die überhaupt nicht gerechtfertigt sind. Das Schiff ist hinsichtlich seiner Standfestigkeit, hinsichtlich seiner Beladung und hinsichtlich der Gefährdung für den Hafen Wilhelmshaven hinreichend untersucht worden.
Natürlich gibt es in Wilhelmshaven rund um das Schiff Sicherheitsmaßnahmen. Das geschieht aus größter Vorsicht. Da steht z. B. auch ein Container des Katastrophenschutzes - aber deshalb, weil darin die Toiletten sind, und nicht, weil es ein Katastrophenfall ist. Hier handelt es sich um ganz normale Hilfe für ein Schiff, das havariert war.
Ich finde nicht, dass man erst sagen kann, dass geholfen werden muss, um dann, wenn das Schiff im Hafen liegt, ohne sachliche Grundlage zu sagen: Oh Gott, was für Gefahren davon ausgehen!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktionen von CDU und FDP legen Ihnen heute den Entwurf eines Gesetzes zum Vollzug der Sicherungsverwahrung vor. Wir tun das aus zwei Gründen: Zum einen - um es offen zu sagen - tun wir es, weil wir es müssen,
wir tun es zum anderen aber auch, weil wir es wollen. Wir wollen es deshalb, weil wir davon überzeugt sind, dass eine Neuregelung des Vollzugs in der Sicherungsverwahrung in der Tat aus rechtsstaatlichen Gründen erforderlich und geboten ist.
Ich komme aber zunächst einmal darauf zurück, dass wir es tun müssen. Ihnen allen ist die Ausgangslage bekannt. Das Bundesverfassungsgericht hat sich in seiner Entscheidung vom 4. Mai 2011 mit der Frage der Sicherungsverwahrung befasst und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die derzeitige Art und Weise, wie in Deutschland Sicherungsverwahrung vollzogen wird, mit dem Rechtsstaat nicht im Einklang steht. Das zwingt uns zu einer entsprechenden gesetzlichen Regelung. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu eindeutige Vorgaben gemacht und hat gesagt, dass der Bundesgesetzgeber und die Landesgesetzgeber dies bis zum 31. Mai 2013 neu zu regeln haben.
Damit wir dieses Gebot - Frist 31. Mai 2013 - einhalten können, müssen wir natürlich jetzt schon den Gesetzentwurf vorlegen; denn es steht die Landtagswahl im Januar 2013 bevor. Alles das, was wir danach neu einbringen, wird niemals dazu führen können, dass wir diese Frist Mai 2013 einhalten könnten.
Der Auftrag an den Gesetzgeber ist eindeutig und lässt sich in drei Punkten zusammenfassen:
Erstens. Die Sicherungsverwahrung muss sich deutlich vom normalen Strafvollzug unterscheiden. Stichwort ist hier das Abstandsgebot.
Zweitens. Sie muss freiheitsorientiert sein. Das heißt, die Maßnahmen müssen darauf angelegt werden, nach Möglichkeit dazu zu kommen, dass die angeordnete Sicherungsverwahrung zur Bewährung ausgesetzt werden kann.
Drittens. Für uns ist es auch ganz wichtig, dass sie therapiegezielt sein muss. Das heißt, es müssen schon im Strafvollzug, aber auch in der anschließenden Sicherungsverwahrung Maßnahmen ergrif
fen werden, um immer wieder Therapieangebote zu unterbreiten und auf diese Art und Weise dazu beizutragen, dass die Sicherungsverwahrung nach Möglichkeit irgendwann beendet werden kann.
Das Abstandsgebot - Punkt eins der Anforderungen - ist reich an Einzelheiten im Gesetz geregelt und hat Auswirkungen auf die Frage der Unterbringung. Das bedeutet, dass die Betreffenden erstens in einer eigenen Anstalt und nicht im normalen Strafvollzug zum Vollzug der Sicherungsverwahrung untergebracht werden müssen und zweitens die Anstalt entsprechend großzügiger ausgestattete Räumlichkeiten haben muss. Des Weiteren bedeutet dies Regelungen zu Fragen des Besuches und der Telekommunikation. Es dürfen Pakete empfangen werden. Auch Lebensmittel dürfen empfangen werden. Das sind Regelungen, die sich schon sehr deutlich vom Strafvollzug unterscheiden. Die Kollegin Konrath wird darauf noch im Einzelnen eingehen.
Darüber, Herr Kollege Limburg, ob dazu auch gehören sollte, dass Alkohol in der Sicherungsverwahrung in abgeschwächter Form sinnvoll und geboten ist, sollten wir sicherlich noch einmal diskutieren.
Ich gebe zu bedenken, dass viele Straftaten unter dem Einfluss von Alkohol geschehen. Ob es vor diesem Hintergrund sinnvoll ist und unterstützend wirkt, im Verfahren einer Sicherungsverwahrung, in dem es darum geht, auf den Straftäter einzuwirken, Alkohol anzubieten, muss man wohl im Detail diskutieren.
In der Sicherungsverwahrung besteht keine Verpflichtung zur Arbeit - im Gegensatz zum Strafvollzug. Aber es besteht nach dem Gesetzesvorschlag das Angebot zu arbeiten. Dabei weise ich darauf hin, dass die Vergütung, die dann gezahlt wird, wenn der Sicherungsverwahrte davon Gebrauch macht, deutlich angehoben worden ist. Wir reden hier von Stundensätzen von bis zu 20 Euro, die der in der Sicherungsverwahrung Untergebrachte auf die Art und Weise verdienen kann.
Das alles hört sich luxuriös an. Deshalb will ich für alle Regelungen, die ich hier soeben genannt habe, zusammenfassend auf Folgendes hinweisen: Es gilt natürlich eine Grenze. Eine Grenze ist immer die Sicherheit und die Ordnung in der Vollzugsanstalt. Das, was ich soeben geschildert habe, ist nicht grenzenlos, sondern steht immer unter
dem Vorbehalt des Kriteriums, dass die Sicherungsverwahrung sicher und ordentlich vollzogen werden kann. Die Sicherungsverwahrung ist ein geschlossener Vollzug.
Der zweite Punkt betrifft das Therapieangebot. Das hat riesige Auswirkungen auf das, was wir den Strafgefangenen anbieten müssen. Tun wir das nicht, könnte es dazu kommen, dass eine angeordnete Sicherungsverwahrung im Nachgang nicht mehr vollzogen werden kann, weil es unterlassen worden ist, schon im Strafvollzug durch Therapie auf den Täter einzuwirken. Also ein Rechtsanspruch auf Therapie schon im Strafvollzug, ein Rechtsanspruch auf Therapie auch in der Zeit der Sicherungsverwahrung. Das wird in dem Vollzugsplan sehr reich an Einzelheiten niedergelegt.
