Protocol of the Session on July 1, 2008

Sie beleidigen im Prinzip - - -

(Die Präsidentin schaltet dem Redner das Mikrofon aus)

Ihre Redezeit ist abgelaufen, Herr Kollege Schwarz. - Frau Kollegin Korter möchte antworten. Sie haben anderthalb Minuten Redezeit. Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Körtner, Herr Schwarz, Sie haben sich alle Mühe gegeben, meine Rede als Oberlehrer zu bewerten. Sie hätten aber vielleicht zuhören sollen, was ich gesagt habe.

Frau Körtner, zu einer Aussage von Ihnen. Sie haben das Gesetz natürlich verzögert. 2003, als Sie das erste Mal ins Amt gewählt worden sind, haben Sie innerhalb von zehn Tagen einen Entwurf für ein neues Schulgesetz vorlegen können, der viel umfangreicher war. Da konnten Sie das. Dieses Mal konnten Sie überhaupt nicht mit einer Wahl rechnen und das Gesamtschulgesetz nicht auf den Weg bringen? Wer soll Ihnen das denn glauben?

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN - Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Wenn wir mit un- serer Wahl rechnen konnten, kann unsere Politik nicht so falsch sein!)

Herr Schwarz, Sie haben mir zu hundertsten Male vorgeworfen, ich würde die Hauptschulen schlechtreden. Herr Schwarz, das brauchen wir nicht. Es gibt, glaube ich, niemanden hier im Hause, dem

die Hauptschülerinnen und Hauptschüler mehr am Herzen liegen. Deshalb wollen wir nicht, dass diese Abschulungen in das Berufsbildungsgesetz kommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Schauen Sie doch einmal rein. Sie sortieren mit der Vorlage zur beruflichen Bildung gerade die Hauptschüler aus. Die Schwächsten sortieren Sie aus! Aber Ihre Schulpolitiker haben das nicht gelesen, was sie da heute beschließen. Fragen Sie doch einmal Herr Klare und Herrn Försterling: Sie sollen das einmal erklären. Nach sechs Wochen abschulen, in allen Klassen, in die man ohne Schulabschluss hineinkommt. Was ist denn das für eine Auslese?

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Es gibt keine Abschulungen! Das wissen Sie doch!)

Die Hauptschulen brauchen wir nicht schlechtzureden. Wir wollen die Hauptschülerinnen und Hauptschüler retten, indem wir sie vernünftig fördern.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Für die FDP-Fraktion hat sich Herr Kollege Försterling zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bildungsvielfalt statt Bildungseinheit - mit diesem Leitsatz einer modernen Bildungspolitik sind FDP und CDU in den Landtagswahlkampf gegangen und haben dafür am Wahltag eine breite Zustimmung bei den Wählerinnen und Wählern erhalten. Zu Recht!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren der Opposition, seit dem Wahltag verkennen Sie die Realität. Die Menschen in diesem Land wollen Bildungsvielfalt statt Bildungseinheit: Lieber ein Mehrgängemenü statt Einheitsbrei.

Nur mit einem vielfältigen Schulangebot kann Niedersachsen zum Bildungsland Nummer eins werden. Wir sind dabei auf einem guten Weg und machen mit dem heute zu verabschiedenden Gesetz einen großen Schritt in die richtige Richtung; denn zur Bildungsvielfalt gehören auch die Kooperativen und Integrativen Gesamtschulen. Deshalb ist es absolut folgerichtig, Eltern und Schülern

