Karin Bertholdes-Sandrock
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Last Statements
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Bosse, wir haben es hier mit einem ausgesprochen schwierigen Politikfeld zu tun. Da müssen wir die Probleme nicht auch noch immer aufbauschen.
Sie sagen heute mehrfach, die Vertreter der CDU seien immer nur Getriebene, und erwecken den Eindruck, als ob Glaubwürdigkeit, Sicherheitsdenken und Verantwortungsbewusstsein ausschließlich auf dieser Seite des Hauses konzentriert seien.
Ich möchte, dass Sie mit der Behauptung aufhören, vor Fukushima habe sich in der CDU überhaupt nichts getan.
Ich kann für die CDU in Lüchow-Dannenberg sagen - - -
- Entschuldigung! Wenn ich nicht reden kann, dann kann das nicht von meiner Zeit abgehen.
Danke, Herr Präsident. - Ich möchte mit der Behauptung aufräumen, vor Fukushima habe sich bei uns nichts getan. In der Region um Gorleben, wo die Probleme am intensivsten erlebt werden, ist sehr wohl diskutiert worden, und zwar auch in der CDU, und sind auch entsprechende Beschlüsse gefasst worden.
Im Oktober des letzten Jahres haben wir presseöffentlich verlautbaren lassen, dass wir eine alternative Standortsuche fordern - und zwar mit einer Begründung, die Sie damals nicht zur Kenntnis genommen haben, die Sie aber vielleicht heute zur Kenntnis nehmen.
Wir haben also immer gesagt: ergebnisoffene Erkundung. Und wir haben gesagt: Glaubwürdig ist das nur, wenn man im Falle der Nichteignung von Gorleben auf Alternativen zurückgreifen kann. Das ist wichtig, um einen Konsens über Wahlperioden hinaus zu erreichen.
Diese verantwortungsvolle Haltung - der Kollege Herzog hat sie vielleicht zur Kenntnis genommen, negiert sie aber öffentlich - vertreten wir schon mehr als ein Jahr, auch wenn Sie hier im Landtag immer wieder das Gegenteil behaupten.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine persönliche Bemerkung bezieht sich auf die Ausführungen des Kollegen Bosse von der SPD. Der Kollege Bosse hat mir unterstellt, ich sagte nicht die Wahrheit, ich löge. Das, was ich gesagt habe, werde ich wiederholen, und ich stehe dazu. - Da ich mit dem Eintritt in den Landtag nicht den letzten Rest an Ehrgefühl aufgegeben habe, erwarte ich eine Rücknahme der Behauptung, Herr Kollege Bosse.
Ich habe gesagt: Sie stellen die CDU als Getriebene dar. Das sind wir nicht. Wir haben in LüchowDannenberg, wo wir Gorleben am intensivsten erleben, sehr früh, nämlich im Oktober 2010, lange vor Fukushima - das hat gar keiner ahnen können -, alternative Standorte gesucht. Zur Begründung haben wir gesagt: Wer eine Weitererkundung fordert, die ergebnisoffen sein soll, muss sich im Interesse von Glaubwürdigkeit auch für den Fall von Nichteignung rüsten; denn wir brauchen eine Glaubwürdigkeit über Wahlperioden hinaus. Wir haben auch - öffentlich - den Appell an SPD, Grüne und Linke sowie an die Bundesregierung gerichtet, dass auch in entsprechenden süddeutschen Bundesländern nach Alternativen zu Gorleben gesucht wird.
Die SPD-Landtagsfraktion hat auf die Erklärung damals, Kollege Bosse, die als Presseerklärung in einem umfangreichen Zeitungsartikel in der örtlichen Elbe-Jeetzel-Zeitung erschienen ist, sogar reagiert. Das heißt, Ihre Landtagsfraktion hat das zur Kenntnis genommen. Mit anderen Worten: Sie haben wider besseres Wissen geredet, oder Sie sind nicht informiert. Denn ich habe von der CDU Lüchow-Dannenberg gesprochen; das können Sie im Protokoll nachlesen.
Was im Übrigen die Suche nach alternativen Standorten angeht, die Ihre Partei immer theoretisch gefordert, die aber praktisch nicht stattgefunden hat - - -
Danke, Frau Präsidentin. Ich hoffe, das geht nicht von meiner Redezeit ab.
Herr Kollege Bosse, für den Fall, dass Sie persönlich das alles vergessen haben, habe ich Ihrem Büro bereits die entsprechende Pressemitteilung - Sie können auch den großen Zeitungsartikel dazu haben, auch Ihre eigene Pressemitteilung - zuschicken lassen. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie Ihre Behauptungen zurücknehmen.
Danke, Herr Präsident. Da auch ich halbwegs friedliebend bin, habe ich mich gerne darauf eingestellt.
Es geht hier im Landtag, Kollege Herzog, dermaßen häufig um mich, dass ich einmal die Gelegenheit ergreifen muss, dazu Stellung zu nehmen, zumal Sie bereits meine Abwahl prognostiziert haben. Bis jetzt habe ich mich allerdings dem Wählervotum unterstellt und bin dabei recht gut gefahren. Ich denke, das lassen wir auch dabei.
Ich möchte auf die Motive eingehen, weshalb Sie sich immer wieder zu diesen aggressiven und zum Teil außerordentlich persönlichen und destruktiven Bemerkungen hinreißen lassen.
Sie sind Wortführer der Gruppe X im Lüchow-Dannenberger Kreistag, die sich aus Linken, Grünen, SPD, Unabhängigen und der FDP speist.
Damit verfügen Sie über eine minimale Mehrheit. Diese Mehrheit nutzen Sie hier permanent, indem Sie sich - - -
Ich werde mich bemühen, Herr Präsident. - Ich möchte den Angriff des Kollegen Herzog, der sich solche Angriffe heute und auch ansonsten selbst gestattet, damit zurückweisen, dass ich darauf hinweise, Herr Kollege Herzog, dass Sie das Recht, dass Sie hier einen Alleinvertretungsanspruch aus einer minimal größeren Gruppe - es geht um ein oder zwei Abgeordnete - in einem Kreistag im Lande Niedersachsen ableiten, nicht permanent benutzen können.
Der Grund dafür, Herr Kollege Herzog, ist, dass die Energiewende Möglichkeiten für einen neuen Konsens bietet, und Ihre Gruppe X bröckelt jetzt. Deshalb bitte ich darum, Kollege Herzog, wenn es politisch - - -
- Kollege Herzog, ich rede jetzt. - Herr Präsident, darf ich einen Satz dazu sagen?
Ich möchte den Kollegen Herzog sehr herzlich bitten, die persönlichen Angriffe, die ausschließlich aus der derzeitigen politischen Situation herrühren, als solche zu kennzeichnen und hier nicht immer persönlich zu werden.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf der Grünen ist auch auf deutliche Vorbehalte der Opposition gestoßen, wie Herr Poppe eben resümiert hat. Der Vorschlag, den Gesetzentwurf insgesamt zurückzuziehen, ist leider - Frau Korter, wir haben es heute gemerkt -
nicht befolgt worden. So haben wir von den Regierungsfraktionen aber wenigstens das seltene Glück gehabt, einmal von Teilen der Opposition in unserer Kritik bestätigt zu werden.
Auch die Beratungen mit den Grünen in NordrheinWestfalen - von Nordrhein-Westfalen haben Sie heute gar nicht mehr gesprochen - haben Sie offensichtlich nicht wahrgenommen. Aber wir wissen ja: Die Grünen hatten in der letzten Zeit sehr viel mit sich selbst zu tun.
Übrigens, Frau Korter, dass Sie heute wohlweislich nicht mehr von Nordrhein-Westfalen gesprochen haben, wo genau diese Wahloption sehr eindrucksvoll gescheitert ist - die Zahlen dazu hatten wir neulich besprochen - verwundert nicht. Sie haben heute Schleswig-Holstein erwähnt, ohne die Zahlen dazu zu nennen. Neulich waren Sie so klug oder nett oder unklug, diese Zahlen im Ausschuss zu erwähnen, wo ich sie mir mitgeschrieben habe. 83 bleiben nämlich dabei, 12 wechseln und 4 machen beides. Mit anderen Worten: Nicht einmal jede siebte Schule macht in Schleswig-Holstein von diesem Wechsel Gebrauch. Sie erwähnen immer nur etwas, ohne dafür auch realistische Zahlen zu nennen.