Die Folgen dieses Gesetzes sind erheblich, meine Damen und Herren. Wir bauen bereits die entsprechende Abteilung in Rosdorf zum Vollzug der Sicherungsverwahrung. Kostenpunkt: 25 Millionen Euro. Der Betrag ist im Haushalt abgebildet. Wir brauchen zusätzliches Personal. Das ist mit 30 zusätzlichen Planstellen im Doppelhaushalt 2012/2013 dargestellt. Ich wage aber die Prognose und meine, dass sie nicht allzu pessimistisch ist, dass das Therapiegebot dazu führen könnte, dass wir auch im Bereich der Einstellung von Sozialtherapeuten möglicherweise noch nachlegen müssen. Dort kann Handlungsbedarf bestehen. Entweder befriedigen wir den Bedarf mit eigenen Sozialtherapeuten oder wir kaufen uns die Fachkompetenz von außen ein. Ich meine aber, dass sich der Landtag irgendwann darüber unterhalten muss, dass hierfür zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Zusammenfassend erlauben Sie mir bitte zwei Bewertungen, um Diskussionen, die möglicherweise im Bereich des Stammtischniveaus entstehen können, von vornherein zu begegnen. Das, was wir machen, ist kein Luxusvollzug. Sicherungsverwahrung ist etwas anderes als Strafvollzug. Wir reden hier über Menschen, die eine schwere Straftat begangen haben, die für diese Straftat eine Strafe bekommen haben, die sie verbüßt haben, sodass damit die strafrechtliche Sanktion im Grunde genommen erledigt ist. Bei diesen Menschen ist eine Sicherungsverwahrung im Sinne einer Gefahrenabwehr angeordnet worden, weil wir aufgrund einer Prognoseentscheidung, gestützt auf Gutachter, und nicht aufgrund einer bereits begangenen Tat die Befürchtung haben, dass erneut schwere Straftaten begangen werden könnten. Insofern rechtfertigt sich aus meiner Sicht die Sicherungs
verwahrung rechtsethisch nur dann, wenn wir sie von dem normalen Strafvollzug deutlich unterscheiden und die geschilderten einzelnen Gebote tatsächlich gelten.
Bei dem Gesetz, das wir vorlegen, denken wir nicht nur an den Täter, sondern wir denken, um dies vorweg zu sagen, in ganz besonderem Maße auch an die Opfer. Wir tun dies aus zwei Gründen: Erstens. Wenn wir ein Gesetz in dieser Form nicht beschließen würden, dann dürften wir ab Mai 2013 Sicherungsverwahrung nicht mehr vollziehen. Das heißt, wir müssten die Betroffenen auch dann, wenn Sicherungsverwahrung angeordnet worden wäre, freilassen; mit allen daraus resultierenden Konsequenzen im Hinblick auf die Gefahr, dass von ihnen wieder Straftaten ausgehen. Das wollen wir nicht. Wir wollen die Sicherungsverwahrung vollziehen können. Deshalb brauchen wir das Gesetz. Deshalb ist das auch ein Akt von Opferschutz.
Zweitens meine ich, dass es ebenfalls ein Akt von Opferschutz ist, wenn wir das Therapieangebot in diesem Bereich deutlich ausweiten; denn jedem Täter, den wir mit der Therapie erreichen, nehmen wir hoffentlich auch ein Stück seiner Gefährlichkeit. Auch das ist praktizierter Opferschutz.
Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss und denke, dass wir mit einer ziemlich großen Mehrheit - so empfinde ich viele Äußerungen, die ich in der Presse gelesen habe - zu einem möglicherweise gemeinsamen Gesetzentwurf kommen werden.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Entschließungsantrag greift zwei aktuelle rechtspolitische Diskussionen auf: zum einen die Frage der Änderung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes und zum anderen die Frage der Änderung des Prozesskostenhilferechtes.
Fangen wir mit dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz an: Hier sollen - wie ich betonen möchte: völlig zu Recht - die Gebühren für Anwäl
te, Notare und andere Berufsgruppen deutlich angehoben werden, und zwar um bis zu 19 %.
Das ist auch erforderlich; denn seit 1980 ist in diesem Bereich strukturell nichts passiert. Aber es fehlt natürlich jede innere Logik, wenn diese Gebühren um 19 % angehoben werden sollen, die Erhöhung bei den Gerichtskosten aber nur 3,5 bis 3,8 % betragen soll. Da fehlt jeder logische Zusammenhang, und da fehlt auch jede logische Erklärung.
Ich darf darauf hinweisen, dass sich die Schere hier gleich in doppelter Hinsicht öffnet. Zum einen werden wir im Rahmen der Prozesskostenhilfe mehr Gebühren für beigeordnete Rechtsanwälte zahlen müssen. Unsere Ausgaben steigen also bei der gleichen Anzahl von Fällen aufgrund dieser Steigerung. Aber die Einnahmen aus den Gerichtskosten werden nicht deutlich steigen, weil die Erhöhung dort nicht 19 %, sondern 3,5 bis 3,8 % beträgt. Das ist in sich nicht schlüssig. Das kann so nicht sein. Deshalb sage ich ausdrücklich, dass die CDU-Fraktion den Vorstoß des Justizministers, hier zu einer Nachbesserung des Gesetzentwurfs zu kommen, ausdrücklich unterstützt.
Der zweite Bereich ist die Prozesskostenhilfe. Herr Limburg, Herr Adler, wenn Sie sagen, niemandem darf der Zugang zum Gericht aufgrund fehlender geldlicher Mittel verwehrt werden, dann haben Sie die CDU-Fraktion voll auf Ihrer Seite. Das ist Verfassungsgrundsatz. Darauf ist zu Recht hingewiesen worden. Das ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Es darf also niemand daran gehindert werden, zu Gericht zu gehen. Es darf aber auch niemand besser gestellt sein als jemand, der selbst bezahlen muss.
Ich möchte Ihnen ein paar Fälle aus der Praxis nennen. Wenn Sie einen Prozess führen möchten, aber keine rechten Beweismittel haben, dann sagen Sie: Beweismittel Parteivernehmung. Das bedeutet, dass man nur die gegnerische Partei vernehmen lassen kann. Dann würde ein Anwalt demjenigen, der selbst bezahlt, sagen: Überlegen Sie mal, glauben Sie wirklich, dass Ihr Gegner Ihren Sachvortrag in seiner Aussage unterstützen
wird? - Dann kommt derjenige zum Nachdenken und sagt: Wenn ich selber bezahlen muss, dann lasse ich das lieber.
Wenn jemand Prozesskostenhilfe bekommt, dann bekommt er auch in solch einem Fall Prozesskostenhilfe, weil eine solche vorweggenommene Beweiswürdigung nicht zulässig ist und davon die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht abhängig gemacht werden darf. Ich kann also diesen Prozess führen, weil ich im Grunde genommen ein nur sehr eingeschränktes Kostenrisiko habe.
Ein zweites Beispiel - das greift diese Vorlage auch auf -: Ihr Mandant ist Opfer einer Körperverletzung. Der Täter ist mehrfach vorbestraft, hat die Hälfte seines Lebens im Gefängnis verbracht und bekommt Leistungen des Jobcenters. Natürlich werden Sie den Schmerzensgeldprozess gewinnen. Aber ob Sie das Geld jemals realisieren werden, erscheint höchst zweifelhaft. Also sage ich meinen Mandanten: Du gewinnst, setzt aber möglicherweise noch einmal 1 000 Euro ein, um im Ergebnis nichts zu bekommen. - Dann wird sich der eine oder andere, der selbst bezahlen muss, überlegen, ob er das tut. Derjenige, der Prozesshilfekosten bekommt, muss das nicht überlegen. Er wird diesen Prozess führen. Insofern ist ein Ungleichgewicht zwischen zahlenden Rechtssuchenden und denjenigen Rechtssuchenden zu sehen, die Prozesskostenhilfe bekommen.
Ein drittes Beispiel: 72 % aller Familiensachen werden, wie Sie wissen, zumindest auf der einen Seite mit Verfahrenskostenhilfe geführt. Dann schließen sie schon einmal einen Unterhaltsvergleich und bekommen möglicherweise sogar einen Zugewinnausgleich oder was auch immer, bekommen z. B. eine um 500 oder 1 000 Euro höhere Vergleichssumme und heben die Kosten gegeneinander auf. Bei einer gegenseitigen Kostenaufhebung bei bewilligter Prozesskostenhilfe muss man ja nicht bezahlen. Das würde eine selbst zahlende Partei nicht tun, weil sie, wenn sie den Prozess teilweise gewinnt, Wert darauf legt, teilweise eine Kostenerstattung von der Gegenseite zu bekommen. Hier gibt es also teilweise ein Ungleichgewicht.
