Protocol of the Session on May 14, 2009

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön. - Zur gleichen Petition hat sich Frau Kollegin Bertholdes-Sandrock von der CDUFraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wir die Petition berücksichtigen würden, hieße das - das ist der einzige Punkt, bei dem die Kollegin Reichwaldt recht hatte -, dass Religionsunterricht völlig fakultativ würde.

(Zustimmung von Dr. Manfred Sohn [LINKE])

Das heißt, verpflichtend wäre nur „Werte und Normen“ ab Klasse 1 im Klassenverband, und Religion wäre in jedem Fall zusätzlich. Dies bedeutet, der Schüler macht es oder macht es nicht.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Die meisten Schüler werden keine zusätzlichen Stunden nehmen. Wir haben sehr wohl zu entscheiden, ob wir Religion nachrangig und benachteiligt einstufen wollen. Das wollen wir nicht!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Lassen Sie mich Ihnen noch Folgendes sagen: Die derzeitige Situation nach dem Schulgesetz ist in diesem Punkt hervorragend. Die Schüler bekommen zunächst einmal Religionsunterricht, sind aber völlig frei bei der Wahl ab Klasse 5 bzw. mit 12 und 14 Jahren, ob sie nicht lieber Werte- und Normenunterricht nehmen. Das, was wir jetzt in der Praxis haben, ist also eine echte Wahlfreiheit. Berücksich

tigen wir die Petition, wird die echte Wahlfreiheit aufgehoben.

Nun zu dem Argument, das Sie als scheinbar stärkstes anführen, nämlich dem Argument des integrativen Charakters. Dazu ist zu sagen, dass sehr viele Schüler, vor allem deren Eltern, die nicht christlicher Religion sind, sondern die moslemische und jüdische Religion haben, sehr wohl eine Erziehung in der eigenen Religion wollen und nicht so einen Wischi-Waschi-Unterricht, von allem etwas.

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Was?)

Bitte nehmen Sie das ernst, wenn Sie gerade die Zugezogenen ernst nehmen wollen!

Dazu haben wir in Niedersachsen ein hervorragendes Modell mit Unterricht in der eigenen Religion in unseren Schulen. Wir haben sogar schon Modellversuche mit der entsprechenden Lehrerausbildung. Ich finde das hervorragend.

Ich möchte, dass wir in dieser Hinsicht von den Andersgläubigen bei uns lernen und uns zur eigenen Vergangenheit, zum eigenen christlichen Ursprung bekennen, und das in der nötigen Offenheit und Toleranz, wie wir sie üben. Deswegen keine Berücksichtigung!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank. - Nun rufe ich die Petition 4448 auf. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Frau Kollegin Polat zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Letztes Jahr hat uns eine Petition erreicht, bei der es konkret um ein Wohnprojekt für demenzkranke Menschen in Garbsen geht. Damals hatte die Petition sehr viel Unmut in der Bevölkerung in Garbsen zur Folge. Es gab Artikel wie „Demenzkranken droht die Räumung“ oder „Die Stadt schließt die Demenz-WG“.

Die Hoffnung dieser Menschen und der Petenten war, dass das Land Niedersachsen, das Landesparlament, aber auch die Landesregierung, im Speziellen die Sozialministerin und das Sozialministerium, hier vielleicht helfen könnten.

Wir haben uns im Petitionsausschuss - genauso wie bei der Petition zur Sandkruger Schule - sehr ausführlich über diese Petition unterhalten. Wir haben einen Termin vor Ort gemacht. Aber leider muss ich feststellen, dass wir die einzige Fraktion sind, die wirklich einen konkreten Lösungsvorschlag gehabt hat, mit dem allen Interessen vor Ort Genüge getan worden wäre, außer natürlich denen der Stadt Garbsen, die die Demenz-WG am liebsten so schnell wie möglich räumen will.

(Editha Lorberg [CDU]: Das ist gar nicht wahr!)

Ganz konkret zum Fall: Die Demenz-WG in der Stadt Garbsen, bestehend aus zehn Plätzen für demenzkranke Menschen, liegt in einem Gewerbegebiet. Das ist das Problem. Dieses Gewerbegebiet, so sagt die Stadt Garbsen, ist für diese Demenz-WG nicht geeignet. Wir haben uns das vor Ort angeguckt. Es ist ideal für diese Menschen.

(Editha Lorberg [CDU]: Ist es nicht! Das ist nicht so! - Heidemarie Mund- los [CDU]: Das ist unmenschlich!)

Die Räumlichkeiten sind ideal. Einzelräume umschließen einen offenen Wohn- und einen offenen Küchenbereich. Die Räumlichkeiten sind barrierefrei.

(Editha Lorberg [CDU]: Das ist nicht so!)

- Frau Lorberg, ich sehe schon: Auch Sie äußern Ihren Unmut darüber, dass Sie heute „Sach- und Rechtslage“ beschließen.

(Editha Lorberg [CDU]: Nein! - Karl- Heinz Klare [CDU]: Aus völlig anderen Gründen!)