Meine Damen und Herren, der Kern dieses Gesetzentwurfs, nämlich die Wahlmöglichkeit der Gymnasien, sich entweder für das G8 oder das G9 zu entscheiden, ist schlichtweg nicht praktikabel. Wir haben es gesagt. Alle Fraktionen außer Ihnen haben es bestätigt. Von Borniertheit will ich jetzt nicht reden. Verteilen Sie dieses Etikett.
Meine Damen und Herren, Sie können einem Schüler im Flächenland Niedersachsen im Falle eines Umzugs nicht garantieren, dass er wieder in ein Gymnasien kommt, das dieselbe Laufgeschwindigkeit zum Abitur anbietet und in zumutbarer Entfernung liegt, und das vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und der möglicherweise sinkenden Zahl von Schulen. G8 und G9 an ein und derselben Schule sind organisatorischer Dauerstress pur.
Die Ergebnisse der Beratungen im Ausschuss waren denkbar mager, meine Damen und Herren. Das hat auch die ganze heutige Diskussion ergeben. Das ging dann so weit, Frau Korter von den Grünen, dass Sie das Scheitern der Wahloption in Nordrhein-Westfalen - dort hatte die grüne Schulministerin ja genau das, was auch Sie fordern, angeboten - damit begründet haben, dass Sie
gesagt haben: Ach Gott, das war eigentlich auch zu früh. Man hätte länger warten müssen. - Genau so haben Sie es gesagt. Lesen Sie das im Protokoll nach. Es ist heute gekommen.
Ich sage Ihnen eines ganz klar: Das Gegenteil stimmt. Wenn einer etwas loswerden will, dann greift er gleich zu. Die wollten es aber nicht loswerden, sondern die wollten es behalten. Ich sage Ihnen: Die Botschaft aus diesem Reinfall der grünen Schulministerin in Nordrhein-Westfalen ist eine andere, nämlich die - und jetzt hören Sie vielleicht doch einmal zu -, dass das Abitur nach zwölf Jahren angenommen wird. Es wird bald eine Selbstverständlichkeit in ganz Deutschland sein. Wir in Niedersachsen - der Kollege Försterling hat darauf hingewiesen - haben uns seit 2003 dazu bekannt.
Außerdem haben wir doch schon längst verschiedene Möglichkeiten, das Abitur erst nach 13 Jahren abzulegen. Stichwort: berufsbildende Gymnasien. - Dieses Schulform verlassen immer mehr Absolventen.
Auch die Abschlussfeiern sind heute zitiert worden.
- Frau Korter muss reden. Sie kann nicht ertragen, was ich jetzt sage. - Gerade bei den Abschlussfeiern der berufsbildenden Gymnasien hat sich bestätigt, dass viele Schüler, für die das allgemeinbildende Gymnasium nicht die richtige Schule war und die deshalb zum berufsbildenden Gymnasium gewechselt sind oder die von der Realschule oder von einer KGS ohne Oberstufe kamen, nun einen Abschluss haben, der allen anderen Abiturabschlüssen in Niedersachsen gleichwertig ist. Er ist nicht gleichartig, weil die Schulen und auch die Schüler unterschiedlich sind. Er ist aber gleichwertig. Und genau darauf kommt es an. Liebe Frau Korter, das ist wirkliche Durchlässigkeit in unserem niedersächsischen Schulsystem, in dem jeder seine Chance hat.
Es ist klar - das haben Sie auch heute wieder gut bestätigt -: Die Realität wollen Sie nicht anerkennen. Stattdessen haben Sie im Vorfeld - Sie versuchen es immer noch, aber es klappt immer weniger - die Angst vor Überforderung durch den doppelten Abiturjahrgang geschürt. Sorgen von Betroffenen, die die Medien hochgespielt haben, haben Sie dankbar aufgegriffen und missbraucht, um den Regierungsfraktionen eins auszuwischen. Gut, das
ist verständlich, das verzeihen wir ihnen. Unverzeihlich und unverantwortlich aber war, dass Sie das gerade gegenüber den Schülerinnen und Schülern getan haben, die noch vor dem Abitur standen. Das ist auch gegenüber Besuchergruppen so geschehen. Eine Schülerin - zitiert in der HAZ am 24. Juni - bestätigt - Zitat -:
„Erst wurde uns eingetrichtert,“
- ja, eingetrichtert; das ist genau das richtige Wort -
„dass wir es schwerer haben. Dann haben wir uns schnell angepasst.“
Will heißen: Wir haben uns nicht irremachen lassen, sondern sind die Situation angegangen und haben sie bewältigt. Da kam es zu ausgesprochen interessanten und guten Erfahrungen auch sozialen Lernens gerade im doppelten Abiturjahrgang, in dem nämlich die Schwächeren die Stärkeren um Hilfe gebeten haben. Nicht unbedingt die Älteren waren die Stärkeren. Auch das ist ein Resümee unserer landesweit ca. 50 000 Abiturienten.
Meine Damen und Herren, die Grünen haben stets auch behauptet, G8 habe zu schlechteren Leistungen geführt. Auch Frau Reichwaldt hat noch heute immer nur von „angeblich“ gleich guten Leistungen gesprochen. Es ist doch längst raus: Es gab praktisch keine Leistungsunterschiede. Zitat eines Schulleiters aus Lüneburg - LZ vom Wochenende -: Der doppelte Abiturjahrgang hat dem Notendurchschnitt der Absolventen nicht geschadet. - Das ist gerade in allen möglichen Berichten über die Abiturientenentlassungsfeiern niedersachsenweit bestätigt worden. Zum Teil, Frau Korter, war sogar der G8-Jahrgang leicht besser. Ich erinnere mich daran, dass das hier in Hannover z. B. bei der St.-Ursula-Schule der Fall war. Auch wenn wir beide Abiturientenjahrgänge zusammennehmen, so sind sie genauso gut wie die Vorgängerjahrgänge.
Die Abiturientenentlassungsfeiern haben gezeigt, dass vieles doppelt vorhanden war; nicht nur die Arbeit, sondern auch der Spaß. Eines sage ich Ihnen ganz deutlich: Der erste und einzige doppelte Abiturientenjahrgang hat es geschafft, und das mit Bravour und offensichtlich guter Stimmung. Dafür möchte ich all denjenigen, die uns an den niedersächsischen Schulen dazu verholfen haben - Schülern, Eltern und Lehrern -, meinen Dank sagen. Dieses Mal auch doppelt. Ihren Gesetzentwurf lehnen wir aber einfach ab.
Vielen Dank.
Liebe Frau Reichwaldt, ein bisschen haben Sie mich wohl doch verkehrt verstanden. Ich habe ausdrücklich Frau Korter angesprochen, die - das können Sie in jedem Protokoll nachlesen - immer wieder genau diese Ängste geschürt hat. Wir hatten Besuchergruppen, gegenüber denen dies ebenfalls geschehen ist. Dass Schüler vor dem Abitur aufgeregt sind, ist völlig klar. Gerade weil Sie, Frau Korter - ich spreche jetzt ausdrücklich Sie an, damit es nicht wieder zu einer Verwechslung kommt -, auch einmal im Schuldienst waren, hätte ich von Ihnen eigentlich eine ein wenig diplomatischere und pädagogischere Verhaltensweisen erwartet.
Schon heute beugen Sie vor und weisen darauf hin, dass wir morgen über punktuelle Leistungen reden werden. Mit anderen Worten: Sie kennen die Zahlen, die genau das belegen, was ich gesagt habe: Gleicher Leistungsstand. Morgen wollen Sie, nehme ich an, darauf hinaus, zu sagen: Das war aber nur punktuell. - Na ja, da bin ich wirklich einmal gespannt.
Vielen Dank.
Frau Reichwaldt, zu Ihrem Hinweis auf die NDRUmfrage muss man etwas sagen. Frau Korter hat zu Recht darauf hingewiesen, wie wichtig der Zeit
punkt ist, wenn es um die Zustimmung der Abiturienten zu G8 geht.
Es war der erste G8-Jahrgang, nicht der 50. Deshalb gab es das mediale Interesse. Es war der einzige Doppeljahrgang, den wir hatten. Das wurde wochenlang medial hochgepuscht.
Der NDR hat diese Befragung just in der Zeit vom 2. bis 4. Mai vorgenommen. Das war die Endphase für diese 50 000 Abiturienten, von denen die Mehrzahl ausgesprochen froh ist und sich freut, dass sie jetzt das Abitur hat.