Ich finde es deswegen keineswegs verwerflich und keineswegs für die Abfalltonne, wenn man in diesem Bereich einmal prüft, ob man die Prozesskostenhilfe nicht möglicherweise in diesem Punkt teilweise nachbessert, ohne den Zugang zum Gericht zu erschweren oder zu verhindern.
Die von Ihnen gegeißelte Gebühr in Höhe von 50 Euro: Systemwidrig? - Ich darf Sie nur daran erinnern, dass es geltendes Recht ist, dass derjenige, der Beratungshilfe in Anspruch nimmt, 20 Euro bezahlen muss. Das ist Rechtslage. Erklären Sie mir einmal, warum das dort zulässig ist und bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht zulässig sein soll.
Die Vorschläge zur Änderung der Prozesskostenhilfe und der Bewilligungsvorschriften werden wir im Rechtsausschuss auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten prüfen. Wir werden jede einzelne Änderung darauf hin prüfen, ob sie als solche schon nicht zulässig wäre und ob sie den Zugang zum Recht in Summe - man muss es auch einmal addieren - tatsächlich so erschweren würde, wie Sie es glauben. Diese Diskussion werden wir führen. Man kann aber nicht von vornherein sagen, es ist unangemessen, dieses Thema überhaupt anzugreifen. So kann man nicht damit umgehen, wenn man merkt, dass eine Sache etwas aus dem Ruder läuft.
Herr Präsident! Es tut mir leid, dass wir jetzt das Vorurteil „Zwei Juristen - zwei Meinungen“ rechtfertigen müssen. Ich will es trotzdem noch einmal sagen.
- Okay.
Wenn ich meinen Antrag schlüssig mache und für mein Vorbringen einen Beweis einbringe, dann ist es im Rahmen der Prozesskostenhilfeprüfung nicht zulässig, eine vorweggenommene Beweiswürdigung vorzunehmen. Deshalb bekomme ich Prozesskostenhilfe. Ich bin fest davon überzeugt, dass meine Auffassung richtig ist, Herr Kollege Adler, und das, was Sie gesagt haben, nicht richtig ist.
Ich möchte noch einmal generell zusammenfassen - das wissen wir alle, die wir in rechtsberatenden Berufen tätig sind; ich will dabei die Rechtsschutzversicherung ausdrücklich einbeziehen -: Wenn Sie als Partei kein oder ein kostenreduziertes Risiko haben, dann führen Sie Prozesse, bei denen die Erfolgsaussichten von vornherein bei unter 50 % liegen. Eine selbst zahlende Partei wird
es sich sehr genau überlegen, ob sie diese Prozesse führt, wenn der Anwalt sagt, die Erfolgsaussichten liegen bei 30 % und 70 % sprechen dagegen. Deshalb ist eine vernünftig ausgestaltete Prozesskostenhilfe durchaus etwas, was unnötige Prozesse verhindern kann.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Limburg, ich will nachfragen, ob ich Sie richtig verstanden habe. Im Zusammenhang mit der Diskussion über den NSU habe ich Sie so verstanden, dass Sie gesagt haben, das sei nicht nur ein Problem des Verfassungsschutzes, sondern es sei auch ein Problem, dass es einen institutionellen Rassismus bei Gerichten und Staatsanwaltschaften gebe.
Habe ich Sie richtig verstanden? Wenn ja, möchte ich Sie bitten, das entweder zu belegen oder zu relativieren.
Frau Präsidentin! Frau Staudte, ich möchte Ihre Äußerungen zur Barrierefreiheit von Bürogebäuden so nicht im Raum stehen lassen.
Ich stelle Folgendes fest: Erstens. Nach dem Gesetz, das wir gleich beschließen werden, muss jedes öffentliche Bürogebäude vom Keller bis zum Dachgeschoss barrierefrei sein.
- Doch, schauen Sie ins Gesetz.
Hier geht es nur um den zweiten Punkt, die privaten Gebäude. Das Gesetz sieht vor, dass diese in den Bereichen barrierefrei sein müssen, die für die Öffentlichkeit zugänglich sind. Die Bereiche, die danach nicht barrierefrei sind - Sie haben den schwerbehinderten Arbeitnehmer angesprochen -, werden durch die Arbeitsstättenverordnung und
das Schwerbehindertengesetz geschützt. Dort werden passgenau Anforderungen formuliert, welche Voraussetzungen individuell für die konkrete Behinderung des jeweiligen Arbeitnehmers an seinem Arbeitsplatz geschaffen werden müssen. Das ist ein wesentlich besserer Schutz für die Arbeitnehmer als das, was Sie über eine Ausuferung der Niedersächsischen Bauordnung fordern.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir schlagen vor, diesem Staatsvertrag beizutreten. Gegenstand des Staatsvertrages ist es, die technischen Voraussetzungen für den Einsatz elektronischer Fußfesseln sicherzustellen.
Wir reden heute also nicht über elektronische Fußfesseln als solche. § 68 b des Strafgesetzbuches regelt bereits, dass das Gericht im Rahmen der Führungsaufsicht das Tragen einer elektronischen Fußfessel anordnen kann. Wir müssen also davon ausgehen, dass entsprechende Entscheidungen ergehen werden und dass wir als diejenigen, die für die Führungsaufsicht verantwortlich sind, dann verpflichtet sind, den technischen Apparat vorzuhalten, um diese Fußfesseln zur Anwendung zu bringen.
Da gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste Möglichkeit ist, wir machen das selber. Die zweite Möglichkeit ist, wir schließen uns mit anderen Bundesländern zusammen. Letzteres ist angesichts der Anzahl der Fälle, die voraussichtlich auf uns zukommen, der einzig wirtschaftliche Weg.
Deshalb lautet gleich an dieser Stelle die Frage an die Opposition, die mit Ausnahme der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dagegen stimmen wird: Was wollen Sie denn tun? Wenn Sie dem Staats
vertrag nicht beitreten, dann müssen Sie es selber tun, und das wird ungleich teurer werden.
Oder glauben Sie tatsächlich, dass Sie diesen Staatsvertrag noch nachverhandeln können, obwohl sich die zuständigen Ministerien aller Bundesländer bereits darauf verständigt haben? - Das ist sicherlich ein aussichtsloses Unterfangen. Mit Ihrer Ablehnung laufen Sie also in eine Falle hinein, wobei Sie uns nicht erklären können, was das mit verantwortungsvoller Politik zu tun hat.
Die beiden Hauptargumente, die von Ihnen gegen den Staatsvertrag vorgebracht worden sind, halte ich nicht für aussagefähig. Sie haben zum einen gesagt, die Kostenschätzungen, die dort hinterlegt seien, seien Ihnen zu ungewiss. Aber was wollen wir denn machen? Wir wissen doch nicht, wie oft die elektronische Fußfessel von den Richtern angeordnet wird, und die Kosten richten sich nun einmal nach der Anzahl der Probanden. Wir haben auf der einen Seite Sockelkosten und auf der anderen Seite Kosten pro Einsatzfall zu gewärtigen. Die kann man nur schätzen. Ich glaube, die Schätzung 200 Probanden pro Jahr für ganz Deutschland - für Niedersachsen gilt eine entsprechend kleinere Zahl -, ist gar nicht so unrealistisch. Das ist aus meiner Sicht also kein Argument gegen den Staatsvertrag.
Als zweites Argument wurde angeführt, dass der Staatsvertrag eine Art Öffnungsklausel enthalte. Das hat insbesondere der Kollege Adler moniert. Er hat gesagt, man könnte die elektronische Fußfessel ja auch für andere Zwecke einsetzen, und daher sollte man das in diesem Staatsvertrag gleich mit regeln.