Die Nutzungsuntersagung bedeutet nichts anderes als eine ungleiche Behandlung dieser DemenzWG.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Anwalt der Petenten hat nachgewiesen, dass mindestens 70 Wohnungen in diesem Gewerbegebiet zweckentfremdet genutzt werden.

(Editha Lorberg [CDU]: Das stimmt nicht!)

Es ist faktisch kein Gewerbegebiet mehr, sondern die meisten Gewerbetreibenden nutzen diese Wohnungen, die sie dort als Betriebswohnungen hatten, privat. Aktuell gibt es gerade die Wohnungsanzeige eines dieser Gewerbetreibenden,

die dort privat wohnen, der eine Wohnung privat vermieten möchte. Wir können nur sagen, dass hier Ungleichheit im Rechtssinne besteht. Gleichheit im Unrecht, so sagt das Sozialministerium zu Recht, ist gesetzlich nicht darstellbar. Man könnte aber eine Gleichmäßigkeit der Ermessensbetätigung im System gewährleisten. Das heißt nichts anderes als dies: Wenn man die Gewerbetreibenden, die dort privat wohnen, duldet, könnte man das genauso mit der Demenz-WG tun. Wir als Landesparlament hätten die Chance, der Stadt Garbsen zu sagen: Dulden Sie diese WG dort. - Die Nachbarn haben Unterschriften gesammelt. Die Nachbarn haben sich dafür eingesetzt. Die Angehörigen und die Demenzkranken selber waren sehr glücklich, wie wir haben feststellen können. Die Niedersächsische Fachstelle für Wohnberatung hat gesagt, sie sei voll des Lobes für diese Demenz-WG. - Für uns gibt es nichts anderes als eine Berücksichtigung dieser Petition.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Polat. - Zu derselben Petition hat Frau Kollegin König von der FDP-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zuerst möchte ich klarstellen, dass wir selbstverständlich alle dafür eintreten, dass es DemenzWGs gibt. Darum geht es hier in dieser Petition aber überhaupt nicht. Eine Demenz-WG muss vernünftig geführt werden, und es muss für sie auch ein vernünftiges Umfeld gegeben sein. Ich selber kann darüber in aller Ruhe sprechen, denn ich habe eine an Demenz erkrankte Mutter, die in einer Demenzabteilung in einem Pflegeheim lebt. Ich weiß, was diese Menschen brauchen und was gefordert werden muss.

Es geht hier in erster Linie um Demenzerkrankte in einem Gewerbegebiet. Es geht gar nicht darum, ob es dort Wohnungen gibt. Wohnungen in Gewerbegebieten können von den Eigentümern durchaus genutzt werden, wenn diese ihren Gewerbebetrieb dort haben. Das ist rechtens. Diese Wohnungen können auch an einen Betriebsmitarbeiter untervermietet werden. Das ist ebenfalls möglich.

(Filiz Polat [GRÜNE]: In der Nieder- sächsischen Fachstelle für Wohnbera- tung sitzen Experten!)

Darum geht es hier aber überhaupt nicht. Es geht hier darum, dass auch Demenzerkrankte einen Bewegungsdrang haben. Dem ist vernünftig Rechnung zu tragen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass an Demenz Erkrankte in einem Gewerbegebiet auf Straßen und Plätzen, wo Autos und Lkws fahren, spazieren gehen.

(Beifall bei der CDU)

Ich kann mir vorstellen, dass sich der eine oder andere aus einem sogenannten Alten- oder Pflegeheim oder auch aus einer Demenz-WG einmal in einem grünen Umfeld bewegen möchte. Dieses Anliegen ist berechtigt. Insofern sollte nicht unbedingt die Tendenz verfolgt werden, diese WG in einem Gewerbegebiet aufrechtzuerhalten.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Sie stellen ein ganz falsches Bild dar! Das ist nicht redlich, Frau Kollegin!)

Außerdem hat die Stadt Garbsen den betroffenen Menschen schon mehrere andere Einrichtungen angeboten, in die sie einziehen könnten, wo sie ordentliche und vernünftige Gegebenheiten vorfinden. Ich denke, wir sollten in erster Linie darüber nachdenken, wie wir diesen Menschen eine neue und vernünftige WG anbieten können.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Weitere Wortmeldungen zu den Eingaben liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich rufe die Petitionen einzeln bzw. bei gleichem Sachinhalt im Block auf und lasse zunächst über die Änderungsanträge und sodann, falls diese abgelehnt werden sollten, über die Ausschussempfehlungen abstimmen.

Ich rufe die Eingabe 4391 auf. Sie betrifft die Aufstockung des Vertrages eines Schulsozialarbeiters an der Schule Sandkruger Straße in Oldenburg. Hierzu gibt es gleichlautende Änderungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, der Fraktion der SPD und der Fraktion DIE LINKE. Diese lauten auf Berücksichtigung. Wer möchte so beschließen? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, dass die Änderungsanträge abgelehnt wurden.

Wir kommen zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses. Diese lautet auf Unterrichtung über die Sach- und Rechtslage. Wer

möchte so beschließen? - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Empfehlung des Ausschusses gefolgt worden.