Ich gebe noch einen Hinweis. Sie halten so viel von Umfragen. Die Grünen haben dies auch in ihrer Begründung stehen. Lassen Sie uns doch einmal eine Umfrage im August machen. Ich schlage vor, wir sagen: In Niedersachsen kann man das Abitur nach 12 oder 13 Jahren machen, je nachdem, ob man es am Gymnasium oder woanders macht. Wie finden Sie das? - Dann hätten Sie eine Zustimmung von weit über 90 % der Niedersachsen. Der NDR oder ein anderer Auftraggeber könnte dann schreiben: Die Niedersachsen sind höchst zufrieden mit der Schulpolitik ihrer Regierung. - Was halten Sie davon? So viel zum Thema Umfragen.
Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin Korter, Sie haben sich weitgehend in aggressiven Vorwürfen gegenüber CDU und FDP erschöpft
und ein Klima der Angst vor der Schule geschaffen. Ich habe den Eindruck, Frau Reichwaldt, dass die Reaktionen von Schülern, die Sie kennen, dann zustande kommen, wenn sie vorher mit Frau Korter gesprochen haben.
Die Grünen fordern das Abitur wahlweise nach acht oder neun Jahren oder sogar beides parallel. Zumindest ist für Sie - das erkenne ich an - das Abitur nach acht Jahren schon einmal eine Option. Das war nicht immer so.
Bei der Unterstützung der Volksinitiative treten Sie übrigens für das Abitur nach neun Jahren ein. Das passt nicht ganz zusammen.
Wir haben seinerzeit die Schulzeitverkürzung beschlossen, um unseren Hochschul- und Berufsabsolventen mehr Chancen gegenüber jüngeren Mitbewerbern aus dem Ausland einzuräumen. Denn - das nehmen Sie doch bitte zur Kenntnis - zwölf Jahre bis zum Abitur sind international nicht Turbo, sondern Standard.
Nicht umsonst sind bald alle Bundesländer ebenfalls dabei. Insofern sind Ihre Vorschläge rückwärts gewandt.
Wir in Niedersachsen haben zudem sehr wohl den individuellen Lerngeschwindigkeiten der Schüler Rechnung getragen. Früher musste man das Abitur nach 13 Jahren machen. Jetzt kann man es nach 12 Jahren machen.
Warum wollen Sie denn nun zurück? Da finde ich z. B. als Argument: keine Zeit für außerschulische Aktivitäten. - Das wundert mich eigentlich, wenn jemand in Gesamtschulen und in Ganztagsschulen jeden Schüler am liebsten jeden Tag von morgens bis abends halten will.
Bitte erinnern Sie sich: Wer hat denn eigentlich in den Bereichen Sport, Musik Vereinsaktivitäten, außerschulische Dinge, die eigentlich zum Freizeitbereich gehören, in die Schulen gebracht und damit Schulen zu weit mehr gemacht als zu einem Raum kognitiven Lernens?
Das wurde durch die vielen Ganztagsschulen möglich. Diese hat diese Landesregierung seit 2003 eingerichtet, niemand anders.
Des Weiteren behaupten Sie, G8 führe zu schlechteren Leistungen - kennen Sie nicht die Stellungnahme des GEW-Vorsitzenden Brandt von neulich, der gerade die guten Noten kritisiert? - oder: Der Druck sei zu groß. Ich will Ihnen etwas sagen. Gegenüber der Zeit, zu der wir noch eine OS hatten, haben wir trotz Schulzeitverkürzung jetzt eine um ein Jahr längere Gymnasialzeit. Vielleicht sehen wir Schulreformen auch einmal im Zusammenhang. Aber das liegt Ihnen nicht.
Wie war es in Nordrhein-Westfalen, wo es nämlich genau diese Option gibt? Da sagen Schulleiter, selbst die ganz wenigen, die G9 wieder probieren wollen - Zitat aus dem Westfalenblatt vom 8. Oktober -: „Von der angeblich riesigen Überforderung unserer Schüler sind wir weit entfernt.“
Auch die Umstellung auf Kerncurricula - Frau Kollegin Korter, damit gehen wir natürlich in die Sa
che; das alles wollten Sie ja nicht - wirkt einer Überfrachtung der Lerninhalte entgegen. Es gibt dort weniger verbindliche Inhalte. Inhalte sind jetzt eher exemplarisch für die letztendlich wichtigen Kompetenzen, die die Schüler am Ende des Lernprozesses haben sollen, zu nutzen. Das erfordert eine stärkere Auswahl und eine Reduktion. Genau an dieser Stelle sind wir bei Ihrem Problem.
Fragen wir nun: Wie würde denn die Wahlfreiheit zwischen G8 und G9 praktisch aussehen? - Landesweit müssten Sie - das ist auch von Herrn Poppe angesprochen worden - zwei Systeme haben. Denn jeder Schüler müsste im Falle eines Umzugs ein Gymnasium mit derselben Laufgeschwindigkeit in Reichweite wiederfinden. Das ist im Flächenland Niedersachsen unmöglich. „Flächenland Niedersachsen“ - das haben Grüne und Linke gerade bei dem Tagesordnungspunkt zuvor eindeutig betont. Nehmen Sie es bitte auch hier zur Kenntnis.
Selbst in Nordrhein-Westfalen, wo man diese Option angeboten hat, ist vom Schulministerium eindeutig gesagt worden: Wer sich nunmehr für G9 entscheide, da viele G8 machen, der müsse hinterher sein Abitur woanders machen als unter Umständen am Gymnasium. Nordrhein-Westfalen ist sehr viel dichter besiedelt als Niedersachsen. Vielleicht setzen Sie sich doch einmal mit der Schulministerin in Nordrhein-Westfalen, die grün ist, in Verbindung.
Meine Damen und Herren, erst recht chaotisch würden die Verhältnisse natürlich, wenn G8 und G9 parallel an einer Schule greifen sollten. Dann bräuchten Sie nämlich eine Mammutschule, die Sie ansonsten kritisieren. Denken Sie auch einmal an den Organisationsaufwand. Das, was wir jetzt einmalig bei dem doppelten Abiturjahrgang haben, würden Sie zum Dauerzustand erheben. Machen Sie sich das bitte klar!
Ich frage Sie: Wollen Sie das, wofür Sie uns monatelang gescholten haben, selbst noch toppen? - Mit Ihrem Gesetzentwurf sind Sie auf diesem Wege.
Noch eine Ungereimtheit: Sie behaupten, haushaltsmäßige Auswirkungen habe das Ganze nicht. - Das ist natürlich Unsinn. Denn Sie schicken die Schüler ja nicht eher nach Hause, nur weil Sie die Pflichtstunden bis zum Abitur um ein Jahr strecken.
Ich frage Sie zum Schluss: Wer will eigentlich die Wahlfreiheit zwischen G8 und G9? - Auf die NDRUmfrage sind wir bereits eingegangen. Sehen Sie doch einmal nach Nordrhein-Westfalen, wo die
grüne Schulministerin genau diese Option im September angeboten hat! Von den 630 Gymnasien in Nordrhein-Westfalen haben keine 15 - es waren 13 oder 14 - dieses Angebot wahrgenommen. Gucken wir dann einmal in die große Stadt Essen: Bereits nach wenigen Wochen haben sich dort 19 von 20 Gymnasien eindeutig dagegen ausgesprochen. Gerade dort hätte man wegen der Dichte der Gymnasien am ehesten zwei Systeme haben können.
Meine Damen und Herren, es stellt sich nun die Frage: Was sollen wir eigentlich mit diesem Gesetzentwurf anfangen? - Auch da gehe ich noch einmal auf Nordrhein-Westfalen ein. Ist die dortige Schulministerin eigentlich traurig über das Ergebnis? - Nein. Dort sagte eine Sprecherin:
„Das zeigt uns doch, dass sich das G8 gefestigt hat. Wir werten das als Erfolg“.
Liebe Frau Korter, ich empfehle den niedersächsischen Grünen Gespräche mit den Grünen in Nordrhein-Westfalen und freue mich, wenn etwas davon in unsere Beratungen einfließt.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Korter, erstens kann man ganz kurz fragen - Sie haben die Zahl nicht bestritten und werden nicht bestreiten, dass Ihre Kolleginnen und Kollegen dort im Grunde nicht wissen, was sie tun -: Warum wollen Sie in Niedersachsen das einführen, was woanders gescheitert ist?
Zweitens. Sie sagen, man könne sich absprechen. Sind die 630 Gymnasien und die vielen Tausend Lehrer in Nordrhein-Westfalen eigentlich unterbelichtet, dass sie sich nicht absprechen wollen? Da müssen Sie einmal hingehen!