Dabei gebe ich aber zwei Dinge zu bedenken, Herr Kollege Adler. Erstens. Wenn das eine erstmalige Freiheitsbeschränkung wäre, gilt der Richtervorbehalt. Das ist selbstverständlich: Freiheitsbeschränkungen dürfen nur Richter aussprechen. Zweites. Wenn sich jemand beispielsweise bereits in Haft befindet und dann im Rahmen des Freigangs mit seiner Zustimmung eine Fußfessel bekommt, dann wäre das doch das mildere Mittel. Dann wäre das doch nichts, was ihn zusätzlich belastet, sondern damit würde ihm im Gegenteil möglicherweise eine Chance eingeräumt.
Das Justizministerium hat uns erklärt, dass derartige Dinge zurzeit nicht geplant sind. Aber selbst wenn sie geplant würden: Das, was man als weite
re Einsatzzwecke nach Artikel 4 regeln kann, ist durchweg vernünftig und steht unter Richtervorbehalt, wenn es eine erstmalige Freiheitsbeschränkung ist. Es ist also nicht zu beanstanden, dass der Staatsvertrag eine entsprechende Regelung enthält.
Daher gibt es also nichts, was gegen den Staatsvertrag spricht. Es ist wirtschaftlich die einzig vernünftige Regelung, und deshalb werden wir zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe die Fragen, die der Kollege Haase gestellt hat, nicht mitgezählt,
aber nach meinem Eindruck waren es eine ganze Menge. Ich hätte mir natürlich gewünscht, dass die SPD uns gesagt hätte, wie sie diese Fragen, die sie gestellt hat, beantworten würde.
Aber auch was den Einzelplan 11 angeht, müssen wir feststellen, dass nicht eine einzige Antwort gegeben wurde. Wir haben also keinerlei Vorlagen der SPD, mit denen wir uns hier in diesem Hause beschäftigen können.
Ich finde es im Übrigen ausgesprochen optimistisch von Ihnen, dass Sie den 16. Dezember so sehr herbeisehnen und dass Sie sich so sicher
sind, dass Sie vor dem Staatsgerichtshof ein für Sie positives Ergebnis erzielen. Wenn ich mir die vergangenen Klageverfahren, an denen die SPD beteiligt war, anschaue, dann wundert mich dieser Optimismus schon. Denn die Haushalte des Landes Niedersachsen, bei denen die Verfassungswidrigkeit festgestellt wurde, waren allesamt nicht Haushalte einer CDU/FDP-geführten Landesregierung,
sondern Haushalte, die von einer SPD-Regierung aufgestellt und dann von uns beklagt wurden.
Ich bin aber dankbar dafür, dass der Kollege festgestellt hat, dass die Justiz in Wilhelmshaven - - -
- In Niedersachsen natürlich! - Also: Ich bin aber dankbar dafür, dass der Kollege festgestellt hat, dass die Justiz in Niedersachsen hervorragend arbeitet. - Das gilt natürlich auch für Wilhelmshaven. Ich könnte Ihnen dazu übrigens eine kleine Geschichte aus der Arbeitsgerichtsbarkeit erzählen, was ich in meinem Arbeitskreis schon einmal getan habe.
Wir haben in Niedersachsen eine gut aufgestellte Justiz. Die Entscheidungen ergehen in angemessener Zeit - mit dem Thema „Sozialgerichtsbarkeit“ werde ich mich noch gesondert befassen - und sind von der Qualität her gut. Das merken wir auch daran, dass die Zahl der Berufungen ständig rückläufig ist. Daran zeigt sich, dass die Akzeptanz der erstinstanzlichen Entscheidungen immer größer wird. Das spricht für die Qualität dieser Entscheidungen.
Auch wir von der CDU-Fraktion wollen allen Bediensteten in der Justiz - vom Wachtmeister über den mittleren Dienst, den Rechtspflegerdienst bis hin zu den Gerichten sowie den Richterinnen und Richtern - für diese Arbeit sehr herzlich danken, die sie im Interesse des Landes Niedersachsen und unseres Rechtsstaates verrichten. Da ist ein Dank angesagt, den ich hiermit im Namen der CDU-Fraktion ausdrücklich ausspreche.
Ich will aus gebotenem Anlass auch ausdrücklich alle die Richterinnen und Richter darin mit einschließen, die sich mit Anträgen auf Abschiebungshaft zu befassen haben. Wir haben hier kürzlich eine Diskussion gehabt, die ich unsäglich finde. Das will ich begründen.
Das Schlimmste, was ein Richter entscheiden muss, ist Freiheitsentzug. Deshalb kümmert sich ein Richter bei Fragen des Freiheitsentzuges sehr deutlich um die Rechtslage. Davon können wir ausgehen. Pauschal eine Schelte loszulassen, dass die Richter im Bereich der Abschiebehaft nicht angemessen ausgebildet seien und dass es dadurch zu Fehlverhalten komme, ist eine unangemessene Kritik an den Richterinnen und Richtern, die mit diesen Verhältnissen befasst sind. Namens der CDU-Fraktion weise ich diese unangemessene Kritik zurück.
Sie können doch nicht so darangehen, dass Sie eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes haben, die dazu führt, dass andere formale Anforderungen an die Abschiebehaft getroffen werden, und dann die Entscheidungen als rechtswidrig kritisieren, die vor diesem BGH-Urteil ergangen sind. Sie können doch die Rechtmäßigkeit der Entscheidung nur an dem jeweiligen Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung messen.
Es ist doch unseriös zu sagen: Jetzt gibt es eine andere BGH-Entscheidung; alles andere, was vorher war, war falsch. - Das mag vielleicht unter dem Lichte der neuen Rechtsprechung falsch gewesen sein; aber der damaligen Rechtslage entsprach es.
Deshalb ist diese Kritik unangemessen. Deshalb will ich das auch mit Deutlichkeit zurückweisen.
Meine Damen und Herren, weil die Justiz gut aufgestellt ist und weil wir in den vergangenen Jahren stets angemessen auf Belastungssituationen bei den Gerichten reagiert haben und eine Vielzahl von Einstellungen vorgenommen haben - bei Staatsanwaltschaften, ordentlicher Gerichtsbarkeit, Strafgerichtsbarkeit und Sozialgerichtsbarkeit -,
haben wir die Situation, dass das Ziel der Koalition von CDU und FDP jetzt nahezu erreicht ist.
Wir haben gesagt: Für uns ist in der Frage der Belastungssituation der Gerichte PEBB§Y Maßstab. Unser Ziel ist PEBB§Y 1,0. Diesem Ziel nähern wir uns in großen Bereichen vollständig. In einigen Bereichen haben wir eine Belastung unter 1,0. Ich gebe zu: Im Bereich der Amtsanwälte haben wir eine Belastung, die doch deutlich über 1,0 liegt. Herr Haase, deshalb haben wir - das steht im Haushalt - drei neue Stellen im Bereich der Amtsanwälte vorgesehen, um dort wiederum nachzusteuern.
Es ist aber richtig: Der Schwerpunkt unseres Haushaltes besteht in diesem Jahr nicht darin, neue, weitere Stellen zu schaffen, weil wir eben dem Ziel doch relativ nahe gekommen sind. Vielmehr wollen wir uns in diesem Jahr hauptsächlich auch mit dem Binnenleben der Justiz beschäftigen, mit dem Wohlfühlen der Mitarbeiter der Justiz. Sie haben auch gesagt, dass das notwendig ist. Sie haben nur nicht gesagt, dass Sie es auch tun.
Aber wenn Sie den Haushaltsentwurf einmal ansehen und sich auch die entsprechenden Änderungsanträge der Fraktionen dazu anschauen, dann werden Sie feststellen, dass wir eine Ungerechtigkeit der Vergangenheit beseitigt haben. Das ist die Frage der Zulage für die Amtsanwälte.