auch dieses Angebot zu unterbreiten - aber eben nur als Angebot, nicht als Pflicht. Das ist der feine Unterschied zwischen Vielfalt und Einfältigkeit, zwischen Chancengleichheit am Start und Einheitsergebnis am Ende, zwischen Wahlsieg und Wahlniederlage.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Daher war für uns als FDP in der gesamten Beratung immer wichtig, dass das gegliederte Schulwesen flächendeckend erhalten und auch erreichbar bleibt. Eltern und Schüler dürfen nicht dazu gezwungen werden, sich für eine Gesamtschule entscheiden zu müssen. Förderschulen, Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien sind der Kern unseres Schulwesens. Sie sind die wichtigen Säulen der Schulbildung und verhelfen jedes Jahr zahlreichen Schülerinnen und Schülern zu guten Bildungsabschlüssen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist klar, dass Sie immer wieder gegen unser Schulgesetz protestieren. Wenn Sie es für sich als Erfolg verbuchen, dass Sie über Jahre hinweg die Hauptschulen und Hauptschüler schlechtgeredet haben, dass Sie versucht haben, das gegliederte Schulwesen mit falscher Finanz- und Personalpolitik zu zerstören,

(Oh! bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

dann kann ich Ihnen nur sagen: Hier setzen Sie aufgrund falscher ideologischer Vorstellungen die Zukunft zahlreicher Kinder aufs Spiel.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es geht Ihnen nicht um die Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen, sondern nur um die Durchsetzung Ihrer Vorstellungen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben die Gelegenheit, mit diesem Gesetz endlich von der elendigen Schulstrukturdebatte wegzukommen, hin zu einer Diskussion über Inhalte und Qualität; denn die Probleme, die die Schulen heute zu lösen haben, sind keine Frage des Türschildes.

Ich habe in der letzten Woche eine Hauptschule in Emden besucht. Ich habe eine engagierte Schulleitung, engagierte Lehrer und eine sehr engagierte Sozialpädagogin getroffen. Dort wurde in den letzten zwei Jahren wirklich einiges auf die Beine gestellt. Dort wurde eine Schulstation gegründet, die sehr erfolgreich läuft. Dort können sich Schüler Rat holen, ihre Hausaufgaben machen, ein Konflikt

training absolvieren, am sozialen Lernen teilnehmen und noch viel mehr.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Ein IGS- Standort!)

Diese Angebote werden von zahlreichen Schülerinnen und Schülern angenommen. Auch Schulverweigerer haben über dieses Angebot wieder zurück zur Schule gefunden.

Schule hat heute auf gesellschaftliche Änderungen zu reagieren, die es dringend erforderlich machen, althergebrachte Ansprüche zu erweitern und neu zu definieren. Grundlage muss sein, dass in der Schule gefördert und gefordert wird. Schule darf nicht mit Leistungsbeliebigkeit auf diese gesellschaftlichen Veränderungen reagieren. Vielmehr muss Schule versuchen, das aufzufangen, was an anderer Stelle, oftmals leider auch im Elternhaus, versäumt wurde. Die Mehrheit der Eltern kümmert sich fürsorgevoll und liebevoll um ihre Kinder. Aber leider ist festzustellen, dass das in letzter Zeit immer weniger werden. Im Sozialbereich wurden die ersten Schritte mit der Einführung von Elternlotsen und Familienhebammen getan. Mit dem Ausbau der beitragsfreien Kita-Jahre und der Einführung von Bildungs- und Betreuungsgutscheinen wird dieser Weg konsequent fortgesetzt.

(Beifall bei der FDP - Frauke Heili- genstadt [SPD]: Sagen Sie auch et- was zum Thema?)

Es ist deshalb auch notwendig, im Rahmen des finanziell Möglichen die Sozialarbeit in den Schulen zu verbessern. Es ist richtig, die Ganztagsbetreuung nach und nach auszubauen, gerade weil Schule mittlerweile auch ein Rückzugsraum für viele Kinder geworden ist. Es ist richtig, die Klassengrößen an den Hauptschulen zu verkleinern und den Jugendlichen mithilfe von mehr Praxisanteilen deutlich zu machen, wo ihre Stärken sind, um ihnen dadurch einen Anreiz zu geben, an sich zu arbeiten und sich zu verbessern. Dazu gehören z. B. die AQB-Klassen, in denen durch eine intensive Begleitung, Betreuung und Motivation die abschlussgefährdeten Schülerinnen und Schüler bis zum Hauptschulabschluss gefördert werden. Dieser Weg ist richtig. Wir reagieren damit auf die veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und fördern individuell und gezielt. Damit verbessern wir die Zukunft der Kinder und Jugendlichen in Niedersachsen. Das kann man nicht mal eben so durch die Änderung des Türschildes machen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Aber trotzdem sehen wir natürlich mit großer Sorge, dass - obwohl es diese Maßnahmen gibt - möglicherweise Schüler die Hauptschule ohne Abschluss verlassen werden. Mit den Berufseinstiegsklassen, die von Ihnen in der Diskussion immer wieder gescholten worden sind, schaffen wir die Möglichkeit, dass Schülerinnen und Schüler sich verbessern und ihre Ausbildungsfähigkeit steigern. Am Ende steht der Hauptschulabschluss oder der verbesserte Hauptschulabschluss. Diese Chancen schaffen wir für die Jugendlichen. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass viele Jugendliche diese Chancen wahrnehmen und nutzen werden.

