Protocol of the Session on May 14, 2009

Ich rufe die Eingabe 651 auf. Dazu hat sich für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Wenzel zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Petenten, ein Umweltverband aus Kanada und ein Umweltverband aus Niedersachsen, beantragen in der Petition, bei der ich „zur Berücksichtigung“ empfehle, dass im Geschäftsverkehr des Landtages, der Ministerien und der Landesbehörden der Papierverbrauch so weit wie möglich zu verringern ist, dass grundsätzlich nur Recyclingpapier aus 100 % Altpapier vorzusehen ist

(Beifall bei den GRÜNEN)

und dass die Beschaffungsrichtlinien entsprechend zu ändern sind.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Passiert das noch nicht?)

Gleiches soll an den Schulen und an den Universitäten erfolgen. Das Land soll anregen, dort ebenfalls auf Recyclingpapier aus 100 % Altpapier umzustellen.

In diesem Zusammenhang soll sich das Land auch dafür einsetzen, dass künftig in den Behörden und Einrichtungen des Landes keinerlei Papier mehr verwendet wird, das mit Zellstoffanteilen aus Urwäldern hergestellt wurde.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Hel- ge Limburg [GRÜNE]: Sehr richtig!)

Deutschland ist einer der größten Papierverbraucher weltweit. Besonders bedenklich ist, dass etwa 17 % des Papierzellstoffs aus dem Holz von Urwäldern stammen, insbesondere aus Primärwäldern aus Kanada, aber auch Russland, Urwaldresten Skandinaviens und den Tropen. Urwälder sind aber ein unersetzliches Naturerbe. Sobald ein kommerzieller Holzeinschlag erfolgt, verlieren sie ihren Primärwaldcharakter. Mit der Abholzung

dieser Wälder werden auch große Mengen Kohlendioxid aus Bäumen, Totholz und Waldboden freigesetzt. Zudem haben die nachwachsenden Sekundärwälder nur eine mindere Qualität. Heute stehen uns Alternativen zur Verfügung. Vor allen Dingen können wir auch versuchen, beim Papierverbrauch so viel wie möglich einzusparen.

Eigentlich ist es eine Selbstverständlichkeit. Wenn man herumfragt und beispielsweise mit Jugendlichen und Kindern spricht, hört man, dass es sich dabei doch um eine ganz einfache Maßnahme handelt. Sie kostet auch gar nichts. Wenn man im großen Stil Recyclingpapier aus 100 % Altpapier einkauft, muss man nämlich nicht mehr dafür bezahlen als für das weiße Papier.

Deshalb wäre es ein gutes Signal, wenn der Landtag hier insgesamt ein Zeichen setzen und diese Petition zur Berücksichtigung empfehlen würde.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Das Ministerium hat uns mitgeteilt, dass es natürlich auch Recyclingpapier bestellt, aber eben nach wie vor auch das weiße Papier mit den Zellstoffanteilen aus den Urwäldern dieser Welt. Das halte ich für falsch. Deswegen würde ich mich darüber freuen, wenn sich die anderen Fraktionen heute Morgen einen Ruck gäben und unserem Antrag zustimmen würden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Wenzel. - Zur gleichen Petition hat Herr Herzog von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Petent bittet um Verringerung des Papierverbrauchs in Landesbehörden und um die grundsätzliche Verwendung von Recyclingpapier aus 100 % Altpapier.

Ich habe hier die Einladung des niedersächsischen Umweltministers auf einem Papier mit dem klangvollen Namen „Conservation“.

In der Produktbeschreibung steht „holzfrei“ - einer dieser typischen Rosstäuscherbegriffe, die Verbraucher - in diesem Fall den Minister - im wahrsten Sinne des Wortes auf den Holzweg führen.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung von Stefan Wenzel [GRÜNE])

Für holzfreie Papiere werden Holzfrischfasern verwendet, die vielfach aus Primärurwäldern oder Monokulturplantagen z. B. auf Sumatra stammen - mit allen bekannten Problemen. Daneben gibt es Recycling- und Umweltpapiere aus 100 % Altpapier.

Dass die Mehrheit des Umweltausschusses die Eingabe kurzerhand vom Tisch wischte, war unangemessen. So geht man nicht mit Petenten um!