Noch einmal für alle Beteiligen: Alle Rechtspfleger haben die gleiche Ausbildung. Nur wer das Schicksal hatte, in den Bereich der Amtsanwälte zu kommen, bekam diese Zulage nicht, während andere diese Zulage bekommen. Das ist jetzt behoben. Das haben die Amtsanwälte auch verdient.
Genauso ungerecht war es, im Bereich des Wachtmeisterdienstes in heutiger Zeit mit A 3 einzustellen. Deshalb sind wir dort auch dazu gekommen, dass das Einstellungsamt A 5 ist. Das schulden wir den Wachtmeistern auch, weil sich das Anforderungsprofil dieses Berufes deutlich verändert hat und deutlich gestiegen ist.
Weil wir auch um die Sicherheit unserer Gerichte besorgt sind, sieht der Haushaltsentwurf 15 weitere Stellen im Bereich des Justizwachtmeisterdienstes vor. Auch das ist ein Zeichen dafür, dass uns dieser Beruf wertvoll ist und dass wir im Bereich der Sicherheit der Anstalten etwas tun wollen.
- Der Gerichte. Danke für den Hinweis, Herr Limburg! Ich wollte natürlich sagen: der Gerichte etwas tun wollen.
Ansonsten sehen wir neben dem Bereich des Justizvollzuges, zu dem die Kollegin Konrath sprechen wird, in allen Bereichen der Justiz umfangreiche Stellenhebungen vor, beispielsweise im mittleren Dienst. Auch im Ambulanten Justizsozialdienst, den Sie angesprochen haben, Herr Haase, sehen wir entsprechende Möglichkeiten der Beförderung vor. Das ist etwas, was die Mitarbeiter motiviert. Das ist auch eine Art des Dankeschön, das wir den Mitarbeitern bei dieser Gelegenheit sagen können, indem wir ihnen die Chance geben, bei guter Arbeit, bei überdurchschnittlichen Leistungen dann auch ein Beförderungsamt zu erreichen, damit auch eine entsprechende Wertschätzung zu erfahren und natürlich auch ein entsprechend höheres Entgelt für die Zukunft zu bekommen.
Gar nicht angesprochen hat der Kollege Haase ein Projekt, auf das wir sehr stolz sind: das Projekt Osnabrück. Die Situation in Osnabrück wird allgemein beklagt. Uns fehlen dort etwa 3 000 m² Bürofläche. Die Gebäude, die vorhanden sind, sind in einem sehr schlechten baulichen Zustand und müssten umfangreich saniert werden, um sie weiter nutzen zu können. Das führt dazu, dass sich, wirtschaftlich gesehen, dort insgesamt ein Justizzentrum als Neubau auch wirtschaftlich darstellt. Wir sind entschlossen und haben das auch im Haushalt abgebildet, in diesem Bereich den Startschuss zu geben, indem wir im Jahr 2012 dafür 2 Millionen Euro und im Jahr 2013 dafür 4 Millionen Euro vorsehen, damit die vorbereitenden Arbeiten und die ersten Abbrucharbeiten vorgenommen werden können und damit das Justizzentrum Osnabrück entsteht.
Darauf sind wir stolz. Wir freuen uns auch, dass wir dort ein weiteres Justizzentrum schaffen können. Demnächst werden wir eines in Hannover haben. Wir denken auch sehr positiv darüber nach, so etwas in Oldenburg zu starten, müssen aber sagen, dass dazu erst noch gewisse örtliche Gegebenheiten abgeklärt werden müssen, bevor man dort dem Projekt dann auch tatsächlich endgültig nähertreten kann.
Ich möchte jetzt zum Bereich der Sozialgerichte kommen. Es ist richtig, dass die Belastungssituation bei den Sozialgerichten unverändert hoch ist. Aber sie stagniert. Wir haben in den vergangenen Jahren jeweils immer noch weitere Steigerungen gehabt und haben auf diese Steigerungen mit entsprechenden Stellenzuwächsen reagiert. Jetzt haben wir ein Einpendeln auf sehr hohem Niveau.
Wir sorgen dafür und stellen sicher, dass die vorhandenen Sozialrichter in dem Umfang, in dem sie vorhanden sind, auch tatsächlich behalten werden. Wir alle kennen den Brief des Hauptrichterrates der Sozialgerichte, der die Sorge hatte, wegen kwVermerken würde dort ein Abbau stattfinden. Ich erkläre hier ausdrücklich: Die kw-Vermerke betreffen nicht die Haushaltsjahre 2012 und 2013, sodass wir für diese beiden Haushaltsjahre - darüber reden wir ja - die Sozialrichter in der bisherigen Stärke an unseren Sozialgerichten behalten werden.
Deshalb können wir davon ausgehen, dass die Fälle auch entsprechend zeitnah abgearbeitet werden, weil ja schon die vorhandenen Richter - wenn auch nur geringfügig - an den Bestand herangegangen sind und dort bereits ein geringfügiger Abbau festzustellen ist.
Ich will nicht verschweigen, dass sich auch die Arbeitsgerichtsbarkeit an uns gewandt hat, um zu einer Personalverstärkung zu kommen. Wir haben das im Arbeitskreis intensiv diskutiert und haben festgestellt, dass die Fallzahlen das in der Arbeitsgerichtsbarkeit einfach nicht hergeben. Deshalb sind wir auch nicht dazu gekommen, für diesen Bereich als Fraktion einen Änderungsvorschlag zu unterbreiten.
Einen weiteren Punkt möchte ich noch ansprechen. Wenn wir umfangreiche Stellenhebungen in der Justiz vorsehen, machen wir das auch im Bereich der Staatsanwaltschaften und auch im Bereich des Richterdienstes - dort zunächst einmal mit elf Stellen.
Wir hätten gerne im Richterdienst auch weitere Stellenhebungen möglich gemacht. Das hätte aber einer umfassenden Änderung des Besoldungsgesetzes bedurft. Dabei darf man natürlich den Gesamtkontext des Besoldungsgesetzes nicht aus dem Auge verlieren. Das kann man nicht mit einem Schnellschuss anlässlich einer Haushaltsberatung machen. Aber für unsere Fraktion ist es ein Programmsatz für die Zukunft, die gesetzlichen
Grundlagen zu prüfen und nach Möglichkeit zu schaffen, um auch im Richterdienst dann zu angemessenen Stellenhebungen zu kommen, weil die Richterinnen und Richter es genauso verdient haben wie die anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Justiz.
Meine Damen und Herren, ich möchte jetzt von meiner Warte aus zum Schluss kommen, weil ich der Kollegin auch noch Redezeit überlassen möchte, und komme einmal zu einem Fazit. Herr Haase, für die SPD-Fraktion haben Sie nicht ernsthaft etwas an diesem Haushaltsansatz kritisieren können.
Sie haben nicht einen einzigen Änderungsantrag bringen dürfen, weil es anscheinend eine Entscheidung Ihrer Fraktion war, so etwas generell nicht zu tun. Aber Sie müssen mir einmal klarmachen, welches logische Argument Sie bei einer solchen Sachlage zur Hand haben, um hier den Haushaltsplan ablehnen zu können. Sie können bei dieser Sachlage als SPD-Fraktion eigentlich nur jedenfalls dem Einzelplan 11 zustimmen. Vielleicht denken Sie einmal darüber nach und tun es. Ich bin zwar nicht guter Hoffnung, dass Sie es tun werden, weil Sie es nicht tun dürfen. Aber ich stelle doch fest, dass Sie in Ihrer Rede auch viel Zustimmung zum Ausdruck gebracht haben. Für diese Objektivität danke ich Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Europäische Gerichtshof hat 2010 festgestellt, dass nicht nur in Niedersachsen, sondern in allen Bundesländern die Einbindung des Datenschutzbeauftragten in die allgemeine Verwaltung nicht so gestaltet ist, dass die hundertprozentige Unabhängigkeit, die sein Amt bedingt, so gewährleistet ist, wie es eine Richtlinie der Europäischen Union gebietet. Insofern haben wir einen durch das Gericht festgestellten europarechtswidrigen Zustand, der durch eine entsprechende Gesetzesänderung behoben werden muss. Das ist Gegenstand der heutigen Vorlage.