Drittens. Sie sagen, es entstünde kein Flickenteppich. Sie können in Niedersachsen nicht Gymna
sien mit zwei verschiedenen Laufzeiten haben, die für Schüler in der Fläche erreichbar sind. Sie haben selber vom Ausweichen gesprochen. Selbst in Nordrhein-Westfalen ist den Schülern eindeutig gesagt worden: Wer sich für G9 entscheidet, wenn es viele Gymnasien mit G8 gibt, der muss sehen, dass er sein Abitur woanders macht, z. B. an einer Gesamtschule.
Wollen Sie einem Schüler, der in der 10. oder 11. Klasse des Gymnasiums umzieht, ernsthaft zumuten, woanders auf eine Waldorfschule zu gehen, die unter ganz anderen Voraussetzungen arbeitet? Wissen Sie, dass Ihr Vorschlag verdammt weltfremd ist?
Danke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Herzog als Sprecher von Lüchow-Dannenberg, Sie erlauben, dass ich ergänze, was Sie gesagt haben: Wir sind kein aufgescheuchter Hühnerhaufen, auch nicht innerhalb unserer Fraktion.
Und es geht auch nicht, wie Herr Wenzel gesagt hat, um einen Neubeginn, sondern es geht darum, nach 33 Jahren Unklarheit, auch für die Bevölkerung in Lüchow-Dannenberg, einen vernünftige gerade Furche weiter zu pflügen und nicht auf einem Punkt stehen zu bleiben.
Wir haben immer gesagt, wenn wir ergebnisoffen erkunden - und nichts anderes hat der Kollege Langspecht gesagt -, ziehen wir natürlich ins Kalkül, dass Gorleben eventuell nicht geeignet ist. Für genau diesen Fall wollen wir uns rüsten. Dabei geht es darum, eine neue Glaubwürdigkeit auch in den Diskussionen mit der Bevölkerung, die Sie systematisch zu vergiften suchen, zu schaffen.
Im Übrigen ist das kein Gegensatz zu dem, was Minister Röttgen gesagt hat. Warum will er denn alternative Gesteine wissenschaftlich erforschen? - Nicht, weil wir zu viel Zeit oder Geld haben, sondern um sich genau auf diesen Fall vorzubereiten. Das heißt: Was wir tun, ist, eine neue Glaubwürdigkeit zu entwickeln. Daran sollten Sie teilhaben
und eine Versachlichung des Prozesses anstreben. Das ist nötig.
Leute wie Sie - Grüne, Linke, SPD -: Immer haben Sie neue Standorte gefordert. In Ihren Fraktionen in den süddeutschen Bundesländern haben Sie aber nichts dazu beigetragen. Das ist pure Heuchelei. Ich erwarte, dass Sie sich, wenn Sie in Lüchow-Dannenberg der Anführer sein wollen, am Dialogprozess entsprechend beteiligen.
Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Hesse-Gutachten wird zurzeit fast ausschließlich mit Blick auf mögliche Kreisfusionen diskutiert, die allenfalls - wenn man es klug macht - zu Kosteneinsparungen bei den Verwaltungen und zu einer aufgabengerechteren Verwaltungsausstattung führen können. Ob damit langfristig - gerade im Fall Lüchow-Dannenberg - eine nachhaltige Haushaltssanierung erreicht werden kann, ist in gewisser Weise fraglich. Das wird in dieser Richtung ja auch von Hesse selber angedeutet.
Ich frage Sie vor dem Hintergrund, dass Hesse gleichzeitig konstatiert, dass es in LüchowDannenberg eine enorme Dichte an hilfebedürftigen Personen gibt, die eher Geld kosten, als dass
sie Geld in die öffentlichen Kassen bringen, und gleichzeitig nur geringe Steuereinnahmen - und das heißt ja letzten Endes nur, dass es zu wenige und zu schlecht bezahlte Arbeitsplätze gibt - - -
- - - bei gleichzeitig schlechten Verkehrsanbindungen an die besseren Arbeitsplätze -: Können Sie sich vorstellen, dass Lüchow-Dannenberg, wo verquere politische Kräfteverhältnisse und gewisse Verweigerungshaltungen vorherrschen, in Zukunft vielleicht ein Modellprojekt wird und dort nicht nur über Fusionen, sondern - so wie es Hesse formuliert - auch über strukturwirksame Flankierungen des Landes gesprochen wird - zumal die 20 Millionen Euro ja noch da sind - und dass das im Sinne einer zukunftsträchtigen Politik für Lüchow-Dannenberg seitens des Landes begleitet wird?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Grünen fordern die Beteiligung des Niedersächsischen Landtages bei den Sicherheitsanforderungen an die Endlagerung hoch radioaktiver Stoffe; denn schließlich - das hat auch Herr Herzog betont - habe die Menschheit noch nie eine technische Einrichtung für 35 000 Generationen errichten müssen.
Ich will Ihnen Folgendes sagen: Darum geht es primär auch gar nicht. Deshalb müssen wir auch nicht - so formulieren Sie wörtlich - „garantieren, dass eine technische Einrichtung eine Million Jahre überdauert“. Das wäre in der Tat vermessen. Sie versuchen ja auch immer, diejenigen, die sich verantwortungsvoll der Endlagerung widmen, in genau diese Ecke zu stellen.
Sichere Endlagerung ist nicht identisch mit der Sicherheit von Bauwerken. Die Sicherheit von Endlagerung muss daraus resultieren - das dürfte allgemein bekannt sein -, dass der Atommüll von der Biosphäre durch die geologischen Eigenschaf
ten des Wirtsgesteins abgeschirmt wird - beispielsweise durch Salz mit seiner isolierenden Wirkung - und nicht etwa durch ein Bauwerk, das so lange halten soll. Deshalb sind im Übrigen zumindest bei der Einlagerung in Salz die Eigenschaften des Wirtsgesteins auch deutlich wichtiger als die der Behältnisse, die ohnehin nicht so lange halten werden.
Deshalb treten wir eindeutig für eine Endlagerung in tiefen geologischen Formationen ein, natürlich ohne vorherige bergbauliche Nutzung - Lehre aus der Asse - sowie mit einem Minimum an Schächten und entsprechenden Verschlussverfahren - sofern man keine Rückholung will; denn Salz ist nicht das Wirtsgestein, das dies grundsätzlich nach sich ziehen würde.
Wenn Sie aber nun für eine Rückholung plädieren - sozusagen zur Risikovorsorge, wie Sie formulieren -, bauen Sie damit auch ein anderes Risiko auf. Das muss man ehrlicherweise dazusagen. Sie müssen nämlich den Betrieb dauerhaft offen halten, um das Eingelagerte zu überwachen. Das müssen künftige Generationen nach Ihnen noch sehr, sehr lange tun. Das heißt: Sie müssen genau abwägen, welche Risikoverlagerung oder gar Risikovergrößerung oder auch Risikominimierung damit verbunden ist. Dies ist gegenwärtig in der Diskussion noch zu leisten. Darüber ist noch gar nicht entschieden. Auch der gegenwärtige Bundesumweltminister wird sich dieser Frage stellen.
Herr Herzog, Sie kritisieren bei Gorleben veränderte Sicherheitsanforderungen als nachträgliche Anpassung, schließlich wollen Sie das Ganze unmöglich machen. Allerdings muss man seit 1983 die wissenschaftlichen Erkenntnisse einbauen. Zum Teil sind die Sicherheitsanforderungen höher, gerade wenn wir jetzt von einer Rückholbarkeit über 500 Jahre reden in Bezug auf die Behälter, die ja so lange halten müssen - das wissen wir aus der Asse -; sonst kann man ja nichts zurückholen. Natürlich gibt es auch dadurch Aktualisierungen, dass ab 2014/2015 der Schacht Konrad in Betrieb sein wird.
Meine Damen und Herren, ich erwarte bei dieser sensiblen Materie wesentlich mehr Sachlichkeit - nicht die plumpen moralischen Beschimpfungen, die wir eben gehört haben, und auch nicht die Clownerien mit irgendwelchen Gewalteinschüben, die im Moment in Gorleben ablaufen. Denn noch ist vieles im Stadium der Diskussion, der wir uns ganz entschieden zu stellen haben. Im Übrigen wird dieser Punkt auch bei der morgigen Sitzung
des Bund-Länder-Ausschusses Atomkernenergie von der Tagesordnung genommen, soweit ich weiß.