(Beifall bei der LINKEN)

In der Stellungnahme des Innenministeriums zu der Petition wird auf eine Papierausschreibung mit zwei Losen verwiesen: erstens holzfrei, zweitens Recyclingpapier. - Bei fälschlicherweise „holzfrei“ genanntem Papier wird die verwendete Cellulose durch Chemie von den Frischholzbestandteilen getrennt. Sie sind keine Klimaschutzpapiere. Recycling- und Umweltpapiere sind solchen Sorten in der Ökobilanz um das Zwei- bis Zehnfache überlegen. Sie sind nicht teurer und können weißer sein als manche Weste.

(Heiterkeit)

Zudem stellte der Kopiererhersteller Xerox nach einem Vergleich fest: Bezüglich Wartung und Lebensdauer der Geräte gibt es keine Unterschiede zum Frischfaserpapier aus Holz.

Meine Herren Minister, lassen Sie Ihre Hochglanzbroschüren in Zukunft auf Umweltpapier drucken und Ihren hehren Worten darin für den Klimaschutz nachhaltige Taten folgen. Wir empfehlen deshalb die Berücksichtigung der Petition.

Herr Minister Sander, ich darf Ihnen ein Hausaufgabenheft aus echtem Klimaschutzpapier überreichen. Hinten finden Sie, pädagogisch aufbereitet, das Sparpotenzial für Energie, CO2 und Wasser aufgeführt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön. - Ebenfalls zu dieser Petition hat sich Herr Kollege Thiele von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ganz kurz: Zum einen stelle ich fest, dass die

Landesregierung auch beim Papierverbrauch sehr sparsam vorgeht und viel elektronisch erledigt. Dies ist eine Selbstverständlichkeit.

Zum anderen möchte ich Sie darauf hinweisen, dass wir hier eine Diskussion führen, die in Teilen in die 80er- und 90er-Jahre gehört, weil der Papiermarkt inzwischen zu 80 bis 90 % Altpapiermarkt ist. Das heißt, es wird nur ein sehr geringer Teil an Holzfaserprodukten hinzugefügt. Dies ist im Regelfall aus technischen und sogar aus ökologischen Gründen notwendig.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Warum nehmen Sie es dann nicht?)

Danke schön. - Ich rufe die nächste Eingabe auf, zu der mir eine Wortmeldung vorliegt, und zwar die Eingabe 246. Von der Fraktion DIE LINKE hat Frau Kollegin Reichwaldt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In dieser Eingabe des Fachverbandes Werte und Normen geht es um die verpflichtende Einführung eines Ethikunterrichts ab Klasse 1.

(Zustimmung von Dr. Manfred Sohn [LINKE])

Die Petenten berufen sich auf Berlin. Ich meine, die Situation in Berlin ist zwar nicht unbedingt mit der Situation in Niedersachsen vergleichbar. Trotzdem halten wir diesen Vorschlag für sehr erwägenswert,

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Wir nicht!)

zumal die Petenten auch noch den integrativen Charakter betonen, den dieser Unterricht als Vorteil zu dem bis jetzt konfessionsgebundenen Unterricht hätte. Dies kann ich nur unterstützen.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Wir aber nicht!)

Nach Ansicht der Petenten soll Religionsunterricht als freiwilliges Angebot an den Schulen durchaus weiter zugelassen bleiben. Ich möchte jetzt nicht darüber diskutieren, ob Religionsunterricht in die Schulen gehört oder nicht. Das ist auch nicht meine Position. Aber der integrative Charakter scheint

mir doch sehr stärker gegeben, als wenn wir die Kinder im Unterricht nach Konfessionen trennen.

(Beifall bei der LINKEN)

Mir will einfach das Argument nicht in den Kopf, das ich von allen Seiten höre, dass auch dann der Unterricht nicht integrativ sei. Ich denke, das liegt an der Qualität. Wie kann es sein, dass es, wenn wir Kinder nach Religionen aufteilen, integrativer sein soll als ein gemeinsames Fach und eine gemeinsame Wertevermittlung?

Meine Damen und Herren, unsere Gesellschaft hat sich verändert. Wir sind ein Einwanderungsland. Dieser Tatsache müssen wir Rechnung tragen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)