Wir haben viel darüber diskutiert, ob es dazu einer Änderung der Verfassung bedarf. Ich will das nicht alles wiederholen, weil die Argumentation im schriftlichen Bericht sehr sorgfältig wiedergegeben worden ist. Wir meinen, sowohl aus Rechtsgründen als auch aus politischen Gründen ist eine Än
derung der Verfassung angezeigt. Sie ist erforderlich, um die besondere Position des Landesdatenschutzbeauftragten durch die Regelung in der Verfassung so darzustellen, dass diese hinreichend deutlich wird.
Wir haben bei der Gelegenheit zusätzlich eine Änderung vorgenommen: Die Amtszeit des Datenschutzbeauftragten endet nicht mit der Amtszeit eines Beamten, sondern mit seiner Wahlzeit. Sie beträgt in der Regel acht Jahre. Wenn man einen Landesdatenschutzbeauftragten wählt, weiß man, wie alt er ist und wie lang seine Amtszeit sein wird.
Wir haben das unter sehr großem Zeitdruck behandelt, weil wir einen europarechtswidrigen Zustand haben. Ich darf mich bei allen Fraktionen des Hauses, beim GBD und bei der Landesregierung dafür bedanken, dass dies so zügig gegangen ist. Ich darf mich insbesondere dafür bedanken, dass wir mit einem einstimmigen Votum dieses Hauses zu einer Änderung der Verfassung kommen. Das ist ein versöhnlicher Abschluss des heutigen Tages. Es tut unserer Verfassung gut, wenn wir zum Ausdruck bringen, dass es in diesem Punkt ein so großes Einvernehmen gibt und dies in der Verfassung zum Ausdruck kommt. Insofern bitte ich um Zustimmung.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Tat findet am morgigen Tag und am Samstag die
7. Maritime Konferenz statt. Wir sind sehr stolz darauf, dass sie in Wilhelmshaven stattfindet. Das Land Niedersachsen, die Stadt Wilhelmshaven und Wirtschaftsunternehmen haben sich finanziell engagiert, damit diese Konferenz auf dem Gelände des JadeWeserPorts stattfinden kann.
Wir freuen uns darauf, dass wir den fast fertigen Hafen präsentieren können und dass die gesamte maritime Wirtschaft, dass Wissenschaft und Politik das Objekt persönlich in Augenschein nehmen können. Damit gestalten wir einen wesentlichen Faktor des Marketings für den Hafen mit.
Zu diesem Marketing für den Hafen, das wir jetzt vor uns haben, gehört aber auch, nicht mit unüberlegten Äußerungen an die Öffentlichkeit zu treten. Hier muss sich auch die Opposition ihrer Verantwortung bewusst sein. Einfach nur draufzuschlagen ohne zu überlegen, welche Wirkungen diese Äußerungen in der Öffentlichkeit haben, würde die Unterstützung des Projekts, das Sie ja auch wollen, ins Gegenteil verkehren.
Herr Lies, wenn nach Ihrer Wortmeldung zum Thema Bahnanbindung die Schlagzeile „Bahnanbindung nicht gesichert - Güter können nicht abgefahren werden“ über den Ticker geht, dann haben Sie das vielleicht nicht gewollt. Möglicherweise haben Sie ja ein bisschen grob formuliert, sodass eine solche Meldung entstanden ist. Aber Sie müssen sich als Opposition auch überlegen, welche Wirkung derartige Überschriften auf die zukünftigen Nutzer des JadeWeserPorts hat. Insofern müssen Sie hier sehr aufpassen.
Aber klar.
Herr Lies, Sie wissen doch genauso gut wie ich, dass es technisch gar nicht möglich ist, die gesamte Anlage einschließlich der Elektrifizierung und des Lärmschutzes in allen Bereichen bis 2012 fertigzustellen.
- Ja, aber 2012 soll die Inbetriebnahme sein. Sie sagen, dass alles fertig sein muss, bevor der Hafen in Betrieb genommen wird. Aber das ist rein technisch gar nicht möglich, sondern das muss ohnehin in Etappen geschehen. Insofern bin ich in der Tat der Meinung, dass der Ausbau in Etappen erfolgen muss - aber eben zeitnah, wie es in unserem Änderungsvorschlag heißt.
Wenn ich eben gesagt habe, dass Sie eine bestimmte Verantwortung hinsichtlich Ihrer Wortwahl haben, so heißt das nicht, dass Sie das nicht kritisieren dürfen. Sie müssen Ihre Worte nur so wählen, dass Sie die Fakten auch richtig darstellen. Und Fakt ist nun einmal, dass der JadeWeserPort an die Bahn angeschlossen ist. Das kann man doch nicht bestreiten. Er ist angeschlossen.
Sie fordern in Ihrem Entschließungsantrag, dass die Finanzierungsvereinbarung 2011 abgeschlossen werden soll. Aber Sie wissen doch selbst, wie die Reihenfolge bei solchen Vereinbarungen zwischen Bund und Land ist. Zuerst kommt das Planrecht, und erst, wenn man den Planfeststellungsbeschluss hat, wird die Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen. Im vorliegenden Fall läuft das Planfeststellungsverfahren aber noch, und deshalb ist es völlig unrealistisch, zu meinen, dass wir im Jahre 2011 eine Finanzierungsvereinbarung zwischen Bahn und Bund erreichen können, an der wir als Land noch nicht einmal beteiligt sind. Deshalb werden wir als CDU-Fraktion eine solche Aufforderungen an die Landesregierung auch nicht unterstützen. Wir sind gerne bereit, der Landesregierung Ziele mit auf den Weg zu geben. Aber diese Ziele müssen realistischerweise auch erreichbar sein.
Ihr Entschließungsantrag hat ja eine lange Geschichte; Sie haben darauf hingewiesen. Weil er zu einem frühen Zeitpunkt gestellt wurde, hat er allein durch die Entwicklung und Realisierung des JadeWeserPorts bereits rein faktisch Veränderungen erfahren.
Ich will den Mitgliedern des Parlaments noch einmal vor Augen führen, dass in ihm ursprünglich formuliert war, dass der Landtag die Landesregierung auffordern möge, den Betreibervertrag mit Eurogate zu kündigen. Das war ein wesentlicher Bestandteil des Entschließungsantrags in seiner Ursprungsform; denn es gab einen mächtigen und unauflösbaren Streit in Bezug auf die Inbetriebnahme.
Mithin hätte es sich gehört, dass Sie heute einen Satz dazu gesagt hätten, dass auch Sie damit zufrieden sind, dass die Inbetriebnahme, vertraglich vereinbart, auf August 2012 festgelegt worden ist und dass das eine gute und sichere Entwicklung ist, weil sie entsprechende Rechtssicherheit gegeben hat.
Meine Damen und Herren, die Zweigleisigkeit wird bis Ende 2012 realisiert sein, vorausgesetzt, wir haben ein Baurecht. Da gibt es noch eine offene Flanke, aber die können wir als Politik nicht beeinflussen.
Dann gibt es noch das Problem Oldenburg. Ich kann den Oldenburgern keinen Rat geben, wie sie damit umgehen sollen. Sie müssen sich überlegen, was sie wollen. Ich kann nur sagen: Solange sie einer Umfahrung von Oldenburg das Wort reden, so lange liefern sie der Bahn das Argument, auf der alten Strecke noch keine Lärmschutzmaßnahmen vorzusehen.