Ganz wichtig ist dabei, Herr Herzog - das müssen wir einmal genau sagen -: Mit der Einigung auf Sicherheitsanforderungen wird einer Eignungsaussage in keiner Weise vorgegriffen. Seien Sie also vorsichtig mit Ihrer Behauptung, dass mit den Sicherheitsstandards - die im Übrigen noch nicht verabschiedet sind - jetzt auch gleich die Sicherheit niedriger gesetzt werde. Im Gegenteil - ich habe es eben angedeutet -, mit der bloßen Rückholbarkeit und der mechanischen Integrität der Behälter - so nennt sich das - wird im Grunde ein höheres Sicherheitsniveau erwartet - übrigens höher als das, was Herr Gabriel formuliert hat; er hat nämlich von „Bergung“ gesprochen. Jetzt geht es darum, nicht nur zu bergen - was nämlich in der Asse gar nicht geht; das haben Sie ja über lange Zeit hinweg verbockt -,
sondern wenn Sie etwas zurückholen wollen, muss es in Behältern sein, die 500 Jahre halten. Das ist eine Sicherheitsanforderung, von der bisher noch niemand in dieser Intensität gesprochen hat.
Nein, ich möchte weiter ausführen. - Ähnliches gilt im Übrigen auch in Bezug auf die angeblich behälterlose Bohrlochlagerung. Meinen Sie denn, da wird einfach irgendetwas hineingeschüttet oder geplempert? - Das sind sehr wohl Edelstahlbehältnisse,
die sich auch noch einer Sicherheitsanalyse unterziehen müssen.
Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Sie beklagen zu Recht den Abbruch der Forschung. Das haben in der Vergangenheit die Minister Trittin und Gabriel veranlasst. Erst Minister Röttgen hat sie wieder aufgenommen. Das ist es ja auch, was Sie so beunruhigt.
Im Übrigen fällt immer wieder auf: Nicht das Nichtstun in der Atompolitik - gerade bei der Endlagerung - hat Sie beunruhigt, sondern das Tun. Das ist eine gefährliche Haltung in der Politik.
Zum Schluss Ihres Antrags kommt natürlich der unvermeidliche Hinweis auf die Asse. Ohne ihn können Sie nicht leben. Aus der Asse lernen wir zwar viel, aber nur wenig gegen Gorleben; denn in der Asse gab es keinerlei anlagenbezogene Forschung. Darum ist die Asse auch nie der „Prototyp für Gorleben“ gewesen.
Meine Damen und Herren, was wir wirklich brauchen, ist ein offener, breiter Dialog innerhalb unserer Gesellschaft - ergebnisoffen, fair, unter Einbeziehung internationalen Sachverstandes und mit allen gesellschaftlichen Gruppen - aber nicht so, wie es die Bürgerinitiative in Lüchow-Dannenberg gesagt hat: „Mit uns nicht!“ Nur so können wir unserer Verpflichtung gerecht werden, die gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Endlagerung zu lösen und in dieser Hinsicht einen Beitrag - das kam in Ihrem Tonfall nicht zum Ausdruck; das erwarte ich auch nicht - zur Befriedung in Deutschland zu leisten. In diesem Sinne freue ich mich auf die Beratungen - auch mit Ihnen, Kollege Herzog.
Vielen Dank.
Das, was hier immer sehr auffällig ist, Herr Kollege Meyer, ist auch gerade wieder deutlich geworden: Sie haben bereits der Weisheit letzten Schluss, während die ganze Welt noch im Unsicheren ist.
Sie haben eben die Behauptung aufgestellt, ich klittere hier herum. Gerade in Bezug auf die Behälter sage ich Ihnen: Was die Lagerung der Glaskokillen angeht, die ein Drittel des Abfalls ausmachen
werden, haben wir bis jetzt noch keine endgültige Entscheidung. Auch auf der Tagesordnung dieses Ausschusses steht das nicht.
Außerdem sprechen Sie immer von behälterloser Lagerung. Es werden doch Edelstahlbehälter eingesetzt, die den Vorteil haben, dass sie weniger Eisen in den Grund einbringen. In einer Sicherheitsanalyse, die noch nicht einmal begonnen hat, haben wir zu untersuchen - das wird noch kommen -, ob diese Behälter den dickwandigeren Behältern unterlegen oder überlegen sind. Dieses Ergebnis haben auch Sie noch nicht - so sehr Sie sich auch bemühen, mich hier madig zu machen.
Wo nichts anderes mehr hilft, sollen es dann die persönlichen Angriffe richten.
Lassen mich etwas zur Beteiligung des Landtages sagen. In allen Landtagen und im Bundestag, in allen Parlamenten, jedenfalls in einer parlamentarischen Demokratie - ich weiß nicht, wie viel Sie davon verstehen -,
drücken sich in erster Linie aktuelle und auch sich verändernde politische Mehrheiten - darauf hoffen auch Sie - aus. Wir alle - Sie vielleicht ausgenommen; ich gehöre jedenfalls nicht dazu - sind keine moralischen und fachlichen Oberinstanzen. Sehr wohl hat das Parlament eine außerordentliche Kontrollfunktion. Ich wünsche mir, dass in Zukunft alle gesellschaftlichen Kräfte - das kann man nicht mit aktuellen politischen Mehrheiten beschließen - an dieser Diskussion in gesellschaftlich größerem Konsens teilnehmen, als es in der Vergangenheit der Fall war. Dazu gehört es nicht, zu spalten, sondern dazu gehört es, sachliche Ergebnisse zusammenzuführen und auszuwerten.
Warten Sie doch erst einmal die Vorlagen ab! Die kennen Sie genauso wenig wie ich, weil es sie noch nicht gibt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mangelnde Kenntnisse und zum Teil völlig falsche Vorstellungen von der DDR herrschen bei einem großen Teil unserer Schüler. Deshalb soll DDR-Geschichte im Unterricht verstärkt aufgearbeitet werden. Dabei sind Unwissenheit und Verklärung gleichermaßen gefährlich. Man kann übrigens nicht bestreiten, dass es Verklärung gibt, wie es die Grünen in der ersten Beratung getan haben, nur weil sich niemand mehr den Schießbefehl zurückwünscht. Das klingt doch ein bisschen dreist.
Verklärung liegt bereits vor, wenn man z. B. von den sicheren Arbeitsplätzen in der DDR redet, ohne von den Arbeitsbedingungen oder von dem zu sprechen, was man für seinen Lohn kaufen bzw. was man alles nicht kaufen konnte. Die DDR war eine Mangelwirtschaft, und die Schlangen vor den Geschäften sind sprichwörtlich geworden.
Verklärung heißt auch, von den Krippen- und Hortplätzen zu schwärmen, ohne zu sagen, dass Frauen praktisch berufstätig sein mussten. Krippen- und Hortplätze waren in erster Linie nicht ein Serviceangebot für die Familien, sondern Notwendigkeit für den Staat. Es gab auch keine Auswahl zwischen Anbietern - evangelisch, katholisch, Waldorf oder sonst was -; denn von der Wiege bis zur Bahre war nur die Einheitspartei SED zuständig, der sich alle anderen Organisationen unterzuordnen hatten. Ein Blick in die DDR-Verfassung bestätigt das. Unsere Schüler, meine Damen und Herren, sollen wissen, dass die DDR eben kein tolles politisches Experiment war, bei dem lediglich ein paar handwerkliche Fehler passiert sind, sonst aber - insbesondere im sozialen Bereich - alles prima gewesen ist.
Geschichtsklitterung liegt auch vor, wenn die Linke mit ihrer scheinbaren Kritik an wirtschaftlicher Administration und fehlenden Ausreisemöglichkeiten -
so letztens zitiert - den Eindruck erweckt, das seien zwei Fehler, die man auch hätte vermeiden können und die man im Wiederholungsfall sicherlich auch vermeiden würde. Im Gegenteil! Die Wirtschaft im Sozialismus ist immer zwingend Planwirtschaft und auch Zwangswirtschaft. Als Konsequenz daraus gab es ein Millionenheer von Flüchtlingen, das den Sozialismus verließ, sodass der DDR die Arbeitskräfte - zumindest die qualifizierten - auszugehen drohten - deshalb auch der Mauerbau 1961; denn sonst wäre die DDRWirtschaft schon eher untergegangen. Das waren also nicht tragische Folgen irgendwelcher vermeidbaren Fehler, sondern das waren systemimmanente Folgen des Sozialismus. Das wollen wir festhalten.
