Protocol of the Session on July 1, 2008

Ihre Logik erschließt sich mir da einfach nicht. Wir werden uns hier wiedersehen. In der Form, in der dieser Gesetzentwurf vorliegt und auch verabschiedet werden wird, ist er auf die Dauer rechtlich nicht haltbar. Von daher freue ich mich auf die nächsten Runden in den nächsten Jahren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Kollegin Korter das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In diesen Tagen gibt es für die niedersächsischen Schülerinnen und Schüler Schulnoten und Zeugnisse. Frau Ministerin Heister-Neumann, Sie können froh sein, dass Sie für Ihre Schulpolitik nicht benotet werden. Sie hätten das Klassenziel nicht erreicht.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN - David McAllister [CDU]: Seien Sie froh, dass wir Sie nicht benoten!)

Fast 3 100 Bewerberinnen und Bewerber an niedersächsischen Gesamtschulen mussten in diesem Jahr abgelehnt werden. Es werden noch weitaus mehr; noch liegen ja nicht alle Zahlen vor. Das sind 3 100 zerplatzte Hoffnungen, für die Sie verantwortlich sind, Herr Ministerpräsident Wulff, Frau Ministerin Heister-Neumann, Herr Klare, Frau Körtner und Herr Försterling - Sie alle, meine Damen und Herren von CDU-Fraktion und FDPFraktion.

Ihr Neugründungsverbot von 2003 war schon damals pädagogisch völliger Unsinn und eine totale Missachtung des Elternwillens. In diesem Jahr hätte es eigentlich aber überhaupt keine Ableh

nung geben müssen - und das ist noch schlimmer. Hätten Sie nämlich gehandelt, als Herr Wulff im letzten September die Lockerung des Neugründungsverbots angekündigt hat, wäre die Gesetzesänderung noch 2007 möglich gewesen. Dann hätten wir vielleicht kein einziges Kind ablehnen müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Alle Zeit der Welt hatten Sie!)

Dann hätten die Kommunen planen können, die längst bereit waren, dem Elternwillen zu entsprechen. Sie aber mussten verzögern und verschleppen. Sie haben gedacht, wenn Sie nur lange genug verschleppten, legt sich das Interesse von allein. Was ist das nur für eine verlogene Masche, die Sie da mit den Eltern in Niedersachsen abgezogen haben?

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - David McAllister [CDU]: Uner- hört! - Weitere Zurufe von der CDU)

Wissen Sie eigentlich, was Sie damit angerichtet haben? Noch nie hat es in Niedersachsen so viele Anmeldungen für Gesamtschulen gegeben - und noch nie so viel Enttäuschung. Das finde ich nicht witzig, Herr Althusmann.

(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Mit welcher Dramaturgie Sie dieses The- ma besetzen, finde ich wunderbar!)

In Schaumburg kommen in diesem Jahr 533 Bewerbungen auf 120 Plätze und in Braunschweig 767 Bewerber auf 380 Plätze. In Oldenburg gibt es mehr Ablehnungen als Zusagen, genauso in Peine. Überall finden Sie das gleiche Bild. Das ist das Ergebnis Ihrer Schulpolitik - einer Politik gegen die Kinder, gegen die Eltern, gegen die Lehrkräfte, gegen die Schulträger

(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Das ist doch Unsinn!)

und vielfach auch gegen die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker von CDU und FDP, die in ihren Kommunen längst Gesamtschulen errichten wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Ihr Gesetz ist ein Gesetz zur Verhinderung von Gesamtschulen. Deshalb die Erhöhung der Mindestzügigkeit von vier auf fünf, die Elternbefragung der Jahrgänge eins bis fünf und die Pflicht, das

dreigliedrige Schulsystem um Gottes Willen zu erhalten! Daran zeigt sich, wie ernst Sie den Elternwillen wirklich nehmen. Wenn bei einer Elternbefragung nämlich sehr viele Eltern sagen, dass sie ihr Kind zur Gesamtschule schicken wollen, dürfen sie nach Ihrem Gesetz gerade dies nicht tun, weil das ja das gegliederte Schulsystem gefährdet.

Wer soll das verstehen? Was Sie da zusammengezimmert haben, ist doch absurd und juristisch fragwürdig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Genauso schlimm sieht es bei Ihren Vorschlägen zur beruflichen Bildung aus. Für die Probleme Tausender Jugendlicher in aussichtslosen Warteschleifen und den Altbewerberberg von Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz findet sich kein Angebot in Ihrem Vorschlag. Unser Vorschlag: Bewährtes aus dem 2009 auslaufenden verpflichtenden Berufsgrundbildungsjahr weiterentwickeln, in den Bereichen Bau- und Holztechnik eine Berufsgrundstufe einführen, die das erste Ausbildungsjahr ersetzt, und damit Ausbildungsplätze sichern und schaffen.

Sie planen stattdessen einjährige Berufsfachschulen, für die man plötzlich den Hauptschulabschluss braucht und die nur freiwillig angerechnet werden. Damit verlängern Sie die Ausbildung. Statt mehr vollzeitschulische Ausbildungsplätze in nachfragestarken Branchen in dualkooperativen Berufsfachschulen zu schaffen, damit endlich der Altbewerberberg abgebaut werden kann, sagen Sie ohne Begründung, das wollen Sie nicht. Statt in der Berufsvorbereitung durchgängig Qualifizierungsbausteine einzuführen, die bescheinigt werden, damit die Motivation der Jugendlichen in den Übergangssystemen gestärkt wird und sie mit diesen Modulen wenigstens Jobchancen erhalten, haben Sie sich jedem vernünftigen Vorschlag verweigert.