Also, die Bahnstrecke wird bis zum Jahr 2012 fertiggestellt sein. Natürlich wünschen auch wir uns, dass die weiteren Schritte dann zeitnah erfolgen: die Elektrifizierung und der Lärmschutz. Hier stehen wir bei den Bürgern im Wort, und zwar auch hinsichtlich der Stellen, bei denen es sich nicht um eine Neubaustrecke handelt, auf der der Lärmschutz ohnehin stattfindet.
Ich sage ganz offen: Mir ist es egal, ob das 2014 oder 2015 geschieht. Ich wünsche mir nur, dass diese Maßnahmen mit möglichst geringen Eingriffen in die Strecke realisiert werden. Wir wissen - auch darüber haben wir mit der Bahn gesprochen -, dass die Baumaßnahme sehr schnell realisiert werden kann - dann allerdings mit der Folge, dass es häufiger zu Streckensperrungen kommt -,
dass sie aber auch entzerrt werden kann, mit der Folge, dass Streckensperrungen kaum erforderlich werden. Da die Strecke bis dahin zweigleisig fertiggestellt sein wird, meinen wir, dass es vertretbar ist, die Umsetzung dieser Maßnahmen zeitlich etwas zu strecken.
Fazit: Wir befinden uns mit dem JadeWeserPort auf einem super Weg. Dies werden wir am Freitag und am Samstag auch gemeinsam erleben. Alle diejenigen, die nach Wilhelmshaven kommen und dieses Projekt noch nicht gesehen haben, dürfen sich darauf freuen, es in Augenschein nehmen zu können. Der JadeWeserPort ist an die Bahn angeschlossen. Der zweigleisige Ausbau wird sichergestellt. Die Folgemaßnahmen werden durchgeführt. Insofern ist es richtig, den Entschließungsantrag genau so zu verabschieden, wie wir unseren Änderungsvorschlag formuliert haben.
Herr Kollege Lies, als Sie die Landesregierung aufgefordert haben, den Betreibervertrag mit Eurogate fristlos zu kündigen, hat die Landesregierung verhandelt und eine Vereinbarung geschlossen. Diese Vereinbarung ist nicht nach der Krise geschlossen worden, sondern mitten in der Krise. Insofern war es eine große Verhandlungsleistung beider am Vertrag beteiligten Seiten, sich in einer solchen Unsicherheitsphase auf den August 2012 als Termin für die Inbetriebnahme des JadeWeserPorts zu einigen.
Herr Kollege Briese, ich habe den Planfeststellungsbeschluss jetzt leider nicht dabei, sodass ich auch nicht sagen kann, ob das wirklich auf Seite 148 steht.
Aber das ändert nichts daran, dass den Interessen und den Belangen der Stadt Oldenburg in vollem Umfang Rechnung getragen werde muss. Nicht nur der Stadt Oldenburg, sondern auch den anderen Anliegern der Bahnstrecke hat man den Lärmschutz vertraglich zugesagt. Herr Tiefensee hat sogar ganz häufig zugesagt - das habe ich vergessen zu erwähnen -, die finanziellen Mittel für den Lärmschutz auf der gesamten Strecke zur Verfügung zu stellen.
Wir fühlen uns an unsere Zusagen gebunden. Damit unterscheiden wir uns möglicherweise von Herrn Tiefensee.
Ich vertrete die Auffassung, dass das zeitnah geschehen muss.
Mir geht es jetzt nur um Folgendes: Sie sollten an einem Verfahren mitwirken, das realistische Chancen auf eine erfolgreiche Umsetzung hat. Wenn die Oldenburger jetzt Mittel für die Erstellung einer Machbarkeitsstudie für eine Ortsumgehung bereitstellen, dann müssen Sie sich schon die Frage stellen, wie realistisch dies ist. Wenn man das selbst als relativ unrealistisch betrachtet
- ich sage das aus meiner Position heraus; ich bin ja nicht CDU-Oldenburg -, dann sollte man sich die Frage stellen, ob das der richtige Weg ist oder ob es nicht besser wäre, nach anderen Lösungen zu suchen, damit die entsprechenden Maßnahmen schneller in die Wege geleitet werden können.
Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es hier um Rückzahlungsforderungen geht, die zum Teil in das Jahr 2007 bzw. 2008 zurückreichen, stelle ich die Frage: Droht diesen Kunden irgendwann die Einrede der Verjährung durch das Unternehmen? Wenn ja, sind die Kunden nicht allein schon deshalb, um die Einrede der Verjährung zu vermeiden, gezwungen, Klage zu erheben mit der Folge, dass sicherlich weitere Klageverfahren zu erwarten sind?
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Für die Rechtspolitiker ist es eigentlich täglich Brot, sich mit den Gerichten in Niedersachsen zu beschäftigen - mit Fragen der Besetzung der Gerichte, Eingangszahlen, Bearbeitungsdauer, durchgehend durch die verschiedenen Dienste, PEBB§Y-Zahlen usw., wir beschäftigen uns natürlich auch mit unseren Vollzugsanstalten, also insgesamt mit Dingen, von denen wir meinen, dass sie originäre Aufgaben der Rechtspolitiker eines Bundeslandes sind.
Nur relativ selten beschäftigen wir uns aber - das ist eine weitere Säule der Rechtsordnung - mit der Anwaltschaft als Organ der Rechtspflege. Hier fehlen uns entsprechende Daten und Informationen, um in Niedersachsen eine Bewertung dieses Berufsbildes vornehmen zu können. Deshalb haben wir als Fraktionen von CDU und FDP die Landesregierung gebeten, hierzu eine Große Anfrage zu beantworten. Dies ist in großer Ausführlichkeit geschehen. Ich darf mich bei der Landesregierung für die damit verbundene Arbeit bedanken.
Ich bedanke mich auch bei all denjenigen, die Daten zugeliefert haben, also bei den Berufsverbänden, den Anwaltsvereinen und insbesondere den Anwaltskammern.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, dass wir zu dieser Großen Anfrage durch eine vergleichbare Anfrage in einem anderen Bundesland angeregt worden sind. Von daher haben wir gesagt: Diese Antworten und Zahlen waren derart interessant, dass wir sie auch einmal für Niedersachsen erheben möchten. Ich glaube, das ist für unsere Arbeit hier im Landtag auch sehr nützlich.
Bevor ich für meine Fraktion die Antworten bewerte, möchte ich der Landesregierung Gelegenheit geben, die Anfrage zu beantworten. Im Anschluss daran werde ich mich noch einmal zu Wort melden.
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das ist wohl das Los der Regierungsfraktionen: Wenn eine Frage nicht gestellt wird, dann wird kritisiert, dass sie nicht gestellt worden ist. Eine Frage, die gestellt wurde, wird von der Opposition als überflüssig kritisiert. - Wir werden es Ihnen nicht recht machen können, und das wissen wir auch. Immerhin meine ich - das haben Sie zum Ausdruck gebracht, Herr Kollege Tonne -, dass auch Sie den Eindruck haben, dass diese Große Anfrage und die Antwort darauf Ihnen viel Diskussionsmaterial und viele Möglichkeiten geben, um eine eigene Initiative zu ergreifen und in diesem Bereich aus eigener Kraft tätig zu werden. Insofern werden auch Sie von dieser Großen Anfrage hinlänglich profitieren.
Ein großer Block, zu dem in der Tat nicht gefragt worden ist, Herr Kollege Adler, den ich aber interessant gefunden hätte, betrifft die Frage der Einkommenssituation der Anwälte und die Frage, wie sich die Anwaltsflut darauf auswirkt. Das Problem ist, dass wir hierauf natürlich keine Antwort erwarten können und dürfen. Die Informationen könnte nur das Finanzamt geben. Davor steht aber das Steuergeheimnis. Diese Zahlen werden nicht erhoben. Sie sind nicht abfragbar und nicht ermittelbar. Auch aus diesem Grunde haben wir diese Fragen nicht gestellt.