Warum müssen unsere Schüler all das nun wissen? - Viele von ihnen kennen den Unterschied zwischen Demokratie und Diktatur nicht. Sie leben in Freiheit, ohne es zu merken, weil sie das Gegenteil gar nicht kennen. Wir hier - auch unsere Schüler - nehmen ganz selbstverständlich unsere Rechte auf Kritik am Staat wahr, unsere Rechte auf Demonstrationen, auf Widerspruch, auf Klagen. Selbst die erbittertsten Gegner unseres Staates - das werden wohl alle hier im Raum zugeben - wissen, dass sie wegen ihrer Gesinnung nicht eines Nachts von irgendeiner Geheimpolizei abgeholt werden. Das ist Freiheit. Das gewährleistet der Rechtsstaat.
Unsere Schüler sollen am Beispiel der Wende 1989 lernen, dass die Menschen nach jahrzehntelangem Leiden an ihrem Staat den Mut zur Umwälzung hatten, zur friedlichen Revolution. Allein sie, diese Menschen, waren es, die ein ganzes System zu Fall brachten, und nicht etwa, wie die Linke behauptet - siehe deren Antrag -, auch die „innerparteiliche Opposition in der SED“. Ich kann Ihnen versichern: Auf die haben Millionen DDRBürger jahrzehntelang vergeblich gewartet. Auch da beginnt Geschichtsklitterung.
Nach der Wende haben die Deutschen in Ost und West an der Umsetzung von Freiheit, Recht und Demokratie - so unser Antrag - gearbeitet. Diese kolossalen Umwälzungen, die sämtliche Lebensbereiche umfassten, waren anstrengend. Diese Anstrengungen waren es, die manche DDR-Bürger ausgesprochen viel Kraft gekostet haben, nicht aber etwa, wie die Linke wiederum suggerieren will, die angeblich leeren Versprechungen westdeutscher Politiker. Meine Damen und Herren, ich
sage es hier ganz deutlich: Die „blühenden Landschaften“, sie sind wirklich entstanden. Jedes Mietshaus in der DDR - ich sage extra „Mietshaus“; denn bei den Privathäusern, von denen es nur wenige gab, war es etwas anders - ist total saniert. Alle Schulen, Krankenhäuser, Heime, die Bahn, die Post, die Straßen - praktisch die gesamte Infrastruktur ist vollkommen erneuert worden. Ein ganzes Land ist im Grunde genommen völlig neu aufgebaut worden. Das Ausland bewundert uns dafür. Ich meine: Wir wollen gemeinsam wertschätzen, was alle Deutschen zusammen aufgebaut haben. Auch das sollen unsere Schüler wissen.
Der Unrechtsstaat ist beseitigt. Ich weiß, viele hören dieses Wort nicht gern. Nicht nur Mauer und Schießbefehl haben Zehntausende Menschen die Freiheit oder sogar das Leben gekostet. Nein, es waren Millionen, die jahrzehntelang ununterbrochen einem System totaler Kontrolle ausgesetzt waren. Zeitungen, Bücher, Radio, Fernsehen - alles war zensiert, in „erlaubt“ und „nicht erlaubt“ eingeteilt. Fangen Sie jetzt mit Blick auf die Musik nicht mit den 40 % Westmusik an, die man in der Disco hören durfte! Das war kein Trost. Verbotenes geschah nur bei geschlossenen Fenstern und in der Öffentlichkeit sowieso nicht. Meine Damen und Herren, das ist Unfreiheit für ein ganzes Volk!
Der Staat trennte die Menschen jahrzehntelang gewaltsam. Er trennte die deutschen Familien in Ost und West. Besuche aus dem Westen waren nur bei Verwandten möglich und waren auf eine bestimmte Anzahl von Tagen im Jahr zeitlich begrenzt. Obwohl ich meine Großeltern im Sommer immer besucht habe, habe ich im Laufe von 30 Jahren nicht einen ihrer Geburtstage mit ihnen gemeinsam verbringen können - weder ihre noch meine. So etwas ist traurig. Es ist jahrzehntelange Realität gewesen.
Im Gegenteil: Wenn Sie rüberfahren wollten, waren exakte Angaben über An- und Abreisetag - - -
- Vielleicht hören Sie einmal zu und machen sich das einmal klar. Viele haben es ja nicht erlebt. - Exakte Angaben über An- und Abreisetag waren Monate im Voraus nötig, um die „Aufenthaltsgenehmigung“ zu bekommen. Sie konnten sich dort nämlich nicht ohne Genehmigung aufhalten.
Nein, ich möchte zu Ende ausführen.
Anmeldungen mussten innerhalb von 24 Stunden nach Einreise bei der örtlichen Volkspolizei erfolgen. Außerdem musste man sich mit allen persönlichen Daten in ein sogenanntes Hausbuch mit polizeilicher Bestätigung eintragen. So wurde dokumentiert, wer sich wann bei wem wie lange aufhielt. Ich selbst besitze noch ein solches Hausbuch aus dem Haus meiner verstorbenen Großmutter.
Umgekehrt erhielt bei Ehepaaren aus der DDR nur ein Partner für einen Besuch im Westen den sogenannten Pass. Ansonsten hatten sie ja einen Ausweis. Sie brauchten ja keinen Pass, weil sie sowieso nicht ins Ausland fahren durften - bis auf einige Ausnahmen. So war gewährleistet, dass der eine Ehepartner auch wirklich zurückkehrt - und das über Jahrzehnte.
Im Rentenalter war es etwas leichter. Wenn die Rentner nicht zurückkamen, hatte ja der Westen die Rente zu bezahlen. Das war die Realität, und sie ist geübt worden. Diese Reisebeschränkungen, meine Damen und Herren, waren eben nicht nur, wie die Linken behaupten, „eine irrige Auffassung“, so als hätte sich der Staat ja auch anders verhalten können. Nein, das gewaltsame Fernhalten von allem Bürgerlichen ist konstitutiv für das Selbstverständnis des Sozialismus als einer Diktatur des Proletariats, und so verstand sich die DDR.
Drangsalierende Vorschriften gingen bis ins Kleinste. - Hören Sie sich das an! Das prägte das Leben deutsch-deutscher Familien. - So durfte z. B. zur Geburt eines Kindes nicht verschenkt werden, was man wollte. Es war nicht möglich, einen Strampelanzug von Dresden nach Köln zu schicken, weil die Ausfuhr von Textilien aus der DDR generell verboten war. Sie konnten keine Vase von Ihrer Oma kriegen, es sei denn, eine Vase aus DDRProduktion, weil die vom Staat geringerwertig eingeschätzt wurde. Man konnte nicht über sein Eigentum verfügen. Das maßte sich der Staat an. Das wollen wir nicht vergessen. Sie konnten über viele Jahre hinweg nicht einmal eine getragene Jeans an eine Verwandte in der DDR schicken, es
sei denn, mit Desinfektionsbescheinigung. Das war Schikane. Oder wie nennen Sie das?
Diese Erfahrungen, meine Damen und Herren - und dafür machen sich CDU und FDP stark -, dürfen nicht verloren gehen. Deswegen sollen Zeitzeugen, Bürgerrechtler, Kontakte zu ostdeutschen Partnerstädten und Besuche in Gedenkstätten die Erinnerung wachhalten. Sagen Sie nicht, dazu sei keine Zeit! Ich selber bin schon in den 80er-Jahren eine ganze Woche mit Schülern durch die DDR gefahren, von morgens bis abends begleitet von einer FDJ-Sekretärin. Das war beschwerlich, aber nützlich für die Schüler, weil auch damals keiner von denen die DDR kannte.
Wir hier in Niedersachsen machen uns deshalb für den Prozess der historischen Vergegenwärtigung der DDR für unsere Schüler stark. Sie sollen ermessen können, was Unfreiheit ist, und Freiheit wertschätzen. Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag und um Ablehnung des Änderungsantrags der Linken.
Vielen Dank.
Herr Kollege Bachmann, was den Zwang für Frauen anging, arbeiten zu müssen, haben Sie recht. Es gab keine rechtliche Grundlage, und es war nirgendwo fixiert, dass eine Frau in der DDR arbeiten muss.
Ich habe gesagt, sie musste praktisch arbeiten, und meinte „musste“ nicht im rechtlichen, sondern im realen Sinne.
Dieser Zwang war durch die Einkommen in der DDR gegeben. Betrachten wir einmal die entsprechenden Zahlen aus den 50er-, 60er- und 70erJahren! Das Einkommen eines Ehepartners war grundsätzlich so bemessen, dass die Familie davon nicht hätte leben können.