Die gleiche Blockadehaltung zeigen Sie bei unserem Antrag, Produktionsschulen für Jugendliche mit besonderen Ausbildungshemmnissen ins Schulgesetz aufzunehmen und damit deren Gründung zu erleichtern - Produktionsschulen, in denen durch Arbeit qualifiziert wird, indem man dort Produkte und Dienstleistungen unter marktähnlichen Bedingungen anbietet.

Stattdessen verschärfen Sie auch innerhalb der berufsbildenden Schulen die Selektion: Abschulung aus der Berufsfachschule in eine Berufseinstiegsschule, Abschulung aus der Berufseinstiegs

klasse in ein Berufsvorbereitungsjahr, und zwar nach nur sechs Wochen, und Beenden der sonst zwölfjährigen Schulpflicht nach nur einem Jahr einer Berufsvorbereitungsmaßnahme.

Meine Damen und Herren, damit schicken Sie die Schwächsten zur Agentur für Arbeit, damit sie den Kultusetat nicht belasten. Das ist ein Skandal.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Wir haben Ihnen mit unserem Änderungsantrag als Einzige eine ganze Reihe durchdachter Vorschläge vorgelegt, weil junge Menschen Perspektiven brauchen, die sie durch gute berufliche Bildung erhalten können. Die Schulpolitikerinnen und Schulpolitiker von CDU und FDP haben sich unsere Vorschläge gar nicht erst genauer angesehen. Ich finde es skandalös, dass Sie noch nicht einmal zu Ihrem eigenen Antrag etwas erklären konnten. So gehen Sie mit den Berufschancen junger Menschen um!

(Glocke der Präsidentin)

- Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. - Daran wird das ganze katastrophale Gewusel Ihrer Schulpolitik deutlich, die sich aus meiner Sicht durch Unkenntnis, ideologischen Starrsinn und Lobbyismus auszeichnet. Die Hauptschule wollen Sie auf Biegen und Brechen erhalten, koste es die Kommunen, was es wolle. Wenn es hingegen um die Berufschancen der schwächeren Schüler geht, ist Ignoranz angesagt. Aber das ist eben schwarzgelbe Schulpolitik: ungerecht, inkompetent und verantwortungslos.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Herzlichen Dank. - Es gibt zwei Kurzinterventionen. Zunächst Frau Kollegin Körtner für anderthalb Minuten. Bitte!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Korter, vor der Wahl hätten wir Ihrem Gesetzentwurf zustimmen sollen. - Das war gerade Ihre Aussage. Nun müssen Sie sich doch einmal einer gewissen Denkdisziplin befleißigen und einmal die Tatsachen zur Kenntnis nehmen, Frau Korter.

(Ralf Briese [GRÜNE]: Oberlehrerin!)

Dieser eine Satz, den Sie da hineingeschrieben haben möchten, wäre verantwortungslose Schulpolitik. Das ist Ihnen in der Anhörung von den kommunalen Spitzenverbänden und anderen Verbänden ins Stammbuch geschrieben worden; denn es hätte nichts anderes bedeutet als dies: Wenn ein Bedürfnis, ein Elternwille vorliegt, wären Schulträger unabhängig von ihrer Leistungsfähigkeit gezwungen worden. Sie hätten die Brechstange in die Hand genommen und sie zur Einrichtung gezwungen. Jeder von uns weiß natürlich, was dahintersteckt.

Ich sage auch noch einmal sehr deutlich zu dieser Legendenbildung, wir hätten alles verzögert:

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Lesen bildet, Frau Kollegin!)

Am 27. Januar war Landtagswahl. Dann kam die Implementierung der Landesregierung. Dann kamen die Osterferien. Ob wir unseren Gesetzentwurf ins Aprilplenum oder ins Maiplenum eingebracht haben, macht keinen Unterschied: Das Gesetz wäre definitiv erst zum neuen Schuljahr in Kraft getreten. Lassen Sie von daher die Legendenbildung, die Ihnen ohnehin niemand glaubt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Schwarz das Wort. Auch Sie haben anderthalb Minuten Redezeit. Bitte schön!

Verehrte Frau Kollegin Korter, Sie haben wieder einmal, wie in der Vergangenheit des Öfteren, die Hauptschule schlechtgeredet. Ich hätte mir gewünscht, Sie wären bei der Veranstaltung vor 14 Tagen dabei gewesen. Wir verfügen in Niedersachsen über 270 Schülerfirmen, davon 80 % aus Hauptschulen und aus Förderschulen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ihr Fraktionsvorsitzender, Herr Wenzel, war für eine kurze Zeit bei dieser Veranstaltung. Ich hätte mir gewünscht, Sie wären auch dabei gewesen. Sie hätten nämlich feststellen können, dass wir eine unglaubliche Leistungsfähigkeit in dieser Schulform haben, wo Schüler in der Lage sind, sich persönlich weiterzuentwickeln, wo Erfolge verzeichnet werden, wo sie mithilfe dieser Schülerfirmen in die Lage versetzt werden, ihre Persönlichkeit und ihre Kommunikationsfähigkeit zu entwickeln. Das alles wollen Sie plattmachen. Sie

wollen uns weismachen, dass das in anderen Schulformen viel, viel einfacher ginge. Nein, hier wird der Nachweis erbracht, dass man mit dieser Schulform, wenn man es richtig anpackt und über das richtige Personal verfügt, eine ganze Menge erreichen kann. Deshalb wollen wir nicht nur diese Schulform erhalten, wir wollen vor allen Dingen den Schülern etwas Gutes tun, ihnen entgegenkommen, ihnen Angebote machen.

(Glocke der Präsidentin)

Damit werden wir Erfolg haben.

Frau Korter, so, wie Sie das hier darstellen, geht es nicht.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie beleidigen im Prinzip - - -