Ich möchte nun nicht alle Punkte, die der Minister erwähnt hat, wiederholen.
Für die Frage der Anwaltszahlen will ich noch auf folgenden Umstand hinweisen: Wenn wir in den
vergangenen zehn Jahren eine Steigerung der Zahl der Anwaltszulassungen von etwa 30 % gehabt haben, dann ist die logische Konsequenz daraus, dass wir relativ viele junge Anwälte haben - etwa 58 % sind im Alter zwischen 30 und 50 Jahren - und relativ wenige Anwälte, die über 60 Jahre alt sind. Das wird in der Folge zu einem weiteren Problem werden. Es bedeutet, dass relativ wenige Kollegen in den nächsten Jahren ihre Zulassung aus Altersgründen zurückgeben werden. Sehr viele Kollegen, nämlich 58 %, werden noch sehr viele Jahre im Beruf bleiben, weil sie die Altersgrenze noch nicht erreicht haben. Möglicherweise werden auch neue Kollegen, weil sie keinen anderen Job finden, in den Anwaltsberuf hineindrängen. Das heißt, die Situation des Anwaltsmarktes wird sich gegenüber dem heutigen Stand deutlich verschärfen. Die Anwälte und all diejenigen, die diesen Beruf anstreben, sollten sich darauf einstellen, dass es eher schwieriger als besser werden wird.
Herr Tonne, Sie haben gesagt, die Kollegen reagieren auf diesen geänderten Markt zunehmend durch Spezialisierung. Das ist richtig. Ich finde, das ist eine ausgesprochen gute Tendenz. Ich finde es gut, wenn Anwaltskolleginnen und -kollegen sich spezialisieren. Die Anforderungen sind hoch. Sie bestehen zum einen, wie richtig gesagt worden ist, aus einer relativ umfangreichen theoretischen Zusatzausbildung und zum anderen aus einer großen Anzahl von Fällen, die man in der Praxis bearbeitet haben muss und nachweisen muss, um diese Anwaltszulassung zu bekommen. Das halte ich für richtig. Ich wäre dagegen, das herabzusetzen; denn das ist ein Qualitätsmerkmal. Da es ein Qualitätsmerkmal ist, muss die Qualität dem zugrunde liegen, damit es nicht irreführend wird. Nicht angesprochen wurde die Tatsache, die aber erwähnt werden sollte, dass man nur Fachanwalt bleibt, wenn man eine jährliche Pflichtfortbildung mit einem gewissen Stundenumfang absolviert. Das sichert die Qualität. Theoretische Fortbildungen das ganze Leben lang, ausreichende Anzahl von Fällen - das ist für die Qualität in diesem Bereich ausgesprochen gut.
Die zweite Möglichkeit, darauf zu reagieren, ist die Werbung. Ich habe nicht das Gefühl, dass hier Exzesse passieren und dass es zu unangemessener Werbung aus dem Bereich der Anwaltschaft kommt. Ich glaube, dass auch die Berufskollegen diesen Eindruck teilen. Ich will aber eine Bemerkung zu etwas machen, was mich ein wenig stört. Ich will daraus kein Geheimnis machen. Nach der
Berufsordnung darf man mit einem Interessenschwerpunkt, einem Tätigkeitsschwerpunkt und mit einer Fachanwaltsbezeichnung werben. „Interessenschwerpunkt“ bedeutet, dass man sich für ein Rechtsgebiet interessiert, aber keine Ahnung davon und keine praktische Erfahrung damit hat. Denn wenn man sich dafür interessieren würde und auch praktische Erfahrung hätte, dann wäre es ein Tätigkeitsschwerpunkt. „Tätigkeitsschwerpunkt“ bedeutet Interesse plus praktische Erfahrung. Wer dann auch noch eine Zusatzausbildung hat, kann sich Fachanwalt nennen. Der Begriff Interessenschwerpunkt ist, wenn ich es wettbewerbsrechtlich betrachte, für mich schon fast irreführend.
Jemand, der nicht weiter nachdenkt, geht davon aus, dass jemand, der Interesse an etwas hat, auch große Erfahrung auf diesem Gebiet hat. Das besagt der Begriff Interessenschwerpunkt leider keineswegs.
Zum Notariat ist viel gesagt worden. Ich darf daran erinnern, wie diese Altersstruktur im Notariat entstanden ist. In den 70er- und 80er-Jahren gab es keine Bedürfnisprüfung. Wer zehn Jahre lang Rechtsanwalt war, wurde Notar. Die Bedürfnisprüfung ist erst später eingeführt worden, damals auch mit dem Ergebnis, dass die ältesten Anwälte, wenn ein Bedürfnis bestand, Notare wurden. Wir haben eigentlich erst jetzt einen Zustand, den ich für ausgesprochen richtig halte, nämlich die Kombination aus Bedürfnis - wobei ich ausdrücklich dafür stehe, dass eine gewisse Mindestgröße eines Notariats erforderlich ist - und einer weiteren theoretischen Ausbildung mit der Folge, dass ein jüngerer Anwalt eher in ein Notariat kommen kann als ein älterer Anwalt. Das wird sich auf die Altersstruktur im Notariat sehr schnell positiv auswirken.
Der Kollege Tonne hat einige rechtspolitische Fragestellungen in der Großen Anfrage vermisst. Für mich ist die Große Anfrage eher eine Datensammlung. Aber ich gebe Ihnen recht, die Frage ist natürlich, welche politischen Diskussionen daraus erwachsen.
Die erste Frage, die ich mir persönlich stelle und über die es sich zu diskutieren lohnt: Ist es unser Job als Politiker, den Zugang zum Anwaltsberuf zu erschweren? Man kann sagen: „Jeder kann Anwalt werden, der das will, die Hauptsache ist, dass der das zweite Staatsexamen hat.“ Theoretisch gäbe es Möglichkeiten, dort entsprechend einzugreifen. Ich darf daran erinnern, dass der Deutsche An
waltsverein ein solches Anwaltsmodell schon einmal in die Diskussion gebracht hat, nämlich das Anwaltsassessoriat. Das heißt, man muss ein Jahr zusätzlicher Anwaltsausbildung bei einem Rechtsanwalt machen. Nur dann darf man als Anwalt zugelassen werden. Wer keinen Anwalt findet, der einen ausbildet, hat Pech gehabt. Damit bekäme die Anwaltschaft also ein eigenes Regulativ in die Hände, um den Zugang für die Zukunft zu regulieren. Wir müssten einmal diskutieren, ob so etwas zu unterstützen wäre und ob es unsere Aufgabe als Politik ist, dort entsprechend einzugreifen.
Eine zweite Fragestellung: Wenn wir feststellen, dass sehr viele junge Juristen in den Anwaltsberuf drängen, dann kann man fragen - das ist auch bereits gefragt worden -, ob es denn Aufgabe des Staates ist, ihn im Referendariat für die Anwaltsstelle auszubilden. Wir bilden im Grunde genommen für einen Berufszweig außerhalb des öffentlichen Dienstes aus. Dazu muss ich für meine Person ganz eindeutig sagen - ich glaube, diese Ansicht teilen auch die Rechtspolitiker der CDUFraktion -: Ja, die Art und Weise, wie wir die Referendarausbildung gestalten, ist ein ausgesprochenes Pfund, das wir in Deutschland besitzen. Es ist ausgesprochen positiv zu bewerten, dass auch derjenige, der später Anwalt wird, vorher schon einmal gesehen hat, wie ein Richter arbeitet und wie in einer Verwaltungsbehörde gearbeitet wird. Das fördert im Grunde genommen das Zusammenspiel der verschiedenen Träger, die an der Rechtsordnung beteiligt sind. Das halte ich für ausgesprochen gut.