Denken Sie bitte an die horrenden Preise für einige Grundnahrungsmittel!
Ich rede jetzt nicht von dem Vierpfundbrot für 98 Pfennig - ich kenne die Verhältnisse ganz gut; glauben Sie mir das -, sondern beispielsweise von 50 g Kaffee für 8 Mark oder von Seife und von anderen Artikeln, die man zum Teil gar nicht bekam.
Die Familien hätten von einem Einkommen im Grunde nicht leben können
und wären gesellschaftlich ausgebootet gewesen in einem Land, dessen Selbstverständnis auf dem Berufsleben beider Ehepartner für den Sozialismus aufbaute.
Zur Nationalen Front: Sie haben recht. Die der SED untergeordneten Parteien und Gruppen haben Bekenntnisse zu dieser Partei abgelegt. Dazu waren sie verpflichtet, und sie haben es getan in der Hoffnung - es gab zum Teil auch eine bedenkliche Nähe mancher kirchlicher Kreise zur SED -, dann in dieser DDR etwas mitgestalten zu können, ohne Mitglied der SED sein zu müssen.
Diese Hoffnung hat zum Teil getrogen, zum Teil war sie berechtigt. Dass wir später in allen Parteien gutwillige Leute aus der ehemaligen DDR, die nicht unter anderen Bedingungen haben leben und politisch arbeiten können, aufgenommen haben, um gemeinsam unser Land weiterzuentwickeln, halte ich für in Ordnung.
Liebe Kollegin Weddige-Degenhard, ich kann damit leben, dass Ihnen meine Rede nicht gefällt. Ich stehe hier auch nicht in erster Linie, damit Sie mir applaudieren, sondern um mich ganz bestimmten Fragen zu widmen. Aber wenn Sie diese Sache als „Psychohygiene“ abtun und diskriminieren, dann wird ihr das nicht gerecht.
Ich habe sehr viele Fakten genannt, und Sie konnten nicht ein Faktum aus den Angeln heben. Der Kollege Bachmann war da sehr viel ehrlicher.
Ich sage Ihnen: Bei dem Thema geht es nicht nur um die Landeszentrale für politische Bildung, um Organisationsfragen, um die theoretische und praktische Rolle von Parteien, sondern es geht um die Frage, wie die Existenz der DDR das Leben und Schicksal von Millionen von Menschen über Jahrzehnte beeinflusst hat.
Politik ist mehr als das Trockene und Theoretische, was Sie anbieten. Ich möchte nicht, dass die Erfahrungen von Menschen verloren gehen, sondern ich möchte, dass die künftige Generation weiß, welchen Unrechtsstaat es auf deutschem Boden gab.
Herr Kollege, ich möchte zu Ihrem Redebeitrag zweierlei feststellen. Erstens. Zu der DDR-Vergangenheit, die ja aufgearbeitet werden soll, haben Sie im Grunde nichts gesagt. Zweitens. Sie haben zitiert - so ist es in der Studie, auf die Sie sich bezogen haben, gesagt worden; das hat mir gut gefallen -, Demokratie und Diktatur seien keine gefestigten Begriffe. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie in Vervollständigung dessen, was ich nur anreißen konnte, vielleicht einmal geschildert hätten, was Diktatur im täglichen Leben bedeutet. Gerade aus Ihrem Munde hätte uns das sehr interessiert.
Sie sagen, dass Sie die Vergangenheit der BRD aufarbeiten möchten. Wenn Sie auf den Nationalsozialismus rekurrieren, so ist das ein Stück deutscher Vergangenheit. Ich kann Sie auch beruhigen: Es gibt genügend Lehrer, die sich hier engagieren. Ich zähle mich dazu. Schon 1980 war ich mit meinen Schülern in Buchenwald. Damals hat noch niemand ahnen können, dass es die DDR einmal nicht mehr geben wird. Dieser Prozess findet in unseren Schulen also statt. Wie alles, was in Schule stattfindet, ist das aber natürlich individuell durch die Schüler und Lehrer gefärbt.
In Ihrer Rede hat also eine Menge gefehlt. Ich glaube, dass das nicht von ungefähr so war.
Herr Präsident! Vor dem Hintergrund, dass der Kollege Herzog und andere Kollegen, gerade von der Linken, aber auch von den Grünen und von der SPD, permanent im Niedersächsischen Landtag, aber natürlich auch in Besuchergruppen und in Lüchow-Dannenberg selber den Vorwurf erheben, dass sich die Landesregierung permanent sperre, von ihr gemachte Zusagen hinsichtlich einer finanziellen Konsolidierung des Landkreises Lüchow-Dannenberg einzuhalten, vor dem Hintergrund, dass der Kollege Herzog eben auch eine Kostprobe seines Verhaltens, wie er parlamentarische Debatten zu gestalten gedenkt, gegeben hat,
was aber glücklicherweise im Landtag einer gewissen Kontrolle unterliegt, frage ich die Landesregierung, frage ich Herrn Minister Schünemann:
Herr Minister Schünemann, ist Ihnen bekannt - ich wünsche mir, dass das dem ganzen Hause und am besten ganz Niedersachsen bekannt ist -, dass der Kollege Herzog Kreistagsabgeordneter und insofern auch mein Kreistagskollege im Kreistag von Lüchow-Dannenberg ist und seit Jahren seine vorderste Aufgabe darin sieht - ich möchte wissen, ob Ihnen das bekannt ist -, alle Einsparbemühungen permanent zu torpedieren, damit es nicht zu Auszahlungen - genügend haben wir ja bekommen - kommt, und ist Ihnen ebenfalls bekannt, dass er den jüngsten Versuch in Lüchow-Dannenberg, lediglich ein Gutachten in Auftrag zu geben, das zu 80 % die Landesregierung noch bezahlt hätte, um zu prüfen, ob denn eine Fusion mit dem Landkreis Uelzen unter Umständen Sinn machen könnte, mit allen Kräften torpediert hat?
Teil meiner Frage ist auch: Ist Ihnen bekannt, dass der Kollege Herzog einer der ideologischen Führer der Gruppe X im Kreistag von LüchowDannenberg ist?
- Ich würde gern weiterreden.
Das ist eine integrierte Frage. - Ist Ihnen bekannt, dass der Kollege Herzog - - -
Darf ich weiter reden?
Herr Präsident, ich komme zum Ende. - Ist der Landesregierung drittens bekannt - - -
Meine Frage im vierten Teil dieser Frage nach dem Kollegen Herzog ist,
ob der Landesregierung bekannt ist, dass der Kollege Herzog der führende ideologische Kopf der Gruppe X ist, die einschließlich der FDP alle Gruppen außer der CDU in Lüchow-Dannenberg zum Kampf gegen das mögliche Atomendlager in Gorleben aufruft? Daher bezieht er seine ideologische Legitimation.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst stimmt es mich sehr bedenklich, dass die Presseerklärung der Grünen zu dieser Debatte bereits fertig vorlag. Eine Chance ist vertan worden, bevor überhaupt irgendein Argument von irgendeiner der Rednerinnen zu diesen Anträgen gesagt wurde.
Ich halte das für nicht sehr klug. Ich habe den Eindruck, Sie werden sich den Vorwurf gefallen lassen müssen, dass Sie dieses Thema für Ihre parteipoli
tischen Zwecke instrumentalisieren und sich nicht für die Sache der Frau einsetzen.
Jetzt zu dem Antrag der Grünen, über den die Grünen heute im Gegensatz zu den Beratungen im Ausschuss, wo sie eigentlich gescheitert sind, übrigens auffällig wenig gesprochen haben. In dem Antrag der Grünen wird im Wesentlichen moniert, dass in den Kerncurricula Geschichte für die Klassen 5 bis 10 der Gymnasien von den genannten 59 historischen Figuren lediglich 8 Frauen sind. Ich kann verstehen, wenn Sie enttäuscht sind, dass Frauen in der Geschichte der Vergangenheit eine eher untergeordnete Rolle gespielt haben. Vielleicht sitzen wir auch deshalb im Landtag, Kolleginnen der anderen Fraktionen, und fangen einmal an, uns gegenseitig den nötigen Respekt zu zollen, weil wir das ändern wollen. Wir werden sehen.
Zu den von Ihnen monierten Namen. Sie sind beispielhaft für Epochen. Manchen Epochen ist überhaupt kein Name zugeordnet. Wo Hildegard von Bingen für das Spätmittelalter steht, fehlen die ganzen politisch bedeutsamen Männer. Stellen Sie sich da also nicht so an. In der Renaissance, in der es sehr viele bedeutende Politiker gab, ist lediglich Gutenberg genannt. Der war Handwerker, wenn auch ein ganz bedeutender, der Erfinder der Buchdruckerkunst.