Das wichtigste Ziel dabei ist natürlich das Erreichen oder Verbessern des Hauptschulabschlusses. Aber es geht auch darum, die Jugendlichen nachhaltig in ihrem sozialen Leben zu stärken. Dass dieses Ziel mit den Berufseinstiegsklassen erreicht werden kann, wird durch folgende Aussage im ersten Zwischenbericht der wissenschaftlichen Begleitung des BEK-Schulversuchs deutlich.

„In drei wichtigen Bereichen sind jedoch in Berufseinstiegsklassen größere Fortschritte als im BVJ erreicht worden: Die BEK-Schülerinnen und -Schüler trauen sich mehr zu, ihre berufliche Selbstwirksamkeit ist signifikant stärker erhöht als die der BVJ-Schülerinnen und -Schüler, ihre Entscheidungssicherheit ist stärker gestiegen und die Abhängigkeit vom Urteil anderer stärker gesunken als die der BVJ-Vergleichsgruppe.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie können erkennen, dass wir mit diesem Gesetz Niedersachsen auf dem Weg zum Bildungsland Nummer eins weiter voranbringen,

(Oh! bei der SPD)

dass wir Schule entwickeln und die Schulen stärken, damit wir auf die gesellschaftlichen Veränderungen reagieren können. Ziel muss sein, dass am Ende kein Schüler auf der Strecke bleibt, dass wir die Schüler fördern und fordern, damit sie sich in ihrem Leben selbst verwirklichen können und auch nach der Schule alle Chancen für ihr Leben haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Kollege Jüttner zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Klare hat darauf hingewiesen, es solle gleiche Wettbewerbsbedingungen geben. Herr Klare, erklären Sie doch einmal diesem Hohen Haus, warum alle Schulen Regelschulen und die Gesamtschulen Angebotsschulen sind. Von gleichen Wettbewerbsbedingungen sehe ich dabei übrigens nichts.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Zweitens. Sie haben unter Hinweis auf die pädagogischen Rahmenbedingungen gesagt, wir müssen die Gesamtschulen fünfzügig machen. Bei allen Schulformen gibt es Ausnahmeregelungen aus pädagogischen Gründen. So sind 56 % aller Hauptschulen in Niedersachsen, die eigentlich zweizügig sein sollen, einzügig und machen also von der Ausnahme Gebrauch. Warum steht in Ihrem Gesetzentwurf ein vollständiger Ausnahmestopp für Gesamtschulen? Das müssen Sie uns mal erklären.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Drittens. 2006 war eine niedersächsische Schule unter den zehn besten Schulen Deutschlands, nämlich die Gesamtschule Franzsches Feld in Braunschweig - sie war vierzügig. 2007 war wieder eine niedersächsische Schule unter den ersten zehn besten Schulen, die IGS Hannover-List. Sie ist vierzügig, meine Damen und Herren. Wer sagt, dass er hier eine pädagogische Begründung für Fünfzügigkeit sieht, der lügt uns etwas vor. Es geht nur um Verhinderung und um nichts anderes.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Danke schön. - Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Kollegin Körtner noch einmal zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist die Intention und der Sinn unseres Schulgesetzes - der Kollege Klare hat das mehrfach er