Heben Sie dieses Argument also nicht zu einer Wichtigkeit empor, die die 58 Namen so nicht haben.
Aber ich gebe zu: In der Vergangenheit waren es in der Tat weniger Frauen als Männer, die Geschichte gemacht haben.
Das ändern wir aber nicht, indem wir die Anzahl der Frauen in den Geschichtsbüchern erhöhen.
Im Übrigen sind etliche der Vorschläge, die Sie gemacht haben und die heute teilweise gar nicht mehr gefallen sind, bezeichnenderweise längst feste Bestandteile von Schulunterricht. Es gibt nämlich noch etwas mehr als den Geschichtsunterricht z. B. Hannah Arendt, die immer noch gelesen wird. Sie nennen in Ihrem Antrag Maria Montessori. Das passt fantastisch in das Fach Werte und Normen, allerdings in der Oberstufe. Dann nennen Sie Golda Meir und Indira Gandhi. Die kommen mit Sicherheit immer im Politikunterricht vor, allerdings
nicht im Geschichtsunterricht und eher ab Klasse 11.
Wissen Sie, welchen Eindruck ich habe? - Die, die den Antrag geschrieben haben, haben von niedersächsischer Schulwirklichkeit so viel Ahnung nicht.
Man fragt sich, was die Grünen denn dann mit ihrem Antrag eigentlich wollen. Sie wollen ein - Sie haben es heute übrigens auch nicht erwähnt, weil es superpeinlich ist, ich erwähne es aber - „ausgeglichenes Geschichtsbild“. Jedem Historiker dreht sich bei diesem Begriff der Magen um. Was ist ein ausgeglichenes Geschichtsbild? Wann ist ein Geschichtsbild nicht ausgeglichen? - Ich sage Ihnen eines ganz klar: Wenn Sie mehr Frauen zur Bedeutung in der Geschichte erheben, als es objektiv gab - so sehr wir das bedauern mögen -, dann erhalten Sie kein ausgeglichenes Geschichtsbild, sondern ein verfälschtes.
- Der Respekt der Frauen gegenüber einander fängt damit an, dass sie sich ausreden lassen und sich zuhören.
Ich möchte keine Zwischenfragen.
Lassen Sie sich eines ganz deutlich sagen: Nicht das Frauenbild in unseren Geschichtsbüchern zeugt von mangelnder Gleichberechtigung - darüber sollten wir alle einmal nachdenken -, sondern es ist der Lauf der Geschichte selbst, so sehr wir das bedauern mögen.
Nun sagen Sie, Sie wollten mehr identitätsstiftende Möglichkeiten für Mädchen. Ich sage Ihnen: Jede Lehrerin, jeder Lehrer ist frei, vorbildliche, für den Unterricht ganz ergiebige Frauengestalten in den Unterrichten einzubringen. Ist Ihnen Marie Curie kein Begriff? - Sie ist im Deutschunterricht phantastisch zu behandeln, und das auch bei jüngeren Schülern, bei denen das zum Teil schwieriger ist. Aber wie gesagt: Von der niedersächsischen Schulrealität haben die heute hier Diskutierenden nicht so viel Ahnung.
Im Ausschuss selbst - übrigens heute noch mehr - sind Sie erheblich zurückgerudert, nämlich weil der Antrag deutliche Schwächen hat. So wollen Sie - dies ist auch heute gesagt worden - „weitere Frauen als Akteurinnen in der Geschichte“ aufnehmen. Im öffentlichen Teil der Ausschusssitzung - deswegen kann ich es zitieren - ist gesagt worden, das könnten auch Sklavinnen und Bäuerinnen sein. Ich sage Ihnen eines ganz klar: Unter Akteurinnen in der Geschichte verstehe ich etwas anderes als Sklavinnen und Bäuerinnen.
Wenn Sie, meine Damen und Herren, das Alltagsleben - auch davon haben Sie heute kaum mehr geredet - in den Mittelpunkt stellen wollen, dann empfehle ich Ihnen, einmal in die Kerncurricula zu gucken. Von denen hat heute niemand mehr gesprochen. Die Themen Leben im alten Rom und Dorfleben im Mittelalter laden geradezu dazu ein, die Rolle von Frauen im Alltagsleben anzugucken.
Ich muss Ihnen eines sagen: Hier setzen unsere Geschichtscurricula, die Sie auch einmal positiv sehen könnten, wohltuend neue Akzente, nämlich weg von zu vielen Zahlen und so vielen Namen. Bei den vielen Jahrhunderten, anderthalb Jahrtausenden, die das umfasst, 58 Namen zu haben - ich glaube, ein paar kommen in der mittleren Spalte vor; ich weiß gar nicht, ob Sie sie gesehen haben -, ist weiß Gott nicht zu viel.
Das, was unsere Curricula leisten, ist: weg von diesem Zu-viele-Fakten-Wissen hin zu einer grundlegenden Orientierung über die Daseinsbedingungen vergangener Gesellschaften und Herrschaftsformen.
Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Wir sollten Geschichtsunterricht nicht einseitig unserem Gegenwartsinteresse unterordnen, das wir alle haben, nämlich dass sich mehr Frauen an Gesellschaft beteiligen. Das greift zu kurz und vergewaltigt den Geschichtsunterricht. Gleichwohl gibt es durch unseren Unterricht viele Möglichkeiten zur Identitätsstiftung für Mädchen und Jungen. Ich habe versucht, einige Beispiele zu bringen. Der Antrag der Fraktion der Grünen tut es leider nicht. Hinsichtlich des Änderungsantrags der SPDFraktion, der die Geschlechterperspektive haben will und sich auch noch gegen „männliche Quellen“ richtet, frage ich: Macht es den Wert einer Quelle aus, ob der Verfasser männlich oder weiblich ist? - Wenn wir in unserem wissenschaftlichen Unterricht so weit kommen, dann gute Nacht!
Meine Damen und Herren, beide Anträge sind unausgegoren. Wir lehnen sie ab.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es stimmt, was die Grünen formulieren: Politische Bildung gehört in die Schule. - Das ist in der Tat ein ganz wesentlicher Anspruch von Schulunterricht in einer Demokratie, und das - ich betone das ausdrücklich - das ganze Jahr über. Ob nun unmittelbar vor Wahlen der Politikerbesuch im Unterricht - es geht um die Unterrichtszeit - unbedingt dazu gehört - und das genau in dieser Zeitspanne -, wäre zu überprüfen. Die Lage ist so: Die Schulen dürfen Politiker in ihren Unterricht einladen, ausgenommen in den letzten vier Wochen vor einer Wahl. Früher waren es sogar sechs Wochen. Ab 2007 war dies in das Ermessen des Schulvorstandes gestellt, was die Ministerin zurückgenommen hat, angeblich, wie Sie ihr unterstellen, um kritische Diskussionen über Schulpolitik zu unterbinden. Das, meine Damen und Herren, ist in meinen Augen, mit Verlaub, blanker Unsinn,
und zwar aus folgendem einfachen Grund: Schülerinnen und Schüler - zumindest dann, wenn Sie versuchen, mündige Bürger aus ihnen zu machen - diskutieren immer kritisch über Schulpolitik. Dazu brauchen sie Sie und mich nicht im Unterricht.
Die Ministerin hatte geäußert, sie habe den Eindruck einer unzulässigen Beeinflussung insbesondere in der ganz heißen Phase des Wahlkampfes vermeiden wollen, und das in ganz Niedersachsen gleichermaßen. Die konkrete Frage, die wir uns nun zu stellen haben, ist: Ist die Live-Diskussion mit Politikern in den letzten vier Wochen absolut notwendig, um, wie die Linken formulieren - ich zitiere -, lebendige demokratische Kultur in unserer Gesellschaft zu fördern, die wir im Übrigen alle
wollen - das betone ich an dieser Stelle -, oder drohen andernfalls, wie die Grünen sagen, Politikverdrossenheit und gar Wahlenthaltung? - Zu beidem sage ich eindeutig: Nein.
Frau Kollegin Korter, auch Sie wissen das: Kein Schüler rennt zur Wahl oder geht unbedingt dort hin, nur weil ein Politiker im Unterricht war. Wenn solche Besuche derartige Spontanreaktionen hervorrufen sollten, wäre das ganze Ziel verfehlt.